Rede von
Dr.
Adolf
Arndt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Durch jede Erklärung seitens eines Mitgliedes der Bundesregierung ist nach der Geschäftsordnung die Aussprache neu eröffnet.
— Ich habe nur ganz wenige Sätze zu sagen!
Ich möchte dem Herrn Bundesjustizminister in keiner Weise auf die persönliche Ebene folgen. Meinerseits habe ich hier auch keine Heiterkeit gezeigt, wie es große Teile des Hohen Hauses sonst getan haben, und im übrigen glaube ich, daß der Herr Bundeskanzler mit den Ausführungen des Herrn Bundesjustizministers unzufriedener ist als ich.
Ich möchte nur auf zweierlei hinweisen. Ich habe nicht gesagt, daß in diesem Abkommen, das auf dem Petersberg geschlossen worden ist, bereits der Beitritt zum Ruhrstatut vollzogen sei. Ich wiederhole es nochmals, um jedes Mißverständnis auszuschließen: ich habe die Worte, daß die Bundesregierung die Absicht habe, dem Ruhrstatut beizutreten, dahin ausgelegt, daß das nichts anderes ist als die diplomatische Umschreibung dafür, daß sie die Verpflichtung übernimmt.
Ich wäre dem Herrn Bundeskanzler dankbar, wenn er uns sagen könnte, ob er sich die Ausführungen des Herrn Bundesjustizministers zu eigen macht und ob alle übrigen Folgen des Abkommens auch dann eintreten, wenn die Bundesregierung die Absicht des Beitritts nicht verwirklicht.
Das ist doch die Frage, um die es sich handelt!
Zweitens. Ich habe auch in keinem Teile meiner Ausführungen den Beitritt als einen Vertrag bezeichnet. Ich habe vielmehr darauf hingewiesen, daß die Verpflichtung zum Beitritt Teil eines Ab-
kommens ist, das man nur als Gesamtheit und Ganzheit betrachten kann und das ein Abkommen auf der völkerrechtlich-internationalen Ebene ist. Ich wäre dem Herrn Bundeskanzler dankbar, wenn er uns darüber Aufschluß geben würde, ob er die Auffassung des Herrn Bundesjustizminister teilt, daß die Verhandlungen auf dem Petersberg kein Abkommen gewesen sind und nicht auf dem Fuße der Gleichberechtigung stattfanden. Aber der französische Text, Herr Bundesjustizminister Dehler, den ich zu besitzen das Glück habe, nennt dieses Abkommen „Accord conclu". Ich glaube, die Übersetzung ist ganz einfach.
Wenn gesagt worden ist, die Regierung stehe in harter Verantwortung, und wenn immer so getan wird, als ob man hier auf den Vertretern der Opposition herumtreten
und ihnen den guten Glauben absprechen dürfe,
so frage ich Sie: Wenn die Regierung diese Verantwortung als so hart empfindet, warum holt
sie sich denn dann nicht die Zustimmung des
Der Herr Bundesjustizminister ist auch mit keinem Wort darauf eingegangen, daß ich darzulegen versucht habe, es trete in der politischen und in der rechtlichen Substanz eine Veränderung ein, wenn ich eine mir einseitig oktroyierte Pflicht freiwillig übernehme. Das ist das Entscheidende, und darüber habe ich nichts gehört. Aber ich verweise nochmals auf das Gutachten, in dem es heißt, daß der Beitritt selbst sogar eine in den auswärtigen Beziehungen Deutschlands abzugebende rechtsgeschäftliche Erklärung darstellt. Ich habe auch da jede Äußerung darüber vermißt, wie man die Abgabe einer rechtsgeschäftlichen Erklärung in auswärtigen Angelegenheiten aus der alleinigen Kompetenz des Herrn Bundespräsidenten fortnehmen kann.
Der Herr Bundesminister der Justiz hat sich gewundert, daß ich dieses Gutachten besitze, auf das er auch insoweit eingegangen ist. Ich bin der Meinung, daß die Bundesregierung in solchen Fragen und in solcher Stunde die Verpflichtung hätte, uns ein Rechtsgutachten des Herrn Bundesjustizministers vor der Sitzung gedruckt vorzulegen,
damit alle Mitglieder dieses Hohen Hauses wissen, wie man in der Regierung die Rechtslage beurteilt und von welchen Argumentationen sie ausgegangen ist. Das würde ich für einen demokratischen Weg halten, und nicht den, daß solche Gutachten in der Dunkelkammer bleiben.
Da der Herr Bundesjustizminister aber gezweifelt hat — er sagt, er kenne gar kein Gutachten —, will ich ihm sagen: es ist überschrieben „Gutachten über die Frage, ob der Beitritt zum Ruhrstatut der in Artikel 59 des Grundgesetzes vorgesehenen Gesetzesform bedarf", und ist unterzeichnet „Dr. Dehler, 21. November".
— Wenn der Herr Bundesjustizminister sein Gutachten nicht kennt, bin ich gern bereit, es ihm zur Verfügung zu stellen.