Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abgesehen von dem einen Redner, der hier in diesem Hohen Hause die Meinung Moskaus vertrat,
haben sich doch alle anderen in sehr erfreulicher Art und Weise geschlossen auf eine Linie gestellt. Alle haben herauszuarbeiten versucht, was für einen schweren Schlag die Alliierten uns mit diesem Diktat zugefügt haben, das zweifelsohne kein guter Anfang für die junge, neue deutsche Demokratie ist. Ich glaube auch sagen zu können, daß der Vorschlag, den uns die Bundesregierung hier vorgetragen hat, den sie der alliierten Kommission überreicht hat mit der Bitte, einen Kurs von 22,5 Cents festzusetzen, so vernünftig ist, daß wir ihm ohne weiteres zustimmen können. Und es wäre zwecklos gewesen, über dieses Thema hier nun vorher eine stundenlange fruchtlose Debatte zu führen. Wir wollen, daß unsere Regierung in diesen Dingen durchaus Handlungsfreiheit hat und nicht eine Puppe in unserer Hand ist. Wir werden sie schon rechtzeitig korrigieren, wenn es notwendig ist.
Wir wissen, daß der bisherige Kurs von 30 Cents zu hoch war, daß unser Export unter ihm litt, daß sich dieses Nichtexportierenkönnen am allermeisten gegen die deutsche Arbeiterschaft und gegen die Flüchtlinge richtet, denen wir dadurch nicht die entsprechenden Industrien aufbauen konnten, die wir brauchen, die wir haben müssen, um sie ernähren zu können. Gegen diese richtet es sich! Wir müssen mit unserem D-MarkKurs heruntergehen, nachdem es in England zur Pleite des dortigen Systems gekommen ist und wir jetzt, ob wir wollen oder nicht, ob es uns paßt oder nicht paßt, in unserem eigenen Interesse nachfolgen müssen.
Aber der Kurs von 22,5 Cents, den die Regierung vorgeschlagen hat, erscheint uns angemessen. Wenn die Alliierten diesen Kurs höher setzen, auf 23,8 Cents, und dann noch von „diskriminierenden Handelspraktiken" sprechen, so können wir hier schlechterdings nicht mehr folgen. Wir sehen keine diskriminierenden Handelspraktiken, sondern wieder nur einen neuerlichen Versuch, unseren Export, ohne den wir nicht leben können, herunterzudrücken, im Sinne der eigenen Unternehmerschaft, die uns nicht hochkommen lassen will.
Die Kohlenpreis-Erhöhung, deren Durchführung man ganz diktatorisch von uns innerhalb von sieben Tagen verlangt, bedeutet eine Verminderung
des Gesamtrealeinkommens des Volkes um mindestens 20 Prozent. Dadurch wird, wie schon mehrere meiner Vorredner sagten,, nur die berühmte Lohn-Preis-Spirale in Bewegung gesetzt. Wir können nur sagen, daß diese Maßnahme sich über kurz oder lang gegen die Urheber selbst wenden wird; denn durch eine solche Praktik, mit der man nichts anderes anderes tut, als die deutsche Volkswirtschaft zu vernichten, die mit Hilfe des Marshallplanes langsam wieder anfängt gesund zu werden, baut man unserem Dafürhalten nach nicht das neue Europa auf, von dem die Zeitungen der Welt immer so viel reden.
Durch diese Praktik wird- man nicht das gesunde Herz Europas schaffen, das man braucht, damit Europa überhaupt lebensfähig ist. Das ist es, was wir den Alliierten in aller Eindringlichkeit nur zurufen können.
Namens meiner Fraktion habe ich zu diesem Problem der Abwertung folgendes zu erklären:
Die uns soeben durch den Herrn Bundeskanzler bekanntgegebene Erhöhung des Kohlenexportpreises mit der Kursfestsetzung der D-Mark bedeutet unserer Meinung nach einen solchen Schlag gegen die deutsche Wirtschaft, daß die Regierung dem unmöglich zustimmen kann.
Das ist genau so wie in den Reichmarkzeiten, meine Damen und Herren, wenn Sie sich erinnern, als die Gemüsefrau die Abgabe eines Blumenkohlkopfes mit der Abnahme irgendeines Bündels vertrockneter Petersilie verkoppelte!
Wenn es der Regierung nicht gelingen sollte, die Hohen Kommissare im Wege der Verhandlung von dieser Verkopplung abzubringen, fordern wir sie auf, sich außerstande zu erklären, die Regierungsgeschäfte weiterzuführen.