Rede von
Wilhelm
Schmidt
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(WAV)
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Meine Damen und Herren! Wir haben am 1. Dezember 1949 den Antrag gestellt, daß die Handelsspannen überprüft werden sollen. Ich glaube, Freunde, Sie alle oder die meisten von Ihnen stehen mit uns auf dem Standpunkt, daß die Handelsspannen dazu beigetragen haben, die Verhältnisse in unserer Wirtschaft zum größten Teil mitzubestimmen, und daß gerade die Lebensmittelpreise im Oktober, November und Dezember eine Höhe erreicht haben, die für die Verbraucherschaft nicht tragbar war. Aus diesem Grunde haben wir damals schon den Antrag gestellt. Ich erinnere Sie nur an einige Punkte. Im Oktober habe ich einen Fall in Wertingen selber miterlebt. Bei uns in Bayern hat ein Bauer von seinem Hof ungefähr 300 Zentner Kartoffeln an einen Händler von Wertingen verkauft. Dieser hat sie an einen Händler nach Augsburg verkauft, der Händler in Augsburg wiederum an einen Händler in Nördlingen und der Händler erst an Konsumenten, an die Verbraucher; und so haben diese Handelsspannen dazu beigetragen, daß der Preis von 3 Mark auf 8 Mark gekommen ist.
Ein weiteres Beispiel! Warum haben wir — es war ungefähr November — den Antrag gestellt, daß die Eierpreise auf ein vernünftiges Maß zurückgeschraubt werden? Weil wir als Bauern sie damals zu 20 und 25 Pfennig verkauft haben, während wir in Bonn und allen Städten der Umgegend feststellen mußten, daß die Eier dort 60 und 70 Pfennig kosteten und zum Teil diesen Preis überschritten haben.
— Sie können ja nachher Ihre Sache ruhig vortragen. Jetzt hören Sie einmal einen Bauern von unserem Standpunkt aus an; denn ich glaube, auch wir haben die Berechtigung, Ihnen die Wahrheit in dieser Hinsicht zu sagen.
Wegen vieler solcher Fälle ist es, glaube ich, sehr
notwendig, daß endlich einmal aus dem Volke
heraus darüber gesprochen wird und daß diese
Dinge abgestellt werden. Es ist notwendig, daß die Handelsspannen gerade bei lebensnotwendigen Gütern und bei solchen Gütern, an denen die Bevölkerung Mangel leidet, von der Regierung überprüft und so festgesetzt werden, daß nicht mehr solche Preise herauskommen können, die die Bevölkerung einfach nicht mehr bezahlen kann. Das ist der Grund, warum wir diesen Antrag stellen. Und das ist nicht bloß bei den Lebensmittelpreisen so. Schauen Sie hinein in die Wirtschaft, wie es mit Maschinen und all diesen Dingen steht! Gerade wir vom Bauernstand stehen zur Zeit vor der Situation, daß unsere Einnahmen infolge der sinkenden Preise von Tag zu Tag zurückgehen. Das wird mir jeder von Ihnen bestätigen müssen. Auf der anderen Seite aber sollen wir die Steuern bezahlen, die Soforthilfeabgabe entrichten und müssen für unsere Bedarfsartikel wie Maschinen usw. 100, 200, 300 Prozent mehr bezahlen, als wir es in Friedenszeiten tun mußten. Das stimmt nicht zusammen. Gerade in dem Punkt müssen wir es erreichen, daß die ungerechten Handelsspannen endlich einmal von der Regierung abgeschafft werden. Die Regierung muß endlich einmal hierzu den Mut aufbringen, und ich rufe der Regierung zu wie seinerzeit der Schmied von Ruhla in der Schmiede: Landgraf, werde hart! Sonst wird der größte Teil der anderen Bevölkerung zugrunde gehen. Freunde, so geht es nicht weiter! Aus diesem Grunde haben wir den Antrag gestellt, daß die Handelsspannen überprüft und auf ein gerechtes Maß zurückgeschraubt werden, und ich bitte Sie alle miteinander, ob von links oder von rechts: Nehmen Sie zu dem Antrag in der Hinsicht Stellung, daß wir zu einem befriedigenden Ergebnis kommen. Wir müssen es tun im Interesse unseres Volkes, unseres armen deutschen Volkes. — Ich danke Ihnen.