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    Deutscher Bundestag — 31. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1950 951 31. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 951C, 979C Anfrage Nr. 24 der Fraktion der SPD betreffend Druckaufträge für Raucherkarten (Drucksache Nr. 333) 951D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Antrag der Fraktion der CDU/CSU, SPD und Zentrum) (Drucksache Nr. 420) . . 951D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Dezember 1949 (Drucksachen Nr. 398 und 392) 951D Raestrup (CDU), Berichterstatter . 952A Dr. Seelos (BP) 953A Dr. Baade (SPD) . . . . . . . 953D Graf von Spreti (CSU) 954D Rische (KPD) . . . . . . .. 955B Freudenberg (FDP) 957A Goetzendorff (WAV) . . . . . . . 957C Dr. Mühlenfeld (DP) 957D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der KPD betreffend Ruhrstatut (Drucksachen Nr. 417 und 5) . 958C Dr. Vogel (CDU), Berichterstatter . . 958C Agatz (KPD) . . . . . . . . . . 958D Beratung des Antrags der Fraktion der WAV betreffend Einschränkung überhöhter Handelsspannen (Drucksache Nr. 257) 959D Schmidt (Bayern) (WAV), Antragsteller .. 960A Dr. Horlacher (CSU) . . . . . . . 960D Kurlbaum (SPD) 960D Loritz (WAV), Antragsteller . . . . 961C Unterbrechung der Sitzung . . 964D Zwischenfall zwischen den Abg. Goetzendorff und Bodensteiner und Ausschluß des Abg. Goetzendorff für 20 Sitzungstage 964D, 965A Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der WAV betreffend Einschränkung überhöhter Handelsspannen (Drucksache Nr. 257) 965A Margulies (FDP) 968A Dr. Bertram (Z) 968C, 979A Aumer (BP) 969D Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 971A Loritz (WAV) . . . . . . . . 975A Schoettle (SPD) (zur Geschäftsordnung) 978D Dr. von Brentano (CDU) (zur Geschäftsordnung) 978D Nächste Sitzung 978D, 979A, D Die Sitzung wird um 14 Uhr 36 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird nötig sein, auf einige besonders charakteristische Sätze des Herrn Bundeswirtschaftsministers näher einzugehen. Zuerst nur ein kurzes Wort dazu, daß Herr Professor Erhard glaubte, frühere Ausführungen von mir anläßlich der D-Mark-Abwertung zitieren zu müssen. Ich erkläre hiermit folgendes: Ich stehe voll und ganz zu dem, was ich damals sagte. Ich bin nicht etwa als falscher — —

    (Zurufe.)

    — Wollen Sie mich bitte nicht unterbrechen! — Ich bin keineswegs als falscher Prophet demaskiert worden, denn sämtliche Waren und sämtliche Güter, deren Preise nicht von der Regierung direkt oder indirekt gestützt worden sind, haben sich dem entwerteten Markkurs angeglichen.

    (Lebhafter Widerspruch und Zurufe.) — Das steht fest!


    (Erneute Zurufe. — Glocke des Präsidenten.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, durch Ihre Störungen verlängern Sie nur die Sitzung!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Die Lebensmittelpreise sind selbstverständlich nicht in die Höhe gegangen. Warum? Weil sie von der Regierung gestützt worden sind! Für diese Preisstützung bei Getreide, Baumwolle, Fett usw., die wir aus den Dollarländern einführen müssen, muß die Regierung viele Hunderte von Millionen D-Mark aufwenden. Sie weiß auch gar nicht, wie lange sie diese Aufwendungen machen kann! Ich fürchte sehr, am 1. Juli 1950 wird auch da einiges von den Hoffnungen der Regierung zusammenbrechen. Schauen Sie die Preise für Wollwaren an! Schauen Sie die Preise für andere Textilien an, für Schuhe, für alle möglichen sonstigen Dinge.

    (Zuruf: Benzin!)

    — Ja, auch Benzin! Diese Preise sind bereits gestiegen oder stehen unmittelbar vor einer Erhöhung, die teilweise sogar den Abwertungssatz noch übersteigt. Das sind Tatsachen, die nicht bestritten werden können. Ich warte nur auf den 1. Juli 1950, zu welchem Zeitpunkt die Regierung gezwungen sein wird, Farbe zu bekennen, und wo sie nicht mehr die Vollmacht zur Stützung dieser Lebensmittelpreise und dieser Importe durch Hunderte von Millionen D-Mark auf Kosten der deutschen Steuerzahler hat. Dann werden wir über diesen Punkt mit Herrn Professor Erhard wieder reden.
    Was aber die Preise für Schuhe, für Wolle, für Wäsche und für alle möglichen anderen Dinge betrifft, so soll Herr Professor Erhard mal die Hausfrauen fragen und die Geschäftsleute, die ihm dann gleich Aufschluß geben werden. Selbstverständlich sind Vergleiche nur möglich bei Waren gleicher Qualität und nicht etwa zwischen Waren verschiedener Qualität.
    Herr Professor Erhard hat eine Reihe von Sätzen geprägt, die ich mir mitgeschrieben habe und auf die einzugehen sich wirklich lohnt.
    Zuerst die Sache der D-Mark-Abwertung. Er glaubte, mich einen falschen Propheten heißen zu können, derselbe Professor Erhard, der vor einigen Wochen noch gesagt hat — das ganze Haus ist dafür Zeuge —, daß die Arbeitslosigkeit keineswegs beängstigend ist und daß die Arbeitslosenziffer nicht mehr wesentlich hinaufgehen wird, glaubte mich einen falschen Propheten
    heißen zu können. Das hat Professor Erhard erklärt. Und jetzt? Jetzt steht sie auf zwei Millionen! Auf einen Zwischenruf hat Professor Erhard geantwortet, er wird noch mal auf die Arbeitslosigkeit zu sprechen kommen. Ich möchte den Herrn Professor Erhard nur bitten, das bald zu tun, denn sonst, wenn er das in ein paar Monaten erst tun wird, beträgt die Arbeitslosenziffer nicht mehr zwei Millionen, sondern zweieinhalb Millionen. Ich weiß, daß ich von den Kreisen der CDU vor einigen wenigen Monaten anläßlich der Bundestagswahl noch als Lügner und Demagog bezeichnet wurde, als ich erklärte, wir werden heuer zu Anfang des Jahres 1950 allein in Bayern eine Arbeitslosigkeit von einer halben Million haben. Es ist so gekommen! Die Ziffer für ganz Westdeutschland ist zur Zeit zwei Millionen, und selbst diese Ziffer ist noch nicht vollständig, weil nämlich als arbeitslos nur derjenige registriert wird, der in dem betreffenden Ort eine Zuzugsbewilligung hat; und Hunderttausende von Arbeitslosen sitzen bei uns in Westdeutschland herum, die nicht statistisch erfaßt werden, weil sie nämlich die behördliche Zuzugsgenehmigung noch nicht haben.

    (Abg. Rische: Alle Schulentlassenen werden nicht erfaßt!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Professor Erhard sagte: „Wir haben die Preisüberwachung gehabt; wie kann einer von uns nach allem, was wir sehen mußten, noch einen Bewirtschaftungssystem nachhängen, einem Bewirtschaftungssystem, ganz gleich welcher Art auch immer"? Was Professor Erhard sagte, kommt mir ungefähr so vor, wie wenn jemand sagt: Dieses Rennpferd taugt nichts, weg damit zum Schlächter, zum Metzger! Und nur deswegen sagt er, das Rennpferd taugt nichts, weil die Reiter, die darauf gesessen sind, vollkommen unfähig waren! Warum ist heute mit Recht das bisherige Bewirtschaftungssystem in den Augen jedes einzelnen unserer Mitbürger bis zur Lächerlichkeit degradiert worden? Nicht deswegen, weil wir theoretisch und praktisch ohne jede Bewirtschaftung auskommen können, sondern aus einem ganz anderen Grund ist es so gekommen. Weil nämlich die Leute, die gerade auch mit Hilfe von gewissen großen Parteien im Jahre 1945 und 1946 als Leiter der Wirtschafts- und Ernährungsämter und als Ministerialdirektoren und Ministerialräte und Oberregierungsräte eingesetz wurden, zum großen Teil überhaupt nichts von der Sparte verstanden, deren Leiter sie nun geworden waren. Ich könnte Ihnen Hunderte von Beispielen sagen, wo der Leiter eines Ernährungsamtes ein Mann war, der in seinem Lebensgang nichts mit Lebensmitteln und Lebensmittelzuteilung zu tun gehabt hatte, sondern der der Ausbildung nach ein Schuhmachermeister war! Ich könnte Ihnen Dutzende von Oberregierungsräten und Ministerialräten nennen, die alles andere als Fachleute auf dem Gebiet der Wirtschaft waren und die etwas ganz anderes gelernt hatten, die aber durch die Gunst gewisser politischer Kreise in diese Posten hineingekommen waren und die den Gaul der deutschen Wirtschaft so zu Tode geritten haben, daß heute Professor Erhard hergehen und sagen kann: Jede staatliche Zwangs- und Lenkungsmaßnahme ist ein Unsinn; ihr habt gesehen, was dabei herausgekommen ist.

    (Zuruf rechts: Er hat die Lenkung bejaht!)

    — Nein, er will gar keine Lenkung, sondern er
    will als höchstes Ziel die freie Marktwirtschaft.


    (Loritz)

    Er sagt, man könne es „noch nicht" überall machen; aber er tut alles, um auf diese freie Marktwirtschaft loszusteuern.
    Aber das Merkwürdigste ist — um nicht ein anderes Wort zu gebrauchen —, daß Herr Professor Erhard sagt, die Theorie, die ich entwickelte, große Räume nur könnten ein freies Funktionieren von Angebot und Nachfrage garantieren, sei falsch, denn gerade die kleinen Länder würden beweisen, daß man ohne jegliche Form der Marktwirtschaft am besten auskomme. Er hat in diesem Zusammenhang die Schweiz genannt. Der Vergleich, den Professor Erhard hier gemacht hat, paßt wie die Faust aufs Auge. Erstens ist die Schweiz gerade für das Beispiel, das ich sagte, typisch: ein Großraum, nicht an den Schweizer Landesgrenzen haftend; vielmehr hat die Schweiz dadurch, daß der Schweizer Franken eine ebenso harte oder noch härtere Währung als der Dollar ist, tatsächlich die ganze Weltwirtschaft hinter sich. Im übrigen, Herr Professor Erhard, wissen Sie denn, daß die Schweiz ein sehr eingehendes System der Zwangsbewirtschaftung bis vor gar nicht allzulanger Zeit gehabt hat? Wie können Sie heute die Schweiz als Beispiel hinstellen, die eine sehr straffe Rationierung hatte? Es sind hier einige Mitglieder des Hohen Hauses -- wirklich nicht von der WAV-Fraktion —, die mir das jederzeit bestätigen können, daß sie im Jahre 1945 und 1946 ebenfalls noch ein solches System hatte, allerdings ein System, bei dem die Leiter der betreffenden Wirtschaftsämter nicht immer gerade Leute waren, die etwas ganz anderes gelernt hatten.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Professor Erhard sagt: Sie brauchen nur die Auslagen ansehen, dann können Sie feststellen, um wieviel besser es heute ist. Ja, die Auslagen sind ganz wunderbar! Der Ton liegt wohl bei Professor Erhards Ausführungen auf dem Wort „ansehen".

    (Heiterkeit.)

    Die Millionen, die da an den Auslagen vorbeigehen und sehen, daß alles vorhanden ist, haben kein Geld im Geldbeutel. An die sollte Professor Erhard doch denken. Mit dem Ansehen ist es nicht getan! Ich sage Ihnen nur eines: Die Lebenshaltung breitester Schichten hat sich noch nicht wesentlich verbessert. Ich gebe allerdings dem Professor Erhard gerne zu, daß die Leute, die den entsprechend großen Geldbeutel haben, heute noch besser dran sind, als sie das schon im Jahre 1945 oder 1946 gewesen sind!
    Es wurde von Professor Erhard soviel über die Förderung der Exportindustrie gesprochen. Ja, da sind wir doch alle derselben Auffassung! Aber ich sehe nicht ein, was das mit unserem Antrag zu tun hat. Unser Antrag verlangt, daß d i e Leute aus dem Wirtschaftsleben ausgeschaltet werden, daß ihnen auf die Finger geklopft wird, die die wesentlichen lebenswichtigsten Waren unverschämt verteuern, die erreicht haben, daß die Eier, bis sie beim letzten Verbaucher angelangt sind, aufs Doppelte und Dreifache im Preis gesteigert worden sind, die es erreicht haben, daß ein Zentner Karotten für 1,50 und 2,00 D-Mark heuer im Herbst von den Bauern abgeliefert wurde und daß dieser Zentner kurze Zeit darauf für 20 Mark und noch mehr in den Städten verkauft wurde. Dagegen wenden wir uns; gegen alle diese Dinge. Ich weiß nicht, was das mit der Förderung der Exportindustrie zu tun hat. Ich glaube sogar, daß es die Exportindustrie besonders schädigt, wenn hier die Lebenshaltung gerade der Arbeiter und der kleinen Angestellten in den Industriebetrieben, die exportieren können, herabgedrückt wird, nämlich dadurch, daß sich die Leute für ihr Gehalt nur halb soviel kaufen können, wie sie sich sonst kaufen könnten, wenn dieser unverschämte SchieberZwischenhandel nicht dabei gewesen wäre.
    Wir haben auch einen anderen Satz gehört: Quelle der Korruption sei jede Kontrolle des Zwischenhandels. Es gebe nur eine Möglichkeit dagegen, sagte Professor Erhard wörtlich: „das demokratische Verhalten des Verbrauchers auf dem Markte". Ein wunderbar klingendes Wort! Ich weiß allerdings nicht, was sich Herr Professor Erhard darunter vorstellt. Haben sich vielleicht unsere braven Hausfrauen nicht demokratisch verhalten auf dem Markt, wenn man sie so sieht, wie sie mit sorgenvollem Gesicht und leeren Taschen und schmalem Geldbeutel auf den Markt gehen? Wie demokratisch sollen sich die denn noch verhalten?

    (Sehr gut! bei der WAV.)

    Was sollen sie noch tun, Herr Professor Erhard? Ich weiß nicht, wie die sich noch demokratischer verhalten sollten! Die Arbeitslosen, die Heimatvertriebenen, die Kurzarbeiter oder aber die Arbeiter, die nur wenig Lohn bekommen, — ich glaube, deren Frauen teilen sich ihr Geld so schon hart genug ein und müssen mit jedem Zehnerl rechnen und fragen sich schon, ob sie sich 20 Pfund oder 30 Pfund Kartoffeln oder ob sie sich ein oder zwei Pfund Fleisch kaufen können! Was sind das für Redensarten: „das demokratische Verhalten auf dem Markt könne entscheidend wirken", wenn es auf der anderen Seite einen Großhändler gibt, der an einer einzigen Eierlieferung von 100 000 Stück Eiern, sage und schreibe 20 000 D-Mark verdient hat, wie ich Ihnen nachrechnen kann.

    (Zurufe von rechts: Namen nennen!)

    — Jawohl, das hat er! Ich kann Ihnen konkrete Beispiele dafür bringen.

    (Weitere Zurufe rechts.)

    — Kommen Sie mit den Leuten aus der Wirtschaft zusammen; die werden Ihnen solche Beispiele schon sagen!

    (Erneuter Zuruf von rechts: Namen!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist das „demokratische Verhalten des Verbrauchers auf dem Markt".
    Noch etwas: Er sagte, „wir müssen die äußeren Voraussetzungen schaffen, um wieder hochzukommen". Da stimmen wir ihm vollkommen bei. Wir müssen die Voraussetzungen schaffen. Aber die können nur darin liegen, daß endlich einmal die Behörden, die über die Wirtschaft zu entscheiden haben — und zwar vom Wirtschaftsministerium angefangen bis herunter —, gereinigt und gesäubert werden von den völlig unzulänglichen und unfähigen Elementen und von den korrupten Leuten, soweit solche da sind. Dann wird die Möglichkeit da sein, daß der Staat durchaus auf die Preisgestaltung Einfluß nehmen kann, ohne daß er jedem Bauern den Schutzmann auf den Hof schickt. Ich habe ausdrücklich bei meiner ersten Rede hier erklärt, daß wir vollkommen fern von jeder Idee stehen, hier jeden Stall und jeden Kramladen mit einem Wachtmeister kontrollieren zu wollen. Es gibt ganz andere Möglichkeiten! Ein Redner, der Herr Kollege Bertram, hat darauf schon angespielt. Er sagte, man habe durch die Importe an sich bereits ein Re-


    (Loritz)

    gulativ, wie man die Preise wirksam fixieren könne. Wir haben bei den Eiern ja gesehen: schon die Drohung damit, daß Eier im großen Umfange eingeführt werden, hat genügt, daß noch vor Weihnachten die Eier von 65 auf rund 30 Pfennig damals heruntergefallen sind. So war es doch! Welch große und wirksame Waffe hat hier das Wirtschaftsministerium zusammen mit dem ERP- und Landwirtschaftsministerium in der Hand, die Preise möglichst stabil zu halten, denn der Bauer will nicht diese überhöhten Preise von 60 Pfennig für ein Ei, weil er weiß, daß der Konsum dann wahnsinnig eingeschränkt wird. Aber wir müssen den Bauern umgekehrt auch schützen dagegen, daß er am Schluß für das Ei gar nichts mehr bekommt oder vielleicht nur noch ein Zehnerl, wie es jetzt ist, und ein Zwischenhandel macht dadurch riesige Gewinne . Wir brauchen stabile Preise. Das ist das Entscheidende, damit alle wieder kalkulieren können, nicht bloß die Groß- und Exportindustrie, sondern auch der kleine Arbeiter. Das ist das Entscheidende, daß der Arbeiter endlich einmal kalkulieren kann — auch die Angestellten und der kleine Mittelständler — und sich Preisen gegenübersieht, die wenigstens einigermaßen stabil gehalten werden.
    Professor Erhard sagte: „Von der Behörde aus kann man die Handelsspanne nicht festlegen". Dutzende von Ländern haben bewiesen, daß so etwas möglich ist. Denken Sie nur an die Schweiz, Herr Professor Erhard! Ich wiederhole es Ihnen, weil Sie dieses Beispiel zitierten. Dutzende von Ländern haben aber auch klar gezeigt, daß diese Festlegung durch eine Behörde nur dann möglich ist, wenn diese Behörde sauber und integer ist und Fachleute hat. Das ist das Entscheidende.
    Herr Professor Erhard meinte, eine Billigung für seine Politik darin finden zu können, daß der D-Mark-Kurs an der Schweizer Börse in der letzten Zeit in die Höhe gegangen ist. Herr Professor Erhard, ich antworte Ihnen: gerade das wird die Arbeitslosigkeit bei uns steigern, weil nämlich jetzt die Schweizer Ausflügler, die Holländer und Belgier und wie sie alle heißen, nicht mehr so häufig wie bisher nach Deutschland herüberkommen und mit der in Zürich usw. angeschafften D-Mark einkaufen werden — weiß der Teufel, wie sie sie herübergebracht haben, aber sie scheinen sie herüberbringen zu können —: Damenhandtaschen, Aktenmappen, Bilder und alles mögliche sonst. Da werden Sie sehen, wie sich das auswirkt, Herr Professor Erhard! Diese Steigerung des D-Mark-Kurses an der Züricher Börse hat gar nichts mit unserm Antrag zu tun, der lediglich will, daß jene Zehntausende von Haifischen herausgefangen werden, die in der Wirtschaft stecken, aber den Namen Wirtschaftler überhaupt nicht verdienen, sondern nichts anderes sind als elende Großschieber, selbst dann, wenn sie ein noch so schönes Firmenschild aufweisen können. Ich habe Ihnen heute schon erklärt: unser Antrag richtet sich nicht gegen die kleinen Geschäftsleute. Die sind mit die Leidtragenden, ja die sind durch diese Riesenfluktuationen auf dem Gebiet der Lebensmittel, bei den Eiern, beim Fett, bei der Butter usw., schwer geschädigt. Jene Großhändler aber — das ist sicher — sind nicht geschädigt worden!
    Noch ein paar Sätze von Herrn Professor Erhard: Das Jedermann-Programm kann als Beweis für die Richtigkeit seiner Theorien und ihrer Wirkungen dienen. Ich glaube, aus dem Beispiel
    des Jedermann-Programms ist etwas ganz anderes zu entnehmen, nämlich daß die Preisspannen für die Jedermann-Waren von Anfang an unrichtig festgesetzt waren, so daß die Leute den zum großen Teil sehr minderwertigen Warenstapel zu diesen hohen Preisen nicht kaufen mochten, wahrscheinlich auch nicht kaufen konnten! D a s nur kann man aus dem Zusammenbruch des Jedermann-Programms herauslesen. Ich könnte Ihnen hier auch Beispiele nennen, daß Dinge, die in Wirklichkeit kaum die Hälfte wert waren, zu einem wahnsinnig übersetzten Preis dem Letztverbraucher angeboten wurden. Aus dem Jedermann-Programm, Herr Professor Erhard, können Sie noch gar keine Schlüsse ziehen!
    Wir kommen zu unserm Antrag. Darf ich mit einem Satz gegenüber all den Entstellungen klarstellen, was unser Antrag überhaupt will. Es steht deutlich genug drin. Er will, daß die Behörden, angefangen zuoberst beim Wirtschaftsministerium, dafür sorgen, daß diese Subjekte, die bei den lebenswichtigsten Bedarfsgegenständen Riesengewinne machen, aus dem Wirtschaftsgang ausgesondert werden, daß diesen Leuten auf die Finger geklopft wird. Ich sage Ihnen allerdings eines: unser Antrag — ich weiß es — wird nur dann richtig ausgeführt werden können, wenn zuoberst im Wirtschaftsministerium Leute an die wichtigsten Posten gestellt werden, die wirklich etwas verstehen,

    (Zuruf rechts: Jetzt hören Sie aber auf!)

    und wenn es bis herunter zu den kleinen Wirtschafts- und Ernährungsämtern ebenso gemacht wird!

    (Zuruf: Sie wollen wohl Wirtschaftsminister werden?)

    — Nein, Herr Kollege, das würde ich niemals machen, sondern zum Wirtschaftsminister müssen Sie einen Mann haben, der nicht aus der theoretischen Wissenschaft heraus kommt,

    (lebhafte Zurufe)

    sondern aus der praktischen Wirtschaft!

    (Zuruf: Loritz!)

    Universitätsprofessoren bitte an die Universitäten, die Juristen dorthin, wo es sich um reine Rechtsfragen dreht!

    (Große Heiterkeit und erneute lebhafte Zurufe.)

    — Nein, ich habe keinen Ehrgeiz, bei dieser Regierung Adenauer mitzumachen, nein, nein!

    (Andauernde große Heiterkeit.)

    Damit es gar keine Mißverständnisse gibt: nein, nein, keineswegs!