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    Deutscher Bundestag - 6. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. September 1949 31 6. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 21. September 1949.. Geschäftliche Mitteilungen 31B Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung: Dr. Schumacher (SPD) 31C Dr. von Brentano (CDU) 42D Dr. Schäfer (FDP) 49D Nächste Sitzung 56D Die Sitzung wird um 14 Uhr 21 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Heinrich von Brentano


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Es wurde auch vermißt, daß die Regierungserklärung die Gewerkschaften angesprochen habe. Ja, meine Damen und Herren, müssen wir noch die Gewerkschaften ansprechen, wenn zwei Gewerkschaftsvertreter in der Regierung sitzen?

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Haben Sie nicht daraus allein die Überzeugung gewonnen, daß wir den Wunsch haben, nicht gegen, sondern mit den Gewerkschaften zu arbeiten?

    (Sehr richtig!)

    Und glauben Sie, den Gewerkschaften einen besonders guten Dienst zu erweisen, indem Sie sich immer zum Sprecher der Gewerkschaften machen, die ja nicht nur aus Mitgliedern Ihrer Partei bestehen?

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Sie entwerten den Wert der Gewerkschaften

    (Sehr richtig! bei der CDU)

    und Sie setzen sie im Bewußtsein der Öffentlichkeit herab, wenn Sie glauben, die Gewerkschaften zum verlängerten Arm Ihrer Parteipolitik machen zu können.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts.)

    Ich glaube Ihnen auch sagen zu können: wenn Sie das weiterhin versuchen, die Gewerkschaften werden Ihnen nicht folgen.

    (Sehr richtig! bei der CDU. — Zuruf von der SPD: Das überlassen Sie den Gewerkschaften! — Zurufe rechts.)

    — Jawohl, das werde ich den Gewerkschaften überlassen.
    Meine Damen und Herren! Es ist in diesem Zusammenhang von dem Herrn Vorredner mit Recht und mit Nachdruck darauf hingewiesen worden, daß die wirtschaftliche Gestaltung der neuen Bundesrepublik und damit die Erfüllung ihrer sozialen Aufgaben durch die jüngsten Ereignisse und nicht zuletzt durch die Währungsumwertung, durch die Abwertung des englischen Pfundes erheblich gefährdet werde. Auch darin glaube ich mit dem Herrn Vorredner absolut übereinstimmen zu können, daß eine Veränderung, eine Umwertung der


    (Dr. von Brentano)

    Parität der D-Mark, die einen internationalen valutarischen Kurs noch nicht besitzt, Auswirkungen auf das gesamte Preisgefüge haben wird und muß. Ich glaube Ihnen versichern zu können, daß auch die Bundesregierung diese Erkenntnis gewonnen und sich mit diesem Problem bereits beschäftigt hat.
    Es ist dann hier gesagt worden — und dem glaube ich zunächst auch zustimmen zu können —, daß sicherlich diese Verwicklungen insbesondere auf dem Gebiet der Währungspolitik nicht zuletzt auf die ökonomischen und strukturellen Veränderungen zurückzuführen sind, denen Europa in den letzten 15 oder 20 Jahren unterzogen war, den Jahren, die allgemein einer Aufrüstung für den Krieg dienten und zum Teil dienen mußten und die dazu geführt haben, daß nicht nur europäische, sondern auch außereuropäische Länder sich zu einer zunehmenden Autarkie entwickelten und damit Absatzmärkte verlorengingen. Um so notwendiger ist es — auch darin stimme ich dem Vorredner bei —, daß wir den europäischen Gedanken, so wie im Grundgesetz bereits zum Ausdruck gebracht, mit allen Mitteln zu fördern versuchen. Dabei unterstreiche ich auch hier das Wort des Vorredners, daß das Endziel heißen muß: Europa ist Gleichberechtigung.
    Ich glaube aber, wenn wir über die Wirtschaftspolitik, die wir zu betreiben gesonnen sind, und über die Abwertung sprechen, sollten wir doch gerade nicht ganz an der Tatsache vorübergehen — und Herr Dr. Schumacher selber hat Respekt vor den Tatsachen verlangt —, daß diese Abwertung des englischen Pfundes sicherlich auch durch die wirtschaftlichen Experimente der dortigen Regierung veranlaßt ist.

    (Sehr richtig! rechts. — Abg. Heiland: Durch den Hitlerkrieg, Herr von Brentano!)

    — Auch dadurch, Herr Kollege Heiland. Unzweifelhaft hat England auch unter den Folgen eines verlorenen Krieges zu leiden.

    (Zurufe und Heiterkeit.)

    — Man kann schon beinahe sagen: eines verlorenen Krieges. Aber wir wollen uns, der Tatsache wirklich nicht verschließen, daß die Wirtschaftspolitik Englands ein gerüttelt Maß von Schuld an den heutigen schwierigen wirtschaftlichen Zuständen trägt.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Deswegen sind wir ja auch nicht gewillt, gleiche Experimente in Deutschland mit gleichem Enderfolg durchzuführen.

    (Zuruf von der KPD: Was sagen Sie denn morgen, wenn Ihre Regierung die Abwertung vornimmt? Wer ist dann daran schuld? — Zuruf rechts: Die englische Regierung! — Abg. Dr. Schumacher: Sie „verstärken" die Position des neuen deutschen Staates mit jedem Wort!)

    Es ist im übrigen — auch darauf möchte ich eingehen — in Zusammenhang mit der Frage der Sparsamkeit und der Notwendigkeit, soziale Aufgaben zu bewältigen, auch die Frage angeschnitten worden, ob das Kabinett nicht zu stark besetzt sei. In diesem Zusammenhang fiel auch die Bemerkung,

    (Zuruf von der SPD: Es fehlte sogar ein Stuhl!)

    daß man sogar unter Umständen aus denjenigen, die nicht Minister geworden seien, eine Fraktion zusammenstellen könne. Ich weiß nicht, ob Herr Dr. Schumacher dabei an seine Fraktionskollegen gedacht hat,

    (Zuruf rechts: Wahrscheinlich! — Heiterkeit)

    die am 14. August bestimmt noch die Absicht hatten, hier oben zu sitzen.

    (Sehr gut! in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Woher weißt du? — Zuruf von der CDU: Wollte sogar Bundespräsident werden!)

    Zur Notwendigkeit des Ostministeriums habe ich mich schon geäußert. Das ERP-Ministerium, dessen Notwendigkeit von uns und von der Regierung anerkannt wird,

    (Zuruf von der SPD: Seit wann?)

    hat besondere Aufgaben, die eben nicht im Wirtschaftsministerium zu lösen sind und auch nicht dort gelöst werden sollen. Und wenn wir ein Ministerium eingerichtet haben, das die enge Verbindung zwischen der Bundesregierung und dem Bundesrat herstellen soll, so soll damit, wie es auch gestern in der Regierungserklärung hieß, der ernste Wille zum Ausdruck kommen, daß die Bundesregierung alles tun will und tun wird, um den föderativen Gedanken des Grundgesetzes zu verwirklichen.

    (Zuruf von der SPD: Durch einen Mann, der das Grundgesetz ais Machwerk bezeichnet hat!)

    Ich glaube, meine Damen und Herren, daß diese Notwendigkeit heute größer ist denn je. Denn der Tatsache können wir uns ja nicht entziehen, daß das westliche Deutschland sich in den letzten Jahren in elf Ländern entwickelt hat, die je nach der Art der Besatzung und je nach der Art der politischen Strukturierung eine sehr verschiedenartige Entwicklung gehabt haben. Es wird des Schweißes vieler Edler bedürfen, um diese Mannigfaltigkeit wieder zu einer Gemeinsamkeit zu gestalten. Es wird auch des guten Willens sowohl des Bundes wie der Länder bedürfen. Es ist nicht so, daß daran etwa übertriebene und überföderalistische Erwägungen schuld sind, die Sie, Herr Dr. Schumacher, glaube ich, zu Unrecht befürchten.

    (Abg. Dr. Schumacher: Herr von Brentano, wie wäre es mit einem Minister für unitarische Tendenzen?)

    — Damit würden Sie Sinn und Buchstaben des Grundgesetzes allerdings verletzen. — Ich glaube nicht, daß Sie derartige hyperföderative Gedankengänge zu fürchten haben. Denn das Grundgesetz, das ja auch mit den Stimmen Ihrer Partei Annahme gefunden hat, hat hier klare Abgrenzungen gegeben, die wir allerdings auch einzuhalten beabsichtigen, weil wir das Grundgesetz zu verwirklichen gedenken. Es bedarf auch nicht Ihrer Sorge, daß etwa im Wege der Personalpolitik Sinn und Buchstaben des Grundgesetzes verletzt werden könnten.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Die Regierungserklärung hat sich gestern zu dem Grundsatz des Berufsbeamtentums bekannt. Wir bekennen uns auch in den Regierungsparteien zu diesem Grundsatz. Selbstverständlich wissen wir, daß das Berufsbeamtentum nicht etwa in der Form wiedererstehen muß, in der es bestand. Das Berufsbeamtentum soll nicht etwa das werden, was es vielleicht einmal gewesen sein mag, der Auswuchs oder der Ausfluß eines Berechtigungswesens.

    (Zuruf links: „Staatsdiener" zu werden!)

    Wir wollen schon neue Grundlagen schaffen. Aber wir brauchen, gerade wenn wir die Personalpolitik der letzten Jahre verfolgen, heute nötiger denn je die Wiederherstellung eines echten, verantwortungsbewußten Berufsbeamtentums, von dem ich


    (Dr. von Brentano)

    allerdings auch ein klares Bekenntnis zum Staat verlange.

    (Zuruf von der SPD: Ein kleines?) — Ein klares.


    (Zuruf rechts: Überparteiliches!)

    Und machen Sie sich keine Sorgen, daß etwa hier Stellenvermittlungsbüros aufgezogen würden. Es läge nahe zu antworten, daß ich nach eigenen Erfahrungen kaum ein besseres Stellenvermittlungsbüro kenne als die Sozialdemokratische Partei.

    (Lebhafte Zustimmung in der Mitte und rechts. — Zuruf: Damit ist jetzt Schluß!)

    Es ist noch dem Herrn Bundeskanzler vorgeworfen worden - ich muß der Reihenfolge nach vorgehen, damit nicht nachher etwa der Eindruck entsteht, ich hätte absichtlich einen Punkt übergangen —, er habe sich nicht mit dem nötigen Nachdruck auch der Kriegsopfer angenommen. Ich glaube, Sie haben den Passus übersehen, in dem es heißt: „Die Schaffung einer einheitlichen Versorgungsgesetzgebung für das gesamte Bundesgebiet ist nötig." Das entspricht genau dem von Ihnen vorgetragenen Wunsch, und ich bin glücklich, mich in diesem Punkt mit Ihnen einig zu wissen.

    (Zuruf von der SPD: Aber materiell nicht!)

    — Materiell in einer Regierungserklärung etwas zu sagen, würde ja bedeuten, daß der Herr Kanzler bereits sämtliche Gesetzentwürfe der nächsten Jahre auf den Tisch des Hauses hätte legen müssen, und Sie werden ihm nicht zumuten können, daß er innerhalb weniger Stunden nach Kabinettsbildung bereits so weit vorgeschritten ist. Stellen Sie keine Ansprüche und Forderungen, von denen. Sie selbst wissen, daß sie nicht verwirklicht werden konnten!
    Es ist weiter gesagt worden, die Regierungserklärung, die sich über andere wesentliche Punkte noch ausschweige, habe sich auch zu wenig mit der Tragik der im Dritten Reich Verfolgten und Geschädigten und mit der tragischen Lage der deutschen und der deportierten Juden beschäftigt. Meine Damen und Herren, gerade zu dem Problem des Antisemitismus hat der Bundeskanzler ernste Worte gefunden, und daß er zu dem Problem der politisch Verfolgten nicht noch ausdrücklich sprechen mußte, das dürfte daraus hervorgehen, daß solche politisch Verfolgte in seinem Kabinett sitzen.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD. — Abg. Renner: Warum hat er überhaupt gesprochen?)

    — Sie haben es ja gehört! — Daraus dürfen Sie wohl entnehmen, daß der Bundesregierung das tragische Schicksal der politisch Verfolgten hinreichend bekannt ist.
    Es ist weiter gesagt worden, der Herr Bundeskanzler habe nicht über seine Kulturpolitik gesprochen. Meine Damen und Herren, ich glaube, daß er das sehr bewußt unterlassen hat, weil er sich vorher mit dem Inhalt des Grundgesetzes eingehend beschäftigt hat.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Danach ist nämlich die Kulturpolitik Sache der Länder.

    (Abg. Dr. Schumacher: Was haben Sie denn im Wahlkampf und in Bonn gesagt?)

    — Wir haben im Wahlkampf das gleiche gesagt,
    Herr Dr. Schumacher! — Es war nicht Aufgabe der
    Bundesregierung, sich mit Aufgaben zu beschäftigen, die in der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder liegen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    ich betone: in der ausschließlichen Zuständigkeit, um jede falsche Vorstellung zu verwischen.

    (Zuruf: Wir haben auch eine rheinischpfälzische Kultur und nicht eine deutsche! — Abg. Dr. Schmid: Haben wir vielleicht eine verschiedene Kulturpolitik?)

    Im übrigen hat sich der Herr Vorredner mit der Frage der Außenpolitik beschäftigt. Ich habe darauf schon einiges erwidert und habe festgestellt, daß wir in diesen Fragen nach meiner Auffassung eine vollkommene Übereinstimmung unserer Grundhaltung feststellen und wohl auch zu einer völligen Übereinstimmung der Wege kommen können, die wir zu gehen entschlossen sind. Ich würde nichts mehr bedauern, als wenn auch die Frage der Außenpolitik durch die parteipolitische Auseinandersetzung getrübt und ihre klare, sachliche Behandlung erschwert werden würde. Es gibt Fragen — das steht außer Zweifel —, bei deren Beantwortung alle Teile des deutschen Volkes mitwirken müssen. Wir können die Frage der Außenpolitik ebensowenig wie die der deutschen Einheit und das Problem der Vertriebenen und Heimatlosen nicht gegeneinander, sondern nur miteinander lösen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    ich glaube, daß wir hier die Pflicht haben, alles Trennende beiseite zu stellen und nicht dadurch, daß wir uns bekämpfen, mögliche Lösungen, die im Interesse des gesamtdeutschen Volkes liegen, zu verhindern.
    Meine Damen und Herren! Ich habe eingangs gesagt: Es war nicht Aufgabe und konnte nicht Aufgabe der Regierungserklärung sein, sich in inem Abriß mit allen Problemen zu beschäftigen, lie überhaupt dem deutschen Volk gestellt sind. Dazu hätten Tage nicht gereicht; denn wir wissen alle so unzählige Probleme, wie wir sie zu lösen laben werden, sind noch kaum einer Generation gestellt worden.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Das ist die unvermeidbare Folge dieses verhängnisvollen Regimes, das hinter uns liegt und das dazu geführt hat, daß Deutschland ja nicht nur einen militärischen Zusammenbruch erlebt hat, sondern daß im Jahre 1945 die materiellen, die politischen, die wirtschaftlichen und die ethischen Werte Deutschlands zerschlagen und zerstört wurden und daß es lange Zeit dauern wird, bis wir diese Werte wieder schaffen können. Und es wird großer Sorgfalt bedürfen, um auch gegenüber dem Ausland wieder das Vertrauen zu erwecken und dem Ausland zu beweisen, daß die Grimasse, die das deutsche Volk in den Jahren von 1933 bis 1945 zeigte, nicht das wahre Gesicht des deutschen Volkes war, daß die echten, die sittlichen, die starken Kräfte des deutschen Volkes nicht versiegt, sondern nur verschüttet waren. Die letzten vier Jahre dürften allerdings auch schon manchen Zweifler überzeugt haben. Denn das, was das deutsche Volk — an der Spitze der Arbeitnehmer, an der spitze die Massen der Arbeiter im Ruhrgebiet und sonstwo — in diesen Jahren getan hat, um sich wieder langsam in die Höhe zu schaffen, das ist, meine Damen und Herren, wie ich glaube sagen
    können, beispiellos, und diese Haltung verdient Anerkennung, die nicht nur vom Ausland, sondern


    (Dr. von Brentano)

    auch von jedem von uns aus vollem Herzen gezollt werden muß.

    (Beifall in der Mitte. — Abg. Renner: Mehr Lohn wäre besser!)

    Ich glaube nicht, daß alle Arbeitnehmer so primitiv denken, wie dieser Zwischenruf zum Ausdruck bringt.

    (Abg. Renner: Mindestens aber die, die nicht soviel haben, um leben zu können!)

    Die Feststellung, die ich eben traf, wird Ihnen zeigen — ich wiederhole es —, daß uns die Lösung der sozialen Frage im Wege der Zusammenarbeit wirklich am Herzen liegt, daß sie auch für uns das ist, was der Bundeskanzler sagte: der Leitstern unserer Arbeit. — Auch wenn wir in der Methode verschiedener Meinung sind! Wir sind nun einmal der Auffassung, daß der dialektische Marxismus -
    staatsbiologisch gesehen —, ich möchte sagen: eine Sturm- und Drangperiode in der evolutionären Entwicklung unseres Volkes war. Wir sind der Meinung, daß der Klassenkampf, den man künstlich zu beleben versucht,

    (Lachen links)

    nicht das Mittel ist, um soziale Gegensätze zu bereinigen.

    (Zuruf links: Weil Sie ihn nicht verstehen! — Abg. Renner: Sie organisieren den Klassenkampf!)

    Es liegt im Wesen des Kampfes, daß er destruktiv ist. daß er niemals zu einer konstruktiven Lösung führen kann.

    (Zuruf links.)

    Wir wollen andere Wege gehen. Wir wollen den Weg gehen von dem ich sprach indem wir in Achtung des Grundgesetzes die Freiheit und die Würde des Menschen herstellen, indem wir den Menschen zum Mittelpunkt des staatlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens machen.

    (Zuruf von der KPD Das hat kein Mensch gehört!)

    Meine Damen und Herren wenn wir die Auffassung vertreten daß die Substenz christlichen Denkens uns auf diesem Wege unterstützen wird. haben wir wie ich glaube nicht unrecht. Ich möchte sogar annehmen, daß mein Vorredner das Wort eines so ernsten und sittlich lauteren Mannes wie erstanden
    hat. Wenn Mehatma Gandhi sagte: ,,Dem Armen erscheint Gott im Brot", dann hat er es nicht in dem Sinn gemeint den ich Ihren Ausführungen entnehmen zu müssen glaube,

    (Zuruf des Abg. Dr. Schumacher)

    im Sinn einer doch etwas primitiven Materialisierung und Vereinfachung.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Dr. Schmid Herr von Brentano des war unter Ihrer Würde! - Zurufe links.)

    Meine Damen und Herren. ich habe versucht, die Regierungserklärung noch vom Standpunkt meiner Partei aus zu erläutern, und ich habe versucht, mich mit den Auffassungen der größten Oppositionspartei auseinanderzusetzen.

    (Zuruf von der KPD: Das war ein bißchen dünn!)

    Ich habe Ihnen gesagt: es ist unser ernster Wille, diese Regierungserklärung nicht dem Wortlaut. sondern auch dem Sinn nach zu erfüllen, und niemand von uns glaubt, daß wir, nachdem wir die
    Verantwortung übernommen haben, deswegen herrschen könnten, sondern wir sind alle davon durchdrungen, daß diejenigen, die die Verantwortung tragen, erst recht dem gesamten Volk zum Dienen verpflichtet sind. Wir glauben, daß wir mit dem Weg, den die Regierungserklärung zeigt, den einzigen Weg gehen, der unser deutsches Volk wieder in eine bessere Zukunft führen kann. Glauben Sie nicht, meine Damen und Herren, wenn wir von der Freiheit der Wirtschaft sprechen, daß wir die Freiheit schlechthin meinen. Freiheit schlechthin ist Anarchie.

    (Zurufe.)

    Auch wir wissen, daß die Freiheit nur dann Anerkennung verdient, wenn sie im Substrat verwirklicht wird, wenn derjenige, der sich auf die Freiheit beruft, sich der Grenzen der Freiheit bewußt ist,

    (Aha! links)

    die in der Bindung gegenüber der Gemeinschaft liegen.

    (Abg. Dr. Schmid: Wir haben da einige zweihundert Jahre Erfahrung!)

    Und auch das, meine Damen und Herren, gehört zu dem Wirtschafts- und Sozialprogramm, und ich glaube, darüber hat der Wirtschaftsminister schon einiges gesagt und wird Ihnen noch einiges sagen. Wir wissen alle, daß die Wirtschaftsepoche, die hinter uns liegt, nicht nur etwa den Konsumenten geschädigt, sondern auch den Produzenten verdorben hat, und daß es unendlich viele Produzenten gibt, die sich sogar unter dem staatlich gelenkten Protektionismus, der Zwangswirtschaft, den garantierten Kontingenten und allem, was dazu gehörte, viel wohler fühlten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Aber auch diesen, meine Damen und Herren, haben wir den Weg in eine wirtschaftliche Freiheit
    gezeigt, auch wenn sie ihn ungern gehen wollen.

    (Abg. Dr. Schmid: Sie gehen ihn gern!)

    — Glauben Sie es nicht! Es gibt viele, die sich heute zu diesen Möglichkeiten zurücksehnen, wo die eigene Verantwortung so gering und die Fürsorge des nicht immer ganz unbestechlichen Apparats so groß war.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir gehen diesen Weg, meine Damen und Herren, im Sinne der von uns geschaffenen, von uns anerkannten und von der Bundesregierung beschworenen Verfassung im Bewußtsein der Verantwortung vor Gott und den Menschen.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat gestern seine Darlegungen mit dem Hinweis auf die historische Bedeutung des Augenblicks, auf die Tragweite dieser Tage begonnen, in denen ein neuer deutscher Staat zu leben beginnt. Das bedeutet ein besonderes Maß an Verantwortung und Verpflichtung. Das bedeutet aber auch, daß man dabei von vornherein sich der Bedingungen und Bedingtheiten bewußt ist, unter denen dieses staatliche Leben nun zu wirken vermag. Das ist nicht zu ermessen unter vereinfachenden Begriffen. Das, was hier werden soll, ist nicht mit Restauration oder Revolution oder ähnlichen Worten zu kennzeichnen, sondern wir


    (Dr. Schäfer)

    müssen unter ganz bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen aus dem, was im Grundgesetz an staatlicher Form vorgezeichnet ist, nun staatlichen Inhalt schaffen.
    Wir sollen eine Demokratie machen. Demokratie besteht nicht aus formalen Bestimmungen allein, besteht auch nicht aus Instrumenten äußerer Gewalt, sondern ihre innere Festigkeit und ihre innere Kraft bekommt sie in erster Linie durch die Konvention, durch Brauchtum, durch Anerkennung wechselseitig verbindlicher Regeln für den politischen Verkehr und die politische Auseinandersetzung. Das bedeutet allerdings auch, daß man den positiven Gehalt der politischen Auseinandersetzungen, auch des Meinungsstreits, erkennt. Hier gilt für die Politik, was auch für das persönliche Leben gilt. In der Zwiesprache, in dem Wechselspiel von Äußerung und Gegenäußerung wächst die menschliche Erkenntnis. Da steigern sich die Möglichkeiten, die eigenen Einsichten immer wieder zu prüfen, zu vertiefen und zu verfeinern. Das ist auch die Aufgabe der politischen Auseinandersetzungen, die wir hier zu führen haben. Wir haben mit ihnen dazu beizutragen, daß dieser werdende Staat festes Gefüge gewinnt, indem er erlebnismäßig im Volksbewußtsein verwurzelt wird.
    Dieses Sichtbarmachen einer Staatswirklichkeit, meine Damen und Herren, erfordert allerdings, daß wir uns die Auseinandersetzung nicht zu bequem machen. Es ist hier von den beiden Vorrednern sehr viel von den Funktionen der Opposition gesprochen worden. Ich will diese Funktionen nicht geringschätzen. Ich habe ja eben schon ihren Wert angedeutet, als ich vom Sinn der Zwiesprache und l ihrer Fähigkeit, Einsichten zu steigern und zu vertiefen, gesprochen habe. Darüber hinaus aber möchte ich doch einen Unterschied zwischen verschiedenen Arten von Opposition machen, nämlich zwischen der einen, die getragen ist von dem Willen, den Staat an sich und das Wechselspiel der Demokratie zu bejahen und funktionsfähig zu erhalten, und der anderen grundsätzlich staatsverneinenden Opposition. Diese hat nichts gemein mit einer Opposition, die bemüht ist, an der Entwicklung des staatlichen Lebens konstruktiv Anteil zu nehmen.

    (Zurufe links.)

    Der Herr Kollege Dr. Schumacher hat als die Aufgabe der Opposition und seiner Fraktion den Versuch bezeichnet, der Regierung und den Koalitionsparteien durch ständige Beobachtung, auch durch kritische Mitwirkung allmählich ihren Willen aufzuzwingen. Dieser Versuch nun, meine Damen und Herren, kann gemacht werden und sollte gemacht werden. Niemand von uns wird gegen diesen Versuch etwas einzuwenden haben. Ich weiß nur nicht oh die Ausführungen die wir vorhin gehört haben. gerade dazu beigetragen haben, die Überzeugung in uns zu stärken, daß wir bei diesem Versuch schon auf dem richtigen Weg sind.

    (Zustimmung.)

    Denn, was ich in diesen Ausführungen gehört habe, blieben mehr oder weniger negative Anmerkungen, aber nicht die Versuche, nun wirklich zu überzeugen, wirklich denen, die glauben, jetzt die Regierung tragen zu müssen, klarzumachen, daß sie andere Wege einschlagen müssen oder daß echte Gründe gegeben sind, von den Absichten, die gestern durch den Herrn Bundeskanzler ausgesprochen worden sind, abzuweichen.
    Meine Damen und Herren! Wir müssen von einer Tatsache ausgehen: diese neue deutsche Demokratie steht insofern unter einem ungünstigen Vorzeichen, als sie nicht das Ergebnis einer Staatsumwälzung ist, die aus den inneren Kräften des Volkes durchgebrochen ist. Dieser neue Staat kommt zustande im Gefolge einer militärischen Auseinandersetzung und eines militärischen Zusammenbruchs, der die Grundlagen und die Grundordnung des gesamten staatlichen Lebens der Vergangenheit zerstört und zerrüttet hat. So steht — anders als in Weimar — die Regierung jetzt vor der Tatsache, daß sie von Grund auf überhaupt den ganzen politischen Apparat, das gesamte Gebiet der Administration völlig neu aufzubauen hat. Gewiß sind einige Ansätze und Vorstufen vorhanden. Zuerst wurden die Gemeinden notdürftig rekonstruiert, dann wuchsen darüber die Länder, und nun entsteht über ihnen diese Bundesrepublik. Aber noch ist dieser ganze Staat nicht voll funktionsfähig.
    Meine Damen und Herren, das erste, was man eigentlich daraus folgern sollte, wäre wohl, daß man dieser Regierung einige Wochen Zeit lassen sollte, damit sie nun praktisch anfangen kann, an die politische Arbeit heranzugehen und zunächst einmal sich das organisatorische Instrument zu schaffen, mit dem man überhaupt in Deutschland Politik machen kann. Ich glaube, daß diese Arbeit und diese Tätigkeit dem deutschen Volk viel mehr wert ist als soviele theoretische Bemühungen, ob diese oder jene Entschlüsse so oder so mißdeutet werden können. Dabei wird diese Regierung, eben wegen der ungewöhnlichen Bedingtheiten der politischen Verhältnisse, unter denen der Staat entsteht, wesentliche Auseinandersetzungen zu führen haben. Sie hat alle die Realitäten, die sich um das Besatzungs- und das Ruhrstatut gruppieren, in ihre Betrachtungen hineinzunehmen.
    Meine Damen und Herren, nur einen Hinweis möchte ich in diesem Zusammenhange machen. Entscheidend ist der Geist der Handhabung dieser sogenannten Statuten. Daher liegt mir sehr daran, noch einmal mit besonderem Nachdruck auf das Begleitschreiben zu verweisen, das seinerzeit der Parlamentarische Rat erhalten hat, als ihm der Entwurf des Besatzungsstatuts zur Kenntnis gebracht wurde. Damals sind Richtlinien für die Beziehungen zwischen den Besatzungsmächten und der werdenden Bundesrepublik ausgesprochen worden, deren Verwirklichung allein überhaupt die Möglichkeit geben kann, daß unsere Bemühungen um einen neuen, um einen echten, lebendigen, im Volksbewußtsein verwurzelten Staat Erfolg haben.
    Dabei werden wir bei allen unseren ökonomischen und sozialpolitischen Erwägungen immer wieder auch von der Tatsache auszugehen haben, daß wir dies politische Gebilde, das wir hier innerhalb der drei westlichen Besatzungszonen als Staatswesen beginnen, dieses Teilstück eines Gesamtdeutschlands nur lebensfähig erhalten und seine Entwicklungsmöglichkeiten nur dann sicherstellen können, wenn diese in den größeren Zusammenhang einer europäischen Föderation einmünden. Hier werden besondere Aufgaben einer Politik des Kabinetts vorliegen; sie sind wesentlicher als irgendwelche innerpolitischen Auseinandersetzungen. Ich glaube, hier darf es einen Zwie-


    (Dr. Schäfer)

    spalt zwischen einer staatsbejahenden Opposition und den Regierungsparteien überhaupt nicht geben.
    Wir haben nämlich mehr zu erreichen. Wir stehen doch vor einer ungeheuer tragischen Lage unserer Geschichte. Das größte Unheil der Erbschaft, die uns die fürchterlichen Jahre der Despotie hinterlassen haben, liegt darin: Es ist verkannt worden, was schon in den Dreißiger Jahren in seinen Entwicklungsansätzen durchaus sichtbar war, daß sich im Westen und im Osten zwei große neue Gravitationszentren von epochebestimmender Kraft und Gewalt gebildet haben. Wir sind gegenwärtig, meine Damen und Herren — und das ist das Schlimmste, was die rasenden Machtstreber hinterlassen haben -, das Land, durch dessen Volksgebiet der Graben zwischen zwei Welten gezogen ist. Den Folgen einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken und die deutsche Einheit zurückzugewinnen, setzt ein hohes Maß politischer Konzentration, setzt eine Anstrengung voraus, diesen Staat, den wir hier beginnen, zu einem echten Kristallisationskern neuer deutscher Einheit zu machen. Sie läßt nach meiner Meinung die Dinge, die heute überwiegend zur Sprache gekommen sind, als Geringfügigkeit und Nebensächlichkeit erscheinen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    In diesem Zusammenhang möchte ich in Erwägung dessen, was dazu seitens des Herrn Bundeskanzlers erklärt worden ist, noch besonders zum Ausdruck bringen, daß für uns die Notwendigkeit besteht, zu einer baldigen Friedensordnung zu gelangen, daß auf der anderen Seite aber auch die Herstellung einer Friedensordnung für dieses zentraleuropäische Gebiet die Voraussetzung bildet, um überhaupt den Weltfrieden herstellen, sichern und erhalten zu können.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Man wird sich dazu entschließen müssen, für die Beziehungen der Menschen und Völker wieder die Vorstellung lebendig zu machen, daß diese Erde eigentlich Raum für alle hat und daß nur dann ein Frieden Wirklichkeit wird, wenn die Beziehungen und Zusammenhänge zwischen den Völkern eine echte gesellschaftliche Grundlage haben. Das geschieht aber nur dann, wenn zwischen den Menschen jenseits und diesseits der Grenzen, hüben und drüben, echte, geistige, wirtschaftliche und auch persönliche Zusammenhänge wirksam werden. So kann ich gar nicht anders, als in diesem Augenblick, da wir diesen Staat beginnen und uns zu den besonderen Notwendigkeiten dieses Staates bekennen, wieder sagen, daß für uns, für diesen Staat, aber auch für das Gedeihen und für die Herstellung des Friedens in aller Welt die entscheidende Voraussetzung ist, daß wir wieder zu einer weitgehenden, ja vollständigen Freizügigkeit und freien Beweglichkeit für Menschen, für Güter und für Gedanken gelangen.

    (Bravo! bei der FDP.)

    Ich habe schon vorhin gesagt, daß das Kabinett bei der staatlichen Neuordnung vor schwierigeren Aufgaben stehen wird als etwa die Regierung nach der Verabschiedung der Verfassung in Weimar. Wir müssen dem Kabinett eine gewisse Anlaufzeit lassen. Wir können nicht ungeduldig nur Forderungen stellen und Anträge einreichen. Es ist wichtiger, zunächst einmal die Staatseinrichtungen zu ordnen.
    Dabei müssen einige Überlegungen in den Vordergrund gerückt werden. Meine Damen und Herren, die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat in allen Ländern zu einer Hypertrophie der Staatsfunktionen geführt. Der Staat hat ein solches Maß von Aufgaben zugeschanzt bekommen, hat so viele Dinge an sich gerissen oder dafür die entsprechenden Einrichtungen und Apparaturen schaffen müssen, daß die Gefahr besteht, daß durch das Übermaß der Staatsfunktionen die Demokratie in Wirklichkeit unwirksam gemacht wird.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Wenn ein Staat zuviel tut, wird er undurchsichtig und unübersehbar. Die Wirksamkeit eines Parlaments hängt bis zu einem gewissen Grade davon ab, daß die Staatsfunktionen auf das wirklich Notwendige und Wesentliche begrenzt werden.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Wird der Staatsapparat durch sein Übermaß undurchsichtig, so daß nicht einmal ein Parlament ihn überwachen und durchschauen kann, dann mag formal eine Demokratie vorhanden sein, in Wirklichkeit regiert dann mit absoluter Gewalt eine Administration.

    (Abg. Dr. Baumgartner: Bei Ihrem Zentralstaat! Sie widerlegen sich selbst, Herr Abgeordneter!)

    — Ich widerlege mich nicht! Ich habe von dem Umfang der Staatsfunktionen gesprochen. Wo ich die einzelnen Staatsfunktionen hinlege, in das Zentrum oder zu irgendwelchen Zwischengliedern, das ist eine Zweckmäßigkeitsfrage. Ich wüßte nicht, welche anderen Gründe ich haben könnte, bei der Beurteilung von Form und Konstruktion staatlichen Lebens andere als Zweckmäßigkeitsgründe sprechen zu lassen.

    (Lebhafte Zustimmung bei der FDP. — Abg. Dr. Baumgartner: Sie sprechen dauernd nur vom Staat statt vom Bunde! — Heiterkeit.)

    — Ich muß allerdings sagen, daß ich auf Grund des Grundgesetzes die Ihnen vielleicht merkwürdig erscheinende Auffassung habe: Bund und Bundesrepublik und Staatswesen sind irgendwie doch identisch.

    (Sehr gut! bei der FDP. Zurufe von der BP.)

    Notwendig ist also, daß das Kabinett beim Aufbau der organisatorischen Einrichtungen des Staates, der Verwaltungen, von vornherein entschlossen ist, äußerste Sparsamkeit walten zu lassen, einmal aus finanziellen Gründen, weil es angesichts der Fülle drängender Nöte gar nicht verantwortet werden kann, in den Verwaltungsfunktionen und Verwaltungseinrichtungen irgendein Übermaß eintreten zu lassen. dann aber auch, um die Durchsichtigkeit und Übersichtlichkeit des Staates für die kontrollierende Volksvertretung nicht zu erschweren oder zu vernebeln. Hier gilt die Konzentration auf das Wesentliche. Es wäre an sich notwendig, hier Überlegungen zu wiederholen, die ich aber wegen der Kürze der Zeit im einzelnen nicht ausführen will, Gedanken, die im Laufe der jahrzehntelangen Erörterungen über Verwaltungsreform und verwandte Dinge ausgesprochen worden sind.
    In diesem Zusammenhang wird natürlich auch die Personalpolitik eine Rolle spielen, und da




    (Dr. Schäfer)

    kann ich nur wiederholen und das unterstreichen, was der Herr Bundeskanzler hinsichtlich der Notwendigkeit ausgeführt hat: die Bejahung eines intakten und sorgfältig vorgebildeten Berufsbeamtentums. Wir haben nicht die Absicht, wir denken nicht daran, irgendeine Auslese parteipolitischer Art bei der Besetzung von fachlichen Beamtenstellen zu begünstigen oder zu betreiben.

    (Händeklatschen bei der FDP. — Zurufe links.)

    Wir denken vor allen Dingen nicht daran, meine Damen und Herren, etwa - das Berufsbeamtentum zurückzudrängen zugunsten von Zwölfendern der Partei- und Berufsformationen.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    In diesem Zusammenhang wird — da eben der Einwand gekommen ist, daß ich bei der Erörterung des Verwaltungsaufbaus die Länder nicht genügend erwähnt habe — darauf hinzuweisen sein, daß durch den Aufbau des Bundes eine ganze Reihe von Funktionen, die bisher bei den Ländern lagen, von dem Bund übernommen werden und infolgedessen auch sehr erhebliche Vereinfachungen in der Zusammensetzung der Länderkabinette durchaus möglich sind.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Ich kann in diesem Zusammenhang nur auf das Beispiel von Württemberg-Baden verweisen und die Bitte und die Anregung aussprechen, diese Weisheit in bezug auf Sparsamkeit und Vereinfachung möge, ohne daß lange Erörterungen notwendig sind, nun auch in anderen Ländern Schule machen.

    (Händeklatschen bei der FDP. — Zurufe links und rechts.)

    Das Entscheidende aber, meine Damen und Herren. für den Aufbau des Staates und für seine Reputation. möchte ich sagen, wird sein. daß wir nach anderthalb Jahrzehnten der Rechtlosigkeit nun mehr und mehr diesen Staat wirklich wieder als Rechtsstaat aufziehen und daß wieder die Verpflichtung, nach Gesetz und Recht 7u handeln und zu verfahren, nicht nur für die Beziehungen der einzelnen Staatsfunktionäre zueinander maßgebend wird, sondern auch entscheidend wird für das Verhältnis von Regierung zu Verwaltung, von Bürger zu Staat und von Bürger 711 Bürger. Auch hierbei ist entscheidend — das deckt sich wieder mit dem. was ich vorhin über die Notwendigkeit einer Konzentration auf die entscheidenden Aufgaben des Staates ausgeführt habe — ein Verständnis für Sinn und Grenzen der Wirksamkeit des Staates. Wenn wir zuviel Gesetze machen meine Damen und Herren. und so entsetzlich viel Vorschriften haben. daß kein Mensch mehr weiß und übersehen kann was denn eigentlich gestattet und verboten ist dann erleben wir den Zustand. in den wir hineingekommen waren vor allen Dingen in den, Zeiten der wuchernden Zwangswirtscht.
    daß nämlich die Gesetzesübertretung zur allgemeinen Volksbelustigung wird.

    (Lebhafte Zustimmung hei der FDP)

    Hier möchte ich noch einmal das Wort hervorheben. unter denn unser Bundepräsident hier in diesem Hause sein Amt angetreten hat: daß Gerechtigkeit ein Volk erhöht. Das gilt, meine Damen und Herren, auch für die Beseitigung aller Bestimmungen. die im Zurre der stufenweisen Umstellung des staatlichen Lebens von der Desnotie zu dieser allmählich in demokratische Formen
    übergleitenden Entwicklung eingeschaltet gewesen sind, all diese Gesetze und Bestimmungen, die im letzten aber auch bewirkt haben, daß Staatsbürger zweiter Klasse, Menschen verschiedenen Rechts entstanden. Daß wir Verbrecher nicht schützen, darüber dürfte wohl kein Zweifel bestehen. Aber daß man Menschen bloß deshalb, weil sie als Opfer erlogener Darstellungen sich geirrt haben,

    (Abg. Rische: Auch Schacht?)

    weil sie darum geglaubt haben, eine bestimmte Entwicklung, die über uns gekommen ist, äußerlich mitmachen zu müssen, nun ständig als Staatsbürger zweiter Klasse behandelt, das ist mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit nicht vereinbar.
    Das, meine Damen und Herren, ist gerade unter dem Gesichtspunkt, den der Herr Kollege Dr. Schumacher erwähnt hat, sehr wichtig. Er hat — nach meiner Meinung übertreibend — von einer nationalrevolutionären Gefahr gesprochen. Ich sehe, offen gestanden. diese Gefahr nicht, und ich halte es auch nicht für geschickt und klug, sie dadurch interessant zu machen. daß man sie größer darstellt, als sie in Wirklichkeit ist.

    (Sehr richtig! bei der FDP. — Zurufe links.) Aber, meine Damen und Herren, wenn man ihr schon entgegentreten will, dann ist es zumindest eine falsche Psychologie, nun noch an diesen Gesetzen, Bestimmungen, Fragebogen und Einrichtungen festzuhalten, die nichts weiter bewirken, als Menschen, die innerlich sich keiner Schuld bewußt sind, zu Staatsbürgern zweiter Klasse zu stempeln, damit zu deklassieren und hineinzutreiben in eine Bereitschaft, nun eben die eigene Chance nur noch in einer revolutionären Haltung und Einstellung zu suchen.


    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Das schließt aber auf der anderen Seite wiederum nicht aus, daß wir uns auch ebenso zur Wehr setzen

    (Zuruf links: Na also!)

    Perlen einen Mißbrauch der staatsbürgerlichen Freiheit. Wir denken nicht daran, den Fehler zu wiederholen. den die Weimarer Republik begangen hat. Wer die Freiheit verneint, stellt sich außerhalb der Freiheitsrechte.

    (Sehr richtig! bei der FDP. Abg. Dr. Baumgartner: Das gilt auch für die Länder!)

    Hier. meire Damen und Herren. wird es notwendig sein. ein wachsames Auge zu halten auf Bestrebungen und Tendenzen, die darauf hinausgehen könnten. durch einen neuen Freiheitsmißbrauch die Festigung eines freiheitlichen Staatsweses zu stören. zu hemmen oder zu gefährden.

    (Zuruf rechts. Freiheit gilt auch für die kleinen Parteien! — Heiterkeit.)

    — Natürlich! Ich habe nicht die Freiheit der kleinen Parteien bestritten: aber die Freiheit der kleinen Parteien kann ia nun nicht dahin führen, daß sie Privilegien erhalten.

    (Sehr richtig!)

    Meine Damen und Herren! Das, was uns als die entscheidendste Aufgabe gilt, hat der Herr Bundeskanzler gestern zum Ausdruck gebracht, als er von der Notwendigkeit sprach, mit beherzter Entschlossenheit an die sozialen Aufgaben unserer Zeit heranzugehen. Auch da haben wir wieder mit dem traurigen Erbe der Vergangenheit zu schaffen. D i e soziale Frage unserer Zeit, wenig-



    (Dr. Schäfer)

    stens das Kernstück aller sozialen Fragen unserer Zeit ist das ungeheuerliche Schicksal, das die Millionen der Menschen betroffen hat, die man aus ihrer Heimat, aus ihrer Existenz vertrieben hat. Hier — das ist schon von den Vorrednern ausgesprochen worden, und ich freue mich dieser weitgehenden Übereinstimmung — besteht die Notwendigkeit, dafür zu sorgen, daß die Lasten dieses Krieges nicht nur von den unmittelbar Betroffenen getragen werden, sondern daß hier das große ethische Prinzip gilt, daß der eine des anderen Last zu tragen hat. Dabei sind wir aber nicht der Meinung — das ganze Problem des Lastenausgleichs in diesem Zusammenhang zu erörtern, würde zu weit führen —, daß es damit getan ist, etwa mit schematischen Rentenansprüchen eine Lösung dieser überaus schwierigen und verwickelten Frage zu suchen. Der individuelle Lastenausgleich, der der Größe des Schadens nicht immer in vollem, aber in einem angemessenen und möglichen Umfange entspricht, scheint uns nach wie vor die bessere und erstrebenswertere Lösung zu sein.
    Damit ist es notwendig, sich nicht darauf zu beschränken, daß man das Recht dieser vertriebenen deutschen Menschen auf ihre angestammten Heimatgebiete ausspricht. Wir dürfen uns auch nicht etwa damit aus der Affäre ziehen, daß wir nun sagen, in diesen Dinge müsse sehr weitgehende ausländische Hilfe kommen, sondern das erste, was in dieser Angelegenheit zu geschehen hat, ist, daß das Äußerste an Anstrengungen gemacht wird, um zunächst aus eigenen Kräften und mit den eigenen Möglichkeiten diese schwierigste, diese entscheidende, diese eigentliche soziale Frage unserer Zeit zu einer Lösung zu bringen.

    (Beifall bei der FDP.)

    In diesem Zusammenhang werden dann auch die übrigen Opfer des Krieges, die Kriegsbeschädigten, eine besondere Wertung und Berücksichtigung finden müssen. Im einzelnen wird über diese Dinge zu sprechen sein, wenn die einschlägigen Gesetzentwürfe eingebracht werden und wenn die Absicht verwirklicht werden kann, ähnlich der früheren Reichsversorgung eine feste und einheitliche Rechtsgrundlage für die Versorgung aller Opfer dieses Krieges zu schaffen.
    Das Arbeitsrecht wird weiterzuentwickeln sein, denn, meine Damen und Herren, die sozialen Lebensformen, auch auf dem Gebiete des Arbeitsvertragsrechts, des Individualvertrages wie des Kollektivvertrages, sind verwickelter und komplizierter geworden. Ich beschränke mich dazu heute auf diese Bemerkung: seinerzeit konnte die Weimarer Republik für sich in Anspruch nehmen, daß sie das fortschrittlichste Arbeitsrecht der Welt entwickelt hatte. Der Wille, daran wieder anzuknüpfen, scheint mir zunächst einmal als allgemeiner Ausdruck einer Absicht und eines Willens ausreichend zu sein.
    Hinzu tritt eine sehr wesentliche Aufgabe: die Herstellung der sozialen Sicherheit mit den Mitteln der Sozialversicherung und der sozialen Fürsorge. Eins scheint uns dabei entscheidend: daß diese soziale Versicherung und daß dieses System der Vorsorge für die Wechselfälle des Lebens nicht dazu führt, die unterschiedlichen Lebensformen der Menschen zu schablonisieren. Wir sind vielmehr der Überzeugung, daß wir, weil für unseren ökonomischen Fortschritt eine wachsende Verschiedenheit der Menschen, ihrer Fähigkeiten und Gaben notwendig ist, eine Normung, eine Schematisierung der menschlichen Lebensformen unter allen Umständen weitgehend vermeiden müssen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    So vertreten wir die Ansicht gegenüber der Entwicklung in den letzten Jahrzehnten, daß wir die deutsche Sozialversicherung wieder aus der Gefahr lösen müssen, in die sie hineingeraten war und ist, nämlich so etwas wie ein Geheimratsgewerbe zu sein. Wir sind vielmehr der Meinung, daß wir Sozialversicherungsträger entwickeln müssen, die den Versicherten selbst gehören,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    und daß auf diese Weise eine echte Selbstverwaltung — unter Anpassung an die verschiedenen und wechselnden Bedürfnisse der Vorsorge — ein lebendiges Verhältnis zwischen Versicherungsträger und Versicherten herbeiführen kann. Daß dabei notwendig ist, für ihre verlorenen Vermögen einen Ausgleich herbeizuführen, dürfte unbestritten sein. Es besteht nur die Frage, ob man ihn etwa in der Form von alljährlichen Dotationen herbeiführt oder ob man nicht von vornherein zum Ausgleich der eingetretenen Verluste den Versicherungsträgern wenigstens teilweise Ausgleichsforderungen zur Verfügung stellt, um eine stetige und auch zur Sicherung der Anwartschaftsdeckung tragfähige Vermögensgrundlage zu geben.
    Es ist heute hier soviel von der Jugend gesprochen worden. Meine Damen und Herren, entscheidend ist doch wohl, daß wir die nachgewachsene Generation in das Arbeits- und Berufsleben unseres Staates und unserer Gesellschaft hineinbringen. Dafür, meine Damen und Herren, ist notwendig, daß man dazu die Wege erleichtert. Dazu gehört die Schaffung von geeigneten Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten, dazu gehört auch eine Form der Arbeitsvermittlung, die von wirklich betriebswirtschaftlich erfahrenen Persönlichkeiten durchgeführt wird,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    die die Eignung des einzelnen und seine Verwendbarkeit beurteilen können.
    Das Wichtigste bei aller Sozialpolitik aber ist, meine Damen und Herren, daß wir uns nicht nur über die Frage der Verteilung unterhalten, sondern daß wir die Frage in den Vordergrund rükken: wie kommen wir denn zu einer Mehrung der Güter und Werte? Denn man kann ja nur verteilen, was vorher geschaffen ist. So gesehen ist eine leistungerhöhende, Werte und Güter mehrende Wirtschaftspolitik eine im besten Sinne dynamische Sozialpolitik.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wer ehrlich und ernsthaft soziale Forderungen erfüllen will, wie ich sie ausgesprochen habe, auf dem Gebiete des Lastenausgleichs, in der Verbesserung der Daseinsbedingungen der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen, Körperbehinderten usw., wer die ganze Aufgabe der Wiederherstellung und der Wiedergesundung der deutschen Sozialversicherungseinrichtungen verwirklichen will, wer das Fürsorgewesen verbessern will, wer auf dem Gebiete der Gesundheitspolitik und der sozialen Hygiene fortschrittliche Entwicklungen anstrebt, der kann das nur mit einer Wirtschaftspolitik verwirklichen, die dazu überhaupt die materiellen Voraussetzungen schafft. Da sind wir allerdings der Überzeugung, daß mit einer Befehlswirtschaft, mit der Errich-


    (Dr. Schäfer)

    tung von Kommandozentralen diese Möglichkeit nicht gegeben ist.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wir stehen heute genau so wieder in einer Situation, wie Völker etwa in dem Pionierzeitalter gestanden haben, wo sie auch von vorne anzufangen hatten. Wir stehen in einer Situation, wie wir sie in Europa nach den Freiheitskriegen hatten, damals, als auch so ein Tyrann über die Lande gezogen war, als er auch gestürzt war: da waren auch die Städte verwüstet und der Verkehr lahmgelegt und alles heruntergewirtschaftet.

    (Abg. Dr. Schmid: Der hat die Gewerbefreiheit eingeführt, Herr Kollege!)

    — Richtig! Aber damals, Herr Kollege Dr. Schmid, hat man eins nicht gemacht: man hat an den Anfang der Entwicklung des großen technischen Zeitalters nicht Planungszentralen und Lenkungsbürokratie gestellt, sondern man hat den Merkantilismus der absoluten Fürsten beseitigt, die Zünfte, all die Privilegien beseitigt, die die Berufstätigkeit der Menschen, den Eigentumserwerb der Menschen einschränkten. Man hat die Menschen freigemacht, sich nach dem höchsten Maße ihrer Leistungsfähigkeit zu entfalten.

    (Beifall in der Mitte und rechts. — Zurufe von der SPD.)

    — Die Kehrseite der Medaille kenne ich auch.

    (Abg. Dr. Schmid: Sie kennen auch den Leitsatz: „Enrichez vous, Messieurs!" So ganz einfach ist es nicht, Herr Kollege!)

    — Es ist wirklich nicht ganz einfach!
    Aber entscheidend ist jetzt die Frage: wie entfessele ich die Antriebskräfte zu einer Wirtschaft, die aufsteigt? — und nicht: wie bremse ich sie, wie hemme ich sie, oder wie korrumpiere ich sie?

    (Beifall in der Mitte und rechts. — Zurufe links: Ihr seid doch die Wirtschaft! Wo sitzen denn die größten?)

    — Ich muß sagen: das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die so leicht Schlechtes von jemand sagen, einfach weil sie von einer vorgefaßten Meinung ausgehen.

    (Abg. Schoettle: Wer zahlt denn die Korruptionsgelder? Einer muß doch bezahlen, wenn der andere nimmt!)

    — Nach meinen Beobachtungen haben sehr viele gezahlt. Ich kenne keinen Stand und keine Schicht, die sich nicht an diesen Dingen entweder passiv oder aktiv beteiligt hätte.

    (Zuruf von der SPD: Die andern können es besser als wir! Gegenruf: Seien Sie nur nicht so bescheiden!)

    Meine Damen und Herren, es wäre sehr reizvoll, nun diese ganzen Erörterungen fortzuspinnen. Die Redezeit ist aber beschränkt, und ich kann mich immer nur auf die grundsätzlichen Feststellungen beschränken. Entscheidend für unsere Überlegungen — um daran wieder anzuküpfen — ist, daß es darauf ankommt, die Auftriebkräfte der wirtschaftlichen Entwicklung freizumachen, zu entfesseln, und daß es darauf ankommt, das Erfolgstreben lebendig zu machen, damit mehr geschaffen wird. Denken Sie an unsere weltwirtschaftliche Abhängigkeit. Stellen Sie sich nur die Möglichkeit einer zentralen Planung vor. Was bedeutet denn zentrale Planung? Sie bedeutet, daß ich zunächst einmal den Planungsraum gegen weltwirtschaftliche Austauschbeziehungen abkapsele. Denn sonst ist die Planung gar nicht richtig möglich.

    (Zuruf: Siehe England! Gegenrufe von der SPD.)

    Das ist das eine. Wenn wir mit so primitiven Begriffen arbeiten, die noch aus der Zeit etwa des Vulgär-Marxismus des 19. Jahrhunderts stammen, kommen wir ja nicht weiter.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wie stellen Sie sich das bloß vor? Die entscheidende Frage für uns ist, durch weltwirtschaftliche Verflechtung Einfuhren hereinzubekommen, weil einfach die Möglichkeit, im eigenen Lande aus eigenen Erzeugnissen Ernährung, Bekleidung, Textilien und Rohstoffe herbeizuschaffen, nicht gegeben ist.

    (Zuruf von der KPD: Was macht eigentlich die Marshall-Behörde? — Dasselbe!)

    — Sie dürften wissen, daß der Marshallplan eine zeitweilige Angelegenheit ist, die in einigen Jahren ihre Erledigung findet. Dann entsteht für uns die entscheidende Frage, die Einfuhren, die wir dringend benötigen, selbst zu bezahlen. Einfuhren kann man aber nur bezahlen, wenn ihnen Ausfuhren gegenüberstehen. Das ist eine sehr einfache Regel, die durch noch so viele Zwischenrufe nicht aus der Welt zu schaffen ist.

    (Zuruf rechts: Hören Sie doch damit auf! Wir wollen vernünftige Reden hören! Das sind lauter Wahlreden!)