Rede von
Dr.
Thomas
Dehler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Die Regierung ist mit den Antragstellern der Überzeugung, daß die Symbole unseres Staates, daß die Bundesfarben und die Bundesflagge gegen böswilligen Mißbrauch auch des strafrechtlichen Schutzes bedürfen.
Sie stimmt also in der Tendenz mit dem Antrag überein, hat aber im einzelnen Bedenken. Sie hat es daher für richtig gehalten, von sich aus eine Vorlage an den Bundesrat und an dieses Hohe Haus zu leiten. Darüber ist bereits Beschluß gefaßt. Mein sehr verehrter Herr Kollege Dr. Arndt hat wohl recht, wenn er die bei dem vorausgegangenen Tagesordnungspunkt von mir angeregte Behandlung nicht billigt, sondern der Meinung ist, daß die neue Vorlage abgewartet werden muß und daß hier nur die Grundlinien der Beratung festgelegt werden sollen. Ich darf mir deswegen gestatten, die Vorlage, wie sie die Regierung bereits beschlossen hat, kurz zu erläutern und dabei zu dem Antrag des Zentrums kritisch Stellung zu nehmen.
Wir sind zunächst der Ansicht, daß es nicht zweckmäßig ist, ein Sondergesetz zu erlassen. Die Regierung hat beschlossen, eine Ergänzung des Strafgesetzbuchs zu beantragen, also die Bestimmungen, die den Schutz der Bundesflagge und Bundesfarben erstreben, in das Strafgesetzbuch einzufügen, damit das diskriminierte Verhalten schon äußerlich den gemeinen Delikten des allgemeinen Strafgesetzbuchs gleichgesetzt wird. Es soll nicht so kommen, daß Feinde des Staates wieder die Möglichkeit haben, den politischen Märtyrer zu spielen. Das wollen wir ausschließen.
Der Antrag des Zentrums scheint uns zum Teil über das richtige Maß hinauszugehen. Es kann nicht Sache des Gesetzes sein, jede private, in engem persönlichem Kreis fallende Äußerung vor den Strafrichter zu bringen. Das würde ja nur Schwäche verraten.
Es würde vielleicht dazu führen, daß eine viel gefährlichere Art des hinterhältigen Kampfes gegen den Staat wieder beginnen würde. Wir sind deswegen der Meinung, daß nur die öffentliche Verächtlichmachung der Bundesfarben und der Bundesflagge unter Strafe gestellt werden soll. Hingegen sind wir mit den Antragstellern der Auffassung, daß die Strafandrohung eine hohe, eine abschreckende sein soll, und akzeptieren daher den Antrag, daß die Mindeststrafe drei Monate betragen soll. Wir sind mit dem Herrn Vorredner aber durchaus der Meinung, daß es rechtlich und rechtspolitisch unmöglich erscheint, die Diskussion über die Bundesfarben und über die Bundesfragge auszuschließen oder gar unter Strafe zu stellen,
Dabei sind wir uns durchaus der Gefährlichkeit dieser Dinge bei böswilligen Menschen bewußt. Aber es ist doch unmöglich, eine politische Frage — und am Ende sind auch die Symbole eines Staates
eine politische Frage — der Diskussion überhaupt zu entziehen.
— Wir wollen sie wahren und sind der Meinung, daß der § 2 — —
— Der Herr Kollege Schmid darf nicht vergessen, daß ich als Bayer für die Grundrechte einstehe. Trotz der Distanz, die •zwischen Herrn Seelos und mir in manchen anderen Dingen besteht, hoffe ich doch, dazu beizutragen, daß Bayern ein Hort der Grundrechte des Bundes wird.
— Wir wollen sie begründen. Wir haben eine alte bayrische liberale Tradition, die wir wieder fruchtbar machen wollen.
Eine andere Frage, über die man verschiedener Meinung sein kann, ist die, ob es verboten sein soll, Bundesfarben zu geschäftlichen Zwecken zu verwenden. Insoweit hatte ich mich ursprünglich auf den Boden des Antrags der Zentrumsfraktion gestellt. Wir wissen, daß die Übung in der Welt eine andere ist, daß demokratische Völker gern und mit einer gewissen Liebe ihre Symbole auch bei der geschäftlichen Werbung verwenden, besonders Nordamerika. Der Herr Bundeskanzler hat daran erinnert, daß wir bei der sehr eindrucksvollen Tagung des Europarats in Den Haag im Mai vorigen Jahres von der niederländischen Regierung mit kleinen Gebrauchsartikeln beschenkt worden sind, die die Farben des Staates trugen. Die Regierung ist der Meinung, man sollte sich da auf den Takt unseres Volkes und unserer Geschäftsleute verlassen und gesetzgeberisch keine Hemmungen einschalten. Besonders sollte man solche Dinge nicht unter Strafe stellen.
Der Antrag der Bundesregierung wird dahin gehen, in das Strafgesetzbuch eine Bestimmung folgenden Inhalts einzufügen:
Wer die Bundesfarben oder die Bundesflagge öffentlich verächtlich macht, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft.
Das ist eine besonders schwere Strafandrohung; aber wir haben sie für nötig gehalten. In besonders leichten Fällen gibt das Strafgesetzbuch die Möglichkeit, die Gefängnisstrafe in eine Geldstrafe umzuwandeln.
Ich muß es dem Hohen Hause überlassen, wie es die Angelegenheit geschäftsordnungsmäßig behandeln will, ob hier wie beim Straffreiheitsgesetz der Eingang der Regierungsvorlage abgewartet werden soll.