Rede von
Hugo
Paul
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Ziemlich verspätet werden diese Anträge noch einmal durch das Plenum behandelt. Um so dringlicher ist die Annahme dieser Anträge.
Trotz des Protestes des Hauses und der gesamten Öffentlichkeit werden die Demontagen verstärkt weitergeführt. In zahlreichen Betrieben kam es in den letzten Wochen zwischen den Demontageunternehmern und zum Teil auch den Demontagearbeitern und den betroffenen Belegschaften zu Zusammenstößen. Das ist so weit gegangen, daß man auf Gelsenberg bereits den Einsatz von Kriminalpolizei und Schutzpolizei zur Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens angeordnet hat. Im Lande Nordrhein-Westfalen mehren sich die protestierenden Stimmen und mehrt sich die Empörung über die verstärkte Durchführung der Demontage. Haufenweise erscheinen Flugblätter und werden Plakate von Kolonnen angeklebt, die die sofortige Einstellung der Demontagen fordern und die auch ganz offen das zum Ausdruck bringen, was die Bevölkerung über die profitsüchtigen und, ich möchte es ganz deutlich sagen, landesverräterischen Demontageunternehmer empfindet.
Wir haben Ihnen diese beiden Anträge unterbreitet, damit der Bundestag durch ihre Annahme zum Ausdruck bringt, daß er sich mit jenen Deutschen solidarisch erklärt, die sich im Interesse der deutschen Nation für die Erhaltung unserer Industriewerke und im Interesse der Werktätigen für die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze einsetzen und eingesetzt haben. Wir sollten, nachdem die britische Militärregierung sogar in das Vorgehen der Regierungspräsidenten gegen die Vergehen einzelner Demontageunternehmer eingegriffen hat, zum Ausdruck bringen, daß unsere Sympathie bei jenen Menschen ist, die gegen die Demontage Widerstand leisten. Dieser Widerstand ist berechtigt und fußt auf dem Völkerrecht. Die Demontagen, die durchgeführt werden, widersprechen nämlich dem Abkommen von Potsdam.
Wir haben in den Anträgen zum Ausdruck gebracht, daß der Bundestag von der Militärregierung die Aufhebung der Urteile und die Amnestierung der Verurteilten wünschen sollte. Wir sind weiter der Meinung, daß man beschließen sollte, den Menschen, die unter Anklage gestellt waren, die Haft- und Prozeßkosten und den ausgefallenen Lohn oder das Gehalt zu bezahlen. Ich denke, daß durch die Annahme dieser Anträge der Bundestag noch einmal die Forderung auf sofortige Einstellung der Demontage deutlich unterstreicht. Alles Schreiben in der Presse, alle Verlautbarungen der Westmächte von Verhandlungen über die Demontage scheinen mir nur eine Verzögerung darzustellen. Man scheint uns mit einem Demontagestop dann beglücken zu wollen, wenn unsere Betriebe unter dem Schneidbrenner und unter dem Vorschlaghammer restlos zertrümmert wurden. Ich denke, durch die Annahme dieser beiden Anträge bringen wir auch gegenüber der Ruhrbevölkerung zum Ausdruck, daß wir im Kampf um die Erhaltung unserer Betriebe und der Arbeitsplätze hinter ihr stehen. Ich möchte Sie bitten, unseren Anträgen Ihre Zustimmung zu geben.