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ID0102605000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 26. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Januar 1950 779 26. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. Januar 1950. Nachruf des Präsidenten auf die verstorbenen Abg. Klinge und Dr. Ziegler . . 780C Geschäftliche Mitteilungen . . . . 780D, 781C Eintritt des Abg. Dr. von Campe in den Bundestag 780D Wiedergenesung des Abg. Dr. Mücke . . 780D Zustimmung des Bundesrats zu den Gesetzentwürfen über Gewährung von Straffreiheit . . . . 781A Erstreckung und Verlängerung der Geltungsdauer des Bewirtschaftungsnotgesetzes, des Gesetzes zur Deckung der Kosten für den Umsatz ernährungswirtschaftlicher Waren und des Preisgesetzes . . . . . . . . 781A Erstreckung und Verlängerung der Geltungsdauer des Fachstellengesetzes und der Fachstellengebührenordnung 781A Wirkung der bei den Annahmestellen Darmstadt und Berlin eingereichten Patent-, Gebrauchsmuster- u. Warenzeichenanmeldungen in den Ländern Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern und in dem bayerischen Kreis Lindau . . . . . . 781A Verlängerung des Gesetzes über die Festsetzung und Verrechnung von Ausgleichs- und Unterschiedsbeträgen für Einfuhrgüter der Land- und Ernährungswirtschaft . . .. . 781A Änderung des Gesetzes zur Aufhebung des Lohnstops 781A Änderung des Zuckersteuergesetzes . 781A Anfrage Nr. 11 der Fraktion der FDP betr. Senkung der Tabaksteuer (Drucksache Nr. 243) 781A Anfrage Nr. 15 der Fraktion der SPD betr. Stromversorgung in Bayern (Drucksache Nr. 242) 781B Anfrage Nr. 20 der Abg. Niebergall, Renner und Genossen betr. Reblausbekämpfung (Drucksache Nr. 289) . . . . . . . . 781B Anfrage Nr. 22 der Abg. Leuchtgens und Genossen betr. Berechnung der Arbeitslosenunterstützung (Drucksache Nr. 309) 781B Anfrage Nr. 19 der Abg. Niebergall, Renner und Genossen betr. deutschen Weinhandel (Drucksache Nr. 288) . . . . . . . . 781B Anfrage Nr. 21. der Fraktion der SPD betr. Berlinhilfe (Drucksache Nr. 304) . . . . 781B Anfrage Nr. 7 der Abg. Dr. von Rechenberg und Fraktion betr. Umquartierung im Raume Köln (Drucksache Nr. 188) . . 781B Wahleinsprüche (Drucksache Nr. 319) . 781B Interpellation der Fraktion der SPD betr. Hilfe für in Frankreich verurteilte deutsche Kriegsgefangene (Drucksache Nr. 303) 781D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 781D Eichler (SPD) . . . . . . . . 783C Höfler (CDU) . . . . . . . . . 784A Vorlage des Entwurfs einer Verordnung des Bundesministers der Justiz betr. Errichtung einer Zweistelle des Deutschen Patentamtes in Groß-Berlin (Drucksache Nr. 368) 784D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 784D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erteilung einer Kreditermächtigung, Antrag der Abg. Bausch, Dr. Dr. Höpker-Aschoff, Dr. von Merkatz, Schuster und Genossen (Drucksache Nr. 366) . . . . . . . . 785A Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) 785A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP), Antragsteller 786C Mellies (SPD) . . . . . . . 787B Rische (KPD) . 787C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache Nr. 317) . . . 788D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 789A Neuburger (CDU) . . . . . . . 795C Seuffert (SPD) 797D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 799C Ewers (DP) 802B Dr. Besold (BP) . . . . . . . . 803A Loritz (WAV) 804B Dr. Bertram (Z) . . . . . . 805C Rische (KPD) . 807A 1 Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Kriegsfolgelasten im zweiten Rechnungshalbjahr 1949 (Drucksache Nr. 318) . . . . . . . 808C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 808C, 810D Dr. Wuermeling (CDU) 809D Morgenthaler (CDU) 808C Renner (KPD) 810A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erhebung von Abschlagszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer 1950 (Drucksache Nr. 367) • 810D Schäffer,. Bundesminister der Finanzen 810D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerveranlagung für die Veranlagungszeiträume vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1948 (II. Halbjahr 1948) und das Kalenderjahr 1949 (Drucksachen Nr. 313 und 376) 811B Dr. Bertram (Z), Berichterstatter . . 811B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erteilung einer Kreditermächtigung (Drucksachen Nr. 366 und 377) . . . . . . . . . . . . 813B Dr. Ehlers (CDU), Berichterstatter . . 813B Antrag der Fraktion der WAV betr. Benzinpreiserhöhung (Drucksache Nr. 331) und Antrag der Fraktion der KPD betr. Mißbilligung der Anordnung des Bundesministers für Wirtschaft auf Erhöhung der Mineralölpreise und Antrag auf Aufhebung derselben (Drucksache Nr. 363) 814A Loritz (WAV), Antragsteller 814A, 820B Vesper (KPD), Antragsteller . . . . 816B Wehner (SPD) . . . . . . . . 817A Rademacher (FDP) 818A Renner (KPD) . . . . . . . 819B Dr. Seelos (BP) . . . . . . . . 820B Ollenhauer (SPD) . . . . 821C Dr. Reismann (Z) 821D Nächste Sitzung . . . . . . . 822D Die Sitzung wird um 15 Uhr 12 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Helmut Bertram


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Meine Damen und Herren! Die Zentrumsfraktion hat vor einiger Zeit einen eigenen Entwurf in Unkenntnis des Regierungsentwurfs vorgelegt. Dieser eigene Entwurf der Zentrumspartei deckt sich, wie wir heute wissen, in weiten Teilen mit dem Regierungsentwurf. Auch wir wünschen, genau so wie es der Herr Finanzminister vorgeschlagen hat, gewisse steuerliche Senkungen in den mittleren Einkommensstufen. Aber — und das ist das Entscheidende — der Herr Finanzminister hat — meines Erachtens auf Anraten seiner Finanzverwaltung — vergessen, diejenigen Bevölkerungsschichten und diejenigen Teile der Bevölkerung in dem neuen Gesetzentwurf zu berücksichtigen, die eine Berücksichtigung besonders stark verdienen. Es ist heute hier sehr häufig von den Unternehmern und von der Kapitalbildung die Rede gewesen. Sie müssen sich aber einmal überlegen, daß es ja nicht nur um die Unternehmer und deren Kapitalbildung geht, sondern auch darum, die Lohnempfänger nicht durch die Steuer in ihrem Existenzminimum zu beschränken.

    (Sehr richtig! beim Zentrum.)

    Es ist nicht wahr, was der Herr Finanzminister heute hier vorgetragen hat, daß die Belastung der niederen Einkommen in Deutschland die niedrigste in der Welt sei. Nach allen Statistiken, die bekannt gegeben worden sind, insbesondere auch nach dem Gutachten, das für die Verwaltung für Wirtschaft in Frankfurt angefertigt worden ist, sind die Belastungen gerade der unteren Einkommensteuerklassen in England und Amerika wesentlich niedriger als in Deutschland.

    (Hört! Hört! beim Zentrum.)

    Eine Arbeiterfamilie mit einem Kind ist in England seit der Steuerreform von 1947 im allgemeinen steuerfrei.

    (Zurufe.)

    Dasselbe gilt für Amerika, wo ein einzelner Arbeiter im allgemeinen keine Lohnsteuer zu zahlen hat. Ich habe nicht die Redezeit, um im einzelnen die Ziffern dieses Gutachtens, die aber, glaube ich, allgemein bekannt sind, vorzutragen. Ich nehme an, daß die Prozentzahlen, die uns seitens des Finanzministeriums vorgetragen worden sind, darauf zurückgeführt werden müssen, daß Sonderausgaben und Werbungskosten in den deutschen Ziffern mit eingerechnet sind, dagegen bei den vergleichbaren englischen und amerikanischen Ziffern nicht. In England sind beispielsweise für die Ehefrau 60 Pfund steuerfrei und für jedes Kind noch einmal 60 Pfund, für die Einzelperson 110 Pfund. Also die gesamten Voraussetzungen, von denen aus der Herr Finanzminister die Steuerbefreiung der Lohnempfänger ablehnt, sind meines Erachtens nicht richtig und werden im Ausschuß leicht zu widerlegen sein.


    (Dr. Bertram)

    Wenn wir aber, meine Damen und Herren, davon ausgehen, dann ist es meiner Ansicht nach unsere allererste Pflicht, dafür zu sorgen, daß hier und dort, wo das Existenzminimum durch die Steuer gefährdet wird, diese Steuer tatsächlich aufgehoben wird. Das Existenzminimum steht für den Staat und als Einahmequelle für direkte Steuern nicht zur Verfügung. Die Lohnempfänger haben ja schon durch die Erhebung indirekter Steuern genügend zu zahlen.
    Eine zweite breite Bevölkerungsschicht ist ebenfalls heute hier nicht erwähnt worden, und das ist der breite Kreis des Mittelstandes. Besteht denn das deutsche Leben nur aus der Industrie? Besteht das deutsche Leben nur aus den Unternehmern? Besteht denn das deutsche Leben nicht tatsächlich in ebenso breitem Maße aus den Handwerkern, den Kleingewerbetreibenden, den freien Berufen und der weiten, breiten Klasse des Mittelstandes, die ebensostarke Berücksichtung bei den Steuersenkungen verdienen wie die größeren Verdiener? Man muß doch einmal bedenken: das Einkommen des Mittelstandes dient zur unmittelbaren Befriedigung der dringendsten Lebensbedürfnisse. Und ist es nicht wichtiger, daß wir die Steuer dort senken, wo die dringendsten Lebensbedürfnisse in Frage stehen, als dort, wo es sich um Selbstfinanzierung und Kapitalbildung dreht? Ich glaube, wenn man diese Frage einmal nüchtern und objektiv betrachtet, dann wird man die Art der Steuersenkung durch das Finanzministerium nicht billigen können.
    Meine Damen und Herren! Sie als Abgeordnete sind hier unmittelbares Staatsorgan. Es ist nicht etwa so, als wenn der Herr Finanzminister oder das Finanzministerium uns ein Geschenk machten, wenn sie eine gewisse Steuertabelle ausarbeiten. Sie alle haben nach den Erkenntnissen von den volkswirtschaftlichen Lind fiskalischen Notwendigkeiten selbst zu überlegen und zu überprüfen, ob der vorgeschlagene Tarif richtig ist. Wenn Sie zu dem Schluß kommen, daß der vorgeschlagene Tarif in seiner Stellung oder in seiner Stufung nicht den Bedürfnissen der breiten Bevölkerungsschichten entspricht. dann ist es Ihre Aufgabe und Ihre Pflicht, diesen Tarif entsprechend zu ändern.
    Meine Damen und Herren, diese Pflicht können wir gar nicht ernst genug nehmen. Stellen Sie sich vor: Sie sind demnächst vor Ihren Wählern Rechenschaft schuldig. Ihre Wähler werden Sie fragen: Warum hast du nur an diesen relativ kleinen Kreis gedacht? Warum hast du nicht an die breiten Kreise gedacht, denen es doch tatsächlich durch die überhöhten Steuern nicht mehr möglich ist, ihre dringendsten Lebensbedürfnisse zu befriedigen? Ich glaube, wenn Sie sich diese Ihre Verantwortung richtig überlegen, dann werden Sie auch mit uns dazu kommen, den Tarif in den unteren Stufen entsprechend niedrig zu halten. Das gleiche gilt für die von uns gewünschte Erhöhung der Sonderausgaben für die Ehefrau, für die Erhöhung der Werbungskosten, die gar nicht mehr zeitgemäß sind.
    Meine Damen und Herren! Die Regierungsvorlage bringt außer dem Tarif noch verschiedene andere Vorschläge, die von dem Herrn Vorredner bereits erheblich kritisiert worden sind und die, wenn ich die Debatte richtig verstanden habe, dazu geführt haben, daß sich die Regierung auch schon zu weitgehenden Konzessionen bereit gefunden hat. Einen Punkt allerdings vernachlässigt die Regierungsvorlage vollständig. Sie bringt nicht die Berücksichtigung der Möglichkeit einer
    Erhöhung der Körperschaft- bzw. der Kapitalertragsteuer, die es der Regierung ermöglichen würde, ein etwaiges Loch aus den Steuersenkungen zu decken. Hier muß ich dem Finanzminister, insbesondere auch meinem Vorredner, Herrn Dr. Höpker-Aschoff rechtgeben: der Mut, der zu Steuersenkungen gehört, wird sich hundertfach bezahlt machen. Der Mut, Steuersenkungen durchzuführen, ist in verschiedener Hinsicht außerordentlich notwendig, aber auch vorteilhaft. Man bedenke, daß es sich ja hier nur um die Senkungen der direkten Steuern handelt. Die Senkung der direkten Steuern wird automatisch höhere Umsätze nach sich ziehen und damit ein höheres Umsatzsteueraufkommen erbringen. Sie wird ein höheres Aufkommen an indirekten Steuern erbringen und dadurch mit dazu beitragen, die Arbeitslosenzahl herabzusetzen.
    Ein weiterer Punkt, der bei diesem Einkommensteuergesetz wohl überlegt sein will, ist vor allem auch die Frage der Staatsausgaben. Der Herr Finanzminister hat uns eben erzählt, die Ausgaben für die eigentlichen Staatsaufgaben wiesen sinkende Tendenz auf. Er hat das damit begründet, daß die Gesamtziffer von 8000 Milionen im vorigen Jahr auf 7777 Millionen in diesem Jahr herabgesunken sei. Das bedeutet keineswegs eine sinkende Tendenz; denn in den öffentlichen Ausgaben sind auch sächliche Ausgaben enthalten. Diese sächlichen Ausgaben sind infolge der im Jahre 1949 allgemein gesunkenen Preise im Vergleich zum Jahre 1948 automatisch geringer geworden. Diese Ersparnis aus den geringeren sächlichen Ausgaben dürfte meines Erachtens bei einem Gesamtobjekt von 8000 Millionen den Betrag von 250 Millionen erheblich überschreiten. Ich schätze, daß, wenn wir den durchschnittlichen Preisrückgang berücksichtigen, wir keine Ermäßigung der Staatsausgaben, sondern eine Erhöhung der tatsächlichen Staatsausgaben zu verzeichnen haben.
    Hier wäre eine der Hauptaufgaben des Finanzministers, dieser verhängnisvollen Entwicklung der Erhöhung der Staatsausgaben entgegenzutreten und dafür zu sorgen, daß beispielsweise im Wirtschaftsministerium nicht 44 PKWs betrieben werden und daß der Verbindungsminister nicht 3 PKWs für die Verbindungsfahrt vom Bundestag zum Bundesrat benötigt. Diese aufzugreifen und hier einmal zur Sprache zu bringen, dürfte meiner Ansicht nach wesentlich nützlicher sein, als mit gewissen Zahlenspielereien einen Eindruck hier hervorzurufen, der einer genauen Nachprüfung einfach nicht standhält.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren! Ich werde gerade darauf aufmerksam gemacht, daß meine Redezeit abgelaufen ist. Es tut mir leid, daß ich in dieser Öffentlichkeit das, was wirklich zur ersten Beratung über die verschiedenen Punkte noch zu sagen wäre, nicht weiter vortragen kann. Auf der andern Seite aber hoffe ich — und ich glaube, dazu begründeten Anlaß zu haben —, daß wir uns alle im Ausschuß zu einer Fassung des Gesetzes durchringen können, die uns in der zweiten Beratung von allen Seiten weniger Kritik und mehr Zustimmung zu geben gestattet. Ich hoffe deshalb, daß wir nach der zweiten Beratung zu einer gewissen Übereinstimmung kommen werden.

    (Beifall beim Zentrum.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Rische.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Rische


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Es ist eine alte Erkenntnis, daß bei einer Steuervorlage jede Regierung ihr wahres politisches und — mit allen Vorbehalten gegen ein gutes Wort — soziales Gesicht zeigt. So ist es auch bei der heutigen Regierungsvorlage zur Änderung der Einkommensteuer. Wir hörten vom Herrn Finanzminister eine wahre Kaskade von Zahlen über die schwierige finanzielle Lage des Bundes. Uns haben diese Zahlen in keiner Weise überrascht. Wir wußten, daß die Gründung des westdeutschen Staates mit unerhörten finanziellen Belastungen verbunden sein wird, und wir haben recht gehabt. Dieser Bundesstaat erweist sich heute als ein Staat, in dem in Zukunft keine Regierung eine gesunde Finanzwirtschaft aufweisen wird und, wie der Herr Finanzminister so treffend sagte, einen Felsenpfad beschreiten muß, während links und rechts ein Abgrund klafft.

    (Zuruf von der KPD: Wehe, wenn die Kurve kommt!)

    Die vom Herrn Finanzminister begründete Neuregelung der Einkommensteuergesetzgebung wurde auch bereits seit Monaten von interessierten Kreisen mit allen Mitteln propagiert, und zwar sehr massiv propagiert. So hat beispielsweise das offizielle Organ des Bundeswirtschaftsministers „Der Volkswirt" schon am 4. November 1949 unter dem Titel „Umbau der Steuerlast" folgendes geschrieben:
    Dieses Steuersystem
    — der Regierung Adenauer —muß der Wirtschaftslage angepaßt sein. Es muß vor allem Schluß machen mit der grundsätzlich kapitalfeindlichen Einstellung des gegenwärtigen Steuersystems.
    Dies stand im offiziellen Organ des Wirtschaftsministeriums.

    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard: Das weiß ich ja gar nicht! — Heiterkeit.)

    - Sie haben vielleicht Pech gehabt und die betreffende Nummer nicht gelesen!

    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard: Nein, daß es mein offizielles Organ ist!)

    — Das müssen Sie besser wissen!
    Der Herr Finanzminister hat in seiner politischen Begründung dieser Steuervorlage eine ganze Reihe sehr interessanter Thesen von sich gegeben, die ich sinngemäß einmal in Kürze zitieren will.

    (Abg. Dr. von Brentano: Wir haben sie ja gehört!)

    „Es gibt Wege, um neue Mittel zu gewinnen", und er dachte dabei wahrscheinlich an eine Kapitalspritze aus den USA. Er sagte auch: „Wir müssen im kleinen sparsam sein", und dabei dachte er wohl: die Kleinen müssen sparen! Er sagte auch: „Interessentenkreisen sollen keine Geschenke mehr gemacht werden"; und ich denke: diese ganze Steuervorlage ist ein Geschenk an die Schwerindustrie!

    (Lachen rechts. — Zuruf: Ihnen fällt auch gar nichts mehr ein!)

    Diese Auffassung, meine Damen und Herren, wird auch in der Regierungserklärung vom 20. September 1949 vom Herrn Bundeskanzler in aller Ausführlichkeit erläutert. Nehmen Sie die, Begründung dieser Vorlage vor, in der Sie folgende Sätze lesen können:
    Eine verstärkte Kapitalbildung hängt von der
    Erfüllung zweier Voraussetzungen ab: von
    einer Herabsetzung der Steuertarife und der Wiedergewinnung des Vertrauens der Sparer.

    (Zuruf rechts: Das stimmt!)

    Die allgemein notwendige steuerliche Entlastung und damit die Möglichkeit einer größeren Kapitalbildung soll durch eine Auseinanderziehung des Einkommensteuertarifs geschaffen werden, —
    und so weiter und so fort. Das ist der rote Faden, der sich durch dieses Gesetz zieht: Kapitalbildung zugunsten der Besitzenden!

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Nein, zugunsten der Wirtschaft!)

    — Nein, Sie irren sich! Sie setzen Wirtschaft mit Volkswirtschaft gleich und nicht Wirtschaft, wie Sie sie verstehen, mit Besitzergreifung und Profitmachen!

    (Zuruf von der KPD: Wirtschaft sagen sie, die Großkapitalisten meinen sie!)

    Man denkt also an Steuergeschenke, die der Industrie zugute kommen zur Verstärkung der Kapitaldecke. Das ist das Programm der Regierung, die im Volksmund heute schon als eine Regierung der Millionäre bezeichnet wird.

    (Sehr gut! bei der KPD. — Lachen in der Mitte und rechts.)

    Die bisherigen Anreize reichen aber den westdeutschen Unternehmern noch nicht aus, um die Kapitalbildung in erheblichem Umfang vornehmen zu können, und sie verlangen vom Staat neue Steuerprivilegien. Deshalb mußte in diesem Gesetz die bis jetzt angewandte Progression zugunsten der höheren Einkommen verändert werden. In den höheren Lagen ist, wie der Herr Finanzminister selber bestätigte, mit einer Steuersenkung bis zu 20 und mehr Prozent zu rechnen. Ein Kollege hat hier eine runde Summe von etwa 7- bis 800 Millionen D-Mark genannt; ein nettes Geschenk an die Schwerindustrie!
    Weitere wesentliche Begünstigungen werden den großen Monopolgesellschaften gewährt, soweit sie ihre Gewinne zur Akkumulation in den Betrieben belassen. Die herabgewirtschafteten und kapitalschwachen kleineren Betriebe können von dieser Begünstigung kaum Gebrauch machen, weil sie laufend teure Kredite aufnehmen mußten, um Ersatzbeschaffungen durchzuführen. Von nichtentnommenen Gewinnen und Rückstellungen kann in diesen Klein- und mittleren Betrieben in der Regel heute nicht die Rede sein. Diese Betriebe verfallen dann dem sogenannten Umstellungs- und Bereinigungsprozeß und werden ein Opfer der großen Betriebe, die den Monopolgesellschaften angeschlossen sind.

    (Zuruf von der FDP: Herr Rische, das stimmt nun wirklich nicht!)

    Ein ganz besonderes Kapitel in dieser Vorlage sind die Vergünstigungen, die den ausländischen Kapitalgebern, den ausländischen Kapitalaneignern in Deutschland gewährt werden sollen. Gerade diese Vergünstigungen für das ausländische Kapital sind wiederum bezeichnend für den Geist der Adenauer-Regierung. Die Regierung Adenauer will den ausländischen Geldgebern Aussichten auf Profit in Deutschland eröffnen, damit sie eher geneigt sind, ihre Millionen und Milliarden in Deutschland anzulegen und zu guter Letzt die ganze deutsche Wirtschaft damit auszukaufen.
    Dem stehen wesentliche Steuerverschlechterungen beispielsweise bei den Sonderausgaben der Flüchtlinge und Bombengeschädigten gegenüber. Daß das tatsächlich so ist, können Sie der Be-


    (Rische)

    gründung entnehmen. Wie oft, meine Damen und Herren, hörten wir von dieser Stelle aus Reden der Regierungsvertreter, die sich mit sehr viel Pathos für die Flüchtlingshilfe, eine Hilfe für die Bombengeschädigten, also die Sozialgeschädigten unseres Vaterlandes aussprachen. Hier hätte man eine Gelegenheit gehabt, gerade diesen besonders geschädigten Kreisen des deutschen Volkes weitere steuerliche Vergünstigungen zu gewähren.

    (Abg. Dr. Oellers: Dafür sind wir ja heute eingetreten, Herr Rische! Das dürfen Sie nicht unterschlagen!)

    — Ich setze mich hier mit der Regierungsvorlage auseinander, und das ist auch Ihre Vorlage!
    Alle Steuergesetze und Gesetzentwürfe seit 1945 begünstigten fast ausschließlich die großen Unternehmungen, während die Millionen Werktätiger in den meisten Fällen kaum einen Anspruch auf irgendeine Vergünstigung steuerlicher Art erhielten. Sie alle wissen ganz genau, daß demgegenüber die westdeutsche Industrie — wie das jetzt aus den Berichten über die D-Mark-Umstellung hervorgeht — kräftig Profite gemacht hat, daß die westdeutsche Industrie ihre Kapitalumstellung im Verhältnis 1 zu 1 vornimmt, während die Werktätigen in Westdeutschland alle Verluste bei der Restaurierung des Kapitals zu tragen haben.
    Man könnte zu dem Problem der Steuern sehr viel sagen. Die Regierungsparteien und einige andere Parteien dieses Hauses waren jedoch klug genug, die Redezeit zu beschränken.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Diese Parteien wünschen nicht, daß die Forderungen des werktätigen Volkes und des Mittelstandes zu einer wirklichen Steuerreform hier vertreten werden können. Aber verlassen Sie sich darauf, meine Damen und Herren: das Volk hört zu und hört mit!

    (Abg. Dr. von Brentano: Gott sei Dank!)

    Das Volk wird eines Tages begreifen, daß die Gesetze, die hier beschlossen werden, nicht den Interessen der breiten Massen unseres Vaterlandes dienen, sondern nur einer hauchdünnen Schicht von Großverdienern, die dazu noch seit der Währungsreform riesige Profite einsteckten und nun wiederum durch ein neues Steuergeschenk der Regierung für, wie es heißt, „ihre Arbeit am Wohlstand des deutschen Volkes" belohnt werden sollen. Ich möchte statt dessen sagen: sie sollen belohnt werden für ihre Mitarbeit bei der Restauration reaktionärer kapitalistischer Verhältnisse.
    Die kommunistische Fraktion wird bei den Beratungen der Vorlage eine Reihe von wesentlichen Vorschlägen zu dem Gesetz machen, um die Interessen des kleinen Mannes z u wahren, der die Steuerlast zu tragen hat, der auch die indirekten Steuern zu zahlen hat, die jetzt von der Regierung auferlegt werden, Treibstoffsteuern, Notopfer Berlin usw. Wir werden also einige Anträge einbringen, um die Steuerinteressen des kleinen Marines hier in diesem Parlament zu vertreten.

    (Bravorufe und Händeklatschen bei der KPD.)