Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist müßig, sich bei dem zur Erörterung stehenden Tatbestand in erster Linie über seine juristische Bedeutung zu unterhalten.
— Über die Qualifikation von Juristen in diesem Hause, Herr Dr. Miessner, mag das Haus selbst entscheiden und nicht Sie!
Ich glaube, daß das, was der Herr Abgeordnete Hedler gesagt hat oder gesagt haben soll,
weniger unter dem Aspekt des Juristischen als vielmehr unter dem Aspekt des Politischen zu sehen ist. Der Ausschuß hat daher meines Erachtens recht gehabt, wenn er in erster Linie auf Grund der politischen Erwägungen zu seinem Schluß gekommen ist.
Meine Damen und Herren, es kann nicht die Aufgabe eines Ausschusses des Parlamentes sein, das zu tun, was selbst der Staatsanwaltschaft in einem solchen Falle nicht möglich ist. Wenn hier schon Beweise gefordert werden, dann müßte in der Untersuchung etwas getan werden, was überhaupt nicht möglich ist.
Es ist nicht möglich, denjenigen, der sich schuldig gemacht hat,
verantwortlich zu vernehmen, und es ist nicht einmal möglich, Zeugen in diesem Verfahren zu vernehmen. Bei dem Entschluß des Ausschusses mußte es also in erster Linie darauf ankommen, ob die Unterlagen der Regierung des Landes Schleswig-Holstein ausreichend waren, um dem Hause die Aufhebung der Immunität des Herrn Abgeordneten Hedler zu empfehlen, oder nicht.
Insofern stimme ich den Ausführungen, die der Herr Berichterstatter gemacht hat, durchaus zu.
Meine Damen und Herren und insbesondere Sie von der Nationalen Rechten, Sie können sagen, was Sie wollen, dieser hier zur Erörterung stehende Fall der beantragten Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten ist nicht zu vergleichen mit den üblichen Fällen der Aufhebung der Immunität von Abgeordneten, wie wir sie in diesem Hause auch schon erlebt haben.
Nach den Äußerungen, die der Herr Abgeordnete Hedler gemacht hat
- und dafür liegen andere Unterlagen vor, für mich jedenfalls, ich spreche hier ja für meine Fraktion und nicht für den Ausschuß —, steht es fest, daß der Herr Abgeordnete Hedler sich eben außerhalb der Reihe aller politisch und menschlich anständigen und verantwortungsbewußten Frauen und Männer in Deutschland gestellt hat.
Herr Hedler hat dadurch dem Ansehen des Parlaments und damit auch des deutschen Volkes — denn das Parlament ist der Repräsentant des deutschen Volkes in seiner Gesamtheit — schweren Schaden im Inland und im Ausland zugefügt.
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang mag es ganz interessant sein, darauf hinzuweisen, daß hier weniger der Name des Betreffenden von Interesse ist, als in erster Linie die politische Richtung, aus der diese Äußerungen des Herrn Abgeordneten Hedler kommen;
und es mag weiter mit besonderem Nachdruck auf die interessante Feststellung hingewiesen werden, daß der Herr Abgeordnete Hedler sich darin gefällt, vier Jahre nach dem Zusammenbruch der nationalistischen Tyrannis sich mit der nationalsozialistischen Ideologie nicht nur zu identifizieren, sondern auch Äußerungen zu machen, mit denen er das verbrecherische System. des Nationalsozialismus nachträglich noch anerkennt und sich zu ihm bekennt.
Meine Damen und Herren, es ist doch geradezu skandalös — wenn man schon von „Skandal" sprechen will —, was der Herr Abgeordnete Hedler getan hat.
Es steht für mich außer allem Zweifel, daß das, was über die Juden und was über die Männer gesagt worden ist, die sich dem System des Herrn Hitler und seiner Spießgesellen entgegengestellt haben, allen Deutschen, die heute Verantwortung tragen, die Schamröte ins Gesicht treibt, wie es gestern eine Zeitung ausgedrückt hat.
Ich glaube, wir sind es der Zukunft unseres Volkel schuldig, daß wir uns von Leuten wie Herrn Hedler mit allem Nachdruck absetzen und dafür Sorge tragen, daß sie aus der parlamentarischen Repräsentation des deutschen Volkes verschwinden,
und zwar ohne Rücksicht, ohne Milde und ohne irgendwelche Gnade, meine verehrten Anwesenden! Hier haben Staatsanwaltschaft und Gericht jetzt einmal ein sehr ernstes Wort zu sprechen.
Aus diesem Grunde ist meine Fraktion unter dem in erster Linie politischen Aspekt dieses Falles
für die Aufhebung der Immunität des Herrn Abgeordneten Hedler, weil wir vor der Welt beweisen wollen, daß wir uns von Leuten zu reinigen verstehen, die die letzte deutsche politische Vergangenheit noch nicht überwunden haben, und weil wir glauben, dadurch wieder den Weg zu uns selbst und zu einer sauberen Politik in Deutschland zu finden.