Rede von
Ernst
Kuntscher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Sitzung des Ausschusses für Heimatvertriebene am 25. Jänner stand der Antrag der Fraktion der Bayernpartei Drucksache Nr. 92 zur Beratung. Dieser Antrag fordert Sofortmaßnahmen der Bundesregierung hinsichtlich der Verteilung der illegal über die Ostgrenze kommenden Flüchtlinge. Ein Bundestagsbeschluß soll die Bundesregierung veranlassen, im Einvernehmen mit den Ländern zu erwirken, daß
1. die illegal über die Ostgrenze hereinkommenden Flüchtlinge nicht mehr in den Ländern Bayern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen aufgenommen werden, sondern unverzüglich auf die übrigen Länder Westdeutschlands nach einem zu vereinbarenden Schlüssel aufgeteilt und dorthin übergeführt werden;
2. die noch in den Ländern Bayern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen in Lagern weilenden Flüchtlinge in den anderen Ländern untergebracht werden. Die Überführung aus den nicht winterfesten Lagern soll noch vor Einbruch des Winters erfolgen.
Dieser Antrag wurde am 13. Oktober vorigen Jahres eingereicht.
Inzwischen sind Monate vergangen, und es ist im Sinne der Anregungen dieses Antrages so manches geschehen.
Der Antrag gliedert sich in zwei Teile. Erstens wird die Forderung erhoben, daß die über die Ostgrenze kommenden Flüchtlinge nicht in den Ländern Bayern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen unterzubringen sind. Dieser Forderung ist zum guten Teil durch die in den Übergangslagern Ülzen und Gießen eingesetzen Länderkommissionen Rechnung getragen, die nach einem in diesen Kommissionen vereinbarten Schlüssel die Aufteilung der dort registrierten Flüchtlinge aus der Sowjetzone vornehmen. Der zweite Teil dieses Antrages befaßt sich damit, daß die noch in Lagern untergebrachten Flüchtlinge aus diesen Lagern herausgenommen und auf die anderen westdeutschen Länder verteilt werden sollen. Bekanntlich haben wir bereits eine Verordnung des Bundesflüchtlingsministeriums, welche einen
Flüchtlingsausgleich zwischen den westdeutschen Ländern herbeiführen soll. Nach dieser Verordnung sollen 300 000 Heimatvertriebene aus den Ländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern in die übrigen Länder umgesiedelt werden. Daß diese Umsiedlung nicht in den Wintermonaten vor sich gehen kann, war allen an dieser Aktion Beteiligten wohl klar. Daß andererseits in den Aufnahmeländern erst der entsprechende Wohnraum zur Verfügung gestellt werden muß, ist gleichfalls klar. Aber eines steht fest: daß diese Aktion bereits im Anlaufen ist und daß sie nach Angabe des Bundesflüchtlingsministeriums restlos durchgeführt wird.
Nach Prüfung dieses Sachverhalts und der inzwischen erfolgten oder zur Zeit laufenden Maßnahmen ist der Ausschuß der Ansicht, daß der Antrag der Drucksache Nr. 92 zum Teil seine Erledigung gefunden hat und, soweit dies nicht der Fall ist, seine Erledigung finden wird. Diese Auffassung fand im Ausschuß für Heimatvertriebene, abgesehen von dem Vertreter der antragstellenden Fraktion, die einmütige Zustimmung, und auf Grund dieses Ergebnisses kam auch der Ausschußantrag zustande, welcher besagt, daß das Hohe Haus beschließen möge, den Antrag auf Drucksache Nr. 92 mit Rücksicht auf die angeführten laufenden und in Durchführung befindlichen Maßnahmen als erledigt zu betrachten.