Rede von
Willi
Agatz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren, Sie wollen mir gestatten, im Namen meiner Fraktion zu
I der hier anstehenden Frage einiges zu sagen. Wir Kommunisten betrachten die mit der Sozialisierung zusammenhängende Aufgabe als geschichtlich notwendig. Wir wissen, daß unser Volk an der Lösung .dieser Aufgabe nicht vorbeikommen wird. Schon nach dem ersten Krieg, nach 1918, gab es in Deutschland eine große Sozialisierungsbewegung. Damals wurde von der Arbeiterklasse und von den Werktätigen sehr ernsthaft um die Durchführung der Sozialisierung gerungen; sie wurden um ihre Forderung betrogen. Die Forderung wurde damals in einem Sozialisierungsausschuß begraben. Wenn ich recht unterrichtet bin, ist dieser seinerzeitige Sozialisierungsausschuß bis heute noch nicht einmal aufgelöst worden. Er ist sanft und selig entschlummert. Selbst die Nazis haben ihn nicht mehr wiedergefunden, sonst hätten sie ihn wahrscheinlich doch noch aufgelöst.
Von 1945 an wurde die Forderung erneut und diesmal stark und konzentriert erhoben. Eindeutige Willenskundgebungen für diese Forderung gibt es in großer Zahl. Ich darf daran erinnern, daß vor allem die Bergarbeiter nach dem Zusammenbruch ihre von den Direktoren verlassenen Gruben wieder in Ordnung und Gang gebracht haben in dem Bewußtsein, daß diese Gruben niemals wieder Eidentum privater Kapitalisten, sondern nur noch Eigentum des Volkes sern dürften.
Die Bergarbeiter haben in diesem Bewußtsein Großes geleistet. Wenn unser Bergbau heute schon wieder bei diesem Stand der Leistung angelangt ist, so ist das in erster Linie den Bergarbeitern und ihrer Auffassung von ihrer Aufgabe, eben der Sozialisierung zu verdanken. Auch der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat dann, wie mein Herr Vorredner schon sagte, das Gesetz zur Überführung des Bergbaus in Gemeineigentum beschlossen.
Dennoch haben war erleben müssen, daß auch die Bewegung nach 1945 sich wieder totgelaufen hat. Heute, im Jahr 1950, sind wir wieder dabei, über diese Frage nur noch zu diskutieren. Statt Sozialisierung haben wir den Marshallplan bekommen, und ich muß hier darauf aufmerksam machen, daß die Verhinderung der Sozialisierung mit dem Marshallplan in engstem Zusammenhang steht.
Es muß in die Erinnerung zurückgerufen werden, daß der Einpeitscher des Marshallplans, der Herr General Clay, damals ausdrücklich erklärte, die amerikanische Regierung werde keine Experimente, wie sie es nannte, auf wirtschaftlichem Gebiet dui-den. Diesem Gebot hat man sich gebeugt, und diejenigen, die es besonders betraf, die Besitzer, die enteignet werden sollten, haben sich dieses Gebot dann besonders zu eigen gemacht. Sie sind es, die heute auf Zeitgewinn 'arbeiten. Auch im Bergbau sind sie es, die heute das Gesetz Nr. 75 mit dem ich mich keineswegs identifizieren möchte, hintertreiben. Sie arbeiten auf Zeitgewinn in dem Bestreben, die alten Eigentumsverhältnisse im Bergbau wiederherzustellen. Wir werden noch erleben, inwieweit sie es fertigbringen, dieses ihr Ziel durchzusetzen.
Mit dem Marshallplan haben wir dann auch die Adenauer -Regierung gekriegt, und ausgerechnet die Adenauer-Regierung, daß heißt die Regierung, die die freie Marktwirtschaft vertritt, soll uns jetzt gemäß hier vorliegendem Antrag einen Gesetzentwurf zur Überführung der Grundstoffindustrien in Gemeineigentum vorlegen. Was kann schon dabei herauskommen?!
Das wird die Geschichte noch beweisen, wer das
besser kann!