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ID0100602000

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    Deutscher Bundestag - 6. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. September 1949 31 6. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 21. September 1949.. Geschäftliche Mitteilungen 31B Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung: Dr. Schumacher (SPD) 31C Dr. von Brentano (CDU) 42D Dr. Schäfer (FDP) 49D Nächste Sitzung 56D Die Sitzung wird um 14 Uhr 21 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Wenn wir diese Ausweitung unseres Außenhandels haben wollen, dann brauchen wir doch ein ungeheures Maß an vielseitiger Initiative, und wir brauchen vor allen Dingen Wagnis-Bereitschaft und Wagnis-Gesinnung. Nun, meine Damen und Herren, wie Sie Wagemut schaffen wollen, wenn Sie den Leuten sagen: „Schön, du kannst etwas wagen; wenn es schief geht, dann hast du einen Verlust, aber wenn du Erfolg hast, dann wird dir alles weggenommen!"—, wie Sie unter solchen Bedingungen Wagemut schaffen wollen, weiß ich nicht. Meine psychologische Einsicht reicht dazu nicht aus.
    Aus diesen Erwägungen aber wird es notwendig sein, daß die Bundesregierung sich sehr bald bemüht, ein System der auswärtigen Handelsvertretungen für uns zu erreichen. Sie muß dabei gleichzeitig anstreben, auch unsere Devisenlage dadurch zu verbessern und zu erleichtern, daß mit Hilfe eines deutschen Schiffbaues auch die Möglichkeit gegeben ist, wieder eine eigene deutsche Handelsflotte zu betreiben.
    Im übrigen, meine Damen und Herren, besteht wohl kein Zweifel darüber, daß das, was wir auszuführen haben, in erster Linie arbeitsintensiv hergestellte Qualitätserzeugnisse sein müssen. Qualität aber ist gleichbedeutend mit dem Maß an geistiger Energie, die hineingeformt wird in den Stoff. Weil dem so ist, wird sich die Bundesregierung auch sehr bald dafür interessieren müssen, daß wissenschaftliche Einrichtungen zur Vervollkommnung unserer technischen Methoden — namentlich nach dem Verlust der gesamten gewerblichen Schutzrechte unseres Landes — geschaffen werden. Sie muß bemüht sein, gerade den wissenschaftlichen Instituten, die der technischen Entwicklung


    (Dr. Schäfer)

    förderlich sein könnten, einen besonderen Vorrang in ihrer Zielsetzung einzuräumen.
    Eines, meine Damen und Herren, möchte ich dabei von vornherein erklären: wir werden uns nie damit befreunden können, daß man auf irgendeinem Gebiet neue staatliche Monopole oder Monopolverwaltungen errichtet. Genau so, wie wir private Monopole ablehnen und gewillt sind, uns für die baldige Verabschiedung eines Anti-Monopolgesetzes einzusetzen, genau so wehren wir uns aber auch gegen die Versuche, etwa durch die Errichtung neuer staatlicher Monopole wirtschaftliche Verfügungsmacht und administrative Gewalt in einer Hand zu vereinigen

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts)

    und damit Machtzentralen in unserem staatlichen Leben aufzurichten, von denen aus die Demokratie ausgehöhlt werden könnte.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Mit dem Ausbau der Außenhandelsbeziehungen hat aber auch eine Steigerung aller Möglichkeiten der Bedarfsdeckung aus dem eigenen Lande Hand in Hand zu gehen. Hier sind wir uns darüber klar, daß wichtiger und dringlicher als alle doktrinäre Wertung über landwirtschaftliche Betriebs- und Besitzgrößen die Durchführung entschiedener Maßnahmen zur Produktionssteigerung ist. Dazu wird die Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine schnelle Durchführung der Flurbereinigung gehören. Dazu werden Meliorationen gehören, Erschließung namentlich von gewissen Produktionsreserven, die noch in Nordwestdeutschland gegeben sind. Es wird dazu ferner eine Schädlingsbekämpfung gehören, die aber auch tatsächlich wirksam wird und nicht nur an Symptomen herumkuriert; und es wird weiterhin notwendig sein, den Hackfruchtbau zu begünstigen.
    Das Kernstück aber der ganzen wirtschaftspolitischen Arbeit sehen wir in der Durchführung des Wohnungsbaus. Deswegen begrüßen wir es, daß ein besonderes Ministerium die Notwendigkeit des Wohnungsbau eigens hervorhebt, ja auch die Gewähr gibt, daß diese Aufgabe nicht als Nebenangelegenheit irgendeines Ressorts begonnen, sondern als Gegenstand einer besonderen Verantwortung in diesem Kabinett angesehen wird. Angebracht wird dabei auch hier eine gewisse Wagnisbereitschaft sein. Ich rede natürlich nicht etwa bedenklichen und gefährlichen inflationistischen Experimenten das Wort. Aber notwendig wird es sein, doch den Mut zu haben zu einem gewissen, bedachtsamen Maß der Kreditausweitung, mindestens um die dringenden Forderungen der Vorfinanzierung befriedigen zu können.
    Dabei erkennen wir zugleich etwas, was ich dem Kabinett allerdings dringend als einen besonderen Wunsch meiner Freunde empfehlen möchte: die strenge Koordinierung von Wirtschafts- und Finanzpolitik. Denn es darf unter keinen Umständen hier eine Zweigleisigkeit entstehen, und es darf vor allen Dingen nicht geschehen, daß etwa durch Ressortpartikularismus die Einheit der gesamten wirtschafts- und finanzpolitischen Aufgaben, ihre Zusammenhänge und ihre Verbundenheit gelockert und gelöst werden und sich dadurch Reibungen und Hemmungen ergeben, die den wirtschaftspolitischen Leistungseffekt der Regierung beeinträchtigen. Dabei haben wir außerdem den Wunsch: alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen seien immer von dem Gedanken getragen, daß das Gebiet der Bundesrepublik eine Wirtschaftseinheit ist. Alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen und Entscheidungen müssen in erster Linie von dem Gesichtspunkt ausgehen, daß wir die sozialen Verpflichtungen, die in ihrer Zahllosigkeit, in ihrer ungeheuren Größe und Vielgestaltigkeit auf uns lasten, nur dann erfüllen können, wenn die gesamte Wirtschaftskraft der Bundesrepublik einheitlich zusammengefaßt und angesetzt wird.
    Dazu gehört, wie ich schon gesagt habe, auch eine Art der Steuerpolitik und überhaupt eine Bemessung der öffentlichen Abgaben, die verhindert, daß der deutsche Mensch dahin gebracht wird, überhaupt nicht mehr an eine selbstverantwortliche Sicherstellung seines eigenen Daseins zu denken. Hier gilt es auch, eine Umkehr zu bewirken. Das Ziel muß sein, wieder solche Existenzbedingungen für alle, für Arbeitnehmer und Arbeitgeber in gleicher Weise, zu entwickeln, die sie in die Lage versetzen, am Ende ihres Arbeitslebens nicht von der Fürsorge abhängig zu sein. Es ist ein Unfug, den Menschen vorher soviel wegzunehmen, daß sie nachher unter allen Umständen auf öffentliche Fürsorge angewiesen sind.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Dabei ist dann noch eine wichtige Überlegung der Übgabenpolitik fur uns entscheidend: Kapitalbildung muß die Möglichkeit geben, nun für die Zwecke der Finanzierung in erster Linie auf echte Rücklagen zurückgreifen zu können. Dazu gehört allerdings, daß eine Währungspolitik betrieben wird, die das Vertrauen der Sparer in die Spareinlage oder des Versicherten in seine Versicherungsrücklage nicht immer wieder in Frage stellt. Hier entsteht eine große und sehr schwierige und, ich glaube, sehr viel Takt erfordernde Aufgabe der wirtschaftspolitischen Führung des Kabinetts.
    Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde im Parlamentarischen Rat haben sich nur sehr schwer die Bestimmungen des Grundgesetzes zu eigen gemacht, die sich mit der Aufteilung der Steuern und der Ordnung der Finanzverwaltung beschäftigen. Diese Bestimmungen sind nicht aus der Initiative dieser verfassunggebenden Versammlung, sondern sehr weitgehend unter fremden Einflüssen zustande gekommen. Wir möchten ausdrücklich hervorheben, daß mit den hierher gehörenden Bestimmungen des Grundgesetzes und mit den Gedankengängen, die für diejenigen malgebend gewesen sind, die diese Bestimmungen in die Verfassung aufgenommen haben, das Äußerste an Zugeständnissen hinsichtlich der Zersplitterung des deutschen Finanzwesens gemacht worden ist. Wir möchten ausdrücklich hervorheben, daß wir uns jedem Versuch, etwa im Sinne einer weiteren Streuung, einer weiteren Aufgliederung oder faktischen Schwächung der Finanzhoheit des Bundes. die finanzpolitischen Bestimmungen des Grundgesetzes extensiv zu interpretieren, mit äußerster Entschiedenheit widersetzen werden.

    (Beifall bei der FDP.)

    In diesem Zusammenhang möchte ich die Bundesregierung noch auf die dringende Notwendigkeit aufmerksam machen, sich mit größter Beschleunigung der Frage der Besatzungskosten zuzuwenden. So wie die Dinge bisher gelaufen sind, kann es nicht bleiben. Dieses Anliegen muß bald aus dem Stadium der theoretischen Betrachtungen herausgebracht werden. Denn alle Möglichkeiten, Etats aufzustellen, Haushaltsvoranschläge zu machen, überhaupt über irgendwelche Anlagen und Einnahmen zu disponieren, sind ausgeschlossen, solange nicht wirklich eine verläßliche Begrenzung der Forderungen der Besatzungsmächte erfolgt.


    (Dr. Schäfer)

    Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung ist eine Koalitionsregierung. Das bedeutet, daß politische Parteien mit verschiedenen Auffassungen, mit Persönlichkeiten verschiedener politischer Herkunft sich zusammengetan haben, um eine Regierung zu bilden. Für mich und meine Freunde ist bei dem Entschluß, diesen Weg zu gehen, die Überlegung entscheidend gewesen, daß unter diesen den Staatsbeginn bestimmenden und bedingenden Umständen und unter diesen Zeitverhältnissen, sowie nach dem ganzen Ergebnis und dem Verlauf des Wahlkampfes eine andere als diese Koalition gar nicht vorstellbar ist, um den Start der Bundesrepublik durchzuführen.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Es ist auch bisher angesichts der innenpolitischen Kräfteverhältnisse in diesem Hause mit ernsten Begründungen nicht der Versuch gemacht worden, eine andere Koalitionsmöglichkeit aufzuzeigen. Es hat unter diesen Umständen auch gar keinen Sinn, diese Koalition an sich zu bestreiten oder anzuzweifeln. Koalitionen sind ihrem Wesen nach eben aus verschiedenen politischen Richtungen zusammengesetzt. Das bedeutet aber nicht, daß eine Koalitionsregierung deswegen brüchig sein muß. Vielmehr ist durch die gegenwärtige Lage eine solche Fülle von dringenden und unbestreitbaren Staatsnotwendigkeiten gegeben, daß über den Willen zur Verwirklichung dieser praktischen Ziele zwischen den Koalitionspartnern überhaupt gar keine Meinungsverschiedenheiten bestehen können. Sie mögen von Fall zu Fall in Zweckmäßigkeitsfragen bestehen, sie mögen in Nebenfragen bestehen. Bei den Aufgaben, auf die es in der nächsten Zeit, in der unmittelbaren Gegenwart und in der nächsten Zukunft ankommt, befürchte ich bei allseitigem Willen zur loyalen Zusammenarbeit keine Bestandsgefährdung. Das möchte ich hier
    gegenüber den Versuchen zum Ausdruck bringen, etwa die Wirksamkeit und die Tragfähigkeit dieser Regierung dadurch fragwürdig zu machen, daß man allzu stark auf die Tatsache hinweist, daß immerhin drei Parteien an dieser Regierungsbildung beteiligt sind.

    (Abg. Dr. Schmid: Das hat doch niemand getan!)

    — Doch, das ist geschehen.
    Ich möchte noch etwas Weiteres sagen. Es gibt soviele Leute, die es ruhmvoll finden, die Kompromißlosigkeit zu preisen. In Wahrheit ist schöpferische Wirklichkeit in der Politik eigentlich immer ein Kompromiß gewesen.

    (Zuruf von der SPD: Es fragt sich nur, was für eins!)

    Die schöpferische Politik, die gestaltende Politik besteht eigentlich nie aus dem Wirksamwerden chemisch reiner Ideen, sondern immer aus der Verbindung von verschiedenen Denkelementen. Und dieser Wille zur Synthese in der praktischen politischen Arbeit wird bei Wahrung der eigenen Ausgangsstellung und Grundhaltung in der nächsten Zeit unser Weg gegenüber dieser Regierung und in diesem Hause sein.

    (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Gemäß der Abmachung im Altestenrat ist die heutige Rednerliste als beendet anzusehen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestags auf morgen, Donnerstag, den 22. September 1949, 10 Uhr, ein und schließe die sechste Sitzung des Deutschen Bundestags.