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    Deutscher Bundestag. — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1949 529 19. Sitzung Erster Tag Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1949. Nachruf des Präsidenten auf den verstorbenen Abgeordneten Sewald 530B Geschäftliche Mitteilungen 530C, 558A, 565B, 569C Eintritt des Abg. Dr. Pferdmenges in den Bundestag 530C Interpellation der Abg. Euler, Dr. Preusker, Dr. Becker, Meyer, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer und Gen. betr. Abschluß der Entnazifizierung (Drucksache Nr. 172) . . . 530D Einspruch des Abg. Dr. Schumacher gegen seinen Ausschluß (Drucksache Nr. 247) 530D Geschäftsordnungsmäßige Behandlung von Anträgen auf Aufhebung der Immunität von Abgeordneten 530D Antrag des Justizministeriums Rheinland-Pfalz betr. Entscheidung über die Immunität des Abg. Stauch 531A Antrag des Niedersächsischen Justizministers betr. Entscheidung über die Immunität des Abg. Onnen 531A Abänderungsantrag der KPD-Fraktion zur Tagesordnung betr. Regierungserklärung zum Gesetz der Alliierten Hohen Kommission über „strafbare Handlungen gegen Besatzungsinteressen" 531B Fisch (KPD) 531C Euler (FDP) 532A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Initiativantrag der Abg. Strauss, Kemmer und Gen.) (Drucksache Nr. 180) 532A Strauss (CSU), Antragsteller 532A, 543A Frau Thiele (KPD) 535C Frau Dr. Ilk (FDP) 537A Dr. Etzel (BP) . . . . . . . . 537B Frau Keilhack (SPD) 538B Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 539A Ribbeheger (Z) 539B Strauss (CSU) 540A Dr. Kleindinst (CSU) . . . . . 541D Dr. Besold (BP) 542B Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen für Deutsche, die in Auswirkung des Krieges im Ausland zurückgehalten werden (Drucksachen Nr. 165 und 60) . . . . . . . . 543D Dr. Gerstenmaier (CDU) Berichterstatter 543D, 547D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 545C Müller, Oskar (KPD) . . . . . . . 546A Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der DP betr. . Bevölkerung Helgolands (Drucksachen Nr 166 und 41) 548B Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 548C Walter (DP) 551D Rademacher (FDP) . . . . . . 552A Mündliche Berichte des Ausschusses für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten über die Anträge der Fraktion der BP betr. Verteilung der DPs (Drucksachen Nr. 196 und 85), betr. Inanspruchnahme der Quartierleistungen durch die Besatzungsmächte (Drucksachen Nr. 197 und 86 neu) und betr. Wohnraumbelegung durch verschleppte Personen (Drucksachen Nr. 198 und 87) 552D Dr. Gerstenmaier (CDU), Berichterstatter 553A, 557A Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 553C Dr. Seelos (BP) . . . . . . . . 553D Dr. Pfeiffer, Staatsminister und Leiter der Bayerischen Staatskanzlei . . 554B Niebergall (KPD) . . . . . . . 554C Stahl (FDP) 556A von Thadden (NR) 556C Unterbrechung der Sitzung . . 557D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit über den Antrag der Zentrumsfraktion betr. Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenhilfe für Heimkehrer (Drucksachen Nr. 190 und 121) 558A Arndgen (CDU), Berichterstatter . 558A Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen über den Antrag der Fraktion der SPD betr. einheitliche Regelung der Heimkehrerbetreuung (Drucksachen Nr. 191 und 118) 558B Pohle (SPD), Berichterstatter . 558C, 564B Leddin (SPD) . . . . . . . . . 559C Sabel (CDU) . . . . . . . 560D, 564D Krause (Z) 561C Renner (KPD) . . . . . . . . 562A Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit . . . . . 563B Frau Kalinke (DP) . . . . . . . 563C Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den Antrag der Abg. Renner und Gen. betr. Bundesbahn (Drucksachen Nr. 170 und 105) . . . . 565A Rademacher (FDP), Berichterstatter 565B Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an Ausschüsse (Drucksache Nr. 211) 565D Antrag der Fraktion der BP betr. § 103 der vorl. Geschäftsordnung (Drucksache Nr. 184) 566A Dr. Arndt (SPD) . . . . . . 566A Anträge der Fraktion der SPD betr. Gleichberechtigung der Frauen (Drucksache Nr. 176), der Abg. Renner u. Gen. betr. rechtliche Gleichstellung der Frauen (Drucksache Nr. 206) und der Fraktion der SPD betr. Frauen im öffentlichen Dienst bei der Bundesverwaltung (Drucksache Nr. 177) 566B Frau Nadig (SPD), Antragstellerin . 566B Frau Thiele (KPD), Antragstellerin . 567A Frau Korspeter (SPD), Antragstellerin 568A Unterbrechung der Sitzung 565B, 569D Die Sitzung wird um 10 Uhr 17 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von August-Martin Euler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ankündigung der Bundesregierung in der Regierungserklärung des Kanzlers, daß eine Amnestie in Erwägung gezogen werde, hat wohl einmütigen Beifall gefunden. Wir stehen heute am Ende einer Periode ungeheurer Wirrnis, die für weiteste Bevölkerungsschichten elementarste Notstände mit sich gebracht hat. Es ist aber darüber hinaus wichtig zu sagen, daß wir — so hoffen wir wenigstens — auch am Ende einer Rechtswirrnis, einer Rechtsunsicherheit stehen, die aus den allgemeinen Zuständen nach dem Zusammenbruch resultierte und die auch damit zusammenhängt, daß sich neue Grundlagen rechtsstaatlichen Denkens und Handelns bei uns erst wieder finden müssen. Nach alledem braucht nicht weiter begründet zu werden, daß am Anfang dieses neuen Staates eine Amnestie stehen soll, die allen denen zugute kommt, welche aus Gründen, die allgemeines Verständnis finden, gestrauchelt sind.
    Die Amnestie muß klar sein, und sie muß einfach sein, wenn sie schnell und wirksam durchgeführt werden soll, ohne daß einem großen Apparat vermeidbare Schwierigkeiten bereitet werden. Aus diesem Grunde schon geben wir dem Regierungsentwurf den Vorzug vor dem Zentrumsentwurf, der subjektive Voraussetzungen enthält und allgemeine Ausschließungen vornimmt, von denen eine besonders gefährlich ist, weil sie politisch diskriminierender Art ist. Wir können uns den Entwurf in einer noch schlagkräftigeren, vereinfachten Form insofern vorstellen, als es uns nicht notwendig zu sein scheint, jene Staffelung vorzunehmen, wie sie in § 2 Absatz 1 und 2 vorgesehen ist. Es sollte einheitlich bei allen Delikten auf einen Rahmen abgestellt werden, der durch die Angabe der Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr und der Geldstrafe bis zu 10 000 DM gegeben ist. Dieser Rahmen ist insbesondere für die Wirtschaftsvergehen erforderlich; denn wir wissen, daß gerade in der Reichsmark-zeit Geldstrafen verhängt worden sind, die über den üblichen Rahmen weit hinausgingen und deswegen nach dem bisherigen Absatz 2 des § 2 nicht erfaßt würden. Daraus ergibt sich dann auch eine entsprechende Abänderung der folgen-
    den Paragraphen, um diesen einfachen Rahmen von einem Jahr Gefängnis und 10 000 DM Geldstrafe durchweg zum Tragen zu bringen.
    Besonders wichtig erscheint uns, daß gemäß den Vorschlägen des Bundesrats in § 7 die Ziffer 1 gestrichen wird, die sich auf Bestechungen bezieht, und die Ziffer 3, die Vergehen und Verbrechen betrifft, zu deren Aburteilung gemäß der Verordnung Nr. 69 der Militärregierung der britischen Zone die Spruchgerichte zuständig sind. Es handelt sich dabei durchaus um Straferkenntnisse, Strafurteile der Spruchgerichte der britischen Zone, und deswegen gehört die Amnestierung dieser Erkenntnisse durchaus zum Inhalt des Amnestiegesetzes. Wir stimmen dem Bundesrat darin bei, daß die Amnestierung von Strafen aus Erkenntnissen der Spruchgerichte in der britischen Zone, soweit sie unter den Rahmen des Amnestiegesetzes fallen, nicht auf demnächstige Maßnahmen im Zuge der Beendigung der Entnazifizierung verschoben werden sollte, weil die Erkenntnisse der Spruchgerichte regelrechte Strafurteile sind.
    Wir bedauern, daß das Gesetz erst jetzt soweit vorbereitet ist, daß wir es in erster Lesung verabschieden können. Es ist dringend erforderlich, die zweite und die dritte Lesung noch vor Weihnachten vorzunehmen. An den Verzögerungen, die entstanden sind, waren gewisse Zuständigkeitsstreitigkeiten schuld, die für uns keine Substanz haben. Es ist richtig: wir sollten jedes Bedenken ernst nehmen, das aus dem Geiste des Grundgesetzes geltend gemacht wird; denn es handelt sich um nicht weniger und nicht mehr als darum, daß wir bemüht sein wollen, einen wirklichen Rechtsstaat aufzubauen. Aber es scheint uns doch recht klar zu sein, daß die Zuständigkeit des' Bundes zum Erlaß des Amnestiegesetzes mit Fug nicht bestritten werden kann, da es sich doch nicht leugnen läßt, daß es sich bei dem Amnestiegesetz um ein Gesetz strafrechtlichen Gehalts handelt und somit Ziffer 1 des Artikels 74 des Grundgesetzes anwendbar ist,

    (Zuruf von der BP: Ein sehr leichter Beweis!) und da weiter nicht bestritten werden kann, daß die Wahrung der Rechtseinheit die einheitliche bundesgesetzliche Regelung notwendig macht, so daß auch der Artikel 72 Absatz 2 Ziffer 3 des Grundgesetzes anwendbar ist.

    Es hat aber noch ein anderer Umstand mitgewirkt und trägt daran schuld, daß dieses Gesetz immerhin erst drei Monate nach dem Termin wirksam wird, auf den die Amnestiemaßnahmen abgestellt sind: das ist die Schwerfälligkeit unserer gesetzgeberischen Maschinerie, wie sie nach dem Grundgesetz vorgesehen ist. Wir hoffen, daß durch ein reibungsloses Zusammenarbeiten aller Organe die Gesetzgebungsmaschinerie in ihrer Leistungsfähigkeit doch so entfaltet wird, daß ein Umbau des Grundgesetzes in dieser Richtung nicht erforderlich wird.

    (Beifall rechts.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Leibbrand das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren! Die kommunistische Fraktion bejaht eine Amnestie. Wir wünschen, daß sie mit der größtmöglichen Beschleunigung noch in diesem Jahr in Kraft tritt. Nur aus diesem Grunde und mit diesem ausdrücklichen Vorbehalt können wir uns damit ein-


    (Leibbrand)

    verstanden erklären, daß heute noch die erste Lesung durchgeführt wird, wenige Minuten nachdem wir den Gesetzentwurf überhaupt erst zu Gesicht bekommen haben. Diese Ausnahme darf auf keinen Fall zur Regel werden, wie das leider bei der Arbeit der Bundesregierung als Tendenz in Erscheinung tritt.
    Es ist sehr zu bedauern, daß Bundesregierung und Bundesrat solange gebraucht haben, um uns diesen Entwurf für ein Straffreiheitsgesetz vorzulegen. Es geht nicht an, daß dann der Bundestag dafür büßen und das nachholen muß, was Bundesregierung und Bundesrat versäumt haben. Nur im Interesse der Betroffenen, denen durch die Amnestie geholfen werden soll, können wir dieser überstürzten Behandlung jetzt zustimmen. Es ist aber nicht möglich, unter diesen Umständen zu den Einzelheiten des Gesetzentwurfs Stellung zu nehmen. Wir behalten uns das für die Beratung im Ausschuß und für die zweite und dritte Lesung vor.
    Nur zwei allgemeine Bemerkungen möchte ich machen. Wir können uns nicht damit einverstanden erklären, daß, wie es in dem Entwurf der Regierung vorgesehen ist, mit doppeltem Maß gemessen und ein Unterschied zwischen allgemeinen Vergehen und Verbrechen und Wirtschaftsvergehen, Vergehen gegen die Bewirtschaftungsverordnungen usw., gemacht wird und diese letzteren besonders begünstigt werden. Selbstverständlich sind wir dafür, daß unter die große, große Zahl der Vergehen gegen Bewirtschaftungsverordnungen, die in der vergangenen Zeit begangen worden sind, ein Strich gemacht wird. Aber, meine Damen und Herren, wenn im Falle eines Wirtschaftsvergehens eine Strafe von einem Jahr Gefängnis und eine Geldstrafe von 5000 DM verhängt worden ist, dann handelt es sich doch wirklich nicht um einen kleinen Sünder, sondern schon um einen ausgewachsenen Großschieber. Wir sehen nicht ein, warum diese Vergehen gegenüber anderen Vergehen wie Eigentumsdelikten usw., die sehr oft aus wirklicher Not begangen worden sind, irgendwie begünstigt werden sollen.
    Und ein zweites möchte ich sagen. Das Amnestiegesetz soll möglichst großzügig sein und eine möglichst einfache Handhabung zulassen, damit seine Durchführung nicht wieder zu unnötiger, überflüssiger Arbeit der Justizbehörden führt. Aus dem Grunde kann ich der Anregung des Herrn Abgeordneten Reismann, die Amnestie von irgendwelchen subjektiven Voraussetzungen abhängig zu machen, nicht zustimmen. Mag auch manches dafür sprechen, so spricht doch wohl mehr dagegen. Und der Abgeordnete Reismann selbst hat nach meinem Dafürhalten das treffendste Beispiel dafür angeführt, warum man das nicht machen kann. Er hat den Fall angeführt, daß gegen einen Mann, der im Dritten Reich in einem Hochverratsverfahren gegen ihn selber aus Not einen Meineid geleistet hat, noch heute, im Jahre 1949, ein Gerichtsverfahren durchgeführt werden soll. Ich finde es unerträglich, daß dem Mann jetzt nur durch eine Amnestie geholfen, daß er nur durch eine Amnestie vor einem solch offenbaren Mißbrauch der Justiz bewahrt werden kann. Ich glaube, es ist eine Selbstverständlichkeit, daß ein solches Verfahren nicht durchgeführt werden darf und niedergeschlagen werden muß.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Es wäre vielmehr zu erwägen, ob nicht ein Disziplinarverfahren gegen die Staatsanwaltschaft am
    Platze wäre, die ein solches Verfahren durchführen I will.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Aber, meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete Reismann — —

    (Der Abgeordnete Dr. Schumacher betritt den Sitzungssaal. Die Abgeordneten der SPD erheben sich von den Plätzen und begrüßen ihn mit Händeklatschen. — Abg. Dr. Besold: Taktlos!)

    Meine Damen und Herren, da wäre wohl eine Erklärung des Bundesjustizministeriums am Platze, was es in diesem Fall zu veranlassen gedenkt. Aber wenn Sie in einem Amnestiegesetzentwurf auf eine Beurteilung der subjektiven Voraussetzungen abstellen, dann geben Sie ja das Ermessen im Einzelfall gerade in die Hand solcher Staatsanwälte und Richter, von denen ich der Meinung war, daß ein Disziplinarverfahren gegen sie mehr am Platze wäre.
    Aus diesem Grund glauben wir, daß das Amnestiegesetz großzügig und einfach sein sollte. Es ist jetzt, wie gesagt, nicht der Platz, auf Einzelheiten einzugehen. Wir behalten uns das für die Beratungen im Ausschuß und in der zweiten und dritten Lesung vor.

    (Bravorufe bei der KPD.)