Rede von
Helmut
Bazille
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit einer flammenden Anklage gegen die Bundesregierung oder gegen das Arbeitsministerium ist den Kriegsopfern in dieser Stunde nicht gedient So beklagenswert der Umstand ist, daß das Arbeitsministerium nicht in der Lage war, dem Hause noch vor Weihnachten eine Gesetzesvorlage zur Beschlußfassung zu unterbreiten, so würde doch eine polemische Auseinandersetzung — etwa im Stile des Herrn Kollegen Renner — an diesem Tatbestand nichts zu ändern vermögen. Was uns übrigbleibt, ist der Versuch, das Fazit aus dem zu ziehen, was uns der Herr Staatssekretär Sauerborn im Auftrage seines Herrn Ministers hier gesagt hat. Ich will diesen Versuch unternehmen, indem ich Ihnen die Bitte unterbreite, zu beschließen, daß der Bundestag das Bundesarbeitsministerium beauftragt, alle Maßnahmen zu treffen, um auf dem Wege von Vorschußzahlungen im Sinne des Überbrückungsgesetzes, das ja nun nicht mehr vor Weihnachten dem Hause vorgelegt werden kann, dem in diesem Gesetz bezeichneten Personenkreis die aus diesem Gesetz resultierenden Leistungen zukommen zu lassen.
Da andererseits durch die beklagenswerte Verzögerung des Überbrückungsgesetzes die Absicht, die mit diesem Gesetz verknüpft war, im wesentlichen gegenstandslos geworden ist, weil ein solches Gesetz, soweit es einigermaßen befriedigende Verbesserungen bringen sollte, frühestens im März bzw. April des kommenden Jahres für die Kriegsopfer eine Rentenerhöhung bringen könnte, so glaube ich, daß wir den Gedanken fallen lassen sollten, dieses Gesetz in dem Sinne, wie es gedacht war, zwischen das große Gesetzgebungswerk der Neuregelung der Kriegsopferversorgung einzuschieben,
und daß nunmehr der Bundestag vom Arbeitsministerium verlangen sollte — und ich glaube, den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs entnehmen zu können, daß die Vorarbeiten bereits bis zu einem gewissen Umfang vorangetrieben worden sind —, das endgültige Versorgungsgesetz mit tunlichster Beschleunigung vorzulegen. Das Überbrückungsgesetz könnte technisch kaum zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt hinsichtlich seiner Leistungen wirksam werden. Wir würden mit einer Debatte über dieses Überbrückungsgesetz nur weiterhin wertvolle Zeit versäumen, die den Kriegsbeschädigten verlorenginge. Wenn wir beschleunigt an die große Aufgabe der grundsätzlichen Reform herantreten, bringen wir den Kriegsopfern damit das, worauf sie einen berechtigten Anspruch und mit einer großen und anerkennenswerten Geduld die vergangenen Jahre gewartet haben.
Ich appelliere noch einmal an das Haus, daß man angesichts der Notlage unserer Kriegsopfer, denen man durch ihre Entrechtung schweres Elend und große Not zugefügt hat, diese Menschen nicht noch weiter durch polemische Auseinandersetzungen verbittert,
ohne materielle, wirksame Hilfe zu geben. Man sollte auf die Absicht verzichten, bei der Behandlung dieses Gegenstandes parteipolitische Effekte zu erzielen,
und dafür mit tunlichster Beschleunigung nunmehr die entsprechenden Maßnahmen einleiten, die allein geeignet sind, die Kriegsbeschädigten aus ihrer Notlage zu befreien.
Nicht durch große Worte, Herr Kollege Renner, sondern nur durch soziale Taten kann den Kriegsopfern geholfen werden.