Rede:
ID0103201200

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 1032

  • date_rangeDatum: 27. Januar 1950

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 18:33 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:01 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Präsident Dr. Kahler: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 0

  • subjectLänge: 6 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. Herr: 1
    5. Abgeordneter: 1
    6. Rische.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 32. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Januar 1950 981 32. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Januar 1950. Geschäftliche Mitteilungen 982A Niederlegung des Mandats des Abg. Leibbrand 982B Antrag der Abg. Loritz, Dr. Richter und Dr. Reismann auf Einberufung des Ältestenrats zwecks Aussprache über den Ausschluß des Abg. Goetzendorff für 20 Sitzungstage . . , 982B Dr. Miessner (NR) (zur Geschäftsordnung) 982C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Entwurf eines Gesetzes gegen den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht (Drucksache Nr. 405) 982D Dr. Nölting (SPD), Antragsteller 982D, 1001C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 987D, 1002D Etzel (CDU) 991B Rische (KPD) 993A Aumer (BP) . . . . .. . . . 995A Loritz (WAV) 996B Dr. Schäfer (FDP) 997D Dr. Bertram (Z) 1000A Dr. von Merkatz (DP) 1001A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den LohnsteuerJahresausgleich für das Kalenderjahr 1949 (Drucksachen Nr. 463 und 430) . . 1003B Bodensteiner (CSU), Berichterstatter 1003B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Kriegsfolgelasten im 2. Rechnungshalbjahr 1949 (Drucksachen Nr. 464 und 318) . . . . 1004A Dr. Besold (BP), Berichterstatter 1004B Morgenthaler (CDU), Antragsteller 1005A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1006A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über die Anträge der Fraktion der WAV betr. Benzinpreiserhöhung, der Fraktion der KPD betr. Mißbilligung der Anordnung des Bundesministers für Wirtschaft auf Erhöhung der Mineralölpreise und Antrag auf 'Aufhebung derselben, der Abgeordneten Rademacher, Stahl, Dr. Oellers, Dr. Schäfer, Dr. Wellhausen und Fraktion der FDP betr. Preiserhöhung für Treibstoff (Drucksachen Nr. 465, 331, 363 und 384) . 1007A Dr. Schröder (CDU), Berichterstatter 1007A Loritz (WAV) 1007C Dr. Preusker (FDP) 1008B Dr. Veit (SPD) . . . . . . . 1008D Renner (KPD) 1010A Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Deutsche Kriegsgefangene und Internierte in der Sowjet-Union (Drucksache Nr. 378) in Verbindung mit der Interpellation der Fraktion der CDU/CSU betr. Zurückhaltung von 400 000 Deutschen in der Sowjet-Union (Drucksache Nr. 432) und der Interpellation der Abgeordneten Höfler und Fraktion der CDU/CSU betr. Deutsche Gefangene in Jugoslawien (Drucksache Nr. 411) 1011B Farke (DP), Antragsteller 1011C, 1012B Höfler (CDU), Interpellant . . . . 1011D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 1012B Unterbrechung der Sitzung . 1013D Renner (KPD) 1013D Pohle (SPD) 1017C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Abgeordneten Dr. Gerstenmaier und Genossen betr. Wiederherstellung der deutschen Jagdhoheit (Drucksachen Nr. 400 und 147) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Rahmengesetzes für die Jagd (Drucksachen Nr. 401 und 229) 1018A Lübke (CDU) Berichterstatter . . . 1018A Dr. Fink (BP) 1018C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Abgeordneten Dr. Holzapfel und Genossen betr. Gesetz über die Liquidation des ehemalig reichseigenen Filmeigentums (Drucksachen Nr. 402 und 34) 1019B Dr. Dr. Lehr (CDU), Berichterstatter 1019B Brunner (SPD) 1022B Rische (KPD) 1022C Aumer (BP) 1023C Löfflad (WAV) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . 1024C Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 1024C Die Sitzung wird um 1'4 Uhr 12 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Franz Etzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und meine Herren! Meine Fraktion ist mit der Fraktion der SPD der Meinung, daß die Bundesregierung ein Gesetz gegen den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht vorlegen muß.
    Wir haben von diesem Rednerpult aus bereits wiederholt durch unsere beauftragten Sprecher diesem Willen Ausdruck verliehen. Wir sind der Meinung, daß die Monopolkontrolle und die Dekartellisierung ein wesentlicher Teil der sozialen Marktwirtschaft sind. Wir sind zwar daran gewöhnt, daß diejenigen, die uns nicht hören wollen, die unsere politischen Gegner sind, aus unserer Begriffsvorstellung von sozialer Marktwirtschaft immer nur einen Teil herauslösen und daß sie die Ernsthaftigkeit unseres Willens, diese soziale Marktwirtschaft von verschiedenen Seiten her zu beurteilen, einfach nicht akzeptieren wollen. So haben wir wiederholt ganz klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß unter sozialer Marktwirtschaft nicht nur ein echter Leistungswettbewerb zu verstehen ist, sondern daß
    neben dem echten Leistungswettbewerb — als eine zweite Säule — die Monopolkontrolle (außer den organischen Mitteln der Marktbeeinflussung) dazukommt. Wenn unter diesem Gesichtspunkt die SPD und Herr Professor Nölting mit mir der Meinung sind, daß der Kartelleingriff ein planender Eingriff ist, wenn es ihm also Freude macht, hier einem alten Bekannten zu begegnen, — nun dann mag er unter diesem Aspekt uns meinetwegen auch als Anhänger einer planenden Wirtschaftsauffassung ansehen.
    Wir sind allerdings der Auffassung, daß wir unter keinen Umständen zur liberalen Wirtschaft alter Prägung zurück dürfen.

    (Abg. Rische: Das können Sie auch nicht!) Wer jemals die Düsseldorfer Leitsätze nur am Rande gelesen hat, weiß, wie ernst es uns mit einer Ordnung ist, die an sich neben dem Leistungswettbewerb unbedingt die unabhängige Monopolkontrolle sieht. Diese unabhängige Monopolkontrolle ist eine Notwendigkeit.


    (Zuruf links: Das ist alles Theorie!)

    — Ich weiß nicht, inwieweit ein solches Erfordernis, das auch Sie aufstellen, bei uns Theorie sein soll.
    Wir sind der Meinung, daß die soziale Marktwirtschaft, wie ich schon sagte, in einem klaren Gegensatz zur Wirtschaft alter liberaler Prägung steht. Gerade weil wir einen Rückfall in diese Wirtschaft alter liberaler Prägung vermeiden wollen, sind wir der Meinung, daß neben einem Leistungswettbewerb eine Monopolkontrolle notwendig ist. So wenig wie der Staat oder halbstaatliche Organe die Aufgabe haben dürfen, die Wirtschaft zu lenken, so wenig dürfen nach unserer Auffassung auch Privatpersonen und private Verbände derartige Lenkungsaufgaben übernehmen. Wir wissen, daß die alte Wirtschaftsordnung liberaler Prägung es den Unternehmern erlaubt hat, sich zu Kartellen und Marktverbänden zusammenzuschließen, um auf weiten Gebieten die Preise zu diktieren, die Erzeugung nach ihrem Belieben zu gestalten und einzuschränken und hier einen Wirtschaftskampf mit allen Mitteln zu führen, den wir unter keinen Umständen zulassen wollen.
    Wenn Sie, Herr Professor Nölting, heute hier das Bild von dem Sportplatz gebraucht haben, dann scheint es mir, daß Sie dieses Bild falsch angewendet haben; denn wenn Sie sagen: auf dem Sportplatz herrscht ein rüder Ellenbogenkampf, dann ist das, glaube ich, eine höchst unsportliche Auffassung; das ist es doch gerade, was im Sport nicht gilt. Überall da, wo eine solche rüde Ellenbogenfreiheit angewendet wird, wird der Schiedsrichter eingreifen und dafür sorgen, daß der Leistungswettbewerb des sportlichen Wettkampfes in eine anständige und ordentliche Form kommt. Wir stellen uns vor, daß es die Aufgabe der Monopolkontrolle ist, gerade hier einzusetzen und dafür zu sorgen, daß die Grundlage eines echten Leistungswettbewerbs unter allen Umständen erhalten bleibt. Gerade das sportliche Bild zeigt die Berechtigung unserer Auffassung im Gegensatz zu der Meinung, die Sie vertreten.
    Wir sind auch nicht der Meinung, Herr Professor Nölting, daß in einer sozialen Marktwirtschaft eine Freiheit herrschen darf, die solche kartellartigen Zusammenschlüsse zwangsläufig er-


    (Etzel)

    laubt. Denn wir wissen auf politischem Gebiet besonders seit 1933 ganz genau, daß im Namen der Freiheit die Freiheit aufgehoben werden kann. Das darf man eben nicht tun, und insofern ist das, was Sie planenden Eingriff nennen, unseres Erachtens eine höchst wichtige Ordnungsfunktion, um die sich allerdings der Staat unter allen Umständen zu kümmern hat.
    Weil wir aber unsoziale Auswüchse des freien Wettbewerbs vermeiden wollen — unsoziale Auswüchse, für die ja der letzte Verbraucher zu zahlen hat —, darum sind wir der Meinung, daß eine Monopolkontrolle notwendig ist, und darum bejahen wir auf weiten Gebieten das, was der sozialdemokratische Antrag heute hier gefordert hat. Wir sind allerdings das will ich mit aller Offenheit aussprechen — über einen Satz dieses Antrages höchst mißtrauisch, wenn es nämlich in Absatz 2 in den letzten Zeilen heißt: „ohne daß wirtschaftsordnende Funktionen gestört werden und solche Organisationsformen, die der Leistungssteigerung oder den Zwecken einer guten und preiswerten Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfes dienen, eine Behinderung erfahren." Wir werden in der Ausschußarbeit beantragen, einmal klarzustellen, ob hier die Ladenhüter einer alten Planwirtschaft wieder Eingang finden sollen. Wenn das nicht der Fall sein sollte, einverstanden! Wenn es anders gemeint ist, würden wir unter keinen Umständen einer solchen Formulierung unser Einverständnis geben. Die Dinge wären im Ausschuß zu klären, und ihnen wäre im Ausschuß ein Inhalt zu geben.
    Ich sage also zusammenfassend: grundsätzlich auf weiten Gebieten ein volles Ja, aus den Grundsätzen, die ich kurz dargelegt habe und die unser wirtschaftspolitisches Glaubensbekenntnis sind und die eine schriftliche Formulierung in unseren Düsseldorfer Leitsätzen gefunden haben.
    Ich muß aber — und das muß ich nochmals mit aller Deutlichkeit hier sagen — unser höchstes Befremden darüber zum Ausdruck bringen, daß die sozialdemokratische Fraktion gerade in diesem Augenblick einen solchen Antrag einbringt, in dem es im letzten Absatz heißt:
    Da die Vorarbeiten zu einem derartigen Gesetz bereits seit anderthalb Jahren im Gange sind, praktische Ergebnisse aber bisher nicht vorgelegt werden konnten, erwartet der Bundestag von der Regierung, daß sie nunmehr diesem Beschluß umgehend Rechnung trägt.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gesagt: wir sind erstaunt über diesen Antrag, und zwar sind wir deswegen erstaunt, weil die sozialdemokratische Fraktion ganz genau weiß, daß auf dem Gebiet der Schaffung eines Gesetzes gegen den Wettbewerb in den letzten Monaten sehr viel Arbeit geleistet worden ist, und weil sie sich, worauf Herr Professor Erhard mit Recht schon hingewiesen hat, mit irgendwelchen Verbindungsleuten an dieser Arbeit beteiligt hat.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Es ist zunächst darauf hinzuweisen, daß ja die Bundesregierung noch gar nicht anderthalb Jahre besteht. Wir haben eine Bundesregierung, wenn ich mich nicht irre, seit September, also seit einigen Monaten.

    (Zurufe von der SPD.)

    Wie da von einer anderthalbjährigen Arbeit geredet werden kann, weiß ich nicht. Ein Kartellgesetz ist aber eine Angelegenheit, die in der Wirtschaft außerordentlich viele Umwälzungen hervorrufen wird, und es wäre leichtfertig und töricht, ein solches Gesetz über den Daumen zu peilen und nicht in der genügenden Weise vorzubereiten und durchzuarbeiten. Die Bundesregierung hat entsprechend einer Erklärung des Kanzlers und entsprechend unseren Erklärungen sehr bald, nachdem sie ihre Arbeit aufgenommen hat, diese Aufgabe in Angriff genommen, und Herr Professor Erhard hat soeben bereits dem Herrn Sprecher der Sozialdemokratie nachgewiesen, daß er von dem vorhandenen Entwurf ganze Teile hier vorgelesen hat. Ich muß ganz ehrlich sagen, Herr Professor Nölting, daß ich Sie in diesem Punkt Ihrer Ausführungen heute nicht verstanden habe, wenn Sie gesagt haben, dieser ganze Entwurf sei in ein mysteriöses Dunkel gehüllt. Ich habe noch gestern mit Ihnen über diese Dinge gesprochen, und Sie wissen doch, daß durch einen Ihrer engsten Mitarbeiter hier eine bestimmte Arbeit geleistet worden ist. Sie haben gesagt: Ich kenne den Inhalt nicht. Nun, das unterstelle ich; aber Sie wissen doch, daß die Arbeit von einem Referentenentwurf bereits zu einem Ergebnis gekommen ist. Sie wissen ganz genau, daß der Entwurf im Kabinett besprochen und akzeptiert worden ist, und Sie wissen ganz genau, daß sich der Entwurf inzwischen zur Überprüfung bei den einzelnen Ministerien befindet.
    Sie haben auf die Bedenken des Bundesjustizministeriums hingewiesen. Diese sind aber nur rechtlicher Natur und beziehen sich auf die Kollision mit dem Grundgesetz; andere Bedenken sind es nicht. Es ist Ihnen also doch bekannt, daß hier eine Arbeit wesentlicher Art geleistet worden ist, und das hätte der Ehrlichkeit wegen gesagt werden müssen. Ich habe auch gerade mit Ihnen darüber gesprochen, daß bei den Studienaufgaben, mit denen wir es jetzt zu tun haben, ein Vertreter Ihrer Fraktion beteiligt sein möge, und Sie haben diese Mitarbeit zugesagt. Ich weiß nicht, was bei solcher Sachlage ein Antrag des Inhalts. wie Sie ihn heute .hier vorgelegt haben, noch für einen Sinn haben soll.

    (Sehr richtig! bei der CDU. — Widerspruch bei der SPD.)

    Wenn in diesem Hause auf den Gebieten, wo weitgehende Übereinstimmung besteht, wirklich sachliche Arbeit geleistet werden soll, dann soll man doch solche Arbeit nicht zu solchen polemischen Extravaganzen benutzen, wie sie heute in diesem Hause leider wieder präsentiert worden sind. Ich bin der Auffassung, daß die Bundesregierung das, was sie im Rahmen ihrer kurzen Lebensdauer bereits hat tun können, getan hat. Ich bin der Meinung, daß die Arbeit, die hier begonnen worden ist, fortgesetzt werden soll. Ich bin der Meinung, daß die Vorbereitungsarbeit nicht hier im Plenum, sondern im Ausschuß getan werden soll, und beantrage deshalb die Verweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, der für diese Arbeiten zuständig sein dürfte.

    (Sehr gut! und lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat Herr Abgeordneter Rische.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Rische


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Wenn sich Professoren streiten, dann muß man voraussetzen, daß selten die Wahrheit dabei herauskommt.

    (Heiterkeit.)

    Einer der Herren hat beispielsweise auf früheren Gewerkschaftskonferenzen vor 1933 noch die „Theorie" vertreten, daß die Konzerne und Kartelle geradewegs in den Sozialismus hineinführen. Jetzt aber weiß derselbe Herr Professor, Kollege Nölting, nur noch vom Waffenstillstand der Kräfte zu berichten, und ich möchte sagen: von Hilferding bis Nölting ist ein weiter Weg für die SPD, nämlich der Weg vom Kampf gegen die Konzerne bis zu ihrer bedingten Anerkennung, oder sagen wir so: bis zu einer gelinden Kontrolle derselben. Und Professor Erhard hat uns dann erzählt, daß er ein Ehrengericht unter Raubtieren einrichten will.

    (Heiterkeit.)

    Im übrigen, meine Herren, bestehen keine Divergenzen in den beiderseitigen Auffassungen. Es kann nicht bestritten werden, daß seit einiger Zeit hinter den verschlossenen Türen der ehemaligen Verwaltung für Wirtschaft und des jetzigen Wirtschaftsministeriums Beratungen über die Schaffung eines sogenannten Kartellgesetzes stattfinden. Schon diese Tatsache allein ist die offene Bestätigung, daß in der westdeutschen Wirtschaft die alten und die neuen Kartelle das Gesetz des Handelns wieder wie ehemals bestimmen. Verkaufs- und Preisringe aller Art diktieren Angebot und Nachfrage, sprengen, wo es nur angeht, die Bewirtschaftung und diktieren, wo es nur angeht, die überhöhten Preise. Professor Dr. Rittershausen hat vor kurzem erst in der „Welt" klar herausgestellt, daß durch Preisabreden und durch Monopolstellung einiger der großen Firmen
    — ich erinnere an den Unilever-Konzern — die westdeutsche Bevölkerung um Hunderte Millionen D-Mark betrogen wird. Auch der wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministers hat das Bestehen der verbotenen Verkaufsringe, der Kartelle. sämtlich festgestellt. In allen Sparten der westdeutschen Wirtschaft haben diese wiederum die Führung und beeinflussen durch ihre Macht auch schon wieder die Regierung.
    Ich habe vor mir das Organ der westdeutschen Schwerindustrie, den „Industrierkurier". Darin wird eine Stellungnahme des Kartellreferats beim Wirtschaftsministerium zu den Monopolen wiedergegeben. In dieser Stellungnahme heißt es: „Das Bestehen eines Monopols an sich ist weder nach deutschem Recht noch nach Besatzungsrecht gesetzwidrig." Mit diesen Worten ist nur der Zustand wiedergegeben, wie er im Westen seit langen Jahren tatsächlich ununterbrochen besteht.
    Gestatten Sie mir nun noch einige Ausführungen zu den gegenwärtig in der Öffentlichkeit stattfindenden Kartelldiskussionen. Es kann nicht behauptet werden, daß noch keine Arbeit im Sinne eines Kartellgesetzes getan wurde. Es fragt sich aber: in welcher Richtung wird diese Arbeit getan? Die vorliegenden Referentenentwürfe von Dr. Josten und Roland Risse

    (Abg. Etzel: Gibt es gar nicht!)

    — diese Referentenentwürfe gibt es —

    (Abg. Etzel: Josten ja, aber Risse gibt es nicht!)

    - darüber brauchen wir uns nicht zu streiten,
    das wissen wir ganz genau —, diese vorliegenden
    Entwürfe mit ihren verschwommenen Grundsätzen sind ja, wie Sie wissen, in der Öffentlichkeit immerhin schon bekanntgeworden.

    (Abg. Etzel: Kennen Sie Risse?)

    Während Josten noch mit einer bestimmten Konsequenz gegen die alten Monopole ankämpft, ist es bei Risse schon wiederum so, daß er die Kartelle anerkennt, und zwar grundsätzlich.

    (Zuruf des Abg. Etzel.)

    — Bekannt ist auch die scharfe Kritik, Herr Etzel, die diese beiden Referentenentwürfe — so dürfen ,wir einmal sagen — von der westdeutschen Wirtschaft erfahren haben, und ich möchte hinzufügen: nach bestimmten amerikanischen Inspirationen. Neue Aspekte haben sich insbesondere durch die massiven Forderungen aus Kreisen der Schwerindustrie ergeben, wonach die alten Gesellschaften, Kartelle usw. wiedererstehen sollen. Gesetz Nr. 75 soll zu diesem Zweck geändert werden.
    Über die Problematik des Gesetzes will ich an dieser Stelle jetzt nicht diskutieren. Es gibt da von vielen Seiten aus, auch von unserer Seite aus etwas zu bemerken. Die Verteidiger der Kartelle stützen sich in der Regel auf die Praxis in den USA, und zwar mit gutem Recht, wie mir scheint. Die Sherman-Antitrust-Act hat niemals verhindert, daß die sogenannten großen Drei, wie man in USA sagt, in jedem Wirtschaftzweig sich immer wieder durchsetzten und die gesamte USA-Wirtschaft beherrschen. Diese Praxis eines vorgetäuschten Antitrust-Kampfes soll auch in Westdeutschland kultiviert werden. Man hält sich dabei offenbar an die Weisung von Mister McCloy, der bei seiner Ankunft in Westdeutschland erklärte, im Antitrust-Kampf müsse man sich nach den amerikanischen Erfahrungen richten; dort sei dieser Kampf ebenfalls eine langwierige Angelegenheit. Diese Belehrung von Mister McCloy hat in Westdeutschland augenscheinlich Erfolg gezeitigt. An Stelle von Josten ist heute der frühere Justitiar der „Reichsgruppe Industrie" Herr Kattenstroth zum Kartellreferenten im Wirtschaftsministerium ernannt worden.

    (Abg. Etzel: Stimmt nicht!)

    —Ihm wurde, soweit ich unterrichtet bin, die Federführung für die Kartellgesetzgebung übertragen. Herr Kattenstroth oder irgendeiner seiner Richtung wird als Anwalt der Unternehmer dafür sorgen, daß solche Entwürfe vorbereitet werden, die den alten Monopolen an Rhein und Ruhr alle Rechte zurückgeben.
    Wohin die Reise geht, hat kürzlich erst der „Economist" in einem „Deutschlands neues Jahr" betitelten Artikel ganz offen ausgeplaudert. Der Artikel wurde hier an die Abgeordneten des Bundeshauses verteilt. Im „Economist" steht geschrieben:
    Die Regierung wird im Jahre 1950 darum ersuch en, die Reorganisierung der Ruhrstahltrusts, die deutsche Experten zur Zeit laut Militärgesetz Nr. 75 durchzuführen haben, selbst übernehmen zu können. Hiermit möchte sie sich dagegen sichern, daß keine drastischen strukturellen Veränderungen bei den Ruhrtrusts vorgenommen werden und daß es den ehemaligen Aktionären ermöglicht wird, Eigentümer der reorganisierten Trusts zu werden.
    Das ist das Programm

    (Zuruf in der Mitte: Des „Economist"!)



    (Rische)

    — der „Economist" spricht hier nur die Tatsachen aus! —, das ist das Programm der Adenauer-Regierung. Wir werden es sehen — die Geschichte wird es beweisen —: genau so wird es kommen.
    Die SPD verlangt nun von der Adenauer-Regierung Maßnahmen gegen Kartelle, Preisringe und dergleichen mehr. Mir scheint, daß die SPD-Fraktion noch beträchtliches Vertrauen zur Adenauer-Regierung hat, zu einer Regierung, die man als das jüngste Kind der westdeutschen Schwerindustrie bezeichnen muß.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Schon gestern hatte ich bei dem Vortrag von Professor Baade den Eindruck, daß ein großer Teil
    der SPD-Fraktion der Brigade Erhard zustrebt.

    (Lachen bei der SPD.)

    Liberalisierung bedeutet Freiwirtschaft, Herr Professor Baade,

    (Glocke des Präsidenten)

    und das mögen Sie sich nun einmal überlegen!