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ID0100709400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 7. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. September 1949 47 7. Sitzung Erster Tag Bonn, Donnerstag, den 22. September 1949. Geschäftiche Mitteilungen 47B, 67C, D Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung . . . 47B Ewers (DP) 47C Dr. Seelos (BP) 53D Reimann (KPD) 58C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 67A Unterbrechung der Sitzung . 67C Loritz (WAV) 67D Frau Wessel (Z) 72B Dr. Richter (DRP) 80A Clausen (SSW) 85C Dr. Edert (Parteilos) 86B Fortsetzung der Sitzung 87C Die Sitzung wird um 10 Uhr 11 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Ich will nicht etwa ein Mitglied des Hohen Hauses mit einem Huhn vergleichen. Aber ich sage: wir dürfen nicht handeln wie ein Huhn, das nicht wagt, den magischen Kreis, der um es gezogen ist, zu durchbrechen, oder wie das Insekt, das am Leitband seines blinden Instinkts unausgesetzt gegen die Fensterscheibe prallt, wenn wir als homines sapientes, das heißt mit Vernunft begabte Menschen erkennen können, daß es notwendig ist, aus der Geschichte, ihrem Anschauungsunterricht und ihren Lehrbeispielen die notwendigen Folgerungen zu ziehen. Wir haben einmal als kleine Schüler aus den Lehren des Katechismus jeweils die Nutzanwendung ziehen müssen; wir wollen als große Menschen auch die Nutzanwendung ziehen und dem Pessimismus Hegels entgegenwirken, der da sagt: „Die Geschichte lehrt, daß sie nichts lehrt."
    Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das immer und überall als Menschenrecht anerkannt ist, gewährt auch die Möglichkeit, mit demokratischen Mitteln für die Verwirklichung dieses Rechtes zu kämpfen. Wenn wir von Menschenrecht und Menschenwürde und vom Individuum sprechen und wenn wir dabei an die metaphysischen Verantwortungen denken, die dem einzelnen Menschen gesetzt sind, dann dürfen wir das Individualrecht eines alten Staates, wie es der bayerische ist, nicht negieren wollen. Seien wir doch objektiv und warmherzig genug, die Auffassungen 'auch eines andern, die mißverstanden werden können, gelten zu lassen. Aber wir wollen in diesem Hohen Hause dafür sorgen, daß keine Mißverständnisse über die grundsätzliche Politik der Bayernpartei entstehen können. Ich denke, dann wird man auch die Auffassungen des anderen achten und nicht einfach unter Ausnützung einer Majorität mitleidlos niedertreten wollen.

    (Beifall bei der BP.)

    Ich, glaube, es war ein Kollege von der Nationalen Rechten, der sagte: „Nur ein guter Deutscher kann ein guter Europäer sein." Er sagte ferner, daß es ohne Deutschland kein Europa gäbe. Ich möchte diesen Satz dahin abwandeln, daß ich sage: Es kann nur der ein guter Bayer sein, der auch ein guter Deutscher ist und damit ein wirklich guter Europäer.

    (Beifall bei der BP. — Lachen links.)

    Unsere Aufgabe und die Stellung Bayerns sind vielfach verkannt worden.

    (Lachen und Unruhe.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, jeder Redner hat hier das Recht, seine Vorstellungen von den Dingen vorzutragen.

(Heiterkeit.)


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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Ich darf zum Schluß kommen. Die tiefe Krise unserer Zeit, ihr Hang zur Skepsis und zum Nihilismus, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß immer wieder ein schroffer Gegensatz besteht zwischen Verkündigung und Tat, zwischen Soll und Haben der moralischen Rechnung, mit anderen Worten, daß die Unverbrüchlichkeit der Grundsätze dem Opportunismus, dem Zweckdenken geopfert wird. Wenn in der Regierungserklärung eine Fülle von Ankündigungen enthalten ist, so möchten wir hoffen, daß uns hier dieser Widerspruch zwischen Ankündigung und Ausführung erspart bleibt. Die amerikanische Politik hat vor drei bis vier Jahren noch von Föderalismus gesprochen, heute ist sie antiföderalistisch, man betreibt gleichzeitig Demontagen und ERP-Hilfe, fordert uns höchste Besatzungskosten ab und bietet uns den Marshallplan, man spricht von Menschenrechten und versagt einem alten Kulturvolk mit größten Leistungen auf wirtschaftlichem, kulturellem und sozialem Gebiet über viereinhalb Jahre hinaus den Frieden, man spricht von der Wiederherstellung des Vertrauens und sieht sich gleichzeitig gezwungen — ich will das einmal annehmen —, einer neuen Erschütterung des Vertrauens durch Abwertung zuzustimmen.

    (Zuruf von der CDU: Wer spricht davon?)

    Hier sind Befürchtungen angebracht. Wir müssen
    endlich einmal dazu gelangen, daß, wenn einer


    (Dr. Etzel)

    Christus sagt, er nicht Baumwolle, Uran oder Öl meint.

    (Sehr richtig! bei der BP.)

    Wir wollen, daß, wenn man von Menschenrechten spricht, man nicht durch Jalta und Potsdam gegangen sein darf. Wir wollen, mit anderen Worten, endlich die Möglichkeit haben, zu erkennen, daß die Zusicherungen der Regierung, die eine Standarte des Guten, Wahrerin und Vollstreckerin des sittlichen Rechtes sein muß, auch zur Wahrheit und Wirklichkeit gemacht werden.

    (Sehr richtig! bei der BP.)

    Das ist wesentlich und eine Voraussetzung für die Gesundung nicht nur unserer psychologischen, sondern gerade auch unserer materiellen Lage. Es genügt nicht, daß wir nach Caux gehen und uns der Oxfordbewegung anschließen oder mit ihren Anhängern irgendwelche literarischen oder auch moralischen Gespräche führen, sondern es ist notwendig, daß wir hier gegenüber den einzelnen Berufsständen und einzelnen Menschen das menschlich Richtige und das von der Moral Geforderte tun und daß wir das ausführen, was wir ankündigen, daß wir so handeln, wie wir sprechen.

    (Sehr richtig! bei der BP.)

    Das durfte ich sagen, meine Damen und Herren, weil die Frage der Wiederherstellung des Vertrauens der Sparer nicht schon im Keime erstickt werden darf. Wenn man erklärt — die Erklärung wurde in diesem Hause gut aufgenommen —: die Preise für Lebensmittel, für landwirtschaftliche Erzeugnisse würden nicht erhöht, so mag diese Zusicherung an und für sich zunächst positiv beurteilt werden. Bei näherem Zusehen aber erkennt man, daß auf diese Weise die Möglichkeit der Steuersenkungen — weil die Beibehaltung der Preise ja nur durch Subventionen möglich ist — von vornherein begrenzt wird.

    (Zuruf von der CDU: Es gibt auch andere Möglichkeiten!)

    Wir begrüßen es außerordentlich, daß die Regierung sich vorgenommen hat, daß das Währungsunrecht beseitigt wird. Welch eine Diskrepanz! Im dritten Währungsgesetz, im Umstellungsgesetz, ist angekündigt, daß sich die Militärgouverneure vorbehalten, eine zweite D-Mark auf zehn R-Mark zu gewähren. Was ist aber geschehen? Man hat nicht einmal das Verhältnis 1 zu 10 für die Sparkonten bewilligt, sondern sie auf 6,5 zu 100 dezimiert. Das ist einer jener Fälle, von denen ich vorhin gesprochen habe, in denen die Unverbrüchlichkeit der rechtlichen und moralischen Zusicherung nicht gewahrt ist.
    Wir möchten hoffen, daß von der Regierung, dieweil wir ihr vollkommen vorurteilslos, aber mit größtem Argwohn und Mißtrauen gegenüberstehen, gerade diese moralische Haltung beachtet wird. Wir möchten gerne die Gewißheit haben, daß das Schicksal des deutschen Volkes bei der Bundesregierung in getreuen, reinen und geschickten Händen liegt. Wir möchten hoffen, daß der Rechtsgedanke überall, mag es sich um die Wiederherstellung der wohlerworbenen Rechte der Beamten, die durch die Entnazifizierungsmühle gegangen sind, oder um die Berücksichtigung der Rechte der früheren Wehrmachtbeamten und der ehemaligen Berufssoldaten, mag es sich um die Rechte der Sozialrentner handeln, durch den Staat — wir nennen ihn wohl Bund, sind aber überzeugt, daß er ein Zentralstaat ist - voll verwirklicht wird, wobei der Bund ein wohlwollender Vater ist; der Rechtsgedanke, von dem ein alter Vorkämpfer des Rechts, der berühmte Jurist Rudolf von Ihering, in seiner Schrift „Der Kampf ums Recht" sagt: „Kein Unrecht, das der Mensch zu erdulden hat, reicht von weitem an das heran, welches die von Gott gesetzte Obrigkeit verübt, indem sie selbst das Recht bricht."
    Ich darf schließen und dem Herrn Präsidenten für seine Langmut und Ihnen selbst für Ihre Aufmerksamkeit danken.