Rede von
Günter
Goetzendorff
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Meine Damen und Herren! Ich kann der Ansicht meines Herrn Vorredners nicht beipflichten, wenn er meint, der Herr Bundesminister der Finanzen habe sich über dieses Thema keine Gedanken gemacht. Ich glaube, er hat sich sehr wohl Gedanken darüber gemacht. Er ist einmal ein Optimist und ein andermal ein Pessimist, ganz wie er es braucht. Er ist in der Frage Bonn — Frankfurt und in der Frage der Aufwertung der Altsparerbeträge, seinem Steckenpferd, durchaus ein Optimist gewesen. Wenn es sich aber darum handelt, einen Betrag von 120 Millionen D-Mark für die Flüchtlinge aufzubringen, lernen wir Herrn Minister Schäffer als Pessimisten kennen. Wir haben in diesem Hause immer wieder das Flüchtlingsproblem aufgerollt, und die Zeitungen haben berichtet, wie aufgeschlossen wir gegenüber diesen Fragen sind. Heute aber, da wir auf Grund des SPD-Antrages den ersten Anlaß haben, einmal zu entscheiden und konkret zu den Dingen Stellung zu nehmen, erleben wir, daß alles wieder auf das bekannte parlamentarische Gleis abgeschoben werden soll, wie es die Rechte vorschlägt. Wir haben in diesem Hause einen Antrag angenommen, der die Empfehlung beinhaltet, die Heimatvertriebenen bevorzugt zu behandeln. Ich glaube, derartige Empfehlungen sind benützte Ausweichmöglichkeiten. Herr Minister Dr. Lukaschek hat erklärt, daß diese Summen notwendig seien, um den Vertriebenen draußen noch vor dem Weihnachtsfest die Möglichkeit zu geben, sich Anschaffungen zu machen. Jetzt hat Herr Dr. Kather von der CDU erklärt, man möge die Sache in einen Ausschuß überweisen. Dort wird dieser Antrag dann nach allen Regeln der Kunst geprüft und auf die lange Bank geschoben. Heute sollen wir den Flüchtlingen im Lande gegenüber erklären, daß wir einen solchen Betrag von 120 Millionen D-Mark ad hoc nicht bewilligen können. Meine Damen und Herren, wir haben schon über größere Beträge entschieden, wenn auch nicht gerade in der Frage Bonn oder Frankfurt. Für die Flüchtlinge würde der Betrag von 120 Millionen D-Mark viel Segen stiften. Wir müßten uns schämen, wenn es uns nicht möglich sein sollte, diese Mittel in Höhe von 120 Millionen D-Mark zu beschaffen. Meine Herren von der Rechten, die Flüchtlinge wollen nicht nur Empfehlungen hören. Sie wollen endlich auch einmal feststellen, daß wir für sie etwas tun.
Ich stehe daher auf dem Standpunkt, daß dem Antrag der SPD-Fraktion stattgegeben werden sollte und daß das Hohe Haus heute darüber beschließen sollte, damit diese Mittel endlich bereitstehen.