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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 30. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1950 929 30. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1950 Geschäftliche Mitteilungen . . . . 930A, 949C Antrag der Fraktion der SPD betreffend Entwurf eines Gesetzes über die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung (Drucksache Nr. 248) 930A Antrag der Fraktion der FDP betreffend Entwurf eines Gesetzes über das Eigentum an Wohnungen und gewerblichen Räumen (Drucksache Nr. 252) . . . . 930A Anfrage Nr. 23 der Fraktion der BP betreffend mangelnde Kohlenversorgung Bayerns (Drucksache Nr. 332) 930B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Umstellung der Renten- und Pensionsrentenversicherungen nach der Währungsreform (Antrag der Fraktion der FDP) (Drucksache Nr. 387) . . . . 930B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1949 (Drucksache Nr. 430) 930C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . 930C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Notgesetzes für die deutsche Hochseefischerei (Drucksachen Nr. 427 u. 221) 930D Lübke (CDU), Berichterstatter . . 930D Rische (KPD) 931D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Einsetzung eines Ausschusses zur Prüfung der Auftragsvergebung für Bauten und Einrichtungen des Bundes im Raume der vorläufigen Bundeshauptstadt (Drucksachen Nr. 374 und, 199 sowie 443) . . . . . . . 932A Kiesinger (CDU), Berichterstatter . 932B Erler (SPD) 933A Dr. Laforet (CSU) 935D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kulturpolitik über den Antrag der Fraktion der BP betr. Amtliche Graphik, Münzen, Siegel usw. des Bundes (Drucksachen Nr. 336 und 158) . 931D, 936C Dr. Oellers (FDP) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . 932A, 936C Dr. Seelos (BP) (zur Geschäftsordnung) 936D Frau Dr. Gröwel (CDU), Berichterstatterin .937B Dr. Decker (BP) . . . . . . . 938A Dr. Wellhausen (FDP) . . . 938D, 940C Dr. Bergstraeßer (SPD) 939B Kiesinger (CDU) . . . . . . . 940A Dr. Falkner (BP) 940B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kulturpolitik über den Antrag der Fraktion der BP betr. Beteiligung bildender Künstler an den Aufträgen des Bundes (Drucksachen Nr. 337 und 157) 941A Hennig (SPD), Berichterstatter . 941A Dr. Besold (BP) . . . . . . . 941D Dr. Oellers (FDP) 942D Dr. von Merkatz (DP) 943A Dr. Seelos (BP) 943C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Ott und Genossen betr. Beseitigung der Zuzugsbestimmungen (Drucksachen Nr. 383 und 50) . . . . 943D Erler (SPD), Berichterstatter . . . 943D Dr. Ott (Parteilos) . . . . . . . 944D Beratung des Antrags der Abgeordneten Renner und Genossen betr. Strafbare Handlungen gegen Besatzungsinteressen (Drucksachen Nr. 293 und 369) . . . . 945D Leibbrand (KPD), Antragsteller 945D, 948C Dr. Greve (SPD) 947B Dr. von Merkatz (DP) . . . . . 947D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz .. 948B Interfraktioneller Antrag betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 454) . . . . . 949A Die Sitzung wird um 14 Uhr 38 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    der Antrag ist so gefaßt, daß er hart an der Grenze dieser Problematik steht. Das, was die antragstellende Fraktion im konkreten Falle beabsichtigt, ließe sich nach Auffassung des Ausschusses ohne Zweifel mit der Einsetzung eines Ausschusses erreichen, der das bisherige Gebaren der Exekutive auf diesem Gebiet überprüfen und dem Parlament darüber Bericht erstatten würde. Dagegen glaubte der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht feststellen zu müssen, daß der Antrag der SPD dem einzusetzenden Ausschuß darüber hinaus die Zuständigkeit beimessen wolle, eine derartige Überwachung auch für die Zukunft auszuüben, und ihm das Recht zur Information, ja sogar zu Anregungen an die Regierung zubilligen wolle, daß also insoweit ein mit dem Grundgesetz nicht in Einklang stehender Eingriff in die Rechte der Exekutive vorliege. Wenn das Parlament eine derartige Kontrolle vornehmen will, kann es dies nach Auffassung der Mehrheit des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht nur tun, indem es einmal einen Untersuchungsausschuß mit all jenen behördenartigen Rechten einsetzt, die das Grundgesetz solchen Untersuchungsausschüssen zugesteht, wobei ebenfalls der Standpunkt vertreten wurde, daß auch diese Untersuchungsausschüsse nur abgeschlossene Tatsachenkreise untersuchen und prüfen könnten. Genau sowenig wie diese Untersuchungsausschüsse nun neben der Verwaltung her eine laufende Kontrolle einzelner Verwaltungsmaßnahmen vornehmen können, genau sowenig kann ein sonst nicht in der Form eines Untersuchungsausschusses eingesetzter Ausschuß nach der Meinung der Mehrheit des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht dies tun. Der Ausschuß glaubt nicht, daß damit das Kontrollrecht des Parlaments ungebührlich eingeschränkt wird. Neben der Möglichkeit, abgeschlossene Tatsachenkreise zu untersuchen und dem Hohen Hause darüber zu berichten, besteht ja auch noch die Möglichkeit, im Rahmen des Haushaltsausschusses eine derartige Untersuchung vorzunehmen. Im Haushaltsrecht selbst findet sich ja praktisch eine Übertragung von Exekutivaufgaben an das Parlament. Die Entschlußfreudigkeit und Beweglichkeit der Exekutive darf nach Meinung des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht durch eine dann mögliche Vielzahl derartiger Einzelausschüsse nicht ungebührlich eingeschränkt und gehemmt werden. Die Frage ist ja auch schon zur Zeit der Weimarer Verfassung im Zusammenhang mit der Problematik der Untersuchungsausschüsse behandelt worden. Auch damals ist das Hauptproblem., um das es dabei geht, die scharfe Agrenzung der Zustän-


    (Kiesinger)

    digkeit des Parlaments und der Exekutive und der Gesichtspunkt, durch eine laufende Kontrolle und Überwachung der Exekutivfreudigkeit durch Ausschüsse die Entschlußfreudigkeit der Exekutive nicht zu hemmen, in der Literatur ausgiebig behandelt worden.
    Die Mehrheit des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht kam daher zu folgendem Beschluß:
    Der Bundestag wolle beschließen:
    Der Antrag der Fraktion der SPD vom 15. November 1949 — Nr. 199 (geändert) der Drucksachen betreffend Einsetzung eines Ausschusses zur Prüfung der Auftragsvergebung für Bauten und Einrichtungen des Bundes im Raume der vorläufigen Bundeshauptstadt wird als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar abgelehnt.


Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen. Ich eröffne die Aussprache. Als erster hat Herr Abgeordneter Erler das Wort.

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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nun das dritte Mal, daß das Hohe Haus sich mit dieser gleichen Materie zu beschäftigen hat. Im Hintergrund dieses Antrags steht ja in Wirklichkeit nicht das sachliche Begehren der sozialdemokratischen Fraktion, das wohl von der Mehrheit des Hauses geteilt wird, daß es nämlich darauf ankommt, Klarheit über die Art und Weise zu schaffen, wie hier im Raume Bonn alle diejenigen großen öffentlichen Mittel verausgabt worden sind, die verausgabt werden mußten, um in Bonn den Bundessitz zu etablieren. Das ist der äußere Anlaß, hinter dem sich wie schon manches Mal sonst in Wirklichkeit ein ganz anderes Problem deutlich sichtbar abzeichnet: es ist das Problem der Trennung der Gewalten, das Problem der Stellung dieses Parlaments zur Regierung. Nachdem ich von den Ausführungen des Herrn Berichterstatters, aus denen sich sehr klar die Meinung der Regierungsparteien ergab, Kenntnis bekommen habe, möchte ich nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die sozialdemokratische Fraktion wie schon so oft auch in diesem Fall nicht nur ihre Rechte, nicht nur die Rechte der Minderheit wahrt, sondern die Rechte des gesamten Parlaments der Regierung gegenüber schlechthin.
    Was wir jetzt hier machen, ist doch nichts anderes, als den Buchstaben des Grundgesetzes mit Fleisch und Blut zu erfüllen. Was jetzt hier geschieht, bildet künftig verfassungsrechtlich eine Art Gewohnheitsrecht. Deshalb ist es so wichtig, daß von Anfang an klargestellt wird, ob die Exekutive im neuen parlamentarischen Deutschland einer echten parlamentarischen Kontrolle unterliegt oder ob das nicht der Fall ist. Das ist das Problem, um das es hier geht. In sehr vielen anderen Fällen ist doch in diesem Hause sehr deutlich ein Hang dazu sichtbar geworden, aus der Struktur des Grundgesetzes in einem, bestimmten Einzelfall allgemein die Notwendigkeit herzuleiten, daß unsere Regierung eben eine sehr starke Regierung sein müsse und daß diese Regierung infolgedessen mehr Befugnisse gegenüber dem Parlament haben dürfe, als es im allgemeinen sonst in parlamentarisch-demokratisch regierten Staaten notwendig sei.
    Man begründet das mit dem Hinweis auf gewisse Schwächen der Weimarer Republik. Ich
    darf Ihnen ehrlich sagen, daß der Hinweis auf das konstruktive Mißtrauensvotum, das den Geist des Grundgesetzes darstelle und dem man folgen müsse, hier vollkommen fehl am Platze ist. Das Grundgesetz hat den Kanzler schwer stürzbar gemacht, und zwar aus wohlerwogenen Gründen. Auch wenn ein Kanzler nur mit einer Stimme Mehrheit gewählt worden ist, ist er Kanzler, und er bildet dann seine Regierung. Und diese Regierung ist nur dann aus dem Sattel zu heben, wenn sich eine geschlossene, ihrerseits regierungsfähige Mehrheit findet, die gleichzeitig mit einem Mißtrauensvotum auch den neuen Kanzler wählt. Das hat aber gar nichts mit dem Problem zu tun, ob dieser durch das Grundgesetz in seiner Stellung ohnehin gestärkte Kanzler nun in allen anderen Fragen deshalb, weil er sowieso stark ist, noch künstlich über den Rahmen des Gesetzes hinaus gestärkt werden muß.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen immer noch einmal sagen: nach allen bisherigen Erfahrungen ist keine Regierung ewig, und keine Partei ist ewig an der Regierungsmacht. Die heutige Regierungspartei wird eines schönen Tages in Deutschland auch einmal Oppositionspartei sein. Dann müssen Sie sich doch darüber im klaren sein, daß unter Umständen einmal ein Wind, der gar nicht von unserer Seite her zu wehen braucht, sondern aus ganz anderen Lagern wehen kann, Sie in sehr unbequemer Weise in dieselben Fesseln schlägt, mit denen Sie sich heute selbst fesseln und das Parlament in Fesseln schlagen. Das ist doch die Frage, um die es hier geht.

    (Sehr gut! und Händeklatschen bei der SPD.)

    Ich möchte Ihn :n sagen, was zunächst der Anlaß dieses unseres Antrages war. Es ist darauf hingewiesen worden, daß wir ja diese Dinge im Haushaltsausschuß behandeln können. Ich bin Mitglied des Haushaltsausschusses. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn wir bei der sehr eingehenden Durcharbeitung der vielfältigen Probleme, die sich jetzt anläßlich der Aufstellung der neuen Haushaltspläne ergeben, an den merkwürdigsten Punkten immer wieder auf die Frage zurückkommen: Was ist hier im Raume Bonn eigentlich investiert worden? Wie ist das vergeben worden? Wie ist das anläßlich der Einrichtung der Bundesorgane in Bonn abgerechnet worden? Und das andere große Kapitel, was an Besatzungskosten und wie es verausgabt worden ist, ist im Haushaltsausschuß auch noch nicht einmal annäherungsweise erörtert worden. Es wäre wirklich von größter Bedeutung, wenn man da einmal hineinleuchten würde, wie die Auftragsvergebung auf diesem Gebiet gehandhabt worden ist. Aber damit Sie einmal wissen, um welche Probleme es sich technisch im einzelnen handelt, will ich Ihnen einzelne recht frappante Beispiele sagen.
    Ich habe heute aus dem Munde eines Mitglieds der Regierungsparteien eine recht interessante Information erhalten, die schlagend beweist, wie notwendig es ist, daß hier einmal nach dem Rechten gesehen wird. Es herrscht in den Kreisen der deutschen Elektrofirmen eine gewisse Unruhe darüber, daß das „Büro Bundeshauptstadt", das seinerzeit die Vergebung der Aufträge im Raume Bonn gesteuert hat, eine Art Monopol begründet hat. Daraus erklärt es sich, daß bei der Einrichtung von Fernsprechanlagen, die wir ja in allen Ministerien hier brauchen, Preise gefordert und


    (Erler)

    auch gezahlt werden, die in keinem angemessenen Verhältnis zu den gleichen Leistungen stehen, die man in anderen großen Städten des Bundes für ähnliche Leistungen fordert.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Es ist nun noch ununtersucht geblieben, wieweit durch eine solche Monopolstellung möglicherweise verhindert worden ist, daß die in Frankfurt ja nun entbehrlich gewordenen Anlagen wirklich zweckentsprechend und sinnvoll nach Bonn übergeführt und hier verwendet worden sind. Das ist so ein Problem, mit dem man sich zu beschäftigen hätte, weil man dann ganz allgemein auf das Prinzip kommt: wieweit sind Ausschreibungen angewandt worden, wie ist dann außer durch Ausschreibung das Auftragsvergebungsverfahren hier im Raume Bonn gestaltet worden? Es sind uns einzelne Fälle zu Ohren gekommen, die nicht unbedingt von einer sehr sparsamen Bewirtschaftung der öffentlichen Mittel zeugen. Vielleicht nehmen sich außer den Mitgliedern des Haushaltsausschusses, die das getan haben, auch andere Kollegen die Mühe, die Einrichtung der neuen Räume in der Bundeskanzlei zu besichtigen. Sie werden dort zu der Überzeugung kommen, daß dort in ausgesprochenen Arbeitsräumen manches hingestellt worden ist, was in seiner Art nun doch für unsere heutigen Verhältnisse einen nicht unbedingt notwendigen Luxus aufweist. Es ist nicht unbedingt nötig, daß dort Röster- und Ahornmöbel aufgestellt werden, während man für einen erheblich geringeren Betrag ebenfalls recht ordentliches Arbeitswerkzeug hätte beschaffen können. Ich darf Sie einmal an die Dinge in unserem eigenen Bundeshaus erinnern, über die wir ja eines Tages auch sprachlos waren, als wir bemerkten, daß unsere Keramikaschenbecher fehlten und durch zehnmal so teure Metallschalen ersetzt worden waren, die sich erfreulicherweise nicht hier im Plenum befinden, was bei dem Temperament dieses Hauses nicht ganz ungefährlich wäre.

    (Heiterkeit.)

    Ich darf noch auf einen Fall anspielen, der sich anläßlich der Beschaffung eines Gobelins aus Privatbesitz abgespielt hat, der von einer Regierungsstelle in Bonn zu einem wesentlich, um viele Tausend Mark höheren Betrag angekauft worden ist, als er in Süddeutschland an einen Privatmann veräußert werden sollte. Alle diese Dinge geben uns zu denken.
    Nun kommen Sie doch bitte nicht damit, es liege nur in der Befugnis des Parlamentes, lediglich rückschauend — retrospektiv — diese Dinge einmal zu untersuchen. Das Parlament kontrolliert die Regierung, und nicht umgekehrt! Die Regierung hat keine originäre Gewalt, sie stammt nicht von Gottes Gnaden. Auch dieser Kanzler ist in diesem Hause gewählt worden, und er ist mit seiner gesamten Regierung diesem Hause für jede seiner auch einzelnen Handlungen verantwortlich.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das ist das Prinzip der parlamentarischen Verantwortlichkeit.
    Ich will nun nicht für diese Dinge hier den Herrn Kanzler persönlich verantwortlich machen — davon weiß er nämlich gar nichts —, sondern das sind Dinge, die sich innerhalb der Ministerialbürokratie abgespielt haben. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich sage, daß ein großer Teil unserer leitenden Ministerialbeamten einfach kraft ihrer Herkunft, ihrer bisherigen Tätigkeit und Erfahrung den ganzen parlamentarischen Betrieb von innen her noch nicht richtig bis ins Herz hinein begriffen hat.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Diese Männer waren es gewöhnt, verhältnismäßig autoritär zu regieren, sie unterstanden keiner parlamentarischen Kontrolle, sondern lediglich der Aufsicht des Vorgesetzten, und damit war Schluß. Aber diese Art des Regierens und Verwaltens ist nun vorbei. Auch die Verwaltung muß sich der parlamentarischen Kontrolle, nicht nur der Kontrolle durch den Rechnungshof, sondern auch der parlamentarischen Kontrolle stellen! Das ist das, was wir zur Herstellung einer echten parlamentarisch-demokratischen Staatsform wirklich mit Nachdruck betonen und auch durchsetzen müssen.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Ich kenne einen mir sonst sehr wohlgesonnenen und befreundeten Abgeordneten dieses Hauses aus den Regierungsbänken, der einmal das Wort geprägt hat, der Kanzler habe „eine bedauerliche Neigung zu einsamen Entschlüssen". Das Wort hat einen tiefen Sinn. Aber ich darf feststellen, daß nicht nur der Kanzler diese Neigung zu einsamen Entschlüssen hat, sondern nach dem, was wir jetzt bei diesen Dingen beim „Büro Bundeshauptstadt" und auch sonst beim Aufbau der Verwaltung in Bonn erlebt haben, scheinen sehr viele wesentlich niedriger gestellte Beamte auch eine Neigung zu einsamen Entschlüssen zu haben. Ich glaube, daß es notwendig ist, ihnen zu zeigen, daß sie ihre Entschlüsse weniger aus der Neigung zur Einsamkeit als vielmehr stärker unter der Kontrolle der Öffentlichkeit zu fassen hätten.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.) Das scheint mir auch sehr wichtig zu sein.

    Nun darf ich zum Schluß noch gerade die Herren auf den Regierungsbänken doch darum bitten, wenn man nun schon hier das Prinzip der Gewaltenteilung reitet, doch dann wenigstens konsequent zu sein.. Ich möchte auf den Ausschuß für Außenhandelsfragen hinweisen. In diesem Ausschuß für Außenhandelsfragen, aus dessen Protokoll ich eine halbe Seite zu zitieren mir gestatte, ist seinerzeit genau das Gegenteil von dem verfochten worden, was Sie jetzt hier darstellen; Sie haben genau das in diesem Ausschuß durchgesetzt, wo es um die materiellen Interessen unter anderem auch der deutschen Ex- und Importeure ging, was Sie uns hier jetzt verweigern.
    Ich möchte einmal folgendes verlesen:
    Der stellvertretende Vorsitzende, Abgeordneter Freudenberg,
    — er ist unabhängig, gehört aber als Hospitant der FDP-Fraktion an —
    brachte sodann die Sprache auf die Arbeitsmethode des Ausschusses, die ihn nicht befriedige. Er schlug vor, mit den Ministern für Wirtschaft und Ernährung darüber zu sprechen, daß der Ausschuß nicht genügend Gelegenheit zur Mitarbeit geboten bekomme, sondern erst nach Abschluß der Verhandlungen über die verschiedensten Gebiete unterrichtet worden sei. Es müsse aber dem Ausschuß die Mitwirkung insofern gegeben werden, daß er seine Gedanken und Absichten
    — verehrter Kollege Kiesinger! —


    (Erler)

    den Herren der Ministerien mit auf den Weg geben könne.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das ist dort ausgesprochen und von keinem Mitglied des Ausschusses irgendwie beanstandet worden; der Abgeordnete Faßbender unterstützte die Forderung sehr nachdrücklich. Es wurden verschiedene Minister für alle möglichen Teilfragen eingeladen. Der Abgeordnete Spies bat gleich um die Bekanntgabe künftiger Einfuhrprogramme, weil ihn das lebhaft interessierte. Der Abgeordnete Wacker von der CDU wünschte speziell im Hinblick auf die Belange der Landwirtschaft, daß die Handelsvertragsverhandlungen mit Frankreich nicht abgeschlossen würden, bevor dem Ausschuß die Zielsetzung bekannt sei.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren! Was dem einen Ausschuß recht ist, das muß dem andern Ausschuß billig sein.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Sie können nicht einmal mit verfassungsrechtlichen Bedenken bestreiten, daß ein Ausschuß das Recht habe, auch seine Meinung zu bestimmten Fragen der Regierung mit auf den Weg zu geben, und gleichzeitig dieses selbe Recht in anderen Dingen für einen Ausschuß beanspruchen, wenn Ihnen das paßt. So geht es nicht! Also entweder machen wir es für alle Ausschüsse oder für keinen; aber irgendeine Trennung ist hier beim besten Willen nicht möglich und nicht erträglich.

    (Zuruf links: Beim Ernährungsausschuß ist es dasselbe!)

    - Ich höre eben, daß es auch noch andere Ausschüsse gibt, in denen es so zugeht.
    Es kommt wirklich entscheidend darauf an, daß wir mit diesem Ausschuß ja gar nicht in die Exekutive eingreifen wollen. Der Ausschuß hat nicht das Recht, der Exekutive Weisungen zu erteilen. Darüber sind sich alle Gelehrten und darüber ist sich auch die sozialdemokratische Fraktion mit ihnen einig. Aber der Ausschuß muß das Recht haben, wenn er feststellt, daß bestimmte Dinge nach seiner Meinung den Bedürfnissen und Wünschen sowohl der Volksvertretung als auch des Steuerzahlers nicht entsprechen, das der Regierung zu sagen und ihr bestimmte Vorschläge zu unterbreiten, wobei es vollkommen Sache der Exekutive ist, wieweit sie diesen Vorschlägen Rechnung trägt. Das ist etwas ganz anderes. Der Ausschuß kann keine bindenden Richtlinien aufstellen und die Regierung an die Leine legen; aber es muß einem Ausschuß des Parlaments als der höchsten politischen deutschen Körperschaft. der die Regierung verantwortlich ist und von der die Regierung ihre Macht herleitet, möglich sein, die Fragen, die ich hier gestreift habe und die Sie im einzelnen in unserer Drucksache finden, zu untersuchen und bis zur Verabschiedung eines Haushaltsgesetzes für das Jahr 1950/51 auch dem Hause in bestimmten Abständen darüber zu berichten.
    Warum sagen wir: bis zur Verabschiedung eines Haushaltsgesetzes für 1950/51? Weil dann diese sehr schwierige Übergangsperiode vorbei ist, weil dann der Kollege Kiesinger bzw. die Mehrheit des Rechtsausschusses vollkommen recht hat, daß
    es dann Sache des Haushaltsausschusses ist, die Dinge vorher zu prüfen und die Mittel zu bewilligen, eine Aufgabe, die jetzt der Haushaltsausschuß auch bei diesem Haushaltsplan gar nicht bewältigen kann; denn bis der Haushaltsplan unter Dach und Fach ist, ist das Haushaltsjahr 1949/50 im wesentlichen vorbei. Mit dem Abschluß der Haushaltsberatungen 1950/51 durch Sie selbst hat der Ausschuß seine Mission erfüllt, und dann soll er seine Tätigkeit einstellen. Es ist kein Ausschuß, der die Regierung auf ewige Zeit an die Leine legen soll; aber für die Zeit, in der wir noch keine ordentliche Haushaltsaufstellung haben, in der die Exekutive bisher weitgehend unkontrolliert gewirtschaftet hat und weiter wirtschaftet, muß sich das Parlament auf seine Rechte besinnen und sich selber verpflichtet fühlen, seinen eigenen Beschluß, den Bundessitz nach Bonn zu verlegen, auch in der Durchführung auf Sparsamkeit in der Verwendung öffentlicher Mittel zu überwachen.
    Meine Damen und Herren! Wenn Sie nicht wenigstens Ihren eigenen Wählern und den Steuerzahlern gegenüber diese Pflicht erfüllen, dann, fürchte ich, werden Sie hiermit eine sehr wesentliche Aufgabe der Exekutive gegenüber preisgegeben haben, was Sie später noch einmal bitter bereuen würden. Deshalb bitte ich Sie, diesem Antrag in der vorliegenden Form zuzustimmen. Ich teile die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsausschusses nicht. Sonst kommen Sie doch zu einer Anwendung des berühmten Lassalleschen Wortes; Sie sagen dann einfach: Verfassungsfragen sind Mehrheitsfragen, nicht Machtfragen. Verfassungsfragen sollten aber doch auch Rechtsfragen sein ! Die „Rechtsausführungen" des Rechtsausschusses waren politische und keine Rechtsausführungen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich bin ihnen daher mit politischen Argumenten entgegengetreten. Helfen Sie uns, Ihre eigene Position als Abgeordnete des Parlaments zu verteidigen! Darauf kommt es an.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)