Rede von
Franz
Etzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In meiner Eigenschaft als Berichterstatter des Ausschusses für Wirtschaftspolitik des Deutschen Bundestags habe ich Ihnen folgendes vorzutragen.
Die Herren Renner und Genossen haben am 23. September 1949 hier einen Antrag folgenden Wortlauts eingebracht.
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird beauftragt, unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, die eine volle Garantie dafür geben, daß nach der zu erwartenden Abwertung der Deutschen Mark keinerlei Preiserhöhung für Lebensmittel und andere Gegenstände des täglichen Bedarfs eintritt.
Bonn, den 23. September 1949.
Dieser Antrag ist dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik des Deutschen Bundestags zur Bearbeitung übergeben worden. Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat über diesen Antrag im Rahmen der Grenzen, die er in sich trägt, verhandelt. Diese Grenzen sind doppelter Art. Die erste Grenze ist eine zeitliche. Der Antrag wurde in einem Augenblick gestellt, da die Abwertung der D-Mark noch nicht erfolgt war. Es ging also in eine Zukunft hinein, die inzwischen realisiert worden ist.
Die zweite Grenze, die der Antrag hatte, ist die, daß er auf Preiserhöhungen für Lebensmittel und andere Gegenstände abgestellt ist, soweit sie durch eine Abwertung veranlaßt worden sind. Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat also seine Verhandlungen auch innerhalb dieser Grenzen vorgenommen.
Der Antrag vom 23. September 1949 geht nun in zweierlei Richtung. Er verlangt einmal Maßnahmen zu einer Verhinderung von Preiserhöhungen für Lebensmittel. Er verlangt also von der Bundesregierung, der damals noch bevorstehenden Abwertung nicht tatenlos entgegenzusehen. In einer zweiten Hinsicht verlangt er von der Bundesregierung, eine volle Garantie für die Verhinderung solcher Erhöhungen zu übernehmen,
Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik war sich darüber einig, daß es schlechthin unmöglich ist, für diese Dinge eine volle Garantie zu übernehmen. Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat aber darüber hinaus festgestellt, daß nach der Abwertung, die am 29. September 1949, also 6 Tage später, erfolgt ist, Maßnahmen der Bundesregierung getroffen worden sind. Bereits an dem gleichen Tage, als die Herren Antragsteller den Antrag einbrachten, nämlich am 23. September 1949, hat der Herr Bundeskanzler im Auftrage der Bundesregierung hier erklärt:
Die Preise für bewirtschaftete Lebensmittel
wie Getreide, Brot, Mehl, Mehlerzeugnisse sowie Fette werden aus Anlaß der neuen Festsetzung des Umrechnungskurses der D-Mark keine Erhöhung erfahren.
Also an demselben Tag, an dem der Antrag eingebracht wurde, sind die Besorgnisse dieses Antrags zum mindesten zunächst einmal auf dem Gebiete der bewirtschafteten Lebensmittel durch eine Erklärung der Bundesregierung aufgehoben worden. Entsprechend dieser Erklärung der Bundesregierung hat dann auch eine Subventionierung der in Frage kommenden bewirtschafteten Lebensmittel stattgefunden, die es ermöglicht hat, den Preisstandard für diese Lebensmittel zu halten.
Soweit — auch darüber hat der Ausschuß für Wirtschaftspolitik verhandelt — eine Steigerung der Kartoffelpreise erfolgt ist, hat diese mit der D-Mark-Abwertung nichts zu tun und lag daher auch nicht im Rahmen der Diskussion über diesen Antrag.
Im gewerblichen Sektor bestand zweifellos die Gefahr, daß durch die Kursänderungen eine Verteuerung auf dem Markt hätte eintreten können. Ich will es mir hier versagen, auf die einzelnen Zahlen einzugehen. Im gewerblichen Sektor standen im wesentlichen die Leder- und die Textilindustrie zur Diskussion, weil dort durch die Kursänderungen zwangsläufig andere Preise bedingt waren. Es konnte aber festgestellt werden, daß, als dieser Antrag im Ausschuß für Wirtschaftspolitik behandelt wurde, sowohl die Fabrikation wie der Handel die Verteuerungen, die eingetreten waren, in sich aufgefangen und den letzten Verbraucher nicht an diesen Verteuerungen haben teilnehmen lassen. Nach den Wochenzahlen zur Wirtschaftslage des Statistischen Amtes betrug der Lebenshaltungsindex im August 1949 93,3 % , wobei das erste Vierteljahr des Jahres 1949 gleich 100 angenommen ist. Im September, also dem Monat, in dem die Abwertung erfolgt ist, betrug der Lebenshaltungsindex 92,7% und im nächsten Monat, im Oktober, ebenfalls 92,7%. Wir können aus diesen Zahlen — für November liegen sie mir noch nicht vor — feststellen, daß das Ziel des Antrags der Herren Renner und Genossen, aus Anlaß der DM-Abwertung keine Preissteigerungen auf dem Gebiet der Lebenshaltung vorzunehmen, durch die Politik der Bundesregierung, sowohl was die Subventionierung der bewirtschafteten Lebensmittel als auch was ihre allgemeine Wirtschaftspolitik anbetrifft, in vollem Maße erreicht ist.
Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat daher beschlossen, Ihnen heute folgenden Antrag vorzulegen:
Der Antrag der Fraktion der KPD — Drucksache Nr. 28 — wird nach den Erklärungen der Bundesregierung über die Subventionierung der Lebenshaltungskosten als erledigt angesehen.
Ich darf in diesem Zusammenhang auf die soeben abgegebene Erklärung des Herrn Ministers Blücher Bezug nehmen, die das, was ich vorhin gesagt habe, noch einmal in vollem Maße unterstrichen hat.