Rede von
Thea
Arnold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine Damen und Herren! Seit 1914 bis heute — so kann man wohl sagen - hat die Frau im Hause und auf den Gebieten des öffentlichen Lebens eine ganz besonders hohe Verantwortung getragen und im letzten Krieg leider schon fast bis in die Fronten hinein. Wir begrüßen es daher von meiner Fraktion aus dankbar, daß durch Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes der Frau nunmehr auch rechtlich die Verantwortung gegeben und die Gleichberechtigung von Männern und Frauen gesetzlich verankert ist. Seit Jahrzehnten ist der Frau gleichberechtigt mit dem Mann in allen Fakultäten der Universitäten das Studium freigegeben. Daher ist es logisch, daß ihr auch die Stellen offenstehen, die sich aus der Studiumsberechtigung ergeben. Daß die Ausnahmen von der Rechtsgleichheit, wie sie heute noch geradezu vorsintflutlich im Bürgerlichen Gesetzbuch, im Eherecht, in der Ordnung des Verhältnisses zwischen Eltern und Kindern, im Güterrecht usw. enthalten sind, schnellstens geändert werden, ist ein dringendes Anliegen und Herzensbedürfnis von uns Frauen.
Grundsätzlich ist die Zentrumsfraktion für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit, lehnt aber den Zusatz im Antrag auf Drucksache Nr. 206 der KPD ab, wo es heißt: „Lohn, wie er auf Grund tariflicher Vereinbarungen den Männern zusteht". Man i muß sich besonders in der heutigen Zeit und für die kommenden Jahre bei dem großen Frauenüberschuß davor hüten, daß man den Frauen vielleicht durch überspitzte Forderungen eher schadet als nützt,
daß man die Tarifvertragsparteien hier allzusehr unter Zwang stellt.
Den Antrag der SPD, daß die Vorschriften des Artikel 3 Absatz 2 und 3 des Grundgesetzes auch im öffentlichen Dienst bei der Bundesverwaltung, und zwar hier auch in leitenden Stellungen, in Referentinnenstellen usw., durchgeführt werden, ist durchaus richtig. Wir würden aber die Ziffer 1 des Antrags auf Drucksache Nr. 177 der SPD gern so formuliert sehen, daß man die Worte „an Zahl und" streicht und das Wort „Fähigkeit" durch „fachliche Eignung" ersetzt. Denn man sollte, wie ich glaube, nicht so sehr in Mechanisierung verfallen. Einmal — und das muß man offen sagen — eignen sich wirklich Frauen nicht gerade für alle Ministerien. Es ist doch auch nicht so, daß nun gleich ein ganzes Heer von hochintelligenten und sehr fähigen Frauen zur Verfügung steht. Wir wollen doch den Männern nicht unnötig eine allzu große Angst vor den Frauen bereiten, daß wir ihnen Posten streitig machen könnten.
Wir dürfen auch nicht vergessen, daß die Gleichberechtigung der Frau auf der Gleichwertigkeit, aber auch auf der Andersartigkeit der Frau aufbaut.
Ein besonderes weibliches Anliegen haben die Frauen in den Abteilungen zu vertreten, die sich mit den Sachgebieten befassen, die das Erziehungswesen, das Schulwesen, den Jugendschutz, das Familienrecht, das Gesundheitswesen, das Wohlfahrtswesen und die Flüchtlingsfragen, das Wohnungswesen, die Sittenpolizei, die Jugendgerichtsbarkeit usw. betreffen.
Frauen gehören auch in das Innenministerium und in das Justizministerium. Dort müssen besondere Referate geschaffen werden, um die aus Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes sich ergebende Reform durchführen zu können. Nur muß ich sagen, daß ich mir die Arbeit einer Referentin im Ministerium etwas anders vorstelle, als das in Ziffer 3 des Antrags der SPD auf Drucksache Nr. 177 gedacht ist. Die dort für alle drei Monate geforderte Statistik über den Anteil der Frauen im öffentlichen Dienst bei der Bundesverwaltung nach Verwaltungen, Dienststufen, Besoldungsbzw. Tarifgruppen, genügt als jährlich zu leistende Arbeit, die auch von statistischen Abteilungen geleistet werden könnte.
Das Gesetz über die Gleichberechtigung von Männern und Frauen greift auf eine Vielzahl von Rechtsgebieten über, wie zum Beispiel das Gebiet des Beamtenrechts, die Steuergesetzgebung, das Gebiet der Finanzen und Steuern, das Wohlfahrts- und Fürsorgewesen, das Versicherungswesen und noch verschiedene andere Fächer. Das alles erfordert eine sehr klare, gründliche Durcharbeitung und Prüfung.
Wir schlagen daher von unserer Fraktion aus vor, die Anträge in bezug auf ,die Gleichstellung von Männern und Frauen den einschlägigen Ausschüssen zu überweisen, damit diese das Thema eingehend beraten und das Ergebnis der Beratungen der Bundesregierung als Unterlage für eine baldige Gesetzesvorlage einreichen.