Rede:
ID0102705000

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    Deutscher Bundestag — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1950 823 27. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. Januar 1950 Geschäftliche Mitteilungen . . . . 823D, 858A Eintritt des Abg. Rahn in den Bundestag . 824A Zustimmung des Bundesrats zum Gesetzentwurf betr. Erteilung einer Kreditermächtigung 824A Anfrage Nr. 26 des Abg. Dr. Wuermeling und Gen. betr. Reiseverkehr mit dem Saargebiet (Drucksache Nr. 358) . . 824A Anfrage Nr. 24 der Fraktion der Bayernpartei betr. Sicherung der Verwendung der zur Auszahlung gelangenden Hausrathilfebeträge (Drucksache Nr. 345) . . 824A Antrag des Oberstaatsanwalts in München betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Aumer 824A Einspruch des Abgeordneten Dr. Miessner gegen den ihm erteilten Ordnungsruf in der Sitzung am 16. Dezember 1949 gemäß § 92 der vorläufigen Geschäftsordnung (Drucksache Nr. 393) . . . . . . . 824B Beratung des Entwurfs einer Verordnung über die Errichtung einer Zweigstelle des Deutschen Patentamtes in Groß-Berlin (Drucksache Nr. 368) 824B, 857D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 824C Dr. Seelos (BP) 825A, 826C Rische (KPD) 825C Ekstrand (SPD) 825D Hoogen (CDU) . . . . . . . 826D Strauss (CSU) 827A Dr. Wellhausen (FDP) 827D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Dezember 1949 (Drucksache Nr. 392) . . 828A Blücher, Bundesminister für europäische Zusammenarbeit 828A, 834B Dr. Pünder 830D Rische (KPD) 833A Dr. Preusker (FDP) 834D Dr. Baade (SPD) 836A Dr. Bertram (Z) 838D Dr. Seelos (BP) 839D Dr. Leuchtgens (NR) 841A Dr. Tillmanns (CDU) 842A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet (Antrag der Fraktion der SPD) (Drucksache Nr. 350) . . . . 842B Bielig (SPD), Antragsteller . . . 842B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 843D Albertz, Niedersächsischer Minister für das Flüchtlingswesen . . 844C Goetzendorff (WAV) 845C Kuntscher (CDU) 846B Stegner (FDP) 847D Oskar Müller (KPD) . . . . . 848C Donhauser (BP) ..... . 849B Farke (DP) 849D Krause (Z) . . . . . . . . 850B Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen . . . . . . . 850C Mündlicher Bericht des Ausschusses für Grenzlandfragen über den Antrag der Abgeordneten Mehs, Kemper, Dr. von Brentano und Fraktion der CDU/CSU betr. Soforthilfe für die sogenannte „rote Zone" (Drucksachen Nr. 348 und 95) . . 851D Roth (SPD), Berichterstatter . . . 851D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betr. Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Onnen (Drucksache Nr. 311) . . . . 852B Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . . 852B Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 394) . . . . . . . 855A Frau Heiler (CDU) . . . . . . . 855B 0 Beratung des Antrags der Fraktion der WAV betr. Einschränkung überhöhter Handelsspannen (Drucksache Nr. 257) . 855C Dr. Bucerius (CDU) (zur Geschäftsordnung) 855C Loritz (WAV) (zur Geschäftsordnung) 856B Ubersicht über die vom Ausschuß für Petitionen erledigten Eingaben (Drucksache Nr. 391) 857C Nächste Sitzung 858A Die Sitzung wird um 14 Uhr 42 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Ernst Kuntscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksache Nr. 350 beinhaltet den Entwurf eines Gesetzes über die Notaufnahme von Deutschen im Bundesgebiet aus der sowjetischen Besatzungszone und dem sowjetischen Sektor Berlins. Nach diesem Entwurf sollen alle deutschen Staatsbürger und alle deutschen Volksangehörigen nach Einholung einer
    Niederlassungserlaubnis die Bewilligung der Seßhaftmachung erhalten. Bis auf § 2 ist dieser Gesetzentwurf, der von der SPD-Fraktion eingereicht wurde, im wesentlichen das gleiche, was die Verordnung der Bundesregierung bringt, die bereits seit Wochen im Bundesrat und dessen Ausschüssen diskutiert wird. Der Gesetzentwurf hat in § 1_ Absatz 2 folgendes festgelegt:
    Die Erlaubnis darf nur dem versagt werden, der wegen einer strafbaren Tat verfolgt wird, die auch im Bundesgebiet eine Straftat ist.
    Das heißt, daß bei Annahme dieses Gesetzentwurfs praktisch alle Grenzgänger aus der Ostzone im Bundesgebiet aufzunehmen wären, soweit sie nicht wegen krimineller Vergehen an dieser Aufnahme gehindert werden.

    (Zuruf: Und politische Provokateure!)

    Bei voller Würdigung und Anerkennung der Hilfe, die dieser Entwurf unseren Brüdern und Schwestern in der Sowjetzone dadurch bringen will, daß man ihnen das unbedingte Asylrecht zubilligen möchte, können wir dem Entwurf in dieser Fassung unsere uneingeschränkte Zustimmung dennoch nicht geben.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wir erachten es als einen Fehler und eine falsche Hilfeleistung, wenn wir durch ein solches Gesetz zur Abwanderung nach dem Westen geradezu auffordern würden und dann die unzähligen Menschen im Westen bitter enttäuschen müßten.

    (Zuruf von der SPD: Sie reden von Brüdern und Schwestern!)

    Wir sind wirtschaftlich und wohnraummäßig ganz einfach nicht in der Lage, diesen Zustrom hier aufzunehmen, diese Menschen menschenwürdig unterzubringen. Wir sind nicht in der Lage, ihnen die Arbeitsplätze zu geben, die ihre Lebenshaltung sichern würden. Einige Zahlen müßten uns doch klar zur Erkenntnis bringen, daß dies nicht ein hartherziger, unmenschlicher Standpunkt ist, sondern daß wir das soziale Gefüge hier im Westen im Innersten erschüttern würden.
    In der allernächsten Zeit erwarten wir nach amtlichen Verlautbarungen 45 000 Deutsche als Rückwanderer aus Polen und der Tschechoslowakei. In diesem Fall handelt es sich um echte Familienzusammenführungen. Diese Menschen müssen und werden im westdeutschen Raum untergebracht werden. Weitere 200 000 bis 250 000 Deutsche warten in Polen und in der Tschechoslowakei auf die Stunde der Erlösung aus ihrer bedrängten Lage. Wenn die ersehnte Stunde kommt, daß diesen Menschen die Möglichkeit der Umsiedlung reboten werden kann, dann haben wir bei Gott vor unserm Volk und vor unserm Gewissen die Pflicht. sie hier im Westen aufzunehmen und ihnen Lebensmöglichkeiten zu schaffen. Die zuständigen Landesbehörden melden weiter, daß wir noch mit Bestimmtheit 250 000 bis 300 000 Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft zu erwarten haben. Die größte Sorge bleiben aber die Grenzgänger aus der Sowjetzone. In den letzten Monaten waren es täglich 800 bis 1000 Personen, die am Arbeitsmarkt der Bundesrepublik neu erschienen. Wenn vorhin gesagt wurde, daß diese Zahl nicht zutreffe. so gebe ich das insofern zu, als wir, durch die Jahreszeit bedingt, in den Wintermonaten eine geringere Zahl dieser Grenzgänger haben. während im Herbst und im Frühjahr diese Zahl, die mit einem Tagesdurchschnitt


    (Kuntscher)

    von 1000_ angegeben wurde, vielfach überschritten wurde. Wenn wir die Jahressumme nach den Erfahrungen der letzten Monate errechnen, so kommen wir auf eine Zahl von rund 300 000.
    Wir ringen um die Schaffung von Arbeitsplätzen und um die Erstellung von neuem Wohnraum. Eine weitere Zahl zeigt uns kühl und nüchtern, daß all unser krampfhaftes Ringen und unser verantwortungsvolles Beginnen eine Sisyphusarbeit bleiben muß, wenn wir durch die andauernde Bewegung und den unentwegten Zustrom nicht zur Ruhe kommen. Die bekannte Innenarchitektur, Herr Minister Albertz — ein Ausdruck, den wir beide in dieser Auseinandersetzung schon so oft angewandt haben, und wir meinten damit einen Ausgleich der Vertriebenen unter den Ländern, daß wir die Menschen in die Gebiete bringen, wo sie wohnraummäßig und arbeitseinsatzmäßig untergebracht werden können —, diese Innenarchitektur werden wir nie durchführen können, wenn wir durch den neuen Zustrom in dauernder Unruhe bleiben.
    Interessant ist eine Tatsache, die die behandelte Frage so richtig charakterisiert. Im Monat Dezember des vergangenen Jahres ist die Zahl der Arbeitslosen im Bundesgebiet um 174 000 gestiegen. In der gleichen Zeit ist die Zahl der Beschäftigten aber nur um 89 000 Personen abgesunken. Diese beiden Zahlen sagen- uns, daß 85 000 Menschen im Monat Dezember am Arbeitsmarkt neu erschienen sind. Ein großes Kontingent an dieser Zahl stellen die aus der Sowjetzone kommenden Flüchtlinge. Dieser Sog aus der Ostzone würde bei wörtlicher Annahme dieses Gesetzentwurfs noch weiter ins Unermeßliche steigen und unser soziales Gefüge erschüttern.
    Man spricht von einer Verletzung des Grundgesetzes, wenn die Fassung der vom Bundesflüchtlingsministerium oder von der Regierung vorgelegten Verordnung zur Annahme und Durchführung kommen würde. Nach meiner Auffassung ist eine Einschränkung der im Grundgesetz verbürgten Freizügigkeit in der betreffenden Verordnung der Regierung nicht verfassungswidrig. Denn im Absatz 2 des Artikel 11 des Grundgesetzes heißt es ja sinngemäß: „Das Recht der Freizügigkeit darf nur in solchen Fällen eingeschränkt werden, in denen ausreichende Lebensgrundlagen nicht vorhanden sind und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden." Auf Grund der gegebenen Verhältnisse ist wohl nicht daran zu zweifeln, daß der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, die Milderung unserer Wohnungsnot und der angestrebte Vertriebenenausgleich unter den Ländern des Bundesgebiets illusorisch werden müßten, wenn dem Entwurf in seiner vorliegenden Fassung zugestimmt werden würde.
    Die Anregung zur Schaffung einer Verordnung, die den Fragenkomplex der Sowjetzonenflüchtlinge regeln soll, ging vom Lande Niedersachsen aus. Die Lage in Niedersachsen ist unhaltbar geworden. Eine nahezu 600 Kilometer lange Zonengrenze hat dieses Land in die schwierigste Situation gebracht. Ich kenne die Sorgen dieses Landes aus eigenem Miterleben. Eine zweieinhalbjährige Mitgliedschaft im niedersächsischen Landtag und im zuständigen Flüchtlingsausschuß waren mir eine sehr gute Schule für dieses Problem. Wir fanden dort nach jahrelangem Ringen mit der Gleichgültigkeit der anderen deutschen Länder dieser Frage gegenüber und
    mit den Auffassungen der Militärregierung den Weg zu den sogenannten Braunschweiger Richtlinien, die die Aufnahme von Ostzonenflüchtlingen regeln sollten. Nach diesen Grundsätzen waren aufzunehmen: erstens politische Flüchtlinge und Personen, die nachweisbar in der Sowjetzone an Leib und Leben bedroht waren, zweitens Personen bei echten Familienzusammenführungen und drittens Personen, bei denen besondere Härtefälle vorliegen. Wir waren uns aber immer ausnahmslos darüber einig, den Abwanderungen aus der Sowjetzone nach Westdeutschland ohne zwingenden Grund im gesamtdeutschen Interesse entgegenzutreten. Wir wollten uns an einer Entvölkerung der Sowjetzone nicht mitschuldig machen. An die 1,7 Millionen Flüchtlinge aus der Ostzone sind bereits im Bundesgebiet. Wie würde bei einem freien und uneingeschränkten Zuzug deren Zahl steigen! Welche wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gefahren würden wir heraufbeschwören! Meine Freunde und ich sehen dieses schwere Problem als Ganzes. Wir sind aufrichtig bereit, bis an die Grenze des Tragbaren und Möglichen mitzugehen, um unseren bedrängten Brüdern und Schwestern in der Sowjetzone zu helfen. Wir wollen alles vermeiden, was den staatlichen Einheitswillen unseres Volkes stört oder der deutschen Einheit abträglich ist. Wir wollen dafür einstehen, daß denjenigen, die an Leib und Leben gefährdet sind, die als politische Flüchtlinge im Gebiet der Bundesrepublik Zuflucht und Asylrecht suchen, denjenigen, bei denen es sich um echte Familienzusammenführungen und um besondere Härtefälle handelt, das Asylrecht selbstverständlich gewährt werden muß. Wir wünschen ferner, daß ledige Jugendliche wie bisher bis zum 25. Lebensjahr ausnahmslos aufgenommen werden.
    Im Namen meiner Freunde beantrage ich deshalb, daß der vorliegende Entwurf dem Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen zugewiesen wird und daß dort in gemeinsamer Arbeit ein Weg gefunden wird, um dieses schwierige und drängende Problem zu meistern.

    (Beifall bei der CDU.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Stegner.

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    Rede von Artur Stegner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Es hat wenig Sinn, bei der ersten Beratung zu sehr auf das einzelne einzugehen. Gestatten Sie mir aber, nachdem die Vorredner die ganze Schwere des politischen und auch des methodischen Problems aufgezeigt haben, doch noch eine Korrektur anzubringen, die mir die Diskussion notwendig erscheinen läßt. Herr Minister Albertz aus Niedersachsen sagte: es gibt nur zwei Möglichkeiten der Lösung; entweder man läßt alle ostzonalen Grenzgänger über die Grenze, oder aber man sperrt die Grenze. Das ist natürlich nicht richtig.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Wir versuchen ja hier eine Lösung für einen Vorgang zu finden, den wir gar nicht in der Hand haben. Wenn viele Grenzgänger hereinströmen, wird man regulieren müssen; wenn wenige hereinströmen, wird man sie ohne weiteres hereinströmen lassen können. Es ist also durchaus nicht so, daß wir nur eine extreme Regelung finden könnten; denn wir wissen ja gar nicht, wie wir diese Regelung eines Tages einmal anwenden


    (Stegner)

    müssen. So sehr ich den Entwurf der SPD begrüße, weil er die Möglichkeit gibt, im Bundestag die Dinge einer grundsätzlichen Besprechung zu unterziehen, so bedenklich werde ich doch, weil auch dieser Entwurf sich auf das Extrem festlegt. Er läßt generell alle Ostzonengrenzgänger die Grenze passieren und schließt nur die aus, die Straftaten begangen haben, die im Gebiet der Bundesrepublik auch strafbar sein würden.
    Es gibt nun, wenn man diese letzte Klausel etwa als Einschränkung sehen würde, phantastische Zahlen über die Menge der kriminellen Elemente, die über Uelzen und Gießen hereingekommen sein sollen. Ich selbst muß Ihnen sagen: ich habe mich sehr intensiv mit den Überprüfungsmethoden befaßt. Ich muß sagen: es ist kolossal schwer nachzuprüfen,. wer drüben ein Delikt begangen hat; denn die Leute sind ja noch nicht bestraft, sind zum Teil nicht in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, sondern nur in irgendeinem Polizeiverfahren gewesen, in das man in der Ostzone sehr schnell hineinkommen kann. Also die Unterlagen darüber sind sehr schwer beizubringen. Daher kommt es, daß die Ziffern der kriminellen Elemente von 6 bis 90 Prozent schwanken. Sie finden sie mit allen Zwischenstufen überall angegeben, wo man sich bisher mit dem Problem befaßt hat.
    Also die Ausschaltung der kriminellen Elemente kann keine Regulierungsmöglichkeit sein. Man wird dabei — das hat der Herr Antragsteller besonders hervorgehoben — natürlich auf das Auseinanderleben auf dem Rechtsgebiet besonders Rücksicht nehmen müssen. Man muß eine derartige Regelung in ein solches Gesetz hineinnehmen. Aber es darf und kann kein Regulativ sein, mit dem man irgendwie den Verhältnissen gerecht werden kann.
    Gerade dieser Gegenstand ist ein bezeichnendes Beispiel dafür, daß eine eingehende Ausschußberatung notwendig ist, um den Dingen auf den Grund zu kommen. Ich möchte deshalb, falls es noch nicht geschehen ist, den Antrag stellen, daß der Gesetzentwurf der SPD dem Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen vielleicht neben anderen Ausschüssen, wenn das beantragt wird, zugeleitet wird, weil es unbedingt notwendig ist, den ganzen Fragenkomplex dort einer ausgiebigen Diskussion zu unterziehen.
    Eine extreme Methode zur Herbeiführung vernünftiger Verhältnisse erscheint mir nicht angebracht. Wir müssen uns — darauf ist bisher noch nicht genügend aufmerksam gemacht worden — auch der Pflicht bewußt sein, daß wir diejenigen Frauen und Männer, die wir aus der Ostzone übernehmen, hier auch verpflegen und unterbringen müssen. Ja, wir müssen sogar das Recht auf. Arbeit für sie und ihre Familien anerkennen; denn das liegt in der Zulassung, wenn diese Zulassung überhaupt einen moralischen Wert haben sell. Auch hier regelt sich diese Frage nach der, Zahl derjenigen, die über die Grenze herüberkommen. Im kleinen Umfange werden wir so vorgehen können. Bei einem großen Umfange werden andere Überlegungen notwendig sein.
    Es ist auch nicht mit der Verteilung getan. Der Herr niedersächsische Flüchtlingsminister wird wahrscheinlich ein paar Beispiele dafür beisteuern können, daß die Auflockerung der alten Ostvertriebenen, wie ich sie einmal nennen möchte, noch sehr zu wünschen übrig läßt. Wir haben heute auf den niedersächsischen Dörfern überall noch Menschen sitzen, die vielleicht im Ruhrgebiet schon wieder Brot und Arbeit finden könnten, weil sie Metallarbeiter und dergleichen sind. Also die Verteilungsschwierigkeiten sind bereits für die bestehenden Fälle ungeheuer groß und werden bei einem stärkeren Eindringen vom Osten her nicht gerade einfacher. Insofern bringt der Gesetzentwurf der SPD auch nicht viel Neues.
    Aus all diesen Gründen möchte auch ich den Antrag stellen, den Entwurf an den Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen zu überweisen.

    (Abg. Krause: Und an den Ausschuß für innere Verwaltung!)