Rede von
Dr.
Ernst
Falkner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)
Meine Damen und Herren! Ich muß mich zunächst mit den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Vogel auseinandersetzen. Er sprach von gleichem Recht und zog dann die Lage der Beamtenschaft in der Ostzone in Vergleich. Das ist meiner Ansicht nach ein falscher Vergleich.
Wir haben uns damit auseinanderzusetzen, daß gleiches Recht in der Bundesrepublik gilt. Es ist schon ausgeführt worden, daß in der Frage der sechsprozentigen Gehaltskürzung eben nicht gleiches Recht vorhanden ist.
Sie wissen, daß in einzelnen deutschen Ländern die sechsprozentige Gehaltskürzung aufgehoben ist. Sie haben ferner gehört, daß selbst innerhalb des Bundes bei den Postbeamten diese Kürzung — ich glaube: in Rheinland-Pfalz — aufgehoben ist. Diejenigen von Ihnen, meine Herren, die mit beamtenrechtlichen Fragen zu tun haben, wissen und werden es mir bestätigen, und den anderen Kollegen, die es nicht wissen, möchte ich es sagen: wir bekommen täglich Dutzende von Zuschriften von Beamten der Post und der Bahn, in denen sich diese Beamten mit Recht beklagen und die Frage aufwerfen, ob sie denn Beamte zweiter Klasse seien, weil für sie eine Gehaltskürzung aufrechterhalten werde, die für andere Beamte, die auch nicht mehr und nicht weniger leisten, beseitigt ist. Deshalb scheint es uns gleiches Recht zu sein, wenn jetzt diese Kürzung für alle Beamte aufgehoben wird.
Zweitens möchte ich dem Herrn Kollegen Vogel sagen: Es ist nicht gut, in diesem Zusammenhang von einer Gehaltserhöhung zu sprechen. Die deutsche Beamtenschaft wird nicht damit einverstanden sein, daß man es als eine Gehaltserhöhung bezeichnet, wenn es sich um die Aufhebung einer durch Notverordnung verfügten Kürzung handelt.
die auf Grund des bekannten Notstandsartikels 48 erfolgt ist, jenes Ausnahmeartikels, der nicht zum geringen Teil dazu beigetragen haben mag, die deutsche Demokratie Weimarer Prägung zu Grabe zu tragen.
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Nun aber noch ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers. Was uns dabei nicht einleuchtet, ist die Verquickung der sechsprozentigen Gehaltskürzung mit Artikel 131 des Grundgesetzes. Diese Frage hat mit Artikel 131 des Grundgesetzes nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Der Herr Bundesfinanzminister will natürlich einen finanziellen Zusammenhang konstruieren. Nun hat er uns versprochen, daß noch im Laufe dieses Monats ein Gesetzentwurf seines Ministeriums vorgelegt werde, der sich mit Artikel 131 des Grundgesetzes befasse. Aber das Innenministerium hat in diesen Tagen die Erhebungsbogen bis hinunter zu den Gemeinden hinausgegeben, da erst einmal der Personenkreis erfaßt werden müsse, der von Artikel 131 betroffen ist. Es wird Wochen und Wochen dauern, bis diese Erhebungsbogen zurück sind. Dann erst wird man an die Ausarbeitung des Gesetzes gehen können. Ich glaube kein falscher Prophet zu sein, wenn ich Ihnen sage, daß es noch Monate dauern wird,
bis die Regelung nach Artikel 131 des Grundgesetzes erfolgt ist.
Die Frage der Beseitigung der sechsprozentigen Gehaltskürzung damit in Zusammenhang zu bringen, bedeutet meiner Meinung nach, eine klare Sache zu verwirren und hinauszuschieben.
Wir wollen uns hier doch nun zu einem entschließen: Entweder ist man dafür, daß die sechsprozentige Gehaltskürzung für die davon betroffenen Beamten aufgehoben wird, und dann muß man Ja sagen, und dann ist es durchaus richtig, daß das, wie es der Beamtenrechtsausschuß beschlossen hat, mit Wirkung vom 1. Januar ab geschieht; oder man ist dagegen und muß dann Nein sagen. Aber zu sagen, man wolle die Gehaltskürzung aufheben, wolle es nur nicht sofort, sondern wolle sie mit der Regelung nach Artikel 131 in Zusammenhang bringen, ist meiner Ansicht nach eine Verwirrung klarer Dinge. Wenn man die Gehaltskürzung nicht beseitigen will, dann soll man auch den Mut haben und sagen: Nein, wir heben diese Gehaltskürzung nicht auf.
Meine Damen und Herren, wir beraten zur Zeit einen Beamtengesetzentwurf. Mir erscheint es beinahe als ein Hohn, wenn wir über ein Beamtengesetz beraten und gleichzeitig die berechtigte Forderung eines erheblichen Teils dieser Beamtenschaft nicht berücksichtigen.
— Wir haben uns jetzt über die Frage der sechsprozentigen Gehaltskürzung und nicht über andere Dinge zu unterhalten.
In dieser Frage muß man jetzt einmal klar Farbe bekennen. Wenn ich mich recht erinnere, ist auch von Ihnen, meine Herren von den Regierungsparteien. im Wahlkampf gesagt worden — ich will nicht sagen: zugesagt, aber in Aussicht gestellt worden —, daß man diese sechsprozentige Gehaltskürzung aufheben werde.
Was man vor den Wahlen gesagt hat, um Stimmen zu gewinnen. sollte man nach den Wahlen auch aufrechterhalten.
Namens meiner Fraktion möchte ich erklären. daß wir auf jeden Fall dafür sind. daß die sechsprozentige Gehaltskürzung mit Wirkung vom 1. Januar aufgehoben wird.