Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte als Berliner Vertreter an sich nach den Ausführungen des Abgeordneten
Rische das Wort nicht nehmen. Nachdem aber
so bedeutender Mann wie der Vorsitzende der Fraktion der KPD gesprochen und die Frage „Was ist Wahrheit?" gestellt hat, möchte ich ihm doch einiges antworten, insbesondere deshalb, weil er so interessant gefragt hat, welche Verpflichtungen wir für diese Summe übernommen haben.
Was ist Wahrheit in diesem Kalten Krieg? Denn der Kalte Krieg . war der Mittelpunkt der Ausführungen des Herrn Abgeordneten Rische. Wer hat denn diesen Kalten Krieg organisiert?
Wer hat ihn organisiert? Im August 1946 haben die vier Herren Kommandanten der Berliner Bevölkerung eine Verfassung gegeben, in deren Vorwort es hieß, daß sie beitragen soll, daß die demokratische Entwicklung in Berlin nie wieder aufhört und daß sie durch die Befragung des Volkes garantiert wird. Das war im August 1946. Wir haben am 20. Oktober 1946 die ersten demokratischen Wahlen östlich der Elbe gehabt. Sie, meine Herren von der KPD; haben dabei 90 Prozent der Propaganda und 90 Prozent der Verwaltung in Ihrem Besitz gehabt; aber die anderen, die demokratischen Parteien haben 81 aller Stimmen in einer demokratischen geheimen Wahl gehabt.
obwohl Sie alle Unterstützung hatten.
Seit diesem Tage, seit dem sich die Bevölkerung gegen das kommunistische System à la Goebbels ausgesprochen hat, ist der Kalte Krieg in Berlin im Gange.
Seit dem 21. Oktober 1946 besteht die Anweisung des kommunistischen Innenministers von Brandenburg, Herrn Bechler, daß keine zusätzlichen Lebensmittel mehr nach Berlin gehen dürfen.
Am 22. Oktober 1946 wurde in aller Frühe eine
Serie von Facharbeitern, die während des Krieges
bestimmte Kriegsdinge hergestellt haben, aus den
Betten herausgeholt und in die Sowjetunion verfrachtet,
wahrscheinlich, um dort „friedliche" Dinge herzustellen.
Am 1. April 1948 erlebten wir dann sehr interessante Dinge. Auf einmal tauchten an der Grenze des Berliner Sektors bewaffnete Polizisten auf. Diese bewaffneten Polizisten tauchten immer mit Russen auf, die ihre Bajonette spazierentrugen, herumgingen und jeden kontrollierten, der in diesen Sektor wollte. Wahrscheinlich geschah das, um irgendwelche „friedlichen Dinge" zu machen!
Herr Kollege Renner und die anderen kommunistischen Redner, es dürfte Ihnen doch wahrscheinlich nicht ganz unbekannt sein, daß am 23. Juni 1948 dann ganz plötzlich die Autobahn über die Elbe kaputtging und daß außerdem der Wasserweg nach Berlin nicht mehr frei war.
— Zu diesem Fall Währungsspaltung werde ich gleich etwas sagen. — Wir haben dann erlebt, daß der Wasserweg nicht frei war, da bei Rathenow die Schleusen kaputtgingen, und daß außerdem die eingleisige Bahn, die von Ihnen immer als technischer Fortschritt bezeichnet wird,
auf einmal auch nicht funktionierte.
Sehen Sie, das war am 23. Juni 1948, und das war die offene Kriegserklärung. Man glaubte, daß die demokratischen Kräfte Berlins nach 14 Tagen verschwinden müßten, weil sie ausgehungert waren. Da haben die Sozialdemokraten in der ersten Woche der Blockade das „Verbrechen" begangen, nach London zu fahren. Sie haben mit Herrn Bevin verhandelt, sie haben mit anderen Kräften verhandelt. Und die anderen Berliner haben auch die Zusicherung erhalten, daß die Westmächte alles tun werden, um zu verhüten, daß die demokratische Bevölkerung Berlins auf die Knie gezwungen wird.
Wir danken — wir haben in Berlin schon oft gedankt — auch an dieser Stelle denen, die es uns ermöglicht haben, in Freiheit und Menschenwürde weiterzuleben.
Wir haben in Berlin im vergangenen Winter viel Schweres durchmachen müssen, sehr viel Schwedes. Wir haben aber den Mut gehabt, in der schwersten Zeit -- wir haben während 13 Monaten je Haushalt nur 25 Pfund Kohle abgeben können— termingemäß am 5. Dezember die demokratische Befragung des Volkes vorzunehmen. In Ost-Berlin — Berlin hat man bekanntlich am 30. November des vorigen Jahres gespalten —, wo der Magistrat das Beiwort „demokratisch" trägt, hat man diesen Mut zu einer Volksbefragung noch nicht gehabt,
bis zum heutigen Tage noch nicht! Herr Jendritzky, Ihr Vorsitzender der Kommunisten in Berlin, hat gesagt: „Ja, wenn die demokratischen Zustände in Berlin wieder garantiert sind, dann werden auch die Kommunisten für Neuwahlen in Berlin sein!"
— Auf Ihre Sehr-richtig-Rufe darf ich Sie daran erinnern: Herr Pieck hat nicht nur in Frankfurt an der Oder, sondern auch in Frankfurt am Main sprechen können. Herr Kaiser oder Herr Reif oder Franz Neumann dürfen noch nicht einmal in Berlin in der Frankfurter Allee sprechen. Das sind Ihre demokratischen Freiheiten!
Nun möchte ich Ihnen eines auf Ihre Fragen antworten, Herr Kollege Renner. Wir haben in Berlin in den letzten Jahren seit 1945 mehr durchgemacht als irgendeine andere deutsche Stadt. Es gibt den berüchtigten Morgenthau-Plan — es gab ihn einmal im Kriege —, der eine Ausradierung Deutschlands vorsah. Herr Kollege Renner, der Morgenthau-Plan ist in einer deutschen Stadt durchgeführt, und zwar in Berlin von den Bolschewisten!
In einer deutschen Stadt, in Berlin, sind durch die Besatzungsmacht die Produktionsanlagen bis zum 15. Juni 1945 zu 80 Prozent demontiert und vom 15. Juni bis 15. Juli, als man wußte, welche Teile von den westlichen Alliierten besetzt würden, demoliert worden. In Berlin ist von den Bolschewisten — Herr Kollege Rische, ich wiederhole es — der Morgenthau-Plan durchgeführt worden.
Wir haben in Berlin — um damit auf den Wunsch des Herrn Kollegen Renner zu kommen — in der Währungsfrage sehr viel Schwereres erlebt als irgend jemand anders.
Wir haben zunächst einmal — ich komme auf die zwei Währungen noch — erleben müssen, daß in Berlin und in der Ostzone die Uraltkonten von der Besatzungsmacht, die Herr Kollege Renner so außerordentlich liebt, gesperrt worden sind. Dadurch ist unsere Wirtschaft selbstverständlich in die größten Schwierigkeiten gekommen. Wir haben dann erleben müssen, daß im Gegensatz zum Westen, wo Herr Kollege Renner immer so sehr viel redet, 80 Prozent demontiert worden sind, und zwar von seinen politischen Freunden, von den Russen! Wir haben dann am 21. Juni 1948 die Währungsreform gehabt, die Sie auch erfahren haben. Wir haben anschließend die sogenannte Tapetenmark erlebt, wie die Berliner sie nennen, nämlich die Umwechslung bei den Russen, wobei man auf das alte Geld eine Marke, die sogenannte Tapete, klebte. Vier Wochen später haben wir den vierten Schnitt erlebt, indem nunmehr diese Tapetenmark beim Russen wieder umgetauscht werden mußte. Hierbei wurde sie bis zu 50 Prozent, 60 Prozent für ungültig erklärt. Das war der neue Schnitt, den die Berliner erlitten. Darauf haben wir die Russenmark bekommen und sind dann endlich am 21. März 1949 in West-Berlin zu dem Zustand gekommen, den Sie schon lange haben: wir bekamen nunmehr die hundertprozentige Westmark.
Es ist richtig, daß wir durch die Teilung in Westmark und Ostmark in einer Stadt zu Schwierigkeiten gekommen sind. Das Vertrauen zu der Mark des Herrn Renner ist nämlich so groß, daß
Sie sechs Mark und sechzig Pfennig Renner-Mark aufwenden müssen,
um eine Westmark kaufen zu können!
Diese Mark hat nämlich ein derartiges politisches Vertrauen — —
— Ich habe Sie nicht verstanden!
— Ich werde Ihnen gleich darauf antworten. Zunächst möchte ich Sie noch über Ihre gute Deutsche Mark aufklären. Zwei Tage nachdem dieses Geld herauskam — das ist es hier!
— Ich möchte es doch dem Hause sagen; denn Sie haben bisher nicht den Mut gehabt dazu Stellung zu nehmen! — Zwei Tage, nachdem dieses Geld, die gute Deutsche Mark der Deutschen Notenbank herauskam, habe ich nämlich folgendes in Berlin sagen können. — Ich darf dem Herrn Präsidenten, — nein, dem kommunistischen Beisitzer einen Fünfzigmarkschein geben.
Ich habe hier den zweiten. Er trägt den Buchstaben A 6 639 836. Vielleicht sagen Sie, ob Sie einen anderen Schein haben, Herr Kollege.