Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der ursprüngliche Antrag der Fraktion der Bayernpartei — Drucksache Nr. 157 — betreffend Förderung bildender Künstler war weiter gefaßt als der jetzt vorliegende Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 337. Der Antrag des Ausschusses befaßt sich ausschließlich mit der Beteiligung bildender Künstler an den Aufträgen des Bundes. Unsere weiteren Anträge auf Anregung der privaten Initiative zur Förderung der bildenden Kunst haben wir auf Anregung des behandelnden Ausschusses abgetrennt; sie harren ncch der Verabschiedung durch den Finanzausschuß.
Der Gedanke, der in dem Antrag des Ausschusses und insbesondere in den eben erwähnten, noch nicht behandelten Anträgen zum Ausdruck kommt, ist nicht neu; er stammt schon aus der Zeit vor 1933. Mit der Wiederaufnahme, Durchführung und Erweiterung dieses Gedankens nach den Anträgen der Bayernpartei ist es in der für die Künstler heute verzweifelteren Situation möglich, die Kunst- und Handwerkszweige vor dem Untergang zu retten. Die kurze Zeit nach der Währungsreform hat schon erschreckend deutlich gemacht, wie schnell höchstqualifizierte Künstler und Kunsthandwerker durch den Zwang, das Lebensnotwendigste zu verdienen, von ihren Berufen abgedrängt werden.
Die Folgen liegen klar auf der Hand: Alle mühsam errungenen Fortschritte zu einer handwerklich wohlfundierten angewandten Kunst, zu deren Förderung der Staat, die Länder, die Gemeinden in Kenntnis ihrer Wichtigkeit durch Errichtung von Fachschulen, Meisterschulen und Hochschulen beigetragen haben, werden in kürzester Zeit in Frage gestellt, wenn der Boden praktischer Be-
tätigung entzogen wird, ja es wird sogar so weit kommen, daß die Tradition in verschiedenen unentbehrlichen Kunsthandwerkszweigen zerreißt und damit der Nachwuchs ausbleibt. Staat und Gemeinden müssen nach dem A auch B sagen; denn es ware gerade mit Rücksicht auf die kulturschöpferische Begabung des deutschen Volkes unverantwortlich, junge Leute für Berufe zu erziehen, von denen von vornherein bekannt ist, daß man durch sie später nicht das Salz zur Suppe verdienen kann. Die praktische Kunstförderung, das heißt die Förderung der angewandten Künste, die den Bedürfnissen des Lebens dienen, ist der einzig gangbare Weg einer Regenerierung von Kunst und Handwerk.
Als Ziel muß vor uns stehen die Wiedererweckung einer wahren Bauhüttengesinnung, die in der Gegenwart mit den hier entsprechenden Mitteln angestrebt .werden muß. Lassen Sie mich daher, meine Damen und Herren, Ihnen die Beweggründe und Erkenntnisse ganz kurz zusammengefaßt vor Augen führen, die die Fraktion der Bayernpartei diese Anträge stellen ließen.
Der erste äußere Anlaß zur Stellung dieses Antrages war wohl die allgemein sichtbare Not der Kunstschaffenden. Dieser Not soll aber nicht durch eine Unterstützung, durch ein Almosen oder durch die Art der unproduktiven Arbeitslosenversicherung gesteuert werden, sondern durch die Leistungen — die hochwertigen Leistungen! —, die dei Allgemeinheit und späteren Generationen zum Nutzen und zur Ehre gereichen. Wir müssen uns also darüber im klaren sein, daß solche Maßnahmen, wie wir sie hier zur Beschlußfassung vorlegen, keine verlorenen Aufwendungen sind.
Ich darf zweitens wohl feststellen, daß 1 Prozent der Bausumme für die künstlerische Ausgestaltung von Bauten eine minimale Belastung der gebenden Seite ist, daß gleichwohl aber andererseits dadurch für die kulturelle Belebung ergiebige Beträge geschöpft werden können.
Drittens: Wir dürfen auch nicht vergessen, daß diesen hier beabsichtigten Maßnahmen starke erzieherische Kräfte innewohnen. Das Studium an Kunsthandwerks- und Kunstschulen hat erst wieder einen Sinn, wenn die Ausübung einem Zweck und einem Bedarf dient. Da öffentliche Bauten einer besonders scharfen Kritik ausgesetzt zu sein pflegen, werden auch die mitarbeitenden Künstler und Kunsthandwerker zu einer besonderen Leistung verpflichtet und erzogen werden.
Viertens: Gegenüber der Größe und der Bedeutung der konkreten Aufgaben, wie sie die künstlerische Mitarbeit am Bauwerk stellt, werden sich alle Schlagworte, alle Ismen-Diskussionen über die verschiedenen Kunstrichtungen und Kunstauffassungen allmählich. verflüchtigen. Der heutige Ausstellungsbetrieb, der einen großen Teil der einschlägigen öffentlichen Mittel verschlingt, ist durch die Gefahr der Zweckentbundenheit und der Zweckentleerung allein nicht geeignet, die Gestaltungskraft unserer Begabten und unserer Künstler zu entwickeln. Dies ist zuvörderst allein möglich durch 'die praktische Zielsetzung, durch konkret gestellte Aufgaben an Künstler und Kunsthandwerker, eben durch den Auftrag.
Beachten wir weiterhin, daß eine öffentliche aktive Kunstpflege, die am Bau beginnt, ansteckend wirkt und auch den Privaten dazu anreizt, seinem eigenen Heim durch Heranziehung der Kunstschaffenden eine besondere Note zu verleihen! Dieser Geist hat d'en Städtebau früherer
Jahrhunderte beeinflußt, dessen Schönheit nicht
nur uns erfreut, sondern auch das Ausland erbaut
Zur Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen sind in Absatz 2 unseres Antrages Sicherungen eingebaut. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß es sich hier nur um eine Sachverständigentätigkeit handelt, lediglich um eine Beratung bei der Auswahl. Die Bundesregierung ist an diese Auswahl in keiner Weise gebunden, weder beim Ankauf noch bei der Auftragserteilung. Der Bundesregierung ist völlige Freiheit gegeben, erneut eine andere Auswahl zu verlangen. Weiter heißt es in dem Antrag, daß die Berufsvertretung der bildenden Künstler bei der Vergebung der Aufträge gehört werden soll. Auch dabei handelt es sich nur um eine Sachverständigenberatung, die die Entscheidung der Bundesregierung in keiner Weise bindet.
Lassen Sie mich zum Schluß Ihnen noch das Bekenntnis eines maßgebenden Münchener Künstlers, des Herrn Professors Grassmann bekanntgeben. Er hat in einer öffentlichen Versammlung zu der gleichen Frage erklärt:
Der verantwortungsbewußte Teil der Künstlerschaft will nicht Unterstützung, sondern Arbeit. Damit allein kann die Beziehung der Kunst zum Menschen und ihre Funktion in der Gesellschaft wiederhergestellt werden.
Meine Damen und Herren, wir haben uns gefreut, daß der Ausschuß mit solchem Ernst und auch mit solcher Gewissenhaftigkeit an die Behandlung unseres Antrages herangegangen ist. Unsere Gründe zur Stellung dieses Antrages haben wir Ihnen dargelegt. Wir bitten Sie um Annahme des Antrages.