Ich glaube, Herr Präsident, Sie werden keine Gelegenheit finden, an meinen Worten in formeller Hinsicht etwas auszusetzen. Ich glaube, daß ich weiß, was ich sage, sehr im Gegensatz zu manchem andern Mitglied dieses Hauses von dieser Seite.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Allein im Bezirk des Arbeitsamts Düsseldorf sind über 2300 Arbeitnehmer, Angestellte des Kraftfahrzeuggewerbes, bei den Arbeitsämtern zur Kündigung angemeldet und ist für dieses Personal die Zustimmung des Arbeitsamts Düsseldorf zur Kündigung beantragt worden, weil die Unternehmer, wenn eine Benzinpreiserhöhung und eine Erhöhung des Dieselölpreises in diesem unerhörten Umfang eintritt, nicht mehr in der Lage sind, dieses Personal durchzuhalten.
— Wissen Sie, meine sehr verehrten Herren Zwischenrufer, daß fast sämtliche Lebensmittel, heißen sie, wie sie wollen, bis sie vom Erzeuger zum Verbraucher gelangen, zwei-, drei- und viermal per Auto transportiert werden müssen? Wissen Sie, daß eine ganze Reihe industrieller Artikel, von denen das Wohl unserer Wirtschaft abhängt, bis zu 15- und 20mal und noch öfter im Laufe des ganzen Arbeitsvorganges per Achse transportiert werden müssen? Und wissen Sie, wie sich angesichts dieser Tatsachen eine Erhöhung des Benzin- und Dieselpreises heute auf unsere Wirtschaft auswirkt? Wenn Sie das wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann dürfen Sie zu diesem Antrag und zu der Begründung nicht lachen, sondern dann müßten Sie angesichts der Wichtigkeit dieser Dinge alles tum, um die Regierung davon abzubringen, einen so unüberlegten Schritt zu tun! Wir haben die Zusicherung der Regierung gehört — und wir haben ihr damals geglaubt bzw. haben keinen Anlaß gehabt, von vornherein Mißtrauen dagegen zu äußern -, sie
werde. die Preise für die wichtigsten Verbrauchsgüter stabil halten. Und was ist gekommen?
Meine Damen und Herren! Wir sind gegen i e d e Erhöhung der Treibstoffpreise, sei es von 40 Pfennig auf 60 Pfennig, sei es von 40 Pfennig auf 53 Pfennig. Die 7 Pfennig machen das Kraut nimmer fett! Ein Preis von 53 Pfennig ist für uns ebenfalls inakzeptabel, weil durch eine Erhöhung der Treibstoffpreise mit Sicherheit die Preise für andere wichtigste Güter ebenfalls ins Rutschen kommen. Das wird dann ein weiteres Glied in der Kette sein, vor der ich schon vor einigen Monaten — leider vergeblich — in diesem Haus gewarnt habe, indem ich gesagt habe, daß es dann Preissteigerungen am laufenden Bande gibt und dadurch die Geldabwertung für uns illusorisch wird.
— Wollen Sie doch bitte nicht immer versuchen, mich mit so lächerlichen Zwischenrufen zu stören.
Ich werde das Mikrophon nicht abbrechen. Machen Sie lieber sachliche Einwendungen zu diesen Dingen, für die Sie verantwortlich sind, weil Sie hinter dieser Regierung stehen! Kümmern Sie sich lieber darum, daß nicht etwa die Steuerleistungen bei den Fuhrunternehmern abbrechen, und kümmern Sie sich darum, daß nicht einer unserer wichtigsten Gewerbebetriebe zerbrochen wird! Das Mikrophon wird nicht abbrechen, höchstens wird durch Ihre Unfähigkeit unsere Wirtschaft abbrechen!
— Meine Damen und Herren, es ist tief bedauerlich, daß eine Seite dieses Hauses oder wenigstens ein großer Teil dieser Seite angesichts dieser so wichtigen Dinge nichts anderes zu tun weiß, als den Versuch zu machen, mit Gelächter und sehr billigen Zwischenrufen zu stören!
— Warten Sie ab! Ich hoffe, Herr Kollege von der FDP, daß auch Sie sich für die alten Treibstoffpreise einsetzen werden. Ich muß Ihnen aber doch schon sagen: sehr spät kommen Sie, meine sehr verehrten Herren, fast zu spät; denn die Preise sind schon erhöht worden, und Ihre Vertreter sitzen doch in der Regierung! Sie, meine Herren von der FDP, hätten dafür sorgen müssen, daß die Regierung diese Erhöhung der Preise nicht vornimmt. Sie hätten als gute Demokraten schon dafür sorgen müssen, daß das Parlament wenigstens vorher Gelegenheit zu einer Aussprache über diese so wichtigen Dinge bekommen hätte. Man komme uns nicht mit dem Einwand, es drehe sich doch hier nicht um eine Steuererhöhung. — Es dreht sich klipp und klar um eine Steuererhöhung, um weiter gar nichts anderes. Es ist ganz gleich, ob Sie diese Steuererhöhung eine Abgabe nennen oder Heraufsetzung des Preises eines zwangsbewirtschafteten Artikels. Es ist nichts anderes als eine Steuererhöhung zugunsten der Bundeskasse, die ein Loch so groß hat, daß auch die Mehreinnahmen aus dieser Benzinpreiserhöhung noch lange nicht ausreichen werden! Sie werden nicht einmal ausreichen, um die ganzen Neubauten zu finanzieren, die Sie hier machen müssen!
Wir haben andere Wege, um zu Steuereinnahmen zu kommen. Ich habe heute schon darüber gesprochen. Besteuern Sie endlich einmal stärkstens die Milliardengewinne, die durch die zwei Währungsreformen gemacht worden sind! Lassen Sie endlich die Finger weg von einem der allerwichtigsten Verbrauchsgüter, wie sie Benzin und Dieseltreibstoff darstellen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden uns heute nicht mit einer Begrabung dieses Antrages in irgendeinem Ausschuß zufriedengeben. Es besteht auch, wenn ich die Geschäftsordnung recht kenne, gar keine Notwendigkeit, diesen unseren Antrag jetzt in einen Ausschuß zu. überweisen. Ich glaube, Herr Präsident, Sie werden mir auf Grund der Geschäftsordnung nicht nachweisen können, daß dieser Antrag zuerst in einen Ausschuß muß. Wir werden hoffentlich die Unterstützung von anderen Gruppen in diesem Hohen Hause finden, daß wir bereits heute eine Abstimmung über diesen Antrag hier vornehmen lassen können. Da bitte ich alle diejenigen, die es mit unserer Wirtschaft gut meinen, alle diejenigen, die ein Interesse daran haben, daß die Millionenziffer von Arbeitslosen in unserem Lande nicht demnächst noch durch weitere Zehntausende und Hunderttausende von Arbeitslosen aus dem Transportgewerbe erhöht wird, unseren Antrag zu unterstützen. Wir werden namentliche Abstimmung beantragen.
Ich fürchte nämlich die Begrabung in Ausschüssen. Die Sache eilt! Die Stimmung ist mit Recht erregt, nicht bloß bei den kleinen Unternehmern, sondern genau so bei den Arbeitern und bei all denen, die Vom Kraftfahrzeuggewerbe leben, bei dem Personal in den Reparaturwerkstätten usw. Das ist kein Weg, meine sehr verehrten Herren Minister! — Es ist ja nur noch einer auf der Ministerbank; der Wirtschaftsminister fehlt, obgleich er der eigentlich zuständige Mann wäre. —
Also das ist nicht der richtige Weg, um die sehr prekären Zustände bei der Bundesbahn zu sanieren. Das ist der falsche Weg. Sie sanieren die Bundesbahn nicht dadurch, daß Sie einseitig die Bundesbahn begünstigen und das Transportgewerbe, das die Waren per Achse transportiert, unerhört belasten. Sie können die Bundesbahn nur auf ganz andere Art und Weise sanieren, nämlich dadurch, daß Sie einige hundert ganz unfähige Abteilungschefs, Ministerialräte usw. endlich einmal pensionieren oder sonstwie an die Luft setzen, die heute noch das große Wort bei der Bundesbahn führen,
die alles andere tun, als diese Bundesbahn nach kaufmännischen Grundsätzen zu leiten. Sie müssen diese Verhältnisse ganz anders sanieren. Sie dürfen nicht einen der wichtigsten Gewerbezweige kaputtmachen und dadurch noch weiter die Preise für lebenswichtige Waren aller Art, die per Achse transportiert werden, steigern helfen.
Sehr bedauerlich ist es, daß uns für diese so enorm wichtige Materie nur eine Redezeit von wenigen Minuten zugebilligt wird. Ich hoffe aber immerhin, daß sich auch auf Ihrer Seite einige finden werden, die unseren Standpunkt unterstützen, wenn ich an Sie namens der WAV und namens aller Betroffenen den Appell richte
— ja, namens all der dadurch Betroffenen, Herr von Brentano, den Appell richte: sorgen Sie dafür daß diese Benzinpreiserhöhung sofort rückgängig gemacht wird, sorgen Sie dafür, daß einer der wichtigsten Gewerbezweige nicht kaputtgemacht wird!
Wir von der WAV stellen den Antrag, der Ihnen als Drucksache vorliegt. Wir bitten darüber hinaus — und ich hoffe, wir finden dabei eine Unterstützung bei Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren —, daß über diesen Antrag bereits heute abgestimmt wird, und zwar auch seinem materiell-rechtlichen Inhalt nach, daß weiter diese Abstimmung namentlich erfolgt, damit jeder der Volksvertreter zeigen kann, wie er zu diesem für unsere ganze Wirtschaft so unendlich wichtigen Problem steht. Herr Bundeskanzler und sehr geehrte Bundesregierung, lösen Sie bitte Ihr Wort ein, das Sie dem Volke gegeben haben, das feierliche Versprechen, die wichtigsten Verbrauchsartikel im Preise nicht zu erhöhen! Sonst werden Sie eine Stimmung gegen sich schaffen, daß die Regierung Adenauer nicht von langer Dauer sein wird!