Meine Damen und Herren! Als uns vor einigen Monaten in Frankfurt zum ersten Male der Entwurf eines Besatzungsstatuts vorgelegt wurde, wurde uns von den Herren Gouverneuren die Zusicherung gegeben, daß dieses Besatzungsstatut in loyaler Weise gehandhabt werden würde. Auch die Hohen Kommissare haben diese Zusicherung gegeben, und der Herr Bundeskanzler hat, wie wir mit Freude vernommen haben, hier der Überzeugung Ausdruck gegeben, daß es auch in dieser Weise gehandhabt werden würde.
Unsere Erwartung ist jetzt einer gewissen Enttäuschung gewichen,
denn nunmehr wird von uns in dem Memorandum der Hohen Kommissare doch nahezu in Form eines Diktats verlangt, das wir binnen kurzer Zeit innenwirtschaftliche Maßnahmen durchführen, die nicht nur unsere Haushaltspläne über den Haufen werfen würden, sondern auch zu einer schweren Erschütterung des Lohn- und Preisgefüges der deutschen Wirtschaft führen müßten.
Diese Forderungen mögen den Sinn haben, unsere Wirtschaft einer größeren Freiheit zuzuführen; aber es ist vielleicht nicht unangebracht, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß bisher die Bemühungen der Frankfurter Wirtschaftsverwaltung und des Frankfurter Wirtschaftsrats, eine Auflockerung innerhalb der deutschen Wirtschaft herbeizuführen, immer auf den Widerstand gerade der Besatzungsmächte gestoßen sind.
Meine Damen und Herren! Wenn von uns die Beseitigung aller Suventionen gefordert wird, so scheint man nicht mit gleichem Maß zu messen, denn solche Subventionen werden ja nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern gegeben,
und wir haben auch noch nichts davon gehört, daß nunmehr auch von den anderen Ländern im Zusammenhang mit der von ihnen durchgeführten Devalvation eine Beseitigung solcher Subventionen gefordert würde.
Die Bedeutung der Devalvation schätze ich nicht gering ein, und ich bin persönlich geneigt, in dieser ganzen Devalvation auch eine positive Seite zu sehen, weil sie ja im Einvernehmen mit den Vereinigten Staaten durchgeführt ist und schließlich doch den Sinn haben soll, uns auf die Dauer zu einer freieren Gestaltung des Weltwirtschaftsverkehrs zu führen.
Wie ist die heutige Lage? Ein dauernder Exportüberschuß der Vereinigten Staaten, Dollarknappheit in allen anderen Ländern, bilaterale Handelsverträge, Blöcke, Pfundblöcke und andere Währungsblöcke, also eine völlige Auflösung des von uns für notwendig gehaltenen allgemeinen multilateralen Handelsverkehrs. Wäre es und gelungen, im
Zuge einer vernünftigen Devalvation zur Herstellung vernünftiger Kaufkraftparitäten zwischen den Währungen zu kommen, so wäre damit ein großes Hindernis für eine solche Gestaltung eines freieren zwischenstaatlichen Handelsverkehrs aus dem Wege geräumt worden. Die segensreichen Folgen, die eine solche Aktion hätte haben können, werden aber offenbar voll und ganz beseitigt, wenn nun mit dieser Devalvation Forderungen verknüpft werden, die das, was erstrebt wird, wieder aufheben müssen.
Über das Maß der Devalvation mag man verschiedener Meinung sein. Aber bedenken Sie, daß nach maßgebender deutscher Auffassung auch ein Verrechnungskurs von 30 Cents, wie wir ihn heute haben, der deutschen Wirtschaftslage nicht gerecht wird und daß beispielsweise das Harmssensche Gutachten, auch ganz abgesehen von einer solchen Devalvation, bereits eine Herabsetzung dieses Verrechnungskurses gefordert hat. Hätten wir bei dem heutigen Verrechnungskurs von 30 Cents in der gleichen Weise abgewertet wie die Engländer, so würden wir auf einen Verrechnungskurs von 21 Cents kommen. Uns wird nunmehr in dem Memorandum der Besatzungsmächte die Genehmigung gegeben, bis auf 23,8 Cents herunterzugehen. Ich bin mit meinen Freunden der Meinung, daß der Beschluß der Bundesregierung, den Verrechnungskurs auf 22,5 Prozent herabzusetzen, das allermindeste ist, wenn die Exportmöglichkeiten der deutschen Wirtschaft aufrechterhalten werden sollen.
Und nun gestatten Sie mir, noch ein paar kurze Bemerkungen über den Sinn einer Devalvation überhaupt zu machen, weil ich daraus mit Rücksicht auf die Forderungen des Memorandums unter 3a und 3b hernach gewisse Folgerungen zu ziehen beabsichtige. Jede Devalvation muß zu einer Verteuerung der, Einfuhr führen. Wir könnten die Folgen einer solchen Verteuerung, insbesondere auf dem Gebiete der Lebensmittelpreise, entweder durch Subventionen oder aber durch die Erhöhung der Lebensmittelpreise mit entsprechenden Folgerungen für den Ausgleich der Löhne und Gehälter abwenden. Aber es wäre uns lieb gewesen, wenn man es uns, unserer Entscheidung überlassen hätte, welche Konsequenzen wir aus einer solchen Devalvation ziehen wollen, ob wir den einen oder den anderen Weg gehen wollen; denn auch den anderen Völkern, die jetzt zu einer Devalvation schreiten, überläßt man ja diese Freiheit der Entschließung.
Auf der anderen Seite hat die Devalvation den Sinn, der Exportindustrie höhere Erlöse zu geben, in heimischer Währung gerechnet, und ihr dadurch die Möglichkeit zu verschaffen, billiger zu exportieren und einen Export in größerem Umfange durchzuführen.
Betrachten Sie nun, meine Damen und Herren, das Memorandum der Besatzungsmächte und die Forderungen, die unter 3a und 3b an uns gerichtet werden! Sie sind alternativ gestellt. Die Forderung unter 3a enthält das nach meiner Auffassung unbillige Verlangen, ein wertvolles Exportgut, die Kohle, unter dem Weltmarktpreis zu verkaufen, um die Kohle einführenden Länder vor der Erhöhung der Kohlenpreise, in ihrer Währung gerechnet, die ja eine Folge der Devalvation sein muß, zu bewahren. Meine Damen und Herren, so geht es nicht!
Wer den guten Tropfen haben will, muß auch den bitteren Tropfen schlucken.
Wenn die Kohle einführenden Länder devalvieren, um ihre Exportmöglichkeiten zu verbessern, so müssen sie dabei auch die Verteuerung der Importe mit in Kauf nehmen.
Ebenso unbillig erscheint mir die alternative Forderung unter 3b, denn sie bedeutet, daß wir gezwungen werden sollen, durch Erhöhung der inländischen Kohlenpreise die Produktionskosten der gesamten deutschen Wirtschaft zu erhöhen und dadurch jeglichen Vorteil, den auch wir von einer Devalvation durch den Export haben wollen, wie alle anderen, wieder zunichte zu machen.
Auch das ist eine unmögliche Forderung.
Aber betrachten Sie nun die Dinge einmal vom Standpunkt der Kohle einführenden Länder! Denken Sie meinetwegen an Frankreich, das eine Devalvation im Ausmaß von 27 Prozent durchführt! Was bedeuten die Dinge vom Standpunkt der Franzosen aus? Daß sie devalvieren, um größere Exportmöglichkeiten zu haben, 'daß aber auch sie den bitteren Tropfen, die Verteuerung der Kohlenimporte, in ihrer heimischen Währung gerechnet, nicht hinnehmen wollen! Auch das scheint mir eine ungerechte Lösung zu sein.
Meine Damen und Herren, das ist das Wesentliche, was ich im Namen meiner Fraktion hier auszuführen habe. Abschließend dazu möchte ich nur noch sagen, daß die Zusammenarbeit mit der Hohen Kommission einen schlechten Start gehabt hat,
und zwar nach meinem Dafürhalten deshalb, weil hier sachliche Verhandlungen, die die Bundesregierung mit der Hohen Kommission hätte führen können, verknüpft werden mit wirtschaftlichen Forderungen zu Lasten der deutschen Wirtschaft.
Das geht nicht an.
Wir bedauern auch diese Verquickung mit der großen amerikanischen Konzeption. Denn, meine Damen und Herren, ich erblicke in dieser Devalvation, die ja im Einvernehmen mit den Amerikanern durchgeführt wird, aus den vorhin angegebenen Gründen nach dem Marshallplan den zweiten Schritt, Ordnung in das Chaos der Weltwirtschaft zu bringen und wieder einen allgemeinen Güteraustausch lebendig zu machen auf der Grundlage von Währungen, die der Kaufpreisparität der einzelnen Länder entsprechen. Ich bedauere, daß diese große Konzeption hier durch solche Forderungen Schaden erleiden muß.
Die Bundesregierung möge versichert sein, daß sie die volle Unterstützung meiner Fraktion findet, wenn sie hier mit Hartnäckigkeit die deutschen Interessen wahrzunehmen weiß.