Rede von: Unbekanntinfo_outline
Hohes Haus, meine Damen und Herren! Ich will nicht große Ausführungen zur Sache machen. Das ist auch nicht notwendig, nachdem die heutige Diskussion in so großer Einmütigkeit verlaufen ist. Ich darf meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, daß das ungeheuerliche Problem der Heimatvertriebenen hier so einhellig behandelt wird. Ich will nur einiges zu der Stellungnahme des Herrn Staatsministers Albertz sagen, der hier erklärt hat, daß der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert hat, eine Verordnung nach Artikel 119 des Grundgesetzes betreffend den Austausch der Heimatvertriebenen aus den schwer belegten Ländern in die aufnahmefähigen Länder vorzulegen. Ich darf dazu meinen grundsätzlichen Standpunkt mitteilen.
Bei Antritt meines Amtes habe ich diesen Vertriebenenausgleich als das schwerste, wichtigste und eiligste Problem angesehen. Ich bin mir auch bewußt gewesen, daß der Artikel 119 des Grundgesetzes der Bundesregierung nun die Gesetzesklinke in die Hand gibt. Aber ebenso bin ich mir darüber klar, daß von dieser Gesetzesklinke nicht sofort Gebrauch gemacht werden sollte, sondern
daß es viel besser war, erst einmal den Weg der Freiwilligkeit zu gehen: Ich habe im Verlauf der vorigen Woche mit den Vertretern der Länderflüchtlingsverwaltungen verhandelt und habe dabei ein hohes Maß der Bereitschaft für die Freiwilligkeit vorgefunden. Ich darf mit Freude feststellen, daß insbesondere die Länder der früheren französischen Zone sich grundsätzlich, und zwar freiwillig, zur Aufnahme von Vertriebenen bereit erklärt haben. Wenn nunmehr der Bundesrat den Beschluß gefaßt hat, die Vorlegung einer Verordnung nach Artikel 119 des Grundgesetzes zu fordern, so kann ich das wieder nur begrüßen. Denn jetzt ist der Weg bereitet. Es kommt doch bei Gott nicht auf das formale Dasein eines Gesetzes an, sondern darauf, daß der Inhalt des Gesetzes vom sittlichen Willen getragen wird. Durch die Erklärung, daß man freiwillig tun wolle, was jetzt das Gesetz noch aussprechen soll, wird ja die Wirkung unserer Arbeit für die Heimatvertriebenen um so stärker. Denn jetzt ist sie von sittlichem Willen getragen. Die ganze Aufgabe im Interesse der Heimatvertriebenen ist doch nur zu lösen, wenn das deutsche Volk diese Aufgabe als eine gesamtdeutsche Aufgabe und als sittliche Notwendigkeit auffaßt. Dann haben wir Wirkung im innern und haben, was vielleicht noch wichtiger ist, den ersten Schritt getan, damit die internationale Welt das Problem immer mehr erkennt und auch erkennt, daß wir das Problem allein nicht lösen können, sondern daß uns geholfen werden muß.
Die Bundesregierung wird also die Verordnung vorlegen. Die Bundesregierung wird insbesondere, was Herr Staatsminister Albertz, glaube ich, nicht gesagt hat, eine zweite Verordnung über den Fall Ostzonenflüchtlinge, Lager Uelzen usw. vorlegen. Die Dinge liegen parallel. Ich will mich darüber nicht näher aussprechen.
Ich brauche zu der Diskussion nichts zu sagen, ich kann vielmehr jedes Wort auch der Opposition und insbesondere des Oppositionsredners Reitzner wörtlich und vollinhaltlich unterstreichen. Der Antrag Nr. 33 der SPD gibt ja einfach das Riesenprogramm, das Höchstprogramm wieder, das ein Flüchtlingsministerium überhaupt erfüllen kann. Ich will deshalb nicht im einzelnen darauf eingehen.
Wenn der verehrte Abgeordnete der KPD zwei Fragen angeschnitten und mich gefragt hat, was ich in einem Interview über die finanzielle Frage gesagt habe, so weiß ich es nicht genau. Ich weiß nicht, welches Interview er gemeint hat. Leider muß ich aber auch an die Finanzen denken. Das ist eine harte Tatsache. Ich muß mich in dieser Beziehung natürlich sehr schwer auseinandersetzen und nach dem strecken, was wir vermögen.
Wenn der Vertreter der Kommunisten weiter gerügt hat, daß in dem Antrag Nr. 78 ein Sonderreferat für die noch in Polen und in der Tschechei befindlichen Deutschen gefordert wird, so möchte ich keinen Irrtum aufkommen lassen. Ich glaube, er hat die Dinge irrtümlich angesehen. Es handelt sich wohl auch nicht darum, daß ein Sonderreferat eingerichtet werden muß, dem er solche gefährlichen Hintergedanken unterschiebt oder von dem er sie jedenfalls befürchtet. Es handelt sich vielmehr ganz einfach darum, daß sich in Polen und in der Tschechoslowakei noch etwa 300 000 Deutsche befinden, die auf den Abtransport warten. Der Abtransport ist durch das Internationale Rote Kreuz vorbereitet und sollte in den letzten Monaten erfolgen. Er hat aber durch den Einspruch der Militärregierung einen Stop erlitten. Die