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ID0100710800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 7. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. September 1949 47 7. Sitzung Erster Tag Bonn, Donnerstag, den 22. September 1949. Geschäftiche Mitteilungen 47B, 67C, D Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung . . . 47B Ewers (DP) 47C Dr. Seelos (BP) 53D Reimann (KPD) 58C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 67A Unterbrechung der Sitzung . 67C Loritz (WAV) 67D Frau Wessel (Z) 72B Dr. Richter (DRP) 80A Clausen (SSW) 85C Dr. Edert (Parteilos) 86B Fortsetzung der Sitzung 87C Die Sitzung wird um 10 Uhr 11 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Ich muß mich ja nun leider ganz kurz fassen, nachdem mir der Herr Präsident nicht gestattet, noch weiter zu reden. Ich möchte nur noch hervorheben, daß die Kräfte, die hinter dem Kabinett Adenauer stehen, bis jetzt noch nicht den Beweis dafür erbracht haben, daß sie eine sparsame Wirtschaft treiben.

    (Zurufe.)

    Meine Damen und Herren, sehen Sie sich doch bitte einmal diesen Parlamentspalast an!

    (Abg. Dr. Schmid: Sehr richtig!)

    Sehen Sie sich draußen die Speisehalle an, und sehen Sie sich überhaupt den ganzen Luxus und den Prunk hier an! Ich schäme mich in der Seele, wenn ich jetzt zu meinen Wählern im Vogelsberg komme, denen es so blutig schlecht geht, daß sie nicht wissen, wie sie durchkommen sollen, die keine Wohnungen haben, die sich mit ihren Ackern herumschlagen müssen, um überhaupt das für den Lebensunterhalt Notwendige zu schaffen. Und so geht es mir, wenn ich an die vielen Flüchtlinge und an die Ausgebombten und an das Elend und den Jammer draußen denke. Und hier stellt man so etwas wie diesen Luxuspalast hin! Ich will nicht sagen, wer dafür verantwortlich ist. Das wissen die Herren ja selber besser. Schließlich haben sie aber die Verantwortung so verschachtelt, daß man niemand mehr herausgreifen kann. Sie sind aber schließlich alle daran schuld, die seither mitgearbeitet haben, ob das . im Parlamentarischen Rat oder bei den Ministerpräsidenten oder sonstwo gewesen ist.

    (Zurufe.)

    Meine Damen und Herren, wenn Sie das dem Volk zeigen, wenn Sie die Wähler hierherführen, dann werden sie mit dem Gefühl wieder fortgehen, daß da Hopfen und Malz verloren ist.

    (Zurufe.)

    Wir wollen uns diese Dinge weiter durch den Kopf gehen lassen. So können wir keine Zukunft gestalten! Ich denke daran, daß zum Beispiel die Engländer einen Parlamentsraum haben, in dem noch nicht einmal Bänke sind, in dem die Abgeordneten sich nicht einmal setzen können, sondern stehen.

    (Zurufe und Lachen.)

    Meine Damen und Herren, wir hätten unsere Sitzung mit derselben Lebhaftigkeit führen können, wenn wir sie in einer Turnhalle oder in einem anderen verschwiegenen Raum abgehalten hätten.

    (Schallende Heiterkeit. — Abg. Dr. von Brentano: Das führt zu weit! — Glocke des Präsidenten.)

    Meine Damen und Herren, das sind doch Dinge, an denen wir nicht vorübergehen können. Das sind nun praktische Forderungen. Es tut mir leid, daß ich nicht weiter reden kann; aber es wird sich ja noch mehr Gelegenheit zum Sprechen bieten. Wir sprechen ja heute nicht zum letztenmal.

    (Heiterkeit und Zurufe.)

    Es wird sich schon noch Gelegenheit bieten, auch über diese Frage sehr eingehend zu reden. Vielleicht ist dann der Herr Kollege Schmid auch wieder so freundlich und sekundiert mir so, wie er mir heute sekundiert hat.

    (Zuruf des Abg. Dr. Schmid.)

    Im übrigen bin ich der Meinung, daß der Kampf zwischen der Individualauffassung und der Auffassung von der Allgewalt des Staats, der Kampf der Auffassungen zwischen rechts und links — denn etwas anderes kenne ich nicht — —

    (Abg. Dr. Schmid: Der Antisemitismus ist auch noch ein Unterschied!)

    — Oh, Antisemitismus ist für mich nie ein Problem gewesen!

    (Große Heiterkeit.)

    War das jemals ein Problem für Sie?

    (Zurufe: Nein! Nein!)

    Also was wollen Sie denn? Ich habe jedenfalls mit dem Antisemitismus nur das eine zu tun, daß ich sehr vielen Juden in der Zeit von 1933 bis 1939 geholfen habe.

    (Abg. Strauß: Wohin?)

    — Mein Herr, vielleicht sind Sie noch etwas zu jugendlich in Ihren Einwürfen!

    (Abg. Strauß: Gott sei Dank!)

    Ich bin der Gründer einer Bank — —

    (Abg. Strauß: Lebt sie noch?)

    — Die lebt noch; Gott sei Dank! Diese Bank hat in einer Reihe von Jahren den Beinamen „Judenbank" bekommen. Nun können Sie sich im übrigen Ihren Vers darauf machen, wie ich zum Antisemitismus stehe.

    (Abg. Dr. von Brentano: Und früher?)

    — Und früher genau so!

    (Abg. Dr. von Brentano: Ach!)

    -- Dichten Sie mir nicht etwas an, was nicht da ist.

    (Abg. Dr. Schmid: Nein! Nein!)

    — Bleiben Sie bei der Wahrheit! Das ist nämlich
    die Grundkonzeption, die Auffassung der Rechten,

    (Zuruf: Wie weit geht die Rechte?)

    Politik als ethische Handlungsweise durchzuführen. Wir bemühen uns, das zu tun. Bemühen Sie sich, das auch zu tun!

    (Beifall.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, die Rednerliste, wie sie für heute vorgesehen ist, ist jetzt erschöpft, weil Herr Abgeordneter Dr. Ott, der noch einige Worte sprechen wollte, dies erst am nächsten Dienstag tun will.
Das Wort hat jetzt lediglich noch zu einer persönlichen Bemerkung im Sinne des § 84 der Geschäftsordnung der Herr Abgeordnete Euler.

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    Rede von August-Martin Euler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während ich vorhin in einer interfraktionellen Sitzung saß, hat der Abgeordnete Fisch gesagt: „Es gibt in diesem Hause einen Mann, der als Syndikus der IG-Farbenindustrie an der Zwangsverpflichtung Tausender tschechischer Arbeiter mitgewirkt hat, die dann nach Auschwitz gebracht worden sind."
    Ich wußte schon aus Zeitungsartikeln, die in der kommunistischen Presse erschienen sind, daß dieser Vorwurf gegen mich von der KP erhoben wurde. Ich habe ihn bereits mit einer DENA-Erklärung richtiggestellt und möchte in aller Kürze hierzu folgendes sagen.
    Nachdem ich im Jahre 1936 das große Staatsexamen gemacht hatte, konnte ich weder Anwalt noch Anwaltsassessor werden, weil ich als Staatsfeind bekannt war. Ich habe drei Jahre lang Anwälte und Notare vertreten, bis ich im Sommer 1939 als Vertragsjurist bei der IG Farben angestellt


    (Euler)

    wurde. Die Anstellung bekam ich auf eine Anzeige, die die IG in der Frankfurter Zeitung aufgegeben hatte. Ich habe dann bis zum Sommer 1942 bei der IG als Vertragsjurist gedient und hatte während dieser Zeit mit Arbeiterverpflichtungen überhaupt nichts zu tun. Ich habe lediglich in Fragen der Konzernjustiz, in Fragen der Aktien- und GmbH-Organisation gearbeitet. Im Sommer 1946, Mitte Juni, wurde ich dann zum Generalbevollmächtigten für Sonderfragen der chemischen Erzeugung dienstverpflichtet.

    (Abg. Dr. von Brentano: Nein, Sommer 1942; Sie sagten Sommer 1946!)

    Ja, im Sommer 1942 wurde ich zum Generalbevollmächtigten für Sonderfragen der chemischen Erzeugung kriegsdienstverpflichtet und habe dort als Jurist Verträge bearbeitet, die den Firmeneinsatz zum Gegenstand hatten. Diese Verträge wurden als völlig freie Verträge mit ausländischen Firmen abgeschlossen. Diese ausländischen Firmen verpflichteten sich, bestimmte Bauaufgaben auf Großbaustellen des chemischen Erzeugungsplans zu übernehmen bzw. Betriebsaufgaben in laufenden Betrieben auszuführen Mit Arbeitergestellung und Arbeiterverpflichtung hatten wir überhaupt nichts zu tun. Das war Sache der Firmen, die freiwillige Verpflichtungen eingegangen waren, und diese Firmen fanden ihre Arbeiter, die sie zum Einsatz in Deutschland brachten, lediglich im Wege der freiwilligen vertraglichen Verpflichtung. Nach meiner politischen Einstellung, die während der ganzen nationalsozialistischen Zeit unverändert geblieben ist, hätte ich zu einer anderen Tätigkeit, auch im Wege der Kriegsdienstverpflichtung, meine Hand nicht gereicht. Ich wäre lieber ins Feld gegangen, in das ich noch im Herbst 1944 einzog. Das ist eine wahrheitsgemäße Darstellung.
    Ich stehe jetzt seit 1945 im öffentlichen Leben. Damals wurde ich kommissarischer Landrat des Kreises Hersfeld. Ich bin dann im Sommer 1946 in die verfassungberatende Landesversammlung Hessens gewählt worden, wo ich Fraktionsvorsitzender der LDP war. Ich war danach Fraktionsvorsitzender der LDP im Hessischen Landtag, bin dann zwei
    Jahre lang im Wirtschaftsrat tätig gewesen und bin bei der Übernahme all dieser Tätigkeiten gründlich überprüft worden. Ich hatte nichts zu verheimlichen, und das ist auch heute nicht der Fall.
    Die Anschuldigungen, Vorwürfe oder Diffamierungen in den kommunistischen Zeitungen tauchen jetzt plötzlich unter der Überschrift „FDP-Euler —Sklavenhändler" auf. Diese Verlautbarungen der Publikationen sind nicht ernst zu nehmen. Ich bin ihnen mit einer über DENA verbreiteten Erklärung entgegengetreten. Die nichtkommunistische Presse hat aber diese Erklärung im allgemeinen nicht gebracht, weil sie auch der Veröffentlichung der KPD keine Bedeutung beigemessen hatte. Angeblich beruhen diese Artikel der KPD auf Informationen aus Prag. Jedenfalls berufen sich die zwei Artikel, die mir zu Gesicht gekommen sind, auf Prager Informationen.

    (Zuruf: Sehr bezeichnend!)

    Das ist eine knappe sachliche, wahrheitsgemäße Darstellung. In Anbetracht dessen, daß politische Gegner an mir sehr großes Interesse hatten, und in Anbetracht dessen, daß auch die Besatzungsmächte seit 1945 in derartigen Fragen eine scharfe Nachprüfung walten ließen, glaube ich sagen zu können, daß keinerlei gerechtfertigte Anhaltspunkte für derartige Anschuldigungen bestehen. Nachdem ich diese Erklärung hier abgegeben habe, werde ich jedes Mitglied des Hauses, das ähnliche Vorwürfe wiederholt, wie sie heute Herr Fisch hier ausgesprochen hat, wegen übler Nachrede und Verleumdung belangen.

    (Zuruf: Leider nicht möglich!)

    — Doch, das ist möglich.

    (Zuruf: Im Grundgesetz ausgeschlossen!)