Meine Damen und Herren! Ich will versuchen, ohne jegliche Demagogie zu einem ernsten Problem zu sprechen.
Ich will das tun, weil Ausführungen in einer Reihe von Protestkundgebungen in Deutschland, die ich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der deutschen Spediteure geleitet habe, tatsächlich ausgenutzt worden sind, um ein parteipolitisches Geschäft damit zu machen.
— Ich habe nichts zu Äußerungen in diesem Hause gesagt, meine Damen und Herren, sondern lediglich zu dem, was ich bei diesen Protestkundgebungen draußen in Schleswig-Holstein, in Hamburg usw. erlebt habe!
Es geht hier ganz einfach um die Frage: Soll einer der Hauptverkehrsträger in der Bundesrepublik schlechter behandelt werden als der andere, soll der Straßenverkehr mit Lasten belegt werden, die ihn in eine vollkommen schlechte Konkurrenzlage gegenüber der Deutschen Bundesbahn bringen? Es handelt sich ja nicht nur um die jetzt eingetretene Erhöhung der Treibstoffpreise. Am 1. Januar sind bekanntlich durch die Tarifreform die Klassen A bis C abgewertet worden, so daß sich aus dieser Treibstoffpreiserhöhung und den herabgesetzten Tarifen ein wesentlich geringeres Frachtaufkommen und eine erheblich schlechtere Rentabilität im Straßenverkehr ergibt, die sich wechselweise selbstverständlich auch wieder auf die Zubringerindustrien und letzten Endes auch auf die Automobilindustrie auswirken muß.
Es ist nicht so, meine Damen und Herren und Herr Abgeordneter Loritz, daß die Fraktion der Freien Demokratischen Partei sich nicht schon von Anfang an sehr ernste Gedanken über diese Treibstoffpreiserhöhung gemacht habe.
— Verzeihen Sie, Sie sollten mich erst aussprechen lassen! Unter dem 10. Dezember haben wir an den Herrn Bundeskanzler Dr. Adenauer ein sehr ausführlich begründetes Schreiben gerichtet, in dem wir sowohl Bedenken über die praktischen Auswirkungen als auch verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet haben.
Als die Dinge dann im Bundesrat und vorher in den drei Ausschüssen des Bundesrats behandelt worden sind, bestand durchaus die Hoffnung, daß die in den Ausschüssen erfolgte Einigung auf 35 beziehungsweise 53 Pfennig vom Bundesrat auch akzeptiert werden würde.
Leider ist die Abstimmung mit der knappen Mehrheit von 23 zu 20, wie Sie sich erinnern, so ausgelaufen, daß die Beschlüsse der Ausschüsse nicht zum Zuge gekommen sind.
Dabei hat wahrscheinlich das Land Niedersachsen eine entscheidende Rolle gespielt, weil es begreiflicherweise an den deutschen Erdölgebieten interessiert, und zwar im guten Sinne interessiert war. Das kann man wohl verstehen, und das bringt uns auf die berechtigte Frage: Kann man bei einer Wirtschaftspolitik, die den Wettbewerb im Innern und die Liberalisierung im Außenhandel grundsätzlich festgelegt hat, Preise festsetzen, die notgedrungen der deutschen Erdölindustrie einen Ausgleich schaffen müssen, weil ja die ärmeren Vorkommen in unserem Lande selbstverständlich wesentlich höhere Preise bedingen? Weiter erhebt sich die Frage: Kann man der Auffassung sein, wie es offenbar die Regierung gewesen ist, daß nun die Kosten für alle Bohrungen, alle Untersuchungen und vielleicht auch noch für die Anlage von pipelines, die im Emsland geplant sind, unter allen Umständen von den Straßenverkehrsbenutzern getragen werden müssen?
Ich möchte diese Frage im Namen meiner Fraktion verneinen. Ich glaube, bei einer Beachtung des Grundsatzes der sozialen Wettbewerbswirtschaft auf der einen Seite und der Liberalisierung des Außenhandels auf der anderen Seite dürfen sich die Anstrengungen auf Verwendung des deutschen Erdöls immer nur im Rahmen des Vernünftigen halten. Ich glaube auch nicht, daß es, zusammengenommen, gut wäre, das Endziel zu erstreben, einmal völlig unabhängig vom ausländischen Treibstoffmarkt zu werden. Ich glaube nicht, daß das eine richtige Einstellung ist, denn wir wissen ja, meine Damen und Herren, wohin Autarkiebestrebungen in ihrer Totalität schon einmal geführt haben.
Darum, in dieser Erkenntnis und unter Zugrundelegung der Begründung, die ich Ihnen eben gegeben habe, hat sich die Fraktion der Freien Demokratischen Partei entschlossen, einen Antrag einzubringen, der zunächst noch einmal klar untersuchen und feststellen will, ob in diesem Gestrüpp der Verfassung, des Grundgesetzes — ich glaube, auch in diesem Hause wird es noch manchen Abgeordneten geben, denn es außerordentlich schwer fällt, die Dinge so auszulegen, wie der Gesetzgeber sie auslegen wollte — die Regierung sich von Anfang an darüber klar gewesen ist, daß es nach der Preisordnung des § 1 zum Beispiel, aber vielleicht auch nach Artikel 105 des Grundgesetzes nicht möglich ist, eine solche Erhöhung vorzunehmen, ohne den Bundestag in diese Angelegenheit einzuschalten. Zweitens werden wir aus den wirtschaftlichen Gründen, die ich hier aufgeführt habe, den Antrag dahingehend erweitern, daß wir die Regierung bitten, ein Gesetz vorzulegen, Herr Loritz - denn anders geht es nicht, nur mit einem Gesetz -, welches den Preis für Vergaserkraftstoff so, wie es die drei Ausschüsse beschlossen hatten, auf 53 Pfennig per Liter festlegt
und für Dieselkraftstoff auf 35 Pfennig. — Ja, Herr Loritz, den Selbstkostenpreis der Importware müssen Sie schon bezahlen und ebenso den Preis der Abwertung.
Aber nun noch ein kleiner Hinweis auf Ihre Ausführungen. Sie wären fast, Herr Loritz, in eine scheußliche Panne hineingeraten, wenn nämlich über Ihren Antrag abgestimmt worden wäre. Sie beantragen, den „derzeitigen" Benzinpreis nicht zu erhöhen.
Herr Loritz, der „derzeitige" Benzinpreis ist 60 Pfennig und der Preis für Dieselkraftstoff 45 Pfennig.
— Ja, es ist so!
Also, meine Damen und Herren, Sie haben die Stellungnahme der Freien Demokratischen Partei gehört,
und, Herr Loritz und meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind vielleicht — die Beurteilung überlassen wir der Öffentlichkeit — doch die besseren Demokraten!