Rede von
Dr.
Conrad
Fink
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Lage, wie sie sich nach der Währungsreform gestaltet hat, ist ja wohl die, daß ein stetiger, aber naturgemäß nur schrittweiser Aufstieg zu verzeichnen ist. Aber gerade die Steuerlasten, die heute noch auf unserem Volk ruhen, müssen von weiten Kreisen als so drückend empfunden werden, daß jede Erleichterung, die irgendwie und irgendwo gegeben werden kann, wirklich als Erleichterung empfunden werden wird. Wir wissen es, der Staat braucht Mittel, und er muß, um seinen Aufgaben gerecht werden zu können, diese Mittel auf dem Wege von Steuern für sich hereinholen. Aber kann nicht auch hier das Wort gelten: keine Regel ohne Ausnahme? Warum sollte nicht auch der Staat einmal im Jahr eine Ausnahme machen können, wenn es darum geht, einem großen Kreis von Menschen zum bevorstehenden Weihnachtsfest eine Freude zu bereiten? Dabei wollen wir nicht romantisch und nicht sentimental werden, im Gegenteil die Dinge ganz nüchtern und sachlich betrachten.
Es wird oft so getan, als ob die Weihnachtszulage ein besonderes Verdienst der Industrie und Wirtschaft sei. Unser bodenständiges gutes Bauerntum, meine Damen und Herren, hat diese Form einer besonderen Zulage von jeher gekannt
und damit großes soziales Verständnis bewiesen. Dabei sind von diesen Zulagen keinerlei Abzüge einbehalten worden.
Für alle jene, die hier in Betracht kommen, bietet die Weihnachts- und Neujahrszulage wohl die einzige Möglichkeit, einmal im Jahr etwas Besonderes zu verausgaben; denn der normale Arbeitslohn reicht ja gerade für den dringendsten Lebensbedarf aus. Darum möge die Weihnachtszulage so, wie es der vorliegende Antrag bzw. der Abänderungsantrag vorsieht, steuerfrei bleiben. Man soll nicht mit der einen Hand geben und mit der anderen wieder etwas nehmen! Das käme mir so vor, wie wenn man zum Beispiel Kindern an Weihnachten ein Spielzeug schenkt und es ihnen nachher wieder wegsperrt. Meine Damen und Herren, sollte man nicht versuchen, dem Wort vom „Vater Staat" — dieses Wort ist gestern schon einmal in diesem Hohen Hause gefallen — einen neuen Inhalt zu geben? Nicht wie der Vater, der seinen. Sohn nur dann mit der neuen Eisenbahn spielen läßt, wenn er selber mitspielen kann, sondern, um bei dem Bilde zu bleiben: Lasse der Vater Staat ruhig unser Volk einmal allein „mit seiner Eisenbahn spielen",
das heißt: möge er in diesem Fall auf eine Steuereinhebung verzichten. Das Geld, meine Damen und Herren, das hier ausgegeben wird, kommt ja auch wieder in den allgemeinen Geldumlauf und damit der Wirtschaft zugute.
Dann noch etwas. Manche meinen vielleicht, es handle sich hier um Imponderabilien. Aber auch diese Dinge haben ihren tieferen Sinn und haben ihr bestimmtes und nicht zu geringes Gewicht! Wir werben heute in unserer jungen Demokratie um das Vertrauen bei unserem Volk. Da müssen
wir eine Vertrauensbasis schaffen, sei es auch nur einmal aus kleinen Anfängen heraus. Wir kennen ja alle das Wort: „Wohltun trägt Zinsen". Das mag und muß auch für den Staat gelten. Meine Damen und Herren, der Staat leidet Not, und das Volk leidet Not. Helfen wir hier etwas dem Volk, dann beginnen wir, Vertrauen zu schaffen, und dienen damit nicht nur unserem Volk, sondern auch unserem Staat und unserer jungen Demokratie. Denn dieses Vertrauen ist in der praktischen Auswirkung vielleicht mehr wert als eine — auf das Ganze des Staatshaushalts gesehen — relativ nicht allzu hohe Steuereinahme aus den Weihnachts- und Neujahrsgratifikationen. Wir unterstützen deshalb den vorliegenden Antrag bzw. den Abänderungsantrag und empfehlen ihn dem Hohen Haus zur Annahme.