Rede von
Anton
Sabel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Zu dem Antrag des Ausschusses für Arbeit, der Ihnen in Drucksache Nr. 315 vorliegt, möchte ich ergänzend folgendes bemerken. Der Ausschuß war einmütig der Auffassung, daß dem Bundestag eine Übersicht über den Vermögensstand der Arbeitslosenversicherung gegeben werden solle. Darüber hinaus solle eine Prüfung erfolgen, inwieweit die zweckgebundenen Mittel der Arbeitslosenversicherung für die Finanzierung wesensfremder Aufgaben verwandt wurden.
Zur Einführung möchte ich auf folgendes verweisen. Das Beitragsaufkommen der Arbeitslosenversicherung wurde bis zum Kriegsende bei der Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung erfaßt. Die vorhandenen Bestände sind in Berlin blokkiert. Es ist nicht zu erwarten, daß aus diesen Beständen Mittel in beachtlichem Umfang flüssig gemacht werden können. Die seit 1945 geleisteten Beiträge wurden in den einzelnen Ländern angesammelt. In der britischen Zone wurden dann die Überschüsse der einzelnen Länder von einem Treuhänderausschuß verwaltet. Da die
Leistungen der Arbeitslosenversicherung bis zur Währungsreform auf Grund der Arbeitsmarktlage nicht allzu hoch waren, hatten sich bis zum Beginn der Währungsreform beachtliche Mittel angesammelt. Aus diesen Mitteln wurden hohe Zuschüsse an die Rentenversicherungen bezahlt. Diese Zuschüsse lagen fast bei einem Drittel des gesamten Beitragsaufkommens. Seit der Reduzierung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung von 61/2 auf 4 Prozent sind die Leistungen an die Rentenversicherung aus diesen Mitteln eingestellt.
Bei der Währungsumstellung wurden die Mittel der Arbeitslosenversicherung nicht völlig entwertet, wie dies bei den übrigen Mitteln der öffentlichen Kassen der Fall war, sondern es erfolgte die allgemein übliche Abwertung. Dadurch war bei Beginn ein Grundstock vorhanden. Man kann in der Bizone mit einem augenblicklichen monatlichen Beitragseingang in Höhe von etwa 75 Millionen D-Mark rechnen.
Ich möchte für das letzte Halbjahr einige Gesamtzahlen angeben, dabei aber darauf hinweisen, daß, da diese Mittel bisher noch von den Ländern in den verschiedenen Zonen verwaltet werden, eine genaue Übersicht praktisch immer nur schwer zu erhalten war. Von April bis September 1949 sind Beitragseingänge in der Arbeitslosenversicherung in der Bizone in Höhe von 572 Millionen D-Mark zu verzeichnen, sonstige Einnahmen 2 Millionen D-Mark, Gesamteinnahmen 574 Millionen D-Mark. An Unterstützungen wurden im gleichen Zeitraum gezahlt: Arbeitslosenunterstützung 292 Millionen DM, Arbeitslosenfürsorgeunterstützung 225 Millionen DM, insgesamt 517 Millionen DM. Von der letztgenannten Arbeitslosenfürsorgeunterstützung haben die Länder in diesem Zeitraum insgesamt 145 Millionen DM erstattet. Ebenfalls im gleichen Zeitraum wurden für die werteschaffende Arbeitslosenfürsorge 11,7 Millionen DM aufgewandt, für Maßnahmen zur Verhütung und Beendigung der Arbeitslosigkeit 3 Millionen DM und für Leistungen an die Rentenversicherung 46,5 Millionen DM.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf aufmerksam machen, daß sich die Verwaltungskosten in einem angemessenen Ausmaß bewegt haben. Sie betrugen im Durchschnitt etwa 8 Prozent der Einnahmen. Das ist ungefähr das gleiche, was bei Schaffung der Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung bzw. vor 1933 an Verwaltungskosten üblich war.
Über den rechnungsmäßigen Bestand Ende Oktober folgende Ziffern. Der rechnungsmäßige Bestand von insgesamt 693,1 Millionen DM verteilt sich auf die Zonen wie folgt. Britische Zone 389,2, US-Zone 242,1 und französische Zone 61,8 Millionen DM. Von diesem Bestand geht die von den Ländern zu erstattende Arbeitslosenfürsorge in Höhe von 144,3 Millionen DM ab. Das sind die Beträge, die zur Zahlung der Arbeitslosenfürsorge aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung im Wege der Vorlage zur Verfügung gestellt worden waren. Von diesem noch nicht erstatteten Betrag entfallen auf die britische Zone 110,6 Millionen DM und auf die US-Zone 33,7 Millionen DM. Von dem nun noch vorhandenen Vermögensbestand sind insgesamt 125,9 Millionen nicht fest angelegt. Sie stehen also für Unterstützungsleistungen greifbar zur Verfügung.
Angelegt wurden 422,9 Millionen DM, davon 157 Millionen DM für den Wohnungsbau und 265,9 Millionen DM für sonstige Anlagen. Von. den
Gesamtanlagen sind 135,5 Millionen bis zur Monatsfrist kündbar, können also schnell für die Leistung notwendiger Unterstützungen flüssig gemacht werden. Für den übrigen Betrag von 287,4 Millionen sind längere Kündigungsfristen gegeben. Ich darf aber bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, daß es sich zum Teil um lombardfähige Anlagen handelt. Bei dem Betrag für sonstige Anlagen, den ich eben nannte, wurde bei einem Teil dieser Anlagen nicht beachtet, daß es sich bei den Mitteln der Arbeitslosenversicherung um zweckgebundene Mittel handelt.
Im Ausschuß für Arbeit wurde einmütig die Auffassung vertreten, daß baldigst auch in der Arbeitslosenversicherung die Selbstverwaltung wieder eingeführt werden müsse. Hierdurch soll eine Sicherung dafür gegeben sein, daß die zweckgebundenen Mittel der Arbeitslosenversicherung nicht für andere, wesensfremde Aufgaben verwendet werden. Es kann festgestellt werden, daß in der Vergangenheit dieser Forderung auf Verwendung der Mittel nur für die Aufgaben der Arbeitslosenversicherung nicht immer entsprochen wurde.
Der Ausschuß hat es auch bedauert, daß seitens einiger Länder die notwendigen Auskünfte über den finanziellen Status der Arbeitslosenversicherung nicht oder nicht ausreichend gegeben wurden.
Nun hat der Ausschuß für Arbeit in seiner gestrigen Sitzung einstimmig beschlossen, den Ihnen vorliegenden Antrag durch folgenden Antrag zu ersetzen. Er lautet:
Der Antrag der Abgeordneten Renner und Genossen Drucksache Nr. 204 betreffend die Verwendung der Mittel des Arbeitslosenstocks wird durch den in der 24. Plenarsitzung
— das muß geändert werden in „25. Plenarsitzung" —
vom 16. 12. 1949 erstatteten mündlichen Bericht als erledigt betrachtet.
Die Änderung ist darauf zurückzuführen, daß der Ausschuß inzwischen dankenswerterweise von der Bundesregierung die notwendigen Unterlagen erhalten hat und in der Lage war, Ihnen heute diese Zahlen zu nennen. Im übrigen sind die Mitglieder des Ausschusses für Arbeit noch mit umfangreichem Material über die finanzielle Situation in der Arbeitslosenversicherung versorgt worden. Ich bitte daher, diesem — ich sagte schon einmal: einstimmig - vom Ausschuß beschlossenen Antrag zuzustimmen. Dadurch ist der andere vorliegende Antrag erledigt.