Rede von
Dr.
Gebhard
Seelos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Berichterstatter ist auf die materielle Bedeutung des Abkommens nicht mehr eingegangen, nachdem der Bundesminister bereits in der ersten Beratung den Inhalt des Gesetzentwurfes eingehend dargelegt hat und nachdem die Redner der verschiedenen Fraktionen ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht haben. Immerhin muß man, glaube ich, ein Bedenken nochmals unterstreichen. Dieses Bedenken bezieht sich auf die gefährliche Wirkung, die Artikel XIV des Abkommens haben kann, nachdem in dem DreimächteKommuniqué von Washington vom 8. April 1949 zugesagt worden ist, daß Deutschland als vollberechtigtes Mitglied an der Organisation für die europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit teilnehmen soll. Die Bestimmungen des Artikels XIV gefährden nach unserer Auffassung diese Gleichberechtigung aufs schwerste in dem Falle, daß sie von den Hohen Kommissaren in irgendeiner Weise einengend ausgelegt werden.
Weiter möchte ich gerade im Hinblick auf das Agrarland Bayern nochmals auf die unerhörten Gefahren hinweisen, die eine allzu große Liberalisierung des Handeis und der Wirtschaft für die Landwirtschaft mit sich bringt. Wir merken jetzt schon in Bayern die Schwierigkeiten für Milch und Milchprodukte, für Vieh und Gemüse. Käse verdirbt bereits, weil eine zu große Menge ausländischen Käses importiert wird. Auf diese großen Gefahren muß man mit einem Satz hinweisen.
Im übrigen möchte ich auf meinen Zusatzantrag zu sprechen kommen, daß nämlich in Artikel IV vor „im Wege" mit „Zustimmung des Bundesrats" eingefügt wird. Es handelt sich um eine grundsätzliche Angelegenheit. Nach Artikel 83 der Bundesverfassung sind nun einmal grundsätzlich die Länder für die Durchführung der Bundesgesetze zuständig. Der Zweck dieses Artikel 83 war, dia Grenzen der Exekutive abzustecken und die Möglichkeit von verfassungswidrigen Übergriffen auf die Rechtsetzung zu verhindern. Hier nun ist dies gegeben, daß die Länder an der Durchführung beteiligt sind, und sei es nur durch die Überwachung und Aufsicht über die Durchführung. Diesen Standpunkt hat der Bundesrat eindeutig vertreten. Er sagt in seiner Begründung, daß den Ländern „unmittelbar oder durch Wahrnehmung von Aufsichtsbefugnissen mittelbar" gemäß Artikel 83 die Ausführung aller Bundesgesetze grundsätzlich zukommt. Es heißt dort weiter: „Im übrigen behält diese Bestimmung des Grundgesetzes ausdrücklich eine anderweitige bundesgesetzliche Regelung vor, wie sie in der vorgeschlagenen Änderung vorliegt."
Wenn nun das Gutachten des Justizministeriums gegen diese Stellungnahme angeht und zum Ausdruck bringt, daß die Einfügung dieser Worte die Einengung des durch das Grundgesetz geregelten Systems der Gewaltenteilung bedeute und daß es
um so bedenklicher sei, als diese Einengung nicht zugunsten der Legislative im ganzen, sondern nur zugunsten eines Teils der Legislative erfolge, so muß man gegen diese Auffassung aufs schärfste Widerspruch erheben. Es ist nun einmal in Artikel 80 der Bundesverfassung selber festgelegt, daß der Bundesrat diese besondere Stellung hat und daß die Zustimmung des Bundesrats zu gewissen exekutiven Maßnahmen notwendig ist. Das Gutachten des Bundesjustizministeriums ist geradezu verfassungswidrig. Ich hätte sehr gewünscht, daß in diesem ersten Fall, in dem die Stellung des Bundesrats — die für die ganze künftige Entwicklung der Beteiligung der Länder bedeutsam ist — verfassungsrechtlich umrissen wird, der Bundesrat auch hier seine Stellung zum Ausdruck gebracht hätte.
— Leider ist hier wiederum der Bundesrat nicht vertreten.
Obwohl er nach der Verfassung so große Rechte hat, nimmt er diese in keiner Weise wahr und vertritt sie hier nicht gegenüber dem Bundestag und der Öffentlichkeit.
— Ich, bedaure es aufs tiefste, daß er nicht anwesend ist. Ich bitte aber den Bundestag, unserm Zusatzantrag Rechnung zu tragen, da es für uns wesentlich ist, ob der Bundestag diese geringen föderalistischen Möglichkeiten der Verfassung auswerten will. Selbst wenn man die obligatorische Notwendigkeit der Zustimmung nicht bejaht, kann jeder Föderalist aber d e m zustimmen, was nach Artikel 80 Absatz 2 notwendig ist. Ich bitte in diesem Sinne wenigstens die wenigen Föderalisten in diesem Hause, unserem Antrag zuzustimmen.