Rede von
August-Martin
Euler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Freunde haben dem Antrag ihre Zustimmung gegeben, weil sie der Auffassung sind, daß die deutsche Regierung sich der Aufgabe annehmen muß, die dadurch gestellt ist, daß im Ruhrbergbau Verhältnisse eingetreten sind, die in ihrer rechtlichen Wirrnis und der Schwere, die Verantwortung 7u klären, nicht länger andauern können. Daß diese Aufgabe eine 'deutsche ist und nicht eine solche der Besatzungsmächte, sollte nicht mehr bestritten werden, nachdem die deutsche Bundesrepublik auf demokratischer Grundlage entstanden ist. Allerdings fühlen wir uns genötigt, ohne jetzt schon in die Diskussion intensiv hineinzusteigen, zum Ausdruck zu bringen, daß meine Freunde mit diesem Antrag wesentlich andere Vorstellungen verbinden, als sie hier bisher zur Sprache gebracht worden sind.
Wir haben allen Anlaß, darüber aber auch nicht den geringsten Zweifel zu lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit der Verkündung des Ahlener Programms ist eine recht erhebliche Zeit verstrichen, und es haben sich inzwischen Entwicklungen durchgesetzt, die zu begrüßen wir allen Anlaß haben. Ich darf Sie daran erinnern, daß die Politik der Mehrheit des Wirtschaftsrats und die Opposition im Wirtschaftsrat, wie sie von den sozialistischen Parteien ausgeübt wurde, geradezu mit Notwendigkeit zur Folge haben mußte, daß im Mittelpunkt des Wahlkampfes, aus dem dieser Bundestag hervorging, die Frage stand: Sozialistische Planwirtschaft mit all dem, was dazu gehört, insbesondere dem Requisit der Sozialisierung, oder aber soziale Leistungswirtschaft auf der Grundlage des privaten Eigentums an Produktionsmitteln und auf der Grundlage des Wettbewerbs. Das deutsche Volk hat in diesem Wahlkampf ganz eindeutig Stellung bezogen.
Es ist aus diesem Wahlkampf ein Bundestag hervorgegangen, dessen Mehrheit nicht sozialistisch ist, und wir sind der Auffassung, daß gerade der Inhalt dieses Gesetzes, das die Regierung vorlegen wird, der klaren Entscheidung des Volkes entsprechen muß. Soziale Leistungswirtschaft ist nur auf der Grundlage des Privateigentums auch an den Produktionsmitteln denkbar, sie ist nur auf der Grundlage eines Höchstmaßes an Wettbewerb denkbar. Eine Wirtschaft auf diesen Grundlagen wird zu Erträgen führen, die die beste Voraussetzung für die soziale Befriedung darstellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird von Gemeineigentum, von Vergesellschaftung gesprochen. Nun, wir haben noch keine Konstruktion des sogenannten vergesellschafteten Eigentums erlebt, von der nicht zu sagen wäre, daß sie eine schlecht verhüllte, indirekte Verstaatlichung darstellt.
Wir haben ja in Hessen das hervorragende Experiment der Überführung der hessischen Braunkohlenbetriebe in Gemeineigentum, und der Erfinder der Konstruktionen, die in Hessen zum Zuge kommen sollten, sitzt heute als Bundestagsabgeordneter unter uns. Es ist von diesen Ideen nur zu sagen, daß sie zu einer Gestaltung der Betriebe führen, die dahin zu charakterisieren ist: die Organe arbeiten schwerfällig, sie bestehen in ihrer Zusammensetzung aus Mitgliedern, die betriebsfern sind, die von allen möglichen Kommunen, vom Staat, vom Landtag in die leitenden Organe, in den Vorstand, in den Aufsichtsrat entsandt werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine derartige Vergesellschaftung wäre nichts als ein hervorragendes Mittel der Ertragsminderung unserer Wirtschaft, wenn sie nach dem hessischen Beispiel in irgendwelchen anderen Teilen Deutschlands — und sei es nur in der Beschränkung auf bestimmte Industriezweige —durchgeführt würde.
Wir wollten den heutigen Anlaß nur benutzen, um hier unzweideutig zum Ausdruck zu bringen, daß wir allen dahingehenden Versuchen mit äußerster Entschiedenheit entgegentreten werden.