Rede von
Dr.
Wilhelm
Laforet
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren! Im Auftrag meiner näheren bayrischen Freunde habe ich kurz grundsätzliche Stellung zu nehmen.
Der Herr Vertreter der Bayernpartei hat erklärt, daß die Bayernpartei die Hüterin des bayrischen Staatsgefüges sei. Im Namen meiner politischen Freunde der CSU lege ich gegen diesen Satz aufs entschiedenste Verwahrung ein.
Die Herren der Bayernpartei haben in ihren Übertreibungen, in ihrer Maßlosigkeit Bayern ebenso
geschadet wie die Zentralisten in Berlin und Bonn.
Wir vertreten Bayern mit der gleichen Liebe zur
engeren Heimat wie die Herren der Bayernpartei.
Wir singen in Bayern „Gott mit dir, du Land der Bayern, deutsche Erde, Vaterland!" Auch unsere bayrische Erde ist deutsche Erde.
Wir sind Glieder in der Gesamtheit des deutschen Volkes.
Wir haben als Mitglieder der CSU beim Bonner Grundgesetz mit aller Gründlichkeit mitgearbeitet.
Die Gestaltung des Grundgesetzes in den letzten Wochen seiner Abfassung hat es uns unmöglich gemacht, dem Grundgesetz in der zuletzt gegebenen Fassung zuzustimmen. Wir haben erhebliche Erinnerungen gegen kulturpolitische und wirtschaftspolitische Bestimmungen. Vor allem war nach unserer Überzeugung das Gleichgewicht . zwischen Bund und Ländern wesentlich gestört. In einer Reihe von Bestimmungen sind Ansätze dafür gegeben und Wege möglich gemacht, die Eigenstaatlichkeit der Länder zu untergraben und den Deutschen Bund wieder in die Staatsform eines Einheitsstaats überzuleiten, der uns in den Abgrund gebracht hat.
Wir haben aber im Parlamentarischen Rat am 8. Mai 1949 in der gleichen Erklärung, in der wir unsere Ablehnung bekunden mußten, klar gesagt, daß wir uns auch in dieser Stunde dem deutschen Volk aufs tiefste verpflichtet fühlen.
Und der gleiche Gedanke kam in der Erklärung der Bayrischen Staatsregierung und im Beschluß des Bayrischen Landtags vom 19. Mai 1949 zum Ausdruck, als erklärt wurde, daß wir das Grundgesetz auch für Bayern als verbindlich anerkennen
und daß wir bereit sind, in der Ausgestaltung des Grundgebäudes zur Wiedererlangung der deutschen Einheit mit allem Bemühen mitzuarbeiten. Wir können den föderalistischen Staatsgedanken nur dann in die Tat umsetzen, wenn in gegenseitigem Vertrauen die Lebensgrundlagen des deutschen Volkes gemeinsam geschaffen werden. Nur dann ist auch das Gedeihen eines selbständigen staatlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens der Gliedstaaten gewährleistet. Aus dieser Erkenntnis ist in gegenseitigem Vertrauen und aus der gemeinsamen weltanschaulichen Zielsetzung heraus die Gemeinschaft der CDU/CSU gegründet worden.
Der Herr Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer hat in seiner Regierungserklärung, wie er ausführte, den ernsten Willen bekundet, den föderativen Charakter des Grundgesetzes sicherzustellen und die Rechte der Länder zu wahren. Wir haben das volle Vertrauen, daß das Kabinett des Herrn Kanzlers dahin wirken wird, das Grundgesetz so auszulegen und so auszubauen, daß dem Bunde gegeben wird, was in einer denkbar ernsten und schweren Zeit zur Erhaltung der deutschen Rechtseinheit und Wirtschaftseinheit unerläßlich ist, daß aber die deutschen Gliedstaaten auf allen anderen Gebieten die rechtliche Befugnis und die finanzielle Macht haben, nach ihrer geschichtlichen Entwicklung vor allem ihre Kulturaufgaben zu erfüllen nach den Forderungen ihres Staatsvolks und der Entscheidung ihrer Staatsorgane. Wir wollen lebenskräftige Gliedstaaten in einem freien deutschen Bundesstaat, und in diesem Sinne geben wir dem Kanzler Adenauer und seinem Kabinett unser Vertrauen.