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ID0101809900

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    Deutscher Bundestag — 18. Sitzung. Bonn, den 24. und 25. November 1949 449 18.. Sitzung Bonn, 24. und 25. November 1949. Geschäftliche Mitteilungen 449C, 464D, 485C, 527C Interpellation der Abg. Euler, Dr. Preusker, Dr. Becker, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer u. Gen. betr. Abschluß der Entnazifizierung (Drucksache Nr. 172) 449D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen (Drucksache Nr. 175) . . 449D Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern . . . . . . . . . 449D, 467D Strauss (CSU) . . . . . . 451D, 472A B) Dr. Menzel (SPD) . . . 455B, 469A, 471C Gundelach (KPD) 460C Pannenbecker (Z) 461B, 471C Dr. Nowack (FDP) 461D Farke (DP) 464D Donhauser (BP) 465B Dr. Miessner (NR) 466D Mensing (CDU) 467C Dr. Becker (FDP) 468D Dr. Leuchtgens (NR) 470B Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 471A Unterbrechung der Sitzung . 472B Erklärung der Bundesregierung . . 449D, 472B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . . 472B, 501A, 510D, 524A Unterbrechung der Sitzung . . 476D Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung 477A Dr. Arndt (SPD) . . . . . 477A, 484C Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 481A Dr. Baade (SPD) 485C Kiesinger (CDU) 491B Gockeln (CDU) 496C Dr. Schäfer (FDP) 497D Loritz (WAV) 502B, 511C Dr. von Merkatz (DP) 502D Dr. Baumgartner (BP) . 505A Fisch (KPD) 506B Frau Wessel (Z) 516C Dr. Richter (NR) . . . . . . . 518A 1 Ollenhauer (SPD) 521B Unterbrechung der Sitzung . . 525C Bausch (CDU) 526A Euler (FDP) 526D Abstimmungen . . . . . . .. . . 526B Nächste Sitzung 527C Die Sitzung wird um 10 Uhr 20 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Jedenfalls erweisen Sie, Herr Kollege Strauss, dem Ansehen des parlamentarischen Systems und der Demokratie mit diesen ständigen Unterbrechungen keinen Dienst. Wir haben genau so wie Sie das Recht, unsere Meinung zu irgendeinem Problem zu sagen. Wenn Sie uns dieses Recht beschränken wollen, dann nennen Sie das bitte nicht mehr Demokratie, sondern heißen Sie es autoritäres Regime.

    (Zuruf des Abg. Strauss.)

    Der Herr Bundeskanzler Adenauer hat in diesem Abkommen vom 22. November selbst erklärt: „Sie" — die Bundesregierung — „wird bemüht sein, den Aufbau der Regierung freiheitlich zu gestalten und autoritäre Methoden auszuschalten". Bitte, sorgen Sie dafür, daß autoritäre Methoden in diesem Hause genau so wie bei der Formung der deutschen Außenpolitik ausgeschaltet werden! Sorgen Sie dafür, daß nicht ein einzelner Mann oder nicht ganz wenige Leute über die Lebensfragen der Nation entscheiden! Sorgen Sie,
    Herr Bundeskanzler, dafür, daß Sie eine möglichst breite Basis in unserer Bevölkerung und in diesem Hause für Ihre Politik, für die Politik der Zusammenarbeit mit den Westmächten finden, die uns innerlich so nahestehen, und zwar durch eine tausendjährige Verbundenheit durch die europäische Geschichte hindurch so nahestehen! Dann erst, Herr Bundeskanzler, werden wir zu Ihrer Politik das notwendige Vertrauen haben, das Vertrauen in eine Zusammenarbeit zwischen all denen, die es mit unserem Volk gut meinen und die alle zusammenstehen sollten, damit endlich einmal wieder bessere Zeiten für unser armes deutsches Vaterland und für unser armes deutsches Volk kommen, das so riesenhafte Entbehrungen durchgemacht hat und dem wir doch alle helfen wollen!

    (Lebhafter Beifall bei der WAV.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Frau Abgeordnete Wessel.

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    Rede von Helene Wessel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Ich glaube, auch Außenpolitik sollte mit klugem und nüchternem Verstand und nicht mit Gefühl gemacht werden; denn wenn die Außenpolitik das Schicksal unseres Volkes darstellen soll, muß sie auch von den verschiedensten Seiten aus beurteilt werden können. Wir wissen nicht, ob der Herr Bundeskanzler die Tragweite der Pariser Konferenz und seine Abmachungen mit den Hohen Kommissaren überschätzt. Es scheint uns zum mindesten, daß die Vorteile, die der Herr Kanzler als die großen Erfolge seiner Außenpolitik herausgestellt hat, ebenso im Interesse der Westmächte wie im Interesse der deutschen Bundesrepublik liegen. Aber, meine Damen und Herren, wir dürfen auch nicht in das andere Extrem verfallen, sie im Hinblick darauf zu unterschätzen, daß wir nicht all das erreicht haben, was wir erhofften. Es wird gewiß, wie es der Herr Kanzler gesagt hat, nur Schritt für Schritt vorwärtsgehen angesichts des Scherbenhaufens, den uns das Naziregime hinterlassen hat.
    Es ist in der Politik der Völker aber auch eine Tatsache: Preise, die man zahlt, werden in der Geschichte nach dem Erfolgswert beurteilt, der damit erzielt wird. Darum wird es, wie ich glaube, sowohl den Regierungsparteien als auch den Oppositionsparteien schwer sein, schon heute ex cathedra zu sagen, wie sich der Eintritt Deutschlands in die Ruhrbehörde als Preis für den Demontagestop auswirken wird. Wir fragen uns, ob die vom Herrn Bundeskanzler verlangten und nach unserer Auffassung unbedingt notwendigen Änderungen des Ruhrstatuts auch tatsächlich durchgeführt werden, da wir ja nicht als gleichberechtigte Partner gelten sollen. Für meine politischen Freunde ist es aber von entscheidender Bedeutung — ich muß einmal: bei diesem Punkt auf die Ausführungen hinweisen, die mein Vorredner, der Herr Kollege Loritz gemacht hat; denn es ist schon so, daß die Bestimmungen des Ruhrstatuts nicht allein für die Industrie an der Ruhr maßgebend sind —, ob mit diesem Eintritt in die Ruhrbehörde und in das Ruhrstatut die Bestimmung des Artikels 15 des Grundgesetzes außer Kraft gesetzt wird, wonach Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel zum Zwecke der Vergesellschaftung in Gemeineigentum übergeführt werden können.

    (Zuruf rechts: Hoffentlich!)

    — Es ist sehr interessant, daß Sie diesen Zwischenruf machen: Hoffentlich! Er ist infolgedessen eine


    (Frau Wessel)

    Bestätigung unserer Besorgnisse, die wir nach dieser Richtung hin haben.

    (Sehr gut! und Händeklatschen links.)

    Es ist weiterhin für uns wichtig, und es würde mich interessieren, auch hier einen entsprechenden Zwischenruf zu bekommen, ob mit dem Eintritt in die Ruhrbehörde soziale Verbesserungen und Rechte, wie zum Beispiel das von der CDU beantragte Mitbestimmungsrecht, ebenfalls für die Millionen Arbeiter, die in diesen für die europäische Wirtschaft so wichtigen Industrien ihre Arbeitskraft einsetzen, auf den St. Nimmerleinstag vertagt werden sollen.

    (Sehr gut! links.)

    Meine Damen und Herren, wir wollen die Dinge doch einmal frei von aller Leidenschaft sehen; denn es geht uns doch hier um Anliegen, die nicht nur solche der Opposition sind, sondern ebenso Anliegen, die von den Regierungsparteien sogar als Anträge diesem Hause vorgelegt worden sind.
    Ich darf vielleicht! bei der Frage des Ruhrstatuts noch einen Gedanken anfügen, und ich glaube damit nicht einmal den Gedankengängen so fern zu stehen, die vielleicht vom Herrn Bundeskanzler auch erwogen werden und erwogen werden müssen. Ich darf einmal darauf hinweisen, daß diese Gedanken bereits am 7. Januar bei den Beratungen des Parlamentarischen Rates zur Frage des Ruhrstatuts von mir im Auftrage des Zentrums geäußert worden sind. Wir haben dort die Frage des Ruhrstatuts und der Ruhrbehörde alle miteinander immerhin als eine europäische Frage gesehen. Es ist immer wieder betont worden, daß die Regelung, wie sie im Ruhrstatut vorgenommen wird, nur ein Vorschuß sein dürfe auf eine gesamteuropäische Regelung der Industrien Europas. Wenn man aber schon von Europa spricht, müßte es das Ziel der Bundesregierung sein, gerade zur Vervollständigung und zur Verwirklichung ihres europäischen Gedankens auch den anderen Regierungen nahezulegen, die Frage der Europäisierung der Industrien im Zusammenhang mit der Ruhrbehörde und dem Ruhrstatut zu sehen.
    Was den Eintritt Deutschlands in den Europarat betrifft, so ist gewiß die Frage nicht unwichtig, ob dadurch, daß neben Deutschland die Saar im Europarat sitzt, der jetzige Status des Saargebiets anerkannt wird oder ob — ich darf auch diesen, Gedanken einmal ausprechen — durch unseren Eintritt vielleicht weitergehende Absichten Frankreichs verhindert werden können. Mir scheint, in dieser Frage wird die Haltung Amerikas und Englands von ausschlaggebender Bedeutung für die Zukunft sein müssen. Bei dem jetzigen Zustand Deutschlands und im Hinblick auf das, was der Herr Bundeskanzler sowohl zur Ruhrbehörde und in Verbindung damit zur Aufhebung der Demontage für eine Reihe von Werken dargestellt hat, ist es auch gewiß notwendig, daß man seine Politik an den Realitäten des gegenwärtigen Zustandes und an etwa eintretenden Folgen der Ablehnung orientiert. Ich glaube, auch eine Opposition muß soviel realen Sinn haben, zu übersehen, was die Regierung in einer solchen Frage erreichen konnte und was nicht erreicht worden ist. Und im Interesse all derjenigen Menschen, die durch den Demontagestop jetzt ihre Arbeitsstelle behalten, ist es durchaus begrüßenswert, daß das, was erreicht worden ist, auch gesehen wird. Gewiß ist auf der andern Seite bedauerlich, was nicht erreicht werden konnte: daß auch noch große,
    entscheidende Industrien — ich denke da an das hier schon erwähnte Werk von Watenstedt-Salzgitter — nicht unter den Demontagestop gefallen sind. Es ist aber auch — ich glaube, wir müssen es aussprechen — die Frage zu stellen, ob die Regierung durch ihre Weigerung, dies anzunehmen, weitere Zugeständnisse erreicht hätte oder ob vielleicht Zugestandenes hätte verlorengehen können.
    Der Kanzler hat in seinen Erklärungen das Hindernis herausgestellt, das einer europäischen Konsolidierung bisher entgegenstand, nämlich das Sicherheitsbedürfnis Frankreichs. Aber wir glauben auch hier sagen zu müssen, daß alle Sicherheitsbeteuerungen nichts nützen, wenn Deutschland nicht von einem echten Geist und Willen der Verständigung mit Frankreich erfüllt wäre. Alle Parteien, die bisher gesprochen haben, haben diesen eindeutigen Willen zur Verständigung mit Frankreich ausgesprochen. Wir sind der Überzeugung, der beste Sicherheitsfaktor für Frankreich ist ein Deutschland, das alle Anstrengungen macht, die Folgen des Krieges durch redliche Arbeit im Geiste einer europäischen Verständigung zu überwinden.
    Es ist von meinen Vorrednern — ich muß auch hier noch einmal an die Ausführungen des Herrn Bundesjustizministers erinnern — über den rechtlichen Charakter der uns vorliegenden Abmachungen mit den Hohen Kommissaren das Für und Wider dargelegt worden. Es scheint mir zweckmäßiger zu sein — namentlich in einer so heiklen und wichtigen Frage, in der man doch nicht einer Meinung ist, da beide Seiten immerhin gewichtige Gründe für ihre Stellung anführen —, die Rei-bungs- und Differenzmöglichkeiten, soweit es geht, zu beschränken. Aber unglücklicherweise haben der Herr Bundesjustizminister und auch ein Redner der CDU in ihren Darlegungen das Vorgehen der Bundesregierung so ausgelegt, daß man die Frage nicht von verschiedenen Motiven aus sehen könne, sondern daß man hier ein für allemal ein gutes Recht der Regierung sehe, so vorzugehen, wie es geschehen ist. Gegen eine solche Auffassung muß ich allerdings im Namen meiner politischen Freunde nachdrücklichst Verwahrung einlegen. Und ich glaube es trotz der heutigen Erklärung des Herrn Bundeskanzlers tun zu müssen, daß es in Deutschland keine autoritäre Regierungsführung mehr geben dürfe, weil wir — der Herr Bundeskanzler ist leider nicht da, sonst würde ich es auch ihm sagen — hier so etwas wie eine Ähnlichkeit mit dem ungläubigen Thomas haben, der sehen und nicht glauben wollte. Weil wir in diesen Dingen gerade durch die Ausführungen, die aus den Kreisen der Regierung gekommen sind, und nicht zuletzt durch die Ausführungen des dafür maßgeblichen Bundesjustizministers in unserer Auffassung hinsichtlich des Charakters dieser Abmachungen bedenklich gestimmt worden sind, sehen wir uns veranlaßt, uns bei der Abstimmung der Stimme zu enthalten.
    Ich komme damit zum Schluß; ich möchte Ihre Zeit nicht zu lange in Anspruch nehmen. In seinen einleitenden Ausführungen hat der Herr Bundeskanzler die psychologischen, aber auch die tatsächlichen Voraussetzungen dargelegt, aus denen er in eine Entwicklung hineinkommen wollte, die von vertrauenerweckenden Handlungen erfüllt ist. Ich glaube, dieses Streben des Herrn Bundeskanzlers kann man durchaus unterstützen. Und wenn er aus diesem Streben den Eintritt in die Ruhrbehörde und in den Europa-Rat vollzieht, so möchten wir nur wünschen, daß die Überlegungen, die ich hier vortragen durfte, auch bei dem Herrn


    (Frau Wessel)

    Bundeskanzler einen aufnahmebereiten Boden finden. Denn in diesen Bemühungen befindet er sich in Übereinstimmung vor allem mit der amerikanischen Politik, die zu einer Konsolidierung Europas kommen möchte. Ob aber der Herrr Kanzler das andere Hindernis für eine europäische Konsolidierung, nämlich die sowjetische Stellung in Europa und vor allem in Deutschland, ebenso berücksichtigt wie zum Beispiel England und Amerika, ist meinen politischen Freunden und mir etwas fraglich. Es scheint uns indessen — und gestatten Sie mir, das zum Schluß auch noch auszusprechen —, daß dem Herrn Bundeskanzler der große Wurf in der Außenpolitik, der ihm vielleicht in seinen Konzeptionen vorschweben mag, nur dann gelingen wird, wenn er damit auch eine Lösung des Problems zwischen Ost und West verbindet, die allein die Aussicht hat, von der der Herr Bundeskanzler in seinen Darlegungen ausgegangen ist, nämlich den Frieden der Welt zu sichern, indem in Gesamteuropa und nicht nur in Westeuropa eine echte Solidarität der Völker zustande kommt.

    (Bravorufe beim Zentrum und links.)