Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion wird dieser Vorlage ihre Zustimmung nicht geben können; denn es handelt sich um die Verlängerung insbesondere von zwei Gesetzen, denen die gleiche Fraktion auch ursprünglich die Zustimmung verweigern mußte, des Bewirtschaftungsnotgesetzes und des Preisgesetzes. Ihnen ist bekannt, daß das Bewirtschaftungsnotgesetz nach unserer Auffassung nicht die Vorschriften bringt, die zu einer erfolgreichen Lenkung der Wirtschaft erforderlich sind, und Ihnen ist auch bekannt, daß das Preisgesetz nach unserer Auffassung die große Lücke enthält, daß es kein selbständiges, unabhängiges
Preisamt einrichtet. Da wir den ursprünglichen Gesetzen nicht zugestimmt haben, müssen wir auch die Verlängerung ablehnen, zumal es sich bei diesen beiden Gesetzen um Ermächtigungsgesetze handelt und wir zu der Regierung nicht das Vertrauen haben, sie werde von diesen Ermächtigungen in beiden Gesetzen einen Gebrauch machen, wie wir ihn für wünschenswert erachten würden.
Darüber hinaus erlauben Sie mir noch einige Worte über die Art dieser Gesetzgebung im allgemeinen. Bereits am 22. Juni dieses Jahres, also vor jetzt sechs Monaten, hat der Verwaltungsrat der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets die Verlängerung dieser Gesetze für erforderlich gehalten und damals dem Wirtschaftsrat eine entsprechende Vorlage gemacht. Die gleichen Parteien, die auch heute hier wieder Regierungsparteien sind, haben am 21. Juli im Wirtschaftsrat beschlossen, sie wollten die Verantwortung nicht übernehmen, sondern sie dem kommenden Bundestag überlassen, und sind deshalb dafür verantwortlich, daß der Bundestag diese Gesetze in einer Art von Toresschlußpanik heute noch verabschiedet, und zwar in der merkwürdigen Form, daß dieses Verlängerungsgesetz gleich arei Gesetze ganz verschiedenen Inhalts, ich möchte last sagen, in einem. Aufwaschen zu erledigen sucht, was immerhin zeigt, daß Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, und auch die Bundesregierung eigentlich von einem Gesetz keine sehr hohe Meinung zu haben scheinen.
Darüber hinaus ist bemerkenswert, daß die Bundesregierung diese Vorlage am 2. November beim Bundesrat gemacht hat. Der Bundesrat hat sie am 23. November verabschiedet, und am 7. Dezember ist dann die Vorlage dem Bundestag zugeleitet worden, was bedeutet, daß Bundesregierung und Bundesrat sich wieder einmal Wochen und Wochen Zeit gelassen haben, und zwar fast auf die Zahl genau soviel Wochen, wie man dem Bundestag Tage gelassen hat, um sich mit der Materie zu beschäftigen.
Auch das ist ein Symptom der Gewichtsverteilung zwischen Bundesregierung und Bundesrat einerseits und dem Bundestag andererseits.
Erstaunlich war dann in der Ausschußberatung, zu der übrigens nicht ein Bundesminister und nicht ein Staatssekretär erschienen ist,
daß die Regierungsparteien selbst erklärt haben, sie wollten die Bundesregierung, die doch von ihnen getragen wird, unter Druck setzen und ihr eine möglichst kurze Frist lassen. Die Frist, die die Regierung für erforderlich gehalten hatte — bis zum 30. September —, wurde ihr nicht genehmigt, und die Herren Referenten, die allein im Ausschuß anwesend waren, hatten Mühe, wenigstens den 30. Juni zu erreichen, weil eine der drei Regierungsparteien sogar nur die Frist bis zum 31. März bewilligen wollte, obgleich sich bei dieser ganzen Art des Gesetzgebungsverfahrens, wie sie uns das föderalistische Grundgesetz beschert hat, jeder ausrechnen kann, daß die Regierung und die Parlamente gar nicht in der Lage sind, überhaupt bis zum 31. März eine erneute Gesetzgebung auf diesen Gebieten durchzuführen. Denn auf eines ist dabei besonders hinzuweisen: vom Preisgesetz hängen die Verkehrstarife und die
Mieten ab: Es ist von den Regierungsparteien zu verantworten, daß jetzt bereits im Januar, wie der Herr Berichterstatter ausgeführt hat, ein anarchischer Zustand eintreten wird, daß es nämlich an jeder Regelung fehlt, bis dieses Gesetz dereinst Mitte oder Ende Januar verkündet sein wird. Und wenn es bei dem gegenwärtigen Zustand bleibt — die Frist bis zum 30.. uni ist kurz —, so wird am 30. Juni der gleiche Notstand eintreten. Wenn die Gesetzgebungsarbeiten nicht beschleunigt werden, kann es dazu kommen, daß wir am 30. Juni auf dem Gebiet des Miet- und Bodenrechts jede Regelung hinsichtlich .der Preise verloren haben. Die Verantwortung dafür wird dann Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, treffen.