Meine Damen und Herren! Zu den sehr humorvollen Ausführungen unseres Kollegen Renner Stellung zu nehmen halte ich nicht für erforderlich. Ich glaube, die Ausgangspunkte sind zu verschieden. Das, was Herr Kollege Renner unter Demokratie versteht, ist von dem, was ich darunter verstehe, so weit entfernt, daß wir uns über die Integration der Demokratie schwerlich verständigen werden.
Ich bin auch nicht in der Lage, mich mit den Ausführungen des Herrn Kollegen Loritz zu beschäftigen; denn ich habe doch den Eindruck, daß, er eine Vorstellung vom Mandat des Abgeordneten hat, die ich mir nicht zu eigen machen kann. Ich weiß nicht, Herr Kollege Loritz, inwieweit Sie Ihren Wählern Versprechungen gegeben haben.
Ich weiß nicht, inwieweit Sie an diese Versprechungen glauben.
Ich weiß auch nicht, inwieweit Sie bereit sind, sich Ihren Wählern gegenüber zu verantworten, wenn Sie diese Versprechungen nicht halten können.
Ich sehe meine Aufgabe als Abgeordneter nicht darin, daß ich Versprechungen mache und daß ich mich an irgendwelche Weisungen binden lasse, und ich habe das bei meinen Wählern gottlob auch 'nicht nötig.
Die Ausführungen des Herrn Kollegen Arndt veranlassen mich zunächst zu einer Feststellung. Es ist richtig, daß mir in dem offenen Brief, den Sie, Herr Kollege Arndt, zitiert haben, ein Irrtum unterlaufen ist, den ich Ihnen gegenüber auch richtigzustellen versucht habe. Es war mir nicht in Erinnerung, daß die Gegenprobe gemacht wurde. Es war mir nur in Erinnerung — darauf hat dankenswerterweise Herr Kollege Renner schon hingewiesen —, daß wir im Ältestenrat, in dem diese Frage ja schon eingehend vorbesprochen worden war, keine Bedenken aus demokratischer Grundhaltung gegen die geheime Abstimmung gehört haben, auch nicht von Mitgliedern Ihrer Fraktion, Herr Kollege Arndt. Die Abstimmung ist ja dann ohne Diskussion über die Bühne gegangen. Ich weiß jetzt, daß eine Gegenprobe gemacht worden ist und daß Sie und eine Anzahl von Abgeordneten dagegen gestimmt haben. Ich bin gerne bereit, das bei passender Gelegenheit richtigzustellen.
Aber, meine Damen und Herren, der Herr Kollege Arndt hat in sehr blumenreichen Ausführungen festgestellt, daß die demokratische Haltung, die er vertrete, es ihm unmöglich mache, für eine geheime Abstimmung zu sprechen, und der Meinung Ausdruck gegeben, ein Argument, das ich gebraucht hätte, sei sehr verwerflich. Ich hätte nämlich davon gesprochen, daß die geheime Abstimmung die einzige gewesen sei, um den Abgeordneten eine wirklich freie Entscheidung zu ermöglichen. Herr Kollege Arndt, das habe ich nicht gesagt — ich weiß nicht, aus welchem Pressebericht Sie das entnommen haben —; ich habe aber wohl gesagt — und dabei bleibe ich —, daß wir bei der Art und Weise der Behandlung des Problems Frankfurt-Bonn, das nicht von mir und nicht' von uns, wohl aber zum Beispiel vom „Neuen Vorwärts" zu einem hochpolitischen gestempelt werden sollte — obwohl es das nicht war —, die Befürchtung hatten, daß vielleicht der eine oder andere Ihrer Fraktionskollegen nicht frei entscheiden würde.
Das Abstimmungsergebnis hat mir merkwürdigerweise sogar rechtgegeben.
Denn dieses Abstimmungsergebnis ist ja undenkbar, wenn nicht von Ihrer Fraktion eine beträchtliche Anzahl von Stimmen für Bonn gekommen wäre.
Außerdem habe ich mir allenfalls ein Argument zu eigen gemacht, das ich von meinem verehrten Kollegen Herrn Dr. Greve übernommen habe. Darf ich vielleicht denjenigen Mitgliedern des Hohen Hauses, die nicht dem Parlamentarischen Rat angehört haben, mit Genehmigung des Herrn Präsidenten einen Satz aus dem Protokoll der 11. Sitzung des Parlamentarischen Rats vom 10. Mai 1949 vorlesen:
Das Wort hat Herr Dr. Greve.