Rede von
August-Martin
Euler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während ich vorhin in einer interfraktionellen Sitzung saß, hat der Abgeordnete Fisch gesagt: „Es gibt in diesem Hause einen Mann, der als Syndikus der IG-Farbenindustrie an der Zwangsverpflichtung Tausender tschechischer Arbeiter mitgewirkt hat, die dann nach Auschwitz gebracht worden sind."
Ich wußte schon aus Zeitungsartikeln, die in der kommunistischen Presse erschienen sind, daß dieser Vorwurf gegen mich von der KP erhoben wurde. Ich habe ihn bereits mit einer DENA-Erklärung richtiggestellt und möchte in aller Kürze hierzu folgendes sagen.
Nachdem ich im Jahre 1936 das große Staatsexamen gemacht hatte, konnte ich weder Anwalt noch Anwaltsassessor werden, weil ich als Staatsfeind bekannt war. Ich habe drei Jahre lang Anwälte und Notare vertreten, bis ich im Sommer 1939 als Vertragsjurist bei der IG Farben angestellt
wurde. Die Anstellung bekam ich auf eine Anzeige, die die IG in der Frankfurter Zeitung aufgegeben hatte. Ich habe dann bis zum Sommer 1942 bei der IG als Vertragsjurist gedient und hatte während dieser Zeit mit Arbeiterverpflichtungen überhaupt nichts zu tun. Ich habe lediglich in Fragen der Konzernjustiz, in Fragen der Aktien- und GmbH-Organisation gearbeitet. Im Sommer 1946, Mitte Juni, wurde ich dann zum Generalbevollmächtigten für Sonderfragen der chemischen Erzeugung dienstverpflichtet.
Ja, im Sommer 1942 wurde ich zum Generalbevollmächtigten für Sonderfragen der chemischen Erzeugung kriegsdienstverpflichtet und habe dort als Jurist Verträge bearbeitet, die den Firmeneinsatz zum Gegenstand hatten. Diese Verträge wurden als völlig freie Verträge mit ausländischen Firmen abgeschlossen. Diese ausländischen Firmen verpflichteten sich, bestimmte Bauaufgaben auf Großbaustellen des chemischen Erzeugungsplans zu übernehmen bzw. Betriebsaufgaben in laufenden Betrieben auszuführen Mit Arbeitergestellung und Arbeiterverpflichtung hatten wir überhaupt nichts zu tun. Das war Sache der Firmen, die freiwillige Verpflichtungen eingegangen waren, und diese Firmen fanden ihre Arbeiter, die sie zum Einsatz in Deutschland brachten, lediglich im Wege der freiwilligen vertraglichen Verpflichtung. Nach meiner politischen Einstellung, die während der ganzen nationalsozialistischen Zeit unverändert geblieben ist, hätte ich zu einer anderen Tätigkeit, auch im Wege der Kriegsdienstverpflichtung, meine Hand nicht gereicht. Ich wäre lieber ins Feld gegangen, in das ich noch im Herbst 1944 einzog. Das ist eine wahrheitsgemäße Darstellung.
Ich stehe jetzt seit 1945 im öffentlichen Leben. Damals wurde ich kommissarischer Landrat des Kreises Hersfeld. Ich bin dann im Sommer 1946 in die verfassungberatende Landesversammlung Hessens gewählt worden, wo ich Fraktionsvorsitzender der LDP war. Ich war danach Fraktionsvorsitzender der LDP im Hessischen Landtag, bin dann zwei
Jahre lang im Wirtschaftsrat tätig gewesen und bin bei der Übernahme all dieser Tätigkeiten gründlich überprüft worden. Ich hatte nichts zu verheimlichen, und das ist auch heute nicht der Fall.
Die Anschuldigungen, Vorwürfe oder Diffamierungen in den kommunistischen Zeitungen tauchen jetzt plötzlich unter der Überschrift „FDP-Euler —Sklavenhändler" auf. Diese Verlautbarungen der Publikationen sind nicht ernst zu nehmen. Ich bin ihnen mit einer über DENA verbreiteten Erklärung entgegengetreten. Die nichtkommunistische Presse hat aber diese Erklärung im allgemeinen nicht gebracht, weil sie auch der Veröffentlichung der KPD keine Bedeutung beigemessen hatte. Angeblich beruhen diese Artikel der KPD auf Informationen aus Prag. Jedenfalls berufen sich die zwei Artikel, die mir zu Gesicht gekommen sind, auf Prager Informationen.
Das ist eine knappe sachliche, wahrheitsgemäße Darstellung. In Anbetracht dessen, daß politische Gegner an mir sehr großes Interesse hatten, und in Anbetracht dessen, daß auch die Besatzungsmächte seit 1945 in derartigen Fragen eine scharfe Nachprüfung walten ließen, glaube ich sagen zu können, daß keinerlei gerechtfertigte Anhaltspunkte für derartige Anschuldigungen bestehen. Nachdem ich diese Erklärung hier abgegeben habe, werde ich jedes Mitglied des Hauses, das ähnliche Vorwürfe wiederholt, wie sie heute Herr Fisch hier ausgesprochen hat, wegen übler Nachrede und Verleumdung belangen.
— Doch, das ist möglich.