Rede:
ID0101103300

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Metadaten
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    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
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    4. Herr: 1
    5. abgeordneter: 1
    6. Dr.: 1
    7. Richter.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 11. Sitzung. Bonn, Freitag, den SO. September 1949 203 11. Sitzung Bonn, Freitag, den 30. September 1949. Geschäftliche Mitteilungen 205D Schreiben der Zentrumsfraktion, betreffend Stellenanteilkartell WAV/Zentrum . . 206A Schreiben der Fraktionen der FDP und der DP, betreffend Fraktionsverbindung . . 206A Beschwerde des Abg. Reimann gegen einen Ordnungsruf 206B Mißtrauensantrag der Fraktion der KPD gegen den Bundestagspräsidenten Dr. Köhler . . . . . . . . . . . 207A Beschlußfassung über die Mitgliederzahl der Ausschüsse und Verfahren zu ihrer Besetzung (Drucksachen Nr. 48 und 64) . . 207A Dr. Seelos (BP) 20'7B Renner (KPD) 207B, 208D Schoettle (SPD) . . . 207D, 208D, 209C Gengler (CDU) 208A, 209C Scharnberg (CDU) 209A Dr. Miessner (NR) . . . . . . 210C Anträge der Fraktionen der SPD und der KPD betr. Demontagen und Demontageverweigerer (Drucksachen Nr. 2, 6, 7 und 11) 210D Healer (SPD) 211A, 226A Paul (KPD) 215C, 226D, 227D Unterbrechung der Sitzung . . 218B Dr. Dr. Lehr (CDU) . . . . 218B, 224A Storch, Bundesminister für Arbeit . . . . .. . . . 221D, 227C Dr. Richter (NR) 222B Tichi (WAV) 223D Frau Wessel (Z) . . . . . . . 224A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 226A Renner (KPD) 228A Anträge der Fraktionen der SPD und der DP, betr. Groß-Berlin (Drucksachen Nr. 3, 16 und 40) 228A Frau Schroeder (SPD) 228C Dr. von Merkatz (DP) 233A Dr. Tillmanns (CDU) 235A Dr. Hamacher (Z) . . . . . . . 238B Dr. Reif (FDP) 239B Dr. Falkner (BP) . . . . . . . 240C Müller, Oskar (KPD) 241A Kaiser, Bundesminister für gesamt- deutsche Fragen 242D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 243C Strauß (CSU) 243D Dr. von Brentano (CDU) . . . . 244B, C Anträge der Fraktion der SPD und der Abg. Dr. Hilpert, Euler u. Gen., betr. vorläufigen Sitz der leitenden Bundesorgane (Drucksachen Nr. 4 und 19), und der Fraktion der KPD, betr. Wohnraumbeschlag- nahme (Drucksache Nr. 9) 244A Zinn (SPD) 244D, 252A Dr. Hilpert (CDU) 249A Dr. Linnert (FDP) . . . . . 250C, 253A Müller, Kurt (KPD) 250D Schäffer, Bundesminister f. Finanzen 251A Dr. Bucerius (CDU) . . . . 252B, 255B Euler (FDP) 253A Ollenhauer (SPD) 253B Dr. Schäfer (FDP) 253B Dr. von Brentano (CDU) 253D Dr. Becker (FDP) . . . . . . 254B Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . . . 255A Renner (KPD) 255C, D Hilbert (CDU) 256A Paul (KPD) 256A Antrag Loritz betr. Aussetzung eines Gerichtsverfahrens gegen ihn (Drucksache Nr. 49) 256B Loritz (WAV) . . . . . . . . 256C Dr. von Brentano (CDU) . . . . 256C Beschlußfassung über die Überweisung von Anträgen an Ausschüsse (Drucksachen Nr. 13, 20 bis 24, 26, 27, 29 bis 34) . 256D Nächste Sitzung 257D Die Sitzung wird um 11 Uhr 15 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Anton Storch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Die dem Hause vorliegenden Anträge Nr. 7 und 11 sowie viele Anregungen und Anträge an den Herrn Bundeskanzler und das Ministerium für Arbeit beschäftigen sich mit der Frage, wie den


    (Bundesminister Storch )

    Arbeitnehmern geholfen werden kann, die als Demontageverweigerer in Schwierigkeiten und Not gekommen sind. Sie können versichert sein, daß die Bundesregierung der Not der Demontageverweigerer mit größter Aufgeschlossenheit und mit ernster Bereitwilligkeit zu durchgreifender Hilfe gegenübersteht. Was in dieser Hinsicht irgend möglich ist, soll und wird geschehen. Gerade weil mir daran liegt, den Betroffenen nicht nur auf dem Papier, sondern durch die Tat zu helfen, fühle ich mich verpflichtet, darauf hinzuweisen, daß diese Angelegenheiten einer ebenso schnellen wie gründlichen Überlegung bedürfen. Es muß insbesondere eine Form gefunden werden, die besatzungsrechtlich vertreten werden kann. Vor allem aber muß eine einwandfreie Rechtsgrundlage geschaffen werden.
    .Unter anderem ist beantragt worden, die Bundesregierung möge den Arbeitsämtern des Bundesgebietes die Vermittlung von Arbeitskräften für Demontageunternehmer untersagen. Das ist nicht möglich, weil die Arbeitsämter als Landesbehörden nicht dem Weisungsrecht der Bundesregierung unterstehen. Dieses Beispiel zeigt Ihnen, daß wir durch die Annahme der gestellten Anträge dem Ziel nicht näherkommen.
    Das Hohe Haus dürfte den Betroffenen am besten dienen, wenn die Erledigung dieser Fragen der Bundesregierung überlassen wird, weil von ihr aus am schnellsten und wirkungsvollsten geholfen werden kann.

    (Bravorufe und Händeklatschen bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr abgeordneter Dr. Richter.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren! Churchill, Roosevelt und Stalin haben auf der JaltaKonferenz erklärt, es sei nicht ihre Absicht, das deutsche Volk zu vernichten, man wolle dem deutschen Volk eine Hoffnung auf ein würdiges Leben und einen Platz in der Völkergemeinschaft lassen. Gewiß erklärte man auch, daß man die deutsche Industrie, soweit sie für die militärische Produktion benutzt werden könne, beseitigen wolle oder unter Kontrolle zu stellen beabsichtige. Allerdings wissen wir aus der in allen Zonen Deutschlands durchgeführten Demontage, was man unter Umständen als für die militärische Produktion geeignet hinstellen kann.
    Es ist in mehreren Plänen, die die Demontage betreffen, nicht zuletzt in dem Reparationsplan der beiden angelsächsischen Mächte vorn 31. März 1946 erklärt worden, Deutschland sollten soviel Mittel belassen werden, daß es ohne eine Hilfe von außen existieren könne. Daß das schon längst nicht mehr der Fall ist, wissen wir. Wir wissen auf der andern Seite, daß eine weitere Zerstörung der deutschen Wirtschaftskraft das deutsche Leben schlechthin bedroht, nachdem uns die Ostgebiete geraubt worden sind und wir gerade heute auf einen weit größeren Export zur Ernährung unseres deutschen Volkes angewiesen sind, als das der Fall wäre, wenn wir diese Ostgebiete noch hätten.
    Es erhebt sich in diesem Zusammenhang eine Frage, über die ich nachzudenken bitte, die Frage nämlich, ob die Reparationen völkerrechtlich überhaupt begründet werden können. Der amerikanische Senator Armstrong hat am. 5. Oktober 1947 an General Clay einen Brief gerichtet, in dem es wörtlich heißt:
    Des weiteren, General Clay, erlaube ich mir,
    Ihnen zu empfehlen, daß Sie einmal prüfen,
    mit welchem Recht man Ihnen empfiehlt, diese
    Demontagen durchzuführen. Ich kann weder im
    amerikanischen noch im internationalen Recht
    irgendeine diesbezügliche Bestimmung finden.
    Die Vereinigten Staaten haben die Haager
    Konvention unterzeichnet, welche ausdrücklich
    festlegt, daß nach Einstellung der Feindseligkeiten die Streitkräfte irgendeiner kriegführenden Macht kein Recht haben, Eigentum zu
    zerstören oder zu demontieren und daß die
    Entscheidung über zu leistende Reparationen
    ein Teil des Friedensvertrags sein muß.
    „Ist aber ein Sieger berechtigt, v o r dem Friedensvertrag Reparationen zu entnehmen?" fragte der Abgeordnete Stokes am 27. Oktober 1947 das britische Unterhaus. Ich glaube, diese Äußerungen und der Hinweis, den ich eben gemacht habe, zeigen klar und deutlich, daß von dieser Seite her die deutschen Ansprüche durchaus erhärtet werden können, endlich mit der Demontage Schluß zu machen, von der es selbst im Potsdamer Abkommen heißt — das nebenbei bemerkt dem Völkerrecht widerspricht —, daß die Demontage am 2. 2. 1948 beendet sein sollte. Den Beweis hierfür können Sie im „Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland" ebenso finden wie in einem Bericht Sir Ralph Clynns im Unterausschuß des Estimates Committee des britischen Unterhauses.
    Wir wissen genau, worauf die späteren Demon-
    tagen zurückzuführen sind. Es ist hier in diesem
    Kreise des öfteren darüber gesprochen worden,
    und es ist auch das Wort vom Konkurrenzneid gefallen. Der New Yorker Abgeordnete George faßte
    das am 25. Juli dieses Jahres in folgende Worte:
    Beweise, die ich in den letzten zwei Wochen beschaffen konnte, zeigen, daß seit dem 13. April 1949 die Demontagen mehr und mehr die Form einer regelrechten Verschrottung der Fabriken angenommen haben. In britischen Militärregierungskreisen wird der Vorwand, es handle sich um die Demontage von Rüstungsunternehmen oder die Ausmerzung überschüssiger Kapazitäten offensichtlich schnell fallengelassen. Seit dem Washingtoner Abkommen sind verschiedene unvorsichtige Erklärungen -offizieller Persönlichkeiten in der britischen Zone gemacht worden, aus denen sich ergibt, daß die Demontagen für Großbritannien eine gesunde Wirkung haben werden, indem sie nämlich die gefährlichste deutsche Konkurrenz ausschalten.
    Nachdem er darauf hingewiesen hatte, daß die Zerstörung der deutschen Betriebe vor allem in den Herzgebieten der deutschen Industrie dieselbe Wirkung haben muß, wie wenn man einem Menschen zwar Kopf und Füße läßt, dagegen den ganzen Rumpf wegoperiert, schloß er seine Ausführungen mit den Worten:
    All dieses läuft auf eins hinaus, daß, wenn Deutschland in Weideland verwandelt werden soll, um England den Verkauf seiner preisgesteigerten Erzeugnisse zu ermöglichen, die amerikanischen Steuerzahler auch weiterhin die deutsche Bevölkerung auf einem Hungerlebensniveau erhalten müssen, für das sie nur Haß ernten werden.
    Wir wissen nach amtlichen Feststellungen, daß im September dieses Jahres bereits 300 000 Arbeitsplätze durch die Demontage verlorengegangen sind. Das bedeutet, daß ungefähr 900 000 Menschen


    (Dr. Richter)

    ihren Lebensunterhalt aus der früheren Arbeit verloren haben. Betrachtet man die völkerrechtliche Situation Deutschlands in dieser Hinsicht, so, glaube ich, haben wir allen Grund, immer und immer wieder gegen diese Maßnahmen Front zu machen, die wahrhaftig nicht dem auch von uns gewünschten Frieden und dem Zusammengehen der Völker Europas dienen können.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch das Augenmerk des Hohen Hauses auf ein Gebiet hinwenden, das meines Wissens heute noch nicht erwähnt wurde und in dem bei den nunmehr begonnenen Demontagen gerade Ostvertriebene in außerordentlich großer Zahl um ihre Arbeitsplätze kommen: das ist das Gebiet von Watenstedt-Salzgitter.

    (Zuruf links: Das ist erwähnt worden!)

    — Es ist erwähnt worden? Ich habe gesagt „meines Wissens"; ich bitte um Verzeihung.
    In den Jahren 1945 bis 1947 wurden in allen Zonen ohne deutsche Zustimmung einseitig Reparationsmaßnahmen durchgeführt, und im Jahre 1948 begann eine Serie systematischer Reparationsentnahmen besonders in der britischen Zone, in welcher sich ja das wichtigste deutsche Industriegebiet in Rheinland-Westfalen befindet. Da es nicht möglich war, in diesem in langen Jahrzehnten feingegliederten Organismus die Demontagearbeiten mit den eigenen Besatzungstruppen durchzuführen, griff die britische Militärregierung dazu, unter Ausschluß eines Berufungsrechts und mit Strafandrohung im Weigerungsfalle deutsche Arbeiter dazu zu zwingen, an einseitig beschlossenen Demontagemaßnahmen gegen deutsche Friedensproduktionsbetriebe mitzuwirken. Sie ließ sich darin auch nicht durch den in dem großen Demontageverweigererprozeß in Bochum erbrachten Beweis behindern, daß nach internationalen Rechtsvorschriften die bisherigen Reparationsmaßnahmen in Deutschland keine Rechtsgültigkeit besitzen. Einmal widerspricht es dem Grundgesetz, Artikel 12, Absatz 3 und 4, deutsche Arbeiter zur Zwangsarbeit zu bringen. Aber nicht nur hier wird jede Zwangsarbeit abgelehnt. Ich verweise auf das am 3. November 1947 durch das Internationale Militärgericht gefällte Urteil gegen Oswald Pohl, in dem es heißt:
    Es gibt keine wohlwollende Sklaverei. Unfreiwilliger Dienst, wenn auch durch humane
    Behandlung gemildert, ist immer noch Sklaverei. Und in der Verfassung der Vereinigten Staaten heißt es:
    Weder Sklaverei noch unfreiwillige Dienstleistung — ausgenommen als Strafe — soll weder in den Vereinigten Staaten noch in irgendeinem anderen unter deren Gerichtsbarkeit stehenden Ort bestehen.
    Und die Charta der Menschenrechte der Vereinten
    Nationen vom Dezember 1948 erklärt in Artikel 23:
    Jeder hat das Recht der freien Wahl der Beschäftigung.
    Niemand darf also nach dieser Charta der Menschenrechte zu irgendeiner Arbeit gezwungen werden.
    Wenn man sich nun hier vielleicht damit herauswinden möchte, daß man diese ganzen Befehle, die darüber ergangen sind, auf das Militärische schieben wollte, so erlaube ich mir, das Hohe Haus auf das „Manual of Military Law" hinzuweisen, in dem es in Punkt 354, nachdem vorher das Völkerrecht genau aufgebaut und gegliedert und damit die Rechte der Besatzungsmacht gekennzeichnet sind, heißt:
    Es wird ihr als nicht mehr gestattet angesehen, daß sie ihren Willen ungezügelt durchsetzt und die Rechte der Einwohner ignoriert.
    Wir sehen in den Anträgen, die hier vorliegen, Anträge, denen wir an sich unsere innerste Zustimmung geben. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang betonen, daß wir für die Demontageverweigerer wie für die Verurteilten die Regierung bitten, auf jeden Fall alles zu tun, um diesen Menschen zu helfen. Aber auch das Schicksal jener Millionen, die durch die Demontage um ihre Arbeitsplätze gekommen sind, steht uns so hoch und ist für uns so ungeheuer bedeutungsvoll, daß wir es ablehnen müssen, das Schicksal dieser Menschen hier zu Propagandazwecken mißbrauchen zu lassen.

    (Beifall rechts.)

    Wir wissen genau, wie man diesen Menschen helfen kann, aber wir stehen auf dem Standpunkt, daß sich diejenigen auch auf der andern Seite des Eisernen Vorhangs für die Belange des deutschen schaffenden Menschen einsetzen sollten, die sich über dieses oder jenes auf dieser Seite — hier hüben — aufregen, ohne den Mut aufzubringen, auch, der sowjetischen Besatzungsmacht, ihrem Brötchengeber, ganz gehörig Bescheid zu geben, um die Rechte Deutschlands zu verteidigen. Anträgen dieser Leute, die nur Propaganda mit der Not der Menschen treiben, können wir unsere Zustimmung nicht geben.

    (Beifall rechts. — Zurufe links.)