Rede von
Walter
Seuffert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Sprecher der Kommunistischen Partei hat versucht, seine Auffassung zu dem Problem Berlin in einen Zusammenhang mit der Form dieser Steuer zu bringen, die hier erhoben wird. Dazu ist einiges festzustellen. Das eine ist unser Wille: daß die notwendigen Mittel für Berlin aufgebracht werden müssen. Wenn wir hierbei irgendeinen Unwillen empfinden, so richtet er sich lediglich gegen die Politik der Besatzungsmacht, die dieses Problem geschaffen hat, und gegen die Haltung derjenigen Deutschen, die diese Politik unterstützen.
Ich glaube, in dieser Haltung sind wir uns mit der überwältigenden Mehrheit dieses Hauses und nicht nur dieses Hauses und nicht nur mit dem westdeutschen Volk, wie sich Herr Rische so hübsch auszudrücken beliebt, sondern mit dem gesamten deutschen Volk einig, in welcher Zone es auch immer ist.
— Das ist, wie ich glaube, eine Tatsache!
Auf einem anderen Gebiet liegt die Frage, wie diese notwendigen Mittel aufgebracht werden sollen. Das Notopfer Berlin ist tatsächlich durch einen Notstand begründet worden, nämlich in der härtesten Zeit der Berlin-Blockade, in einem Moment, in dem sofort bereitstehende Mittel beschafft werden mußten. Das hat seine Gestaltung beeinflußt. Bereits bei der Verlängerung dieses Steuergesetzes Mitte dieses Jahres, bei der gewisse Verbesserungen erreicht werden konnten, mußten wir als Opposition darauf hinweisen, daß nach unserer Ansicht die notwendigen Beträge für Berlin durch andere Mittel der Steuerpolitik vielleicht besser aufgebracht werden könnten.
In der Situation, in der wir heute stehen, hat sich die Lage noch weiter dadurch verschoben, daß die Regierung eine umfangreiche Steuersenkungsvorlage angekündigt hat, und zwar eine Steuersenkungsvorlage, die nach allem, was bekannt geworden ist, sich in anderen, weit höheren Einkommens- und Besitzregionen bewegt als die, die das Notopfer Berlin trifft. Es ist selbstverständlich, daß in einer derartigen Situation und gegenüber derartigen Steuersenkungsplänen die Frage, ob das Notopfer Berlin als Steuerform die geeignete Aufbringungsform für die notwendigen Mittel ist, zu prüfen war. Als Steuertechniker und als Sozialpolitiker muß ich allerdings sagen: es ist bedauerlich, daß infolge des Notstandes der Name Berlin mit einem an und für sich technisch so
schlechten Steuergesetz verknüpft werden mußte
Aber wir wissen noch nicht, was aus dieser Steuerreform wird, und wir müssen die Mittel sicherstellen. Deswegen treten wir für den Ausschußantrag, für die Weitererhebung des Notopfers bis zum Ende des Jahres ein, zumal es nach den bündigen und überzeugenden Erklärungen der Regierung technisch nicht möglich ist, dieses Gesetz für einen kleineren Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum zu beschließen. Die Entwicklung des Haushalts und der Steuergesetzgebung wird zeigen, was im Laufe des Jahres hieran etwa noch zu ändern ist.
Was den Antrag des Abgeordneten Rümmele anlangt, so möchte ich — ich glaube in Einklang mit der Stellungnahme der Regierung — erklären, daß wir die Annahme dieses Antrags nicht empfehlen können. Es ist bekannt, daß die Mittel aus dem Notopfer Berlin noch nicht die notwendigen Beträge für Berlin decken. Es hat also gar keinen Zweck, aus diesen Mitteln, die ohnehin nicht ausreichen, noch etwas für Kehl abzuzweigen. Die Frage, ob für Kehl noch etwas Besonderes geleistet werden muß und ob das Land Baden oder der Bund es zu leisten hat,, wird an anderer Stelle, vielleicht innerhalb der Haushaltsberatungen, zu stellen sein, aber nicht zum Notopfer Berlin.