Rede von
Grete
Thiele
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Ich glaube, Herr Abgeordneter, Sie können nicht bestreiten, daß heute in einer ganzen Reihe von Betrieben wesentliche Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen vorhanden sind. Sie können auch nicht bestreiten, daß auf der Basis der unterschiedlichen Frauenlöhne Frauenbetriebe und Frauenabteilungen aufgebaut werden.
— Jawohl, aber in der „Betriebsnotwendigkeit" liegt, den Profit zu steigern.
Den Profit kann man damit steigern, daß man Frauen einstellt und ihnen weniger Lohn gibt als I den Männern.
Auf der Grundlage der ungleichen Löhne versuchen die Unternehmer ebenfalls, bei den Lohnverhandlungen prozentuale Lohnerhöhungen und nicht Lohnerhöhungen nach Beträgen durchzuführen. Durch die prozentualen Lohnerhöhungen auf dieser ungleichen Lohnebene verstärkt sich die Kluft zwischen den Männer- und Frauenlöhnen immer mehr.
Meine Herren und Damen! Nicht nur die strukturellen. Veränderungen der Bevölkerung nach den zwei Weltkriegen, sondern auch die ganze wirtschaftliche Entwicklung hat einen Stand erreicht, daß die Frauenarbeit aus der Gesellschaft überhaupt nicht mehr wegzudenken ist. Es ist auch nach den heute geltenden Rechtsbegriffen als unsittlich zu bezeichnen, daß Teile der Arbeiter wegen ihres Geschlechts oder Alters schlechter bezahlt werden als der andere Teil.
Meine Fraktion ist der Auffassung, daß das Grundgesetz in Verbindung mit dem Protokollvermerk aus den Beratungen des Parlamentarischen Rates die Grundlage für ein Gesetz im Sinne unseres Antrages ist.
Ich glaube, die Regierung wird durch die Schaffung eines solchen Gesetzes Gelegenheit haben, den Wahlversprechungen, mit denen Sie einen großen Teil der Frauen zu Ihrer Regierungspolitik an die Wahlurne gebracht haben, nun auch die Praxis folgen zu lassen. Wir jedenfalls werden interessiert sein, ob Sie Ihren Worten die Tat folgen lassen. Wir werden den Frauen in der Öffent-
568 Deutscher Bundestag. — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1049
lichkeit die Beratungen aus dem Ausschuß und auch aus diesem Bundestag zu Gehör bringen.