Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Hohes Haus!
Ich knüpfe an die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Arndt zu der Frage an, ob Mehrheit auch Recht bedeutet. Die These, die er dazu ausgesprochen hat, wird dann besonders interessant und bedeutsam, wenn Mehrheit und Minderheit sehr nahe beieinander liegen. Der Herr Bundesminister der Justiz hat von einer knappen Mehrheit im Bundesrat gesprochen, die beschlossen hat, gegen die Zuständigkeit des Bundes in der Frage eines Gesetzes über die Straffreiheit keine Einwendungen zu erheben. Die Minderheit war recht bedeutend. Sie setzte sich zusammen aus den Ländern Baden, Bayern, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern. Von diesen Ländern teilten die Justizverwaltungen von Hamburg und von Bayern ursprünglich durchaus die Motive für eine Amnestie, hielten aber den Weg umfangreicher Einzelbegnadigungen für zweckmäßiger. Im weiteren Verlauf haben aber auch diese beiden Länder bei der Erarbeitung von Vorschlägen für eine Amnestie mitgewirkt.
Die erwähnten fünf Länder konnten sich aber im Bundesrat nicht dazu entschließen, die Zuständigkeit des Bundes anzuerkennen. Ich habe für die Bayerische Staatsregierung zu erklären, daß sie — und sie tut es aus grundsätzlichen Erwägungen — ihre Auffassung nicht geändert hat. Die Bayerische Staatsregierung wird bei den Beratungen im Ausschuß durch ihren Beauftragten ihre Auffassung gemäß dem einschlägigen Artikel des Grundgesetzes zum Ausdruck bringen. Bei der Besprechung des Entwurfs eines Gesetzes über die Straffreiheit haben aber die fünf Länder in den Einzelberatungen durchaus positiv mitgewirkt.
Der Herr Abgeordnete Dr. Arndt hat auch den Vorschlag gemacht, man möge im Bundesrat zu einem Verfahren kommen, daß in besonders dringenden Fällen die Fristen nicht bis auf das letzte ausgehalten werden; vielmehr solle man das Inkrafttreten von Gesetzen beschleunigen. Die bayerische Regierung wird die Erarbeitung eines solchen Verfahrens positiv unterstützen, weil wir ja erst aus der Erfahrung heraus lernen, wie die Maschinerie der gesetzgebenden Körperschaften verfeinert und weiter entwickelt werden kann.
Ich habe aber an die Adresse der Bundesregierung noch eine Anfrage zu richten. In der „Stellungnahme der Bundesregierung", in den Bemerkungen „Zu 6 bis 8" in dem uns vorgelegten Dokument findet sich ein merkwürdiger Satz, der folgendermaßen lautet:
Auf Grund verschiedener Vorstellungen, die nach Verabschiedung des Entwurfs im Kabinett beim Bundesjustizministerium erhoben wurden, regt die Bundesregierung außerdem an, in das Gesetz folgenden § 6a einzufügen.
Ist das nun als eine Vorlage der Bundesregierung zu betrachten? — Wenn ja, dann müßte sie durch den Bundesrat gehen. Die Angelegenheit ist nicht so bedeutend, daß sie eine Verzögerung rechtfertigen würde. Aber grundsätzlich möchte ich doch bitten, daß jede wirkliche, echte Vorlage auch in der vom Grundgesetz vorgeschriebenen Weise an den Bundesrat kommt, damit dieser dazu Stellung nehmen kann.