Rede von
Helmut
Bazille
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Seit jenem verhängnisvollen Federstrich, mit dem die Besatzungsmächte im Jahre 1945 das Recht der Kriegsbeschädigten und -hinterbliebenen auf Versorgung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beseitigt hatten, sind unter dem Zwange der Not dieses Personenkreises acht verschiedene Gesetze in den einzelnen Ländern der Bundesrepublik in Kraft getreten. In ihrem materiellen Inhalt weichen diese Gesetze in so hohem Maße voneinander ab, daß ein zwingendes Bedürfnis besteht, die Leistungen nach diesen Gesetzen einander anzugleichen. .
Darüber hinaus hat die Besatzungsmacht dem vom Wirtschaftsrat verabschiedeten Gesetz zur Verbesserung der Leistungen für Kriegsbeschädigte und -hinterbliebene ihr Veto entgegengesetzt mit der Erklärung, daß diese Angelegenheit durch den Deutschen Bundestag erledigt werden solle. Diese Gründe im wesentlichen haben zu den Anträgen der KPD und der CDU geführt, den Kriegsbeschädigten und -hinterbliebenen eine Überbrückungshilfe bis zu jenem Tage zu ge-
währen, an dem dieses Hohe Haus ein neues, einheitliches Versorgungsgesetz verabschieden wird, das auf der einen Seite den Belangen der Kriegsopfer, auf der anderen der Not unseres Volkes Rechnung tragen soll.
Der Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen war sich darüber klar, daß ein solches Überbrückungsgesetz nicht alle Wünsche befriedigen und allen sozialen Notwendigkeiten gerecht werden konnte, die durch die ungenügende Lösung des Versorgungsproblems der Kriegsopfer gegeben sind. Trotzdem ist es notwendig, dringende Notstände wenigstens auf diesem Wege zu beseitigen und ein in verschiedenen Ländern bestehendes Unrecht aufzuheben. Der Ausschuß war sich bewußt, daß die vorliegenden Anträge in diesem Sinne vielleicht formal lückenhaft sein können. Die Erklärung des Vertreters der Bundesregierung war aber eindeutig so aufzufassen, daß die Bundesregierung, wenn sie einen Entwurf fertigstellt, alle jene Punkte berücksichtigen wird, die sich in der bestehenden Ländergesetzgebung als reformbedürftig erweisen.
Nach den warmherzigen Worten, die der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung für die Kriegsopfer gefunden hat, und nach den Ausführungen, die von den verschiedenen Fraktionen dieses Hohen Hauses zu dem Problem der Kriegsopferversorgung gemacht worden sind, kann ich wohl darauf verzichten, die einzelnen Notstände, die eine Neuregelung der Kriegsopferversorgung notwendig machen, aufzuzeigen.
Nach der früheren Praxis des Deutschen Reichstags wurden Fragen der Kriegsopferversorgung von allen Fraktionen im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten als ein gemeinsames Anliegen des deutschen Volkes behandelt, und zwar unter bewußter Zurückstellung jedweden Agitationsbedürfnisses. Ich glaube, daß den Kriegsbeschädigten auch in diesem Falle durch eine möglichst rasch einsetzende sachliche Arbeit mehr geholfen werden kann als durch Proklamationen und Erklärungen von dieser Stelle. Ich möchte Sie deshalb bitten, dem Antrage des Ausschusses zu entsprechen.