Meine Damen und Herren! Obwohl die Frage der beiden Treibstoffwerke einen der schwachen Punkte des Petersberger Abkommens darstellt, war meine Fraktion bisher der Meinung, in dieser Frage keine öffentliche Initiative zu entwickeln, um die von der Regierung hierüber geführten Verhandlungen nicht zu stören. Ich selbst habe als Vertreter des Wahlkreises nicht nur das Werk besichtigt, sondern mehrere Male Delegationen der Betriebsbelegschaft in diesem Hause erhalten und kenne die ungeheure wirtschaftspolitische und insbesondere kommunalpolitische Bedeutung dieser Frage. Ich habe deshalb von mir aus als Vertreter dieses Wahlkreises den Weg gewählt, unter dem Datum des 27. Dezember 1949 an den Herrn Bundeskanzler einen Brief zu richten, um Auskunft darüber zu bekommen, ob noch eine Möglichkeit besteht, eine neue Produktionserlaubnis oder den Termin für die Umstellung dieser beiden Werke auf eine neue Produktionsgrundlage zu erhalten. Leider habe ich auf mein Schreiben hin weder eine Antwort noch eine Bestätigung bekommen,
obwohl ich wiederholt von den Betriebsräten bedrängt worden bin, in dieser Frage eine Auskunft zu geben. Die Auskunft, die uns der Herr Arbeitsminister gegeben hat, ist meiner Auffassung nach durchaus nicht befriedigend,
weil sie für die beiden Belegschaften, die immerhin 1500 Personen umfassen, weder eine Unterstützung noch auch nur eine Beantwortung hinsichtlich der Sicherstellung ihrer Zukunft bedeutet. Auch auf die Vorschläge, die von den Werkleitungen mit Bezug auf die Umstellung auf ein neues, das sogenannte Oxylverfahren gemacht worden sind, ist noch keinerlei Antwort eingegangen, und wenn man sich die Tatsache vor Augen führt, daß im Washingtoner Abkommen vom April vorigen Jahres ganz klar und deutlich auf die Tatsache des Verbotes dieser Produktion hingewiesen wurde, scheint mir bei dem Zustandekommen dieses Abkommens das Eisen nicht genügend geschmiedet worden zu sein, als es noch heiß war. Dieses Problem zeigt besonders deutlich die Tatsache des überstürzten Abschlusses des Petersberger Abkommens auf. Obwohl es nicht meine Aufgabe ist, in diesem Zusammenhang über diese großen politischen Fragen zu sprechen, muß ich diese Tatsache hier doch erwähnen. Ich glaube, wir müssen den Kreisen, die dieses Petersberger Abkommen auf beiden Seiten abgeschlossen haben, sagen, daß diese beiden bedeutenden Werke ja keinen Naturschutzpark darstellen, der nun der Verrostung anheimgegeben werden soll. So haben die Arbeiter der beiden Werke den ausgesprochenen Demontagestop nicht aufgefaßt.
In Wanne-Eickel sind heute schon 8 Prozent der Beschäftigten erwerbslos, und eine Stillegung dieses Werkes bedeutet eine weitere Vermehrung auf ungefähr 11 bis 12 Prozent. Ich darf weiter die Tatsache anführen, daß bei der Produktion auf der Basis von Fischer-Tropsch nicht nur die schlechten Kohlensorten verwertet werden, für die im Ruhrgebiet ein starker Anfall und ein Überschuß vorhanden ist, sondern daß die Art und Weise der Produktion auch gestattet, daß weit über 50 Prozent der Belegschaft aus Berginvaliden und zu einem großen Teil auch aus Kriegerfrauen bestehen, die ihre Männer in diesem furchtbaren Weltkrieg verloren haben.
Ich möchte auch noch daran erinnern, daß diese Frage zu einem großen Teil in die Zuständigkeit des sogenannten Sicherheitsamtes fällt. Das ist doch wohl die entscheidende Stelle. Ich bitte, darüber eine Auskunft zu geben, ob die Regierung mit dieser Sicherheitsbehörde, die noch in Berlin sitzt — wenn ich eine Pressemeldung von heute richtig verstanden habe, hat das Sicherheitsamt noch keine Beschlüsse gefaßt bereits korrespondiert, um diese Frage ein Stück weiter der Lösung entgegenzuführen. Wenn die Presseverlautbarungen stimmen, haben die drei Hohen Kommissare auf dem Petersberg erklärt: Wenn das Sicherheitsamt die Zustimmung zu einer weiteren Produktionserlaubnis oder zumindest zu der angestrebten Umstellung, das heißt zu der Loslösung von diesem nach dem Washingtoner Abkommen verbotenen Verfahren gibt, dann werden sie, die drei Hohen Kommissare, für die beiden Werke ohne weiteres die Produktionserlaubnis aussprechen.
Zum Schluß möchte ich meine Ausführungen in einige Punkte zusammenfassen. Ich möchte darum bitten, daß der Herr Bundeskanzler dafür sorgt oder anstrebt oder zu beschleunigen versucht — wie man es nun ausdrücken will —, daß die vorgesehene Kommission an die Arbeit geht, die zur Prüfung der Frage, ob die Umstellung der Fischer-Tropsch-Anlage auf andere Verfahren möglich ist, eingesetzt werden sollte. Meinen Informationen zufolge sind die deutschen Sachverständigen bereits ernannt worden. Ich weiß aber nicht, ob die alliierten Vertreter bereits bestimmt sind. Wie ich schon gesagt habe, sind hier Widersprüche vorhanden. Einmal wird gesagt, daß das Sicherheitsamt zuständig sei. Dann soll diese Kommission zur Beratung der Hohen Kommissare in Erscheinung treten. Es wäre doch wohl richtig und notwendig gewesen, dem Abgeordneten, der sich in allen seinen Wahlkreis betreffenden Fragen nicht als Vertreter einer Partei, sondern als Vertreter dieses großen Wahlkreises an der Ruhr fühlt, zumindest Einblick in den Stand der Dinge zu geben, damit er mit Informationen ausgerüstet ist, um auf die an ihn gestellten Fragen Rede und Antwort zu stehen.
Ich habe weiter folgendes festzustellen. Wenn die Werke Wanne-Eickel und Castrop-Rauxel bis zum 15. Februar keinen günstigen Bescheid erhalten, etwa den Bescheid, daß die Aufrechterhaltung der Anlagen bis zur Umstellung genehmigt wird, müssen sie wegen finanzieller Schwierigkeiten ihren Belegschaften kündigen. Ich darf weiter feststellen, daß die sogenannten Stillhaltekosten bereits im Januar allein im Werk Wanne-Eickel eine Summe von ungefähr 600 000 Mark, in dem Werk Castrop-Rauxel eine Summe von 300 000 Mark erreicht haben. Das ist eine Summe, die für beide Werke zusammen fast die Grenze einer Million D-Mark erreicht, die für feiernde Hände gegeben werden mußten! Man kann sich ausrechnen, daß die beiden Werke nicht sehr lange in der Lage sein werden, diese beträchtlichen finanziellen Zuschüsse zu leisten. Es muß nun irgendwie eine Entscheidung nach der einen oder anderen Seite fallen. Es ist zwar besonders durch die Mitwirkung des Herrn Arbeitsministers Halbfell in Düsseldorf gelungen, wenigstens eine kleine vorübergehende Erleichterung zur Ermöglichung von Notstandsarbeiten zu schaffen. Man muß aber trotzdem die Gesamtfrage im Auge behalten und erkennen, daß mit solchen kleinen Palliativmitteln die Frage nicht zu lösen ist. Wenn aus gewissen Gründen — und damit möchte ich schließen — nicht eine breit angelegte Antwort und Aufklärung durch die Regierung gegeben werden kann, sollte man zum mindesten dem daran interessierten und beteiligten Abgeordneten dieses Wahlbezirks die notwendige Auskunft geben.