Rede von
Ernst August
Farke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Infolge der Erwähnung und der Art der Behandlung, die zu falschen Deutungen führen konnte, bei der Stellungnahme zur Regierungserklärung durch ein Mitglied meiner Fraktion, sah sich die Zentrumsfraktion veranlaßt, die Gesetzesvorlage, wie sie in der Drucksache Nr. 25 niedergelegt ist, einzubringen.
Die Begründung weist ausdrücklich darauf hin. Sie unterstellt sogar, daß diese Auslassung böswillig, im respektlosen Sinn gemeint gewesen sei. Die Auslassung selbst bietet aber kaum eine Handhabe dafür und, soweit ich meinen Kollegen kenne, ist diese Unterstellung ganz bestimmt nicht richtig. Ich habe vielmehr das Gefühl — und meine Freunde mit mir —, daß bei der Mißdeutung seiner Worte kein guter Wille Pate gestanden hat. Daß wir alle nach den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit und der täglichen Gegenwart auf jede politische Äußerung feinfühlig reagieren, ist verständlich. Daß wir aber aus jener etwas unglücklich formulierten Äußerung eine nationale Gefahr konstruieren und damit den Teufel an die Wand malen, ist unklug, wenn nicht gar gefährlich.
Wir verfolgen beinahe jeden Tag mit Bitterkeit die Mißdeutung unserer berechtigten Proteste gegen Demontage und Zerstörungen im Westen im Ausland. Wir sollten uns im eigenen Hause hüten, dieselbe Praxis zu üben. Vollständig abwegig ist es aber, wenn mit dieser falschen Deutung der gemachten Ausführungen die Deutsche Partei identifiziert wird. Ihre Stellungnahme zur Flaggenfrage ist eindeutig.
— Sie ist genau so eindeutig wie bei Ihnen. Ich weiß nicht, was Sie sagen wollten, ich habe es nicht verstanden. Ich bitte, es etwas deutlicher zu sagen. — Die Deutsche Partei lehnt jeden Flaggenstreit ab. Ihr sind alle Symbole heilig, unter denen die deutsche Nation groß war, unter denen sie Achtung und Ansehen in der Welt genoß.
- Wenn Sie das Hakenkreuz so beurteilen, daß unter ihm die deutsche Nation Ansehen in der Welt hatte, ist das Ihre Sache.
Wir sind anderer Ansicht.
Die Deutsche Partei fühlt sich mit der ältesten politischen Gruppe in Deutschland, der Deutschen Partei von 1867, in nicht abgerissener Kette verbunden, die unter dem Symbol von Schwarz-RotGold alle deutschen Stämme damals vereinigt wissen wollte.
Der Anlaß zur Vorlage dieses Gesetzes ist also nach meinem Dafürhalten mehr als gesucht, der Text selbst aber geradezu bedenklich.
Die Fassung in § 1 läßt der Willkür jeden Spielraum, bietet aber andererseits auch alle Möglichkeiten zu geschickten Umgehungen. Drakonische Strafandrohungen wecken keine Liebe, Achtung und Verehrung; denn Liebe, Achtung und Verehrung werden niemals aus Zwang, sondern allein aus der freien Entscheidung des einzelnen Menschen geboren, und zu dieser positiven Entscheidung führt allein der Wert unserer Arbeit hier, Herr Professor Dr. Schmid, die wir für das neue Deutschland leisten.
Wer mit Zwang und Strafe Probleme lösen will, hat sich selbst das Zeugnis der Unfähigkeit ausgestellt.
Ganz unmöglich ist aber § 2.
Er verstößt gegen das vornehmste Recht der Demokratie, gegen das Recht der freien, unteilbaren Diskussion.
Wenn es noch Meinungsverschiedenheiten über die Farben Schwarz-Rot-Gold in unserem Volke gibt, so spielen dabei Erinnerungen an die Zeit von 1918 bis 1933 keine unwesentliche Rolle.
Ferner der nicht befriedigte Wunsch nach einer Volksabstimmung und. endlich die Tatsache, daß Schwarz-Rot-Gold auch das Symbol für das totalitäre volksdemokratische System in der Ostzone ist.
Unsere Handelsschiffahrt wünscht für sich aus technischen Gründen die schwarz-weiß-rote Flagge mit der schwarz-rot-goldenen Gösch, wie sie von 1918 bis 1933 geführt wurde. Durch Paragraphen und Verbote wie in dem vorliegenden Gesetz sind diese Wünsche und Meinungsverschiedenheiten nicht aus der Welt zu schaffen. Sie werden in dem Maße verstummen, wie es uns hier gelingt, die berechtigten Wünsche der Mehrheit unseres Volks in dieser Frage zu befriedigen, wie es uns gelingt, die Meinungsverschiedenheiten durch einen stetigen politischen und wirtschaftlichen Gesundungsprozeß zu überwinden, so daß Stolz und Achtung vor dem gesundenden Vaterlande auch Stolz und Achtung für seine Symbole in sich schließen. Westdeutschland hat die Freiheit gewählt. Wir in der Deutschen Partei nehmen diese Freiheit ernst und sind uns bewußt, daß das Wagnis und Verantwortung bedeutet. Verbote schaffen Märtyrer, auch für eine schlechte Sache. Wir lehnen Märtyrer ab. Wir können
darum dieser Vorlage unsere Zustimmung nicht geben.