Rede von
Dr.
Erich
Köhler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Zur gemeinsamen Begründung der beiden Drucksachen Nr. 432 und 411 hat Herr Abgeordneter Höfler das Wort.
Höfler , Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wahrhaftig kein Agitationsbedürfnis, sondern es ist eine der tiefen Herzensnöte des deutschen Volkes. was uns dazu antreibt, gegen gewisse Ungeheuerlichkeiten der letzten Zeit, die durch einen amerikanischen Bericht bekanntgeworden sind, öffentlich zu protestieren und die Regierung zu fragen, was sie in diesen Dingen zu tun gedenke.
Sie erinnern sich, daß, nach dem Beschluß von Moskau. am 31. 12. 1948 die letzten Gefangenen aus Rußland entlassen werden sollten. Es handelte sich nach Molotows Angaben um eine Zahl von 892 000. Wer die Heeresberichte des russischen Kommandos in Erinnerung hatte, wußte gleich, daß diese Zahl über den Daumen gepeilt war. Es bleiben, auch wenn man die Heimgekehrten abzieht, noch viele Hunderttausende, die in Rußland zurückgeblieben sind, und um diese handelt es sich bei der gegenwärtigen Interpellation.
Durch einen Bericht von fremder Seite ist bekanntgeworden, daß es sich um etwa 400 000 Menschen handelt, die unter ganz besonders tragischen und ungeheuerlichen Verhältnissen in Rußland mit dem ausgesprochenen Ziel festgehalten werden, Sklavenarbeit zu leisten, ohne die Hoffnung zu haben, je wieder in die Heimat zurückzukehren.
Dagegen wendet sich das Gefühl, dagegen wendet
sich jedes Empfinden der Gerechtigkeit. Wir
bitten die Bundesregierung, darauf achtzuhaben, daß hier nichts versäumt wird, und wir bitten sie um eine Erklärung zu diesem Sachverhalt.
Ein weiterer trauriger Sachverhalt ist mit der Drucksache Nr. 411 berührt. 1400 deutsche Menschen, genau: 1200 Deutsche und 200 Österreicher, sind im Laufe der letzten Monate in Jugoslawien in völlig ungenügenden, summarischen Verfahren zu hohen Strafen, Zwangsarbeit, Gefängnisstrafen und eine ganze Reihe auch zum Tode verurteilt worden. Unter den zum Tode Verurteilten befindet sich u. a. ein ehemaliger Wehrmachtdekan Anton Walter, weiterhin ein evangelischer und noch ein katholischer ehemaliger Kriegspfarrer, deren Verbrechen — ich kenne einen davon — gewiß nur darin bestanden haben kann, daß sie ihren Kameraden und Schicksalsgefährten in diesen furchtbaren Monaten Barmherzigkeit und Hilfe erwiesen haben. Es ist Zeit, gegen diese Dinge anzugehen. Vielleicht kann verhindert werden, daß noch weitere Todesurteile vollstreckt werden; aber es ist höchste Zeit. Jugoslawien gehört zu den Ländern, deren materielle Beziehungen, wenn die Öffentlichkeit recht unterrichtet ist, mit uns demnächst sozusagen normalisiert werden sollen. Ich bitte im Namen meiner Freunde sehr, daß in diese Normalisierung oder in die Voraussetzungen dieser Normalisierung vor allen Dingen die Frage unserer Gefangenen zu vorheriger Klärung einbezogen wird.