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ID0101901000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag. — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1949 529 19. Sitzung Erster Tag Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1949. Nachruf des Präsidenten auf den verstorbenen Abgeordneten Sewald 530B Geschäftliche Mitteilungen 530C, 558A, 565B, 569C Eintritt des Abg. Dr. Pferdmenges in den Bundestag 530C Interpellation der Abg. Euler, Dr. Preusker, Dr. Becker, Meyer, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer und Gen. betr. Abschluß der Entnazifizierung (Drucksache Nr. 172) . . . 530D Einspruch des Abg. Dr. Schumacher gegen seinen Ausschluß (Drucksache Nr. 247) 530D Geschäftsordnungsmäßige Behandlung von Anträgen auf Aufhebung der Immunität von Abgeordneten 530D Antrag des Justizministeriums Rheinland-Pfalz betr. Entscheidung über die Immunität des Abg. Stauch 531A Antrag des Niedersächsischen Justizministers betr. Entscheidung über die Immunität des Abg. Onnen 531A Abänderungsantrag der KPD-Fraktion zur Tagesordnung betr. Regierungserklärung zum Gesetz der Alliierten Hohen Kommission über „strafbare Handlungen gegen Besatzungsinteressen" 531B Fisch (KPD) 531C Euler (FDP) 532A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Initiativantrag der Abg. Strauss, Kemmer und Gen.) (Drucksache Nr. 180) 532A Strauss (CSU), Antragsteller 532A, 543A Frau Thiele (KPD) 535C Frau Dr. Ilk (FDP) 537A Dr. Etzel (BP) . . . . . . . . 537B Frau Keilhack (SPD) 538B Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 539A Ribbeheger (Z) 539B Strauss (CSU) 540A Dr. Kleindinst (CSU) . . . . . 541D Dr. Besold (BP) 542B Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen für Deutsche, die in Auswirkung des Krieges im Ausland zurückgehalten werden (Drucksachen Nr. 165 und 60) . . . . . . . . 543D Dr. Gerstenmaier (CDU) Berichterstatter 543D, 547D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 545C Müller, Oskar (KPD) . . . . . . . 546A Mündlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der DP betr. . Bevölkerung Helgolands (Drucksachen Nr 166 und 41) 548B Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 548C Walter (DP) 551D Rademacher (FDP) . . . . . . 552A Mündliche Berichte des Ausschusses für das Besatzungsstatut und Auswärtige Angelegenheiten über die Anträge der Fraktion der BP betr. Verteilung der DPs (Drucksachen Nr. 196 und 85), betr. Inanspruchnahme der Quartierleistungen durch die Besatzungsmächte (Drucksachen Nr. 197 und 86 neu) und betr. Wohnraumbelegung durch verschleppte Personen (Drucksachen Nr. 198 und 87) 552D Dr. Gerstenmaier (CDU), Berichterstatter 553A, 557A Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 553C Dr. Seelos (BP) . . . . . . . . 553D Dr. Pfeiffer, Staatsminister und Leiter der Bayerischen Staatskanzlei . . 554B Niebergall (KPD) . . . . . . . 554C Stahl (FDP) 556A von Thadden (NR) 556C Unterbrechung der Sitzung . . 557D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit über den Antrag der Zentrumsfraktion betr. Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenhilfe für Heimkehrer (Drucksachen Nr. 190 und 121) 558A Arndgen (CDU), Berichterstatter . 558A Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen über den Antrag der Fraktion der SPD betr. einheitliche Regelung der Heimkehrerbetreuung (Drucksachen Nr. 191 und 118) 558B Pohle (SPD), Berichterstatter . 558C, 564B Leddin (SPD) . . . . . . . . . 559C Sabel (CDU) . . . . . . . 560D, 564D Krause (Z) 561C Renner (KPD) . . . . . . . . 562A Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit . . . . . 563B Frau Kalinke (DP) . . . . . . . 563C Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den Antrag der Abg. Renner und Gen. betr. Bundesbahn (Drucksachen Nr. 170 und 105) . . . . 565A Rademacher (FDP), Berichterstatter 565B Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an Ausschüsse (Drucksache Nr. 211) 565D Antrag der Fraktion der BP betr. § 103 der vorl. Geschäftsordnung (Drucksache Nr. 184) 566A Dr. Arndt (SPD) . . . . . . 566A Anträge der Fraktion der SPD betr. Gleichberechtigung der Frauen (Drucksache Nr. 176), der Abg. Renner u. Gen. betr. rechtliche Gleichstellung der Frauen (Drucksache Nr. 206) und der Fraktion der SPD betr. Frauen im öffentlichen Dienst bei der Bundesverwaltung (Drucksache Nr. 177) 566B Frau Nadig (SPD), Antragstellerin . 566B Frau Thiele (KPD), Antragstellerin . 567A Frau Korspeter (SPD), Antragstellerin 568A Unterbrechung der Sitzung 565B, 569D Die Sitzung wird um 10 Uhr 17 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von August-Martin Euler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Ich widerspreche und bemerke: es besteht kein Anlaß, von der Übung des Ältestenrats abzuweichen, daß Anträge erst auf die Tagesordnung der Sitzung der nächsten Woche gesetzt werden.

    (Abg. Renner: Von dieser Übung ist doch gestern abend im Ältestenrat mehrfach abgewichen worden!)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Mit der Erklärung des Herrn Abgeordneten Euler, daß er widerspricht, diesen Antrag auf die Tagesordnung zu setzen, ist der Antrag auf Aufsetzung abgelehnt.
Wir können nunmehr in die Tagesordnung eintreten. Ich habe vorhin bereits erwähnt, daß Punkt 1 der Tagesordnung von den Antragstellern noch einmal zurückgezogen worden ist, weil die Beratungen im Rechts- und Verfassungsausschuß noch nicht abgeschlossen sind.
Wir kommen nunmehr zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit - Initiativantrag der Abgeordneten Strauss, Kemmer und Gen. — (Drucksache Nr. 180).
Das Wort zur Einbringung des Gesetzentwurfs
hat der Herr Abgeordnete Strauss.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die erste Frage, die bei dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit zu prüfen war, war die Frage der Zuständigkeit des Bundestags. Im Artikel 74 Ziffer 7 des Grundgesetzes ist unter der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes auch die öffentliche Fürsorge aufgeführt. Die Meinungen darüber, was unter öffentlicher Fürsorge zu verstehen ist, waren im Laufe der Aussprachen und Verhandlungen, die geführt worden sind, geteilt. Ein Einblick in die Niederschriften der Verhandlungen des Parlamentarischen Rates hat einwandfrei ergeben, daß der Begriff öffentliche Fürsorge nicht etwa auf den Umfang des Aufgabengebietes der Reichsfürsorgepflichtverordnung beschränkt sein soll, sondern daß unter öffentlicher Fürsorge auch die Jugendfürsorge einbezogen werden soll. Es waren auch in redaktionellen Vorfassungen des Grundgesetzes die Ausdrücke „Jugendfürsorge" und „Jugendwohlfahrt" ausdrücklich enthalten, bis man sich schließlich auf eine all das zusammenfassende Formulierung, auf die Bezeichnung „öffentliche Fürsorge" geeinigt hat.
    Zu dieser Frage der Zuständigkeit des Bundes ist auch die Ansicht des Länderrats des amerikanischen Besatzungsgebietes zu hören. Das Koordinierungsbüro der Länder des amerikanischen Besatzungsgebietes hat am 7. Oktober 1949 mitgeteilt, daß infolge Auflösung des Länderrats der Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Jugend an die Herren Bundesminister des Innern und Bundesminister für Arbeit nach Bonn zur Veranlassung des Weiteren übersandt wurde. Daraus geht hervor, daß auch das Koordinierungsbüro der Länder, also der süddeutsche Länderrat, in dieser Frage die Zuständigkeit des Bundestags und der Bundesinstanzen für gegeben erachtet.

    (Abg. Dr. Baumgartner: Das ist gar kein Beweis!)

    — Auf den sachlichen Beweis komme ich hernach zu sprechen, Herr Dr. Baumgartner.
    Wenn ich auf die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes zurückkomme, so ist es nicht eine Arbeit, die von einer Person oder einem Kreise geleistet worden ist, es ist auch keine Angelegenheit, die im Laufe weniger Wochen ausgearbeitet worden ist. Seit dem Jahre 1946 ist in sämtlichen Länderregierungen, ist von einer Reihe von Organisationen, zum Beispiel von den einzelnen Jugendverbänden, vom Fachausschuß Jugendrecht der Arbeitsgemeinschaft für Jugendpflege und Jugendfürsorge, vom Allgemeinen Deutschen Fürsorgetag, vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, von der deutschen Hauptstelle gegen Suchtgefahren und noch von einer Reihe anderer Organisationen an diesem Gesetz gearbeitet worden. Diese Arbeiten erstrecken sich nunmehr auf eine Zeit von über drei Jahren. Es sind in fast allen Ländern der amerikanischen, britischen und französischen Zone Entwürfe zu einem solchen Gesetz ausgearbeitet worden, zu einem Gesetz, das bestimmt war, die Reichspolizeiverordnung vom 10. 6. 1943, die im besonderen auf die Kriegsverhältnisse abgestellt war, abzulösen. Nachdem ohne Zweifel bis zum Inkrafttreten des Grund- gesetzes die Länder — ich selbst habe mich in Bayern bemüht, ein solches Gesetz in einem ähnlichen Wortlaut durchzubringen — unbestritten die Zuständigkeit hatten, ist es an sich zu verwundern, warum nicht eine Koordinierung zwischen den Ländern versucht worden ist und warum dreieinhalb Jahre die Himmlersche Polizeiverordnung, die weder den Tatsachen noch den erzieherischen Notwendigkeiten Rechnung trug, beibehalten worden ist. Die Landtage in den Ländern, auch vorher schon die Ministerpräsidenten auf Grund ihres Gesetzgebungsrechts, das sie vor den Landtagen hatten, haben die Möglichkeit gehabt, die Himmlersche Reichspolizeiverordnung abzulösen. Und wenn ich auf Ihren Zwischenruf antworten soll, so erhebt sich für mich die Frage, warum diese Reichspolizeiverordnung dann nicht vorher in den einzelnen Ländern abgelöst worden ist, was wir für dringend notwendig erachtet haben.

    (Abg. Dr. Baumgartner: Das gibt ja Ihrer Partei eine Ohrfeige!)

    — Das gibt in dem Fall nicht meiner Partei eine Ohrfeige, weil wir jedem das geben, was ihm zukommt.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zurufe bei der BP.)

    — Wir wollen uns hier nicht über Ohrfeigen unterhalten, die der einen oder anderen Partei gegeben werden; denn wenn wir die Diskussion darüber eröffnen, sitzen Sie im Glashaus.

    (Zuruf von der BP: Das werden wir gleich sehen!)

    Außerdem ist auch im Rechtsausschuß des Länderrats sowie bei allen Besprechungen des Länderrats
    zum Ausdruck gebracht worden, daß unbedingt,
    wenn nicht im Hinblick auf einen zukünftigen Bund
    ein Gesetz innerhalb eines deutschen Staates erlassen werden kann, zumindest eine Rechtsangleichung oder Rechtsgleichheit von Land zu Land erzielt werden sollte. Ich stehe ja selber auf dem
    Standpunkt, Herr Dr. Baumgartner, daß diese
    Frage ein Grenzgebiet ist. Ich stehe aber ebensosehr auf dem Standpunkt, daß es nicht möglich ist,
    Grundsatzbestimmungen zu treffen, die innerhalb
    von 10 km Entfernung anders lauten. Man kann
    nicht einen Sachverhalt schaffen, der zum Beispiel in Ulm für Jugendliche verboten und in Neu-


    (Strauss)

    Ulm, diesseits der Donau, für Jugendliche erlaubt ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Das hat gar nichts damit zu tun, daß dann entsprechend den verschiedenen organisatorischen und verwaltungsrechtlichen Gegebenheiten innerhalb der Staatsministerien und der Landesregierungen die Ausführungsbestimmungen durchaus verschiedenen Gesichtspunkten Rechnung tragen müssen. Aber das, was für Jugendliche verboten und was für Jugendliche erlaubt ist, die Gefahren, die von Jugendlichen ferngehalten werden sollen, werden in Kiel dieselben sein wie in Garmisch.

    (Zuruf von der KPD: Das bestimmt Herr Hundhammer!)

    Das hat aber damit nichts zu tun, daß die Zuständigkeit der Instanzen, die für die Einhaltung dieser Verbote zu sorgen haben, und daß die Stellen, die die Jugend vor diesen Gefahren zu bewahren haben, in der Hand der Länderregierungen und nicht der Bundesinstanzen sind.

    (Sehr richtig! in der Mitte )

    Das ist die Abgrenzung, die wir treffen. Die Gefahren, die heute die deutsche Jugend bedrohen, sind wohl überall die gleichen. Das heißt aber nicht, daß von einer Zentralstelle aus auf einen Knopf gedrückt und ein Polizeiapparat oder ein Jugendamtsapparat in Bewegung gesetzt werden soll. Das heißt dann, daß die zuständigen Landesministerien sich mit der zweckvollen Ausführung dieses Gesetzes zu befassen haben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wenn wir uns nun zum Gesetz selber einige Gesichtspunkte vor Augen halten, so ist der Zusatz „in der Öffentlichkeit" zu dem Titel „Gesetzentwurf zum Schutze der Jugend" gewählt worden, um eine Verwechslung mit einem Jugendarbeitsschutzgesetz zu vermeiden. Auch eine ursprüngliche Fassung „Gesetz gegen ungebührliches Verhalten Minderjähriger in der Öffentlichkeit", wie der Vorschlag ungefähr ein Jahr lang lautete, ist nicht übernommen worden, weil dieser Titel noch allzusehr Zeuge einer Zeit zu sein scheint, die von den Fragen und Nöten der Jugend der Gegenwart wenig Ahnung hat. Dieser Titel würde einer Gouvernante alle Ehre machen, aber nicht den Aufgaben und Notwendigkeiten entsprechen, die heute in diesem Zusammenhang für uns erwachsen.
    Bei der Abfassung dieses Gesetzes ist im Laufe der letzten drei Jahre eine Unzahl von Entwürfen, von Stellungnahmen, von Möglichkeiten, von Einzelwünschen an die Länderregierungen, an die einzelnen Organisationen, an die Jugendverbände herangetragen worden. Wenn man die Richtungen im Groben aufteilen will, so gab es eine Richtung, die den Standpunkt vertreten hat, man müsse der Jugend heute nach den Beschränkungen, denen sie im Kriege unterworfen war, weitgehende Freiheit geben und es im besonderen den Erziehungsberechtigten allein überlassen, zu entscheiden, ob die Jugend gefährdet ist und welchen Gefahren sie ausgesetzt werden kann oder nicht. Dem stand eine andere Richtung gegenüber, die für die Jugend von heute praktisch alles verboten wissen wollte und sie etwa unter eine Art Glassturz stellen wollte. Wenn man hier die Arbeit vom Standpunkt der praktischen Anwendung dieses Gesetzes aufgefaßt hat, dann konnte man nur auf dem Standpunkt stehen, daß die in ihm enthaltenen Verbote auch so einfach und klar und so einhaltbar sein mußten, daß die Einhaltung von seiten der zuständigen Behörden auch durchgesetzt werden kann. Ich darf nur ein Beispiel nennen. In der bis heute noch gültigen Reichspolizeiverordnung vom Jahre 1943, die heute noch in den meisten Ländern rechtsgültig ist und angewendet wird, ist zum Beispiel der Genuß von Tabakwaren in der Öffentlichkeit für Jugendliche unter 18 Jahren verboten. Ich glaube, eine Reise quer durch das Gebiet der Deutschen Bundesrepublik beweist, daß hier zum Beispiel ein strafbarer Sachverhalt, wie er nach der Polizeiverordnung vom 10. 6. 1943 gegeben ist, heute von keiner Länder- oder Gemeindepolizei mehr beachtet und die Abstellung dieses Sachverhalts in keiner Weise mehr durchgesetzt wird; wie man ja überhaupt bezweifeln kann, ob ein solches Verbot heute noch durchsetzbar ist.
    Darum mußte man sich auf den Standpunkt stellen, daß die in einem solchen Gesetz enthaltenen Verbote auch für die Zukunft tatsächlich einhaltbar sind. Man durfte es nicht riskieren, daß durch ein Zuviel an Verboten, durch zu enge Verbote auch das. was verboten und eingehalten werden muß, nicht mehr beachtet wird.
    Ein weiterer Gesichtspunkt, der dabei zu beachten war, ist der des einfachen Sachverhalts. Man kann es dem Polizeibeamten von heute — nicht, weil er weniger klug ist als sein Vorgänger, sondern infolge der Fülle an behördlichen Vorschriften und Verboten, die er zu kennen hat und deren Einhaltung und Beachtung er zu überwachen hat — nicht zumuten, daß in einem Gesetz eine solche Fülle von Einzelverboten, von Differenzierungen nach dem Alter, von Differenzierungen der einzelnen Möglichkeiten geschaffen wird, daß es dem Polizeibeamten nicht möglich ist, einen klaren Sachverhalt mit verhältnismäßiger Leichtigkeit festzustellen und die Beachtung der Vorschriften auch durchzusetzen.
    Ich komme zu den wesentlichen Neuerungen gegenüber der Reichspolizeiverordnung. Was unter allen Umständen geändert werden muß — und daher bin ich so erstaunt, daß die Reichspolizeiverordnung, die Himmler im Juni 1943 erlassen hat, sich jetzt immer noch in Gültigkeit befindet —, sind nicht nur einige Bestimmungen speziell nationalsozialistischer Art, wie sie in der Jugendschutzverordnung von Himmler aus dem Jahre 1943 enthalten sind, sondern auch die Bestimmung, die für Jugendliche Strafen vorsieht und die wohl nicht mehr mit dem gegenwärtigen Erziehungsstandpunkt in Einklang gebracht werden kann. Ich betone, daß die Polizeiverordnung vom Jahre 1943 im besonderen auf die Kriegsverhältnisse abgestellt ist, auf die damals anbefohlene Verdunkelung, die für die Jugend besondere Möglichkeiten und besondere Gefahren in sich geborgen hat.
    In diesem Gesetzentwurf sind als besonders einschneidende Änderung gegenüber allen bisherigen Gesetzen, die zum Schutze der Jugend erlassen worden sind, Bestimmungen vorgesehen, die für Jugendliche Erziehungsmaßregeln und nicht Strafen festlegen. Denn man kann heute die Jugend bei den Gefahren, denen sie ausgesetzt ist, für ihr in der Öffentlichkeit oft nicht zu billigendes Verhalten nicht mit Strafen belegen, während die Verantwortung in Wirklichkeit nicht bei ihr, sondern bei den Erwachsenen liegt, sei es bei den Erziehungsberechtigten, sei es bei den diese Angelegenheit manchmal allzu großzügig handhabenden Behörden. Es sind deshalb in dem Gesetz


    (Strauss)

    Erziehungsmaßregeln vorgesehen, die vom Jugendamt eingeleitet werden sollen. Das besagt allerdings, daß in Zukunft sowohl die Besetzung wie die Arbeitsweise der Jugendämter vielfach noch verantwortungsvoller gehandhabt werden muß, als es bisher weitgehend der Fall gewesen ist.
    Dagegen sind in diesem Gesetzentwurf Strafen in einem mäßigen Umfang für erwachsene Personen vorgesehen, die absichtlich oder fahrlässig die Jugend den Gefahren aussetzen, die nach diesem Gesetz von der Jugend ferngehalten werden sollen.
    Im Laufe der Aussprache hat sich gerade über die Frage des Elternrechts eine lange Debatte ergeben. Eine Frage, die vielleicht auch im Laufe der letzten Jahre von seiten der amerikanischen Besatzungsmacht etwas zu sehr betont worden ist, ist die Frage: Sollen die Eltern das Recht haben, ihre Kinder den Gefahren auszusetzen, denen sie nach allgemeiner Auffassung nicht ausgesetzt werden sollen, weil man nun einmal nicht den Eltern verbieten könne, im großen und ganzen mit ihren Kindern anzufangen, was sie verantworten wollen? Diesen Standpunkt können wir nicht teilen. Wir sind grundsätzlich der Überzeugung, daß die Erziehungspflicht und das Erziehungsrecht in erster Linie bei den Eltern liegen muß und daß der Staat das Erziehungsrecht der Schule hat. Außerhalb des Bereichs der Schule muß dort, wo die Erziehung durch die Eltern offensichtlich versagt, der Staat subsidiär in Erscheinung treten. Das ist ein Grundsatz, der bis heute unbestritten gegolten hat, ein Grundsatz, der im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz vom Jahre 1922 verankert ist, das sich noch in allen Ländern in Kraft befindet und dort auch angewendet wird.
    Wenn man sich noch die Frage vorlegt, ob es abgesehen von der Ablösung der Reichspolizeiverordnung notwendig ist, ein solches Gesetz zu schaffen, so glaube ich, daß darüber heute im allgemeinen kein Zweifel besteht. Auch die Tatsache, daß man über Ansätze, über die man schon seit dreieinhalb Jahren verhandelt, bis jetzt zu keinem Ergebnis gekommen ist, beweist nicht, daß das Gesetz nicht notwendig ist, sondern beweist, daß ein solches Gesetz nunmehr geschaffen werden muß. Es hat vielleicht in der Diskussion und in den Beratungen geschadet, daß es nunmehr dreieinhalb Jahre gedauert hat, bis wiederum eine gesetzgebende Instanz diese Frage aufgegriffen hat. Dabei sind die Verhandlungen bisher zum Teil an der Frage der Zuständigkeit und an der Frage der Zweckmäßigkeit gescheitert, ob man ein von Land zu Land verschiedenes Gesetz machen soll. Indem man von Land zu Land verhandelt hat, sind kleine Varianten aufgetreten, über die man sich nicht einigen konnte. Ich darf an das fast lächerliche Beispiel erinnern, daß die Behörde der Stadt Hamburg unbedingt ein Verbot der Teilnahme an dem .Fußballtoto für Jugendliche in dieses Gesetz aufgenommen wissen wollte, während man in der amerikanischen Zone auf dem Standpunkt steht, daß man den Jugendlichen die Beteiligung am Fußballtoto unter keinen Umständen verbieten sollte, ganz abgesehen davon, daß es praktisch unmöglich ist, ein solches Verbot einzuhalten, weil jederzeit ein Jugendlicher mit Hilfe eines 19- oder 18jährigen sich am Fußballtoto beteiligen kann. Man soll nicht in eine Überbürokratisierung der öffentlichen Jugendhilfe ausarten und Straftatbestände schaffen, die kein Polizeibeamter überwachen kann und die dann noch
    dazu verleiten, daß die Jugendlichen sogar die richtigen und notwendigen Bestimmungen dieses Gesetzes für lächerlich halten und sich darüber hinwegsetzen.
    Aus diesen Gründen habe ich vorhin meine Ausführungen dazu gemacht. Über solche fast lächerlichen Varianten ist man nie zu einer Einigung gekommen.

    (Zuruf in der Mitte: Das Fußballtoto sollte ganz abgeschafft werden!)

    — Das ist eine andere Frage, ob und wann es abzuschaffen ist.

    (Zuruf in der Mitte: Möglichst bald!)

    — Über die Frage habe ich nicht zu referieren. (Zuruf in der Mitte: Eine Seuche!)

    Es hat sich nunmehr ergeben, daß die gesetzlichen Umrisse eines solchen Entwurfs im großen und ganzen festliegen. Sie liegen schon seit sehr langer Zeit fest. Es ist nicht die Arbeit einer Person, es ist eine Arbeit, die aus einer Reihe von Entwürfen, von Stellungnahmen und öffentlichen Verlautbarungen dazu zusammengetragen wurde. Der Umfang dieses Gesetzes und alle Varianten liegen fest. Was jetzt zu geschehen hat, ist nicht mehr, etwa grundsätzlich neue Gesichtspunkte hineinzutragen. Dreieinhalb Jahre lang ist über diese neuen Gesichtspunkte verhandelt worden, und am Schluß sind keine neuen mehr hinzugekommen. Worum es sich jetzt handelt, ist die Notwendigkeit, sich auf eine klare Grundlinie zu einigen und sich nun zwischen den Möglichkeiten in jedem Falle zu entscheiden: 16 Jahre oder 18 Jahre, Nikotinverbot oder nicht Nikotinverbot, Branntweinverbot oder nicht Branntweinverbot? Es gilt, zwischen diesen Varianten endlich einmal zu entscheiden, damit wir zu einem klaren Gesetzgebungswerk kommen. Die Entscheidung muß einmal getroffen werden. Ich bitte Herrn Dr. Baumgartner um Entschuldigung, wenn ich ihn zitiere. Es ist aber eine Tatsache, daß man über diese Varianten in ungefähr einem Dutzend, ja ich sage: 30 bis 40 Kommissionssitzungen zwei Jahre lang verhandelt hat, ohne sich zu einigen, und daß man dabei viel mehr kaputt gemacht hat, als man selbst bei Inkaufnahme einer vielleicht nicht ganz genügenden Bestimmung hätte retten können.

    (Abg. Frau Dr. Weber: Sehr richtig!)

    Es ist uns zum Schluß vom Länderrat gesagt worden: Wenn wir uns nicht einigen können, sorgt dafür, daß auf der Ebene des Bundes, wenn auch die Ausführung durch die Länder und die Ausführungsbestimmungen der Länder unangetastet bleiben sollen, wenigstens einheitliche Richtlinien geschaffen werden, damit man auf diesem Gebiet ein Stück weiterkommt. Ich glaube, über die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes braucht man sich nicht zu lange zu verbreiten. Es herrschen heute nicht mehr dieselben Umstände, wie sie beim Erlaß der Polizeiverordnungen im Jahre 1940 und später im Jahre 1943 bestanden haben, die insbesondere auf die Kriegsverhältnisse abgestellt waren. Wir denken auch gar nicht daran, irgendwie in das Erziehungsrecht der Eltern einzugreifen. Wir betonen, daß auch der heutige Staat eine Verantwortung vor seinen Bürgern und eine Verantwortung vor Gott dafür hat, daß die Jugend diesen Gefahren ferngehalten wird, denen sie heute offensichtlich allmählich zu erliegen droht.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)



    (Strauss)

    Bis heute haben sich ja die Verhältnisse, die durch den Krieg geschaffen worden sind, nur zum Teil geändert. Es ist für uns heute noch eine Frage, was mit der sogenannten heimatlosen Jugend geschehen soll, die zum Teil aus Kindern der Vertriebenen besteht, zum Teil heute noch monatlich zu mehreren Tausend als sogenannte illegale Grenzgänger über die Grenze der Ostzone in die Westzonen hereinströmt. Es ist ein offenes Geheimnis, daß durch den Krieg eine Unzahl von Familien zerstört worden ist, sei es dadurch, daß der Vater gefallen ist, sei es, daß die Ehe durch die Kriegsumstände zerrüttet worden ist. Die Wohnungsnot trägt ja wesentlich dazu bei, den Jugendlichen auf die Straße zu treiben, weil er sich zu Hause nicht aufhalten kann, weil oft die Eltern das Gegenteil von dem tun, was sie früher getan haben, weil sie nämlich froh sind, wenn der Jugendliche aus dem Zimmer und damit eine Person weniger im Raum ist, womit sie ohne Zweifel den Jugendlichen solchen Gefahren aussetzen, denen sie ihn normalerweise nie aussetzen würden.
    Eine besondere Frage, die hierbei erörtert werden muß, ist folgende. Infolge der Kriegsumstände, infolge vielleicht schon bitterer Erfahrungen, die sie mitgemacht haben, ist eine Frühreife bei der Jugend von heute festzustellen, bei der man nicht weiß, ob man ihr bei den Bestimmungen eines solchen Gesetzes Rechnung tragen soll oder ob man mit einem solchen Gesetz den Hebel ansetzen soll, jetzt wiederum zu normalen Altersverhältnissen und entsprechenden Bestimmungen zurückzukehren.
    Ein Wesentliches hat zur heutigen Jugendverwahrlosung sowohl die Tatsache der Militarisierung unseres öffentlichen Lebens im Verlaufe der Kriegsjahre beigetragen wie auch die Anwesenheit der Besatzungssoldaten und so verschiedenartiger Besatzungssoldaten nach dem Zusammenbruch.
    Der Staat hat die Pflicht, nunmehr Vorbeugungsmaßnahmen dagegen zu treffen. Es ist vielleicht immer eine der üblen Seiten des Staates gewesen, daß er sich in der Vergangenheit mehr um die Heilung und Bekämpfung gekümmert hat als um die Vorbeugung. Das gleiche wie hier auf dem Gebiete der Jugend muß auch zur Frage der Geschlechtskrankheiten gesagt werden, wo man Millionen hinauswirft, um zu heilen und eventuell zu bestrafen, aber in den meisten Haushaltsplänen nicht einen Bruchteil dessen ansetzt, um vorbeugende Maßnahmen oder nachgehende dauernde Besserungsmaßnahmen vorzusehen. Ich glaube, hier muß der Staat auch einmal seine grundsätzliche Einstellung ändern und seine Pflicht zur Vorbeugung und zur nachgehenden Betreuung anerkennen. Er wird sonst ein wesentliches Mehr dessen, was er heute für die Vorbeugung ausgibt, in absehbarer Zeit für Verwahrungsanstalten, Heil- und Strafanstalten auzugeben haben.

    (Beifall bei der CDU.)