Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Wir treten in die
Fragestunde
ein.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf.
Die Fragen 1 und 2 des Herrn Abgeordneten Clemens werden nach Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Haehser zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Wie hoch belastet im Durchschnitt ein Parlamentarischer Staatssekretär mit Vorzimmer, Kraftfahrer und Auto den Haushalt, und wie hoch ist die Belastung durch alle Parlamentarischen Staatssekretäre und Staatsminister?
Bitte schön.
Für einen Staatsminister oder Parlamentarischen Staatssekretär werden für die Amtsbezüge sowie die Personalausgaben aller Mitarbeiter, Kraftfahrzeugkosten und Reisekosten jährlich rd. 380 000 DM aufgewendet. Die Gesamtausgaben für die Staatsminister und Parlamentarischen Staatssekretäre betragen deswegen 19x 380 000 DM.
Zusatzfrage? — Bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie mir die sich durch diese Multiplikation ergebende Gesamtsumme nennen, die Sie sicherlich vorliegen haben?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Das sind rund 7,3 Millionen DM. — War das die erste Frage, Herr Präsident?
Das ist die Frage 3.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Nein, ich meine, ob Herr Kollege Hupka damit die erste Frage gehabt hat.
Das war eine Zusatzfrage, aber der Herr Abgeordnete hat noch eine Zusatzfrage. Die erste Frage ist beantwortet?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Jawohl.
Bitte, die zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht, da gespart werden muß, ein Gewinn für den Haushalt, wenn gerade bei diesen 19 Staatssekretären gespart werden könnte?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung, Herr Kollege, schließt sich der Beurteilung, die ich aus Ihrer Frage heraushöre, nicht an.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger .
Herr Staatssekretär, da die Bundesregierung zweifellos sowohl über eine ganze Anzahl von Bundesministern als auch über eine große Zahl von beamteten Staatssekretären verfügt, von denen sowohl die einen wie die anderen hier gelegentlich wirken und unsere Anfragen beantworten: Wäre es nicht mindestens denkbar, daß da und dort, wo sich dies anbietet, gewisse Einsparungen erfolgen, um den Sparwillen der Bundesregierung auch auf diese Weise glaubwürdig darzustellen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die guten Gründe, die den damaligen Bundeskanzler Kiesinger bewogen haben, mit seinen Kollegen im Kabinett das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs zu schaffen, sind auch heute noch gute Gründe.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Friedmann.
Herr Staatssekretär, wären Sie — trotz der auch weiterhin geltenden Erkenntnis des damaligen Kanzlers Kiesinger — ange-
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4322 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982
Dr. Friedmannsichts der anstehenden Sparmaßnahmen und der Notwendigkeiten dazu bereit, darauf hinzuwirken, daß Parlamentarische Staatssekretäre versuchen, ohne Fahrer auszukommen, indem sie selbst fahren, wie es auch Unternehmer der Wirtschaft tun müssen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich sehe keinen Zusammenhang mit der Frage, die Herr Hupka gestellt hat.
Im übrigen würde das ja voraussetzen, daß sich jeder Parlamentarische Staatssekretär einen Führerschein anschafft, soweit er noch keinen hat. Inwieweit das der Fall ist, weiß ich nicht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf.
Die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Schulze wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Brück zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Jäger auf:
Welche Staaten, die von einer Militärdiktatur beherrscht sind, erhalten von der Bundesregierung wirtschaftliche oder finanzielle Hilfe, und mit welcher Begründung wird in welchen Fällen derartige Hilfe an solche Staaten von der Bundesregierung abgelehnt?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Jäger, oberstes Ziel der Entwicklungspolitik der Bundesregierung ist es, den Menschen zu dienen. Dies ist eine langfristige Aufgabe. Entwicklungspolitische Zusammenarbeit ist deshalb von inneren politischen Veränderungen in den Partnerländern grundsätzlich unabhängig und orientiert sich an langfristigen Erwägungen.
Die Bundesregierung ist jedoch auch der Auffassung, daß der Erfolg von Entwicklungsanstrengungen auch von der Verwirklichung gleicher bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte für alle Mitglieder der Gesellschaft abhängt. Sie achtet daher bei Entscheidungen über entwicklungspolitische Zusammenarbeit auch auf die Verwirklichung der Menschenrechte in den Entwicklungsländern.
In den vertraulichen Erläuterungen zu Kapitel 23 02 Titel 866 01, Titel 866 03 und Titel 896 03 des Bundeshaushalts hat die Bundesregierung mitgeteilt, mit welchen Entwicklungsländern finanzielle und technische Zusammenarbeit für das Haushalts-j ahr 1982 geplant ist.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, bedeutet Ihre Antwort, daß sich die Bundesregierung scheut, die Staaten beim Namen zu nennen — und damit meine Frage nun auch wirklich zu beantworten —, in denen Militärdiktaturen herrschen, die gleichwohl von der Bundesregierung wirtschaftliche oder finanzielle Hilfe erhalten?
Brück, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, eine Reihe von Staaten, mit denen wir im Rahmen der Entwicklungspolitik zusammenarbeiten, hat nicht die inneren politischen Verhältnisse, wie wir sie in den demokratischen Staaten Europas haben.
Herr Kollege Jäger, ich dachte aber, Sie hätten genügend außenpolitische Erfahrungen, um zu wissen, daß man eine solche Frage nicht in der Fragestunde des Deutschen Bundestages diskutieren kann. Ich sagte schon, daß es vertrauliche Erläuterungen gibt, die dem Haushaltsausschuß und dem Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit vorliegen, in denen alle Länder genannt sind, mit denen die Bundesregierung zusammenarbeitet.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da sich die Bundesregierung in bestimmten Fällen — ich könnte solche namentlich nennen — nicht gescheut hat, Militärdiktaturen so zu bezeichnen, wenn es welche sind — richtigerweise, wie ich hinzufügen möchte —, verstehe ich gar nicht — und deswegen möchte ich die Frage nochmals an Sie stellen —, warum es die Bundesregierung hier ablehnt, Staaten, die ihre Hilfe erhalten, die aber von Militärdiktaturen beherrscht werden, auch namentlich so zu nennen und solche Staaten, wo dies aus genau diesen Gründen abgelehnt wird, ebenfalls zu nennen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese Staaten dennoch hier vortragen würden.
Brück, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, ich bleibe bei meiner Auffassung, daß es im Interesse der Bundesrepublik Deutschland und ihrer außenpolitischen Beziehungen nicht gut ist, hier alle Staaten, mit denen wir entwicklungspolitisch zusammenarbeiten, zu qualifizieren. Es gibt keinen Zweifel, daß wir bei einigen Staaten dann, wenn ein Militärputsch vorhandene langjährige demokratische Strukturen zerstört hat, die Zusammenarbeit eingestellt haben, um den demokratischen Kräften in diesem Lande zu helfen.
Keine weiteren Zusatzfragen.Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Penner zur Verfügung.Ich rufe Frage 6 des Herrn Abgeordneten Schröder auf:Auf welche Weise entstanden durch Verluste an Möblierungsgerät Schäden in Höhe von insgesamt mehr als 17 000 DM im Kurhaus, im Unterkunftsbereich der Kaserne und auf dem Flugplatz bei der Kommandeurtagung der Bundeswehr vom 1. bis 5. Mai 1979, und aus welchen Haushaltsmitteln wurden diese Schäden beglichen?
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982 4323
Herr Kollege Schröder, nach den Schadensberichten des Wehrbereichskommandos II in Hannover sind im Zusammenhang mit der 23. Kommandeurtagung der Bundeswehr auf Borkum im Kurhaus, im Unterkunftsbereich der Kaserne, auf dem Flugplatz und bei Möblierungsgerät Schäden von insgesamt über 17 000 DM entstanden. Die Schäden entstanden während der Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung im wesentlichen durch Verluste von bundeswehreigenem Möblierungsgerät bei Hin- und Rücktransporten aus einem Festlandsdepot mit teilweise notwendigen Zwischenlagerungen, am behelfsmäßig hergerichteten Sportfliegerplatz durch Landungen und Starts von Transall-Flugzeugen, im Kurhaus durch Ein- und Ausbau von Stellwänden zur Einrichtung weiterer notwendiger Funktionsräume, durch Absicherungsmaßnahmen sowie durch Schäden an frisch versiegelten Parkettfußböden, die im wesentlichen bei den Transportarbeiten entstanden sind.
Zusatzfrage, bitte.
Ich hatte gefragt, ob es sich bei den 17 000 DM allein um Schäden am Porzellan handelt und auf welche Weise diese entstanden sind.
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Ich beantworte die Frage mit Nein.
Eine weitere Zusatzfrage.
Kann es sein, daß wenigstens ein Teil der Schäden an Porzellan oder Glas sind, und um welchen Teil handelt es sich dann?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schröder, es handelt sich überwiegend um Schäden, die an bundeswehreigenem Material entstanden sind. Die Ihrer Frage zugrunde liegende Mutmaßung, daß es sich bei der Schadensentstehung um Exzesse gehandelt haben mag, kann ich nicht bestätigen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Schröder auf:
Gedenkt die Bundesregierung, diese Schäden auf zivilrechtlichem Weg von den Verursachern wieder einzuklagen, oder welche anderen Möglichkeiten sieht sie, die Verursacher zur Rechenschaft zu ziehen?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schröder, Regreßansprüche des Bundes gegen Soldaten konnten zum Teil auch aus Rechtsgründen nicht geltend gemacht werden. Im übrigen erscheint es im Hinblick auf die große Zahl der an den geschilderten Tätigkeiten beteiligten Soldaten nicht möglich, konkrete Verantwortlichkeiten für Schäden festzustellen. Der Vorgang gibt allerdings Veranlassung, darauf hinzuweisen, daß künftig noch mehr als bisher auf den sorgsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln hinzuwirken ist.
Zusatzfrage, bitte.
Können Sie mir bitte sagen, um welche Rechtsgründe es sich dabei handeln soll, die dagegen sprechen, den Ersatz für diese Schäden von den Verursachern, soweit sie bekannt sind, einzuklagen?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schröder, ich hatte darauf hingewiesen, daß es sich bei der Nichteintreibbarkeit von Schadenersatzansprüchen um zwei Grundlagen handelt: einmal um eine tatsächliche Grundlage, die überwiegend greift, aber auch um eine rechtliche Erwägung. Die rechtliche Erwägung gründet sich darauf, daß Regreßansprüche lediglich dann mit Erfolg geltend gemacht werden können, wenn grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz nachzuweisen ist.
Weitere Zusatzfrage.
Diese rechtlichen Erwägungen sind mir durchaus bekannt. Wenn jemand aber in dieser Weise Gegenstände des Bundes zerstört, wieso geht die Bundesregierung dann davon aus, daß eben nicht grobe Fahrlässigkeit vorliege? Denn, Herr Staatssekretär, z. B. über ein noch unversiegeltes Parkett zu laufen, das ja sicherlich auch gekennzeichnet worden ist, würde nach meiner bescheidenen Rechtsauffassung schon grobe Fahrlässigkeit begründen.
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schröder, wir können jetzt nicht den Einzelfall bewerten: ob es sich um einfache oder um grobe Fahrlässigkeit handelt. Die Schwierigkeiten, Regreßansprüche durchzusetzen, sind in der Tat darin zu sehen, daß sich zwei Gründe, die einander teilweise überlappen, gegenüberstehen: einmal tatsächliche und zum zweiten Rechtsgründe.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Jung auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Es wird so verfahren, wie in den Richtlinien vorgesehen. Dasselbe gilt für die Frage 9 desselben Abgeordneten.
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Wimmer auf:
Handelt es sich bei den auf der letzten NATO-Ratstagung in Brüssel Anfang Dezember 1981 vorgelegten Fabrikaten westlicher Marinetechnik, die an die UdSSR geliefert worden sein sollen, um entsprechende Fabrikate aus bundesdeutscher Produktion oder von bundesdeutschen Herstellern?
Bitte.
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wimmer, bei dem am 9. Dezember 1981 auf der Ministertagung der NATO durch US-Verteidigungsminister Weinberger vorgelegten Fabrikat handelt es sich um den sowjetischen Nachbau eines US-amerikanischen mikroelektronischen Bauteils und nicht um ein Fabrikat bundesdeutscher Produktion.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, kann von daher ausgeschlossen werden, daß auch
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4324 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982
Wimmer
deutsche Technik in diesem Fabrikat verwendet worden ist?Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Nach unseren Erkenntnissen ist deutsche Technik bei diesem Fabrikat — soweit uns das Fabrikat überhaupt bekannt ist — nicht verwendet worden.
Herr Staatssekretär, sind Sie gegebenenfalls bereit, zu veranlassen, dieser Frage noch einmal detailliert nachzugehen und mir eine entsprechende Antwort zukommen zu lassen?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wimmer, Sie wissen, daß ich immer gerne bereit bin, Ihren Anregungen nachzugehen. Nur erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, daß Verteidigungsminister Weinberger bei dieser Tagung — gleichsam beispielhaft, ohne den konkreten Gegenstand näher zu bezeichnen — darauf hingewiesen hat, daß wir im sensitiven Bereich insgesamt alle — er hat keine einzelne Ansprechsperson näher bezeichnet — etwas tun müssen. Unter diesen Umständen erscheint mir ein konkretes Nachgehen wenig sinnvoll.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Wimmer auf:
Wie bewertet die Bundesregierung die bei entsprechenden Einheiten der Nationalen Volksarmee in der „DDR" vorgenommene Modernisierung atomarer Raketen in bezug auf Reichweite und Treffgenauigkeit?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, daß Verbände der Nationalen Volksarmee, die mit atomaren Gefechtsköpfen ausgerüstet werden können, modernisiert worden seien.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist es möglich, daß der Bewußtseinsstand innerhalb des Bündnisses hinsichtlich dieser Frage insoweit unterschiedlich ist, als der Bundesregierung darüber keine Erkenntnisse vorliegen, aber anderen NATO-Partnern sehr wohl Erkenntnisse darüber vorliegen, die der Bundesregierung gegenüber dann auch mitgeteilt worden sind?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dies ist nicht in mein Wissen gestellt. Ich weiß nicht, was die Regierungen anderer Bündnispartner wissen, uns aber nicht mitgeteilt haben. Darüber kann ich keine Auskunft geben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie gegebenenfalls bereit, diesem Sachverhalt etwas anders als dem in der Frage 10 angesprochenen Sachverhalt nachzugehen, und werden Sie sich in Anbetracht der Brisanz dieser Problematik wirklich darum bemühen, hier eine entsprechende Auskunft zu geben? Können Sie mir in diesem Zusammenhang auch sagen, über welche Ausrüstungsgegenstände die Streitkräfte der DDR in diesem Zusammenhang bisher verfügt haben?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wimmer, die Auskunft, die ich Ihnen gegeben habe, ist auf internationaler Ebene — besonders im Bündnis — abgesichert. Was die Ausrüstung der Nationalen Volksarmee angeht, so wissen wir, daß sie Systeme hat, die für eine atomare Bewaffnung geeignet sind. Ich sage aber ganz offen: Wir können keine Auskunft darüber geben, ob diese Systeme auch atomar bestückt sind.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Dr. Feldmann auf:
In welchem Ausmaß finden Antritts- und Abschiedsbesuche der Kommandeure der Kommandobehörden der Bundeswehr im unterstellten bzw. übergeordneten bzw. im zivilen oder NATO-Bereich statt, und welche Kosten werden dadurch verursacht?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Feldmann, offizielle Besuche von Soldaten und persönliche Meldungen sind in Kapitel 5 der Zentralen Dienstvorschrift 10/8 geregelt. In dieser Vorschrift ist folgendes angeordnet:
Im übergeordneten, zivilen und NATO-Bereich wird beim Abschiedsbesuch gleichzeitig der Nachfolger eingeführt.
Im unterstellten Bereich wird der entsprechende Besuch im Rahmen der Dienstaufsicht abgewikkelt.
Anläßlich von Dienstantritts- und vergleichbaren Meldungen beim übergeordneten Bereich entstehen keine Reisekosten.
Aus der Vorschrift folgt auch das Gebot eines sparsamen Einsatzes der Haushaltsmittel.
Antritts- und Abschiedsbesuche von Kommandeuren der Kommandobehörden der Bundeswehr bei den genannten Stellen werden statistisch nicht erfaßt. Eine ins einzelne gehende Darstellung sowie Angaben über die Kosten würden umfangreiche, zeitaufwendige und mit Kosten verbundene Erhebungen nötig machen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Danke sehr, Herr Staatssekretär Penner. Sind Sie bereit, mir abzunehmen, daß es mir bei meiner Fragestellung auch darum ging, einen sparsamen Einsatz der Haushaltsmittel sicherzustellen? Sind Sie auch bereit, mir abzunehmen, daß ich damit nicht eine neue Statistik herbeireden will? Wäre es aber möglich, Herr Staatssekretär, durch Stichproben in dieser Frage weiterzukommen und mir gelegentlich eine einschlägige Antwort zu erteilen? Könnten Sie mir — das ist meine Zusatzfrage — auch noch mitteilen, welche Kosten neben den Kosten, die die Besuche der Kommandeure verursachen, durch das Begleitpersonal — Begleitoffiziere, Fahrer usw. — entstehen?
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982 4325
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Feldmann, das waren vier Zusatzfragen, wenn ich richtig gezählt habe.
— Sie sagen, es war eine Zusatzfrage. Ich will das nicht kommentieren, Herr Präsident.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, es waren zunächst einmal vier Zusatzfragen, die schon nicht zulässig waren, und dann kam die eigentliche Zusatzfrage, die gerade noch zulässig ist. Wenn Sie sie beantworten wollen, bitte!
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Die ersten beiden Zusatzfragen, die eine persönliche Einschätzung der Motivation Ihrer Fragestellung zum Gegenstand hatten, beantworte ich mit einem uneingeschränkten Ja. Die dritte Frage lautete, ob es mir möglich sei, mittels Stichproben Ihren Intentionen Rechnung zu tragen. In dieser Hinsicht möchte ich etwas zurückhaltend sein. Dies liefe nämlich im Grunde genommen Ihrer ersten Fragestellung zuwider. Ich greife Ihre Anregung aber auf, indem ich darauf hinweise, daß gerade in der Zeit eines engen Haushalts mit den öffentlichen Mitteln noch sparsamer als bisher umzugehen ist.
Was schließlich die Begleitpersonen angeht, so habe ich bereits darauf hingewiesen, daß die in Rede stehenden Besuche nicht erfaßt werden. Eine Erhebung würde, wenn sie überhaupt möglich ist, auch mit hohem Zeitaufwand und sehr viel Kosten verbunden sein. Es ist davon auszugehen, daß Dienstantritts- und vergleichbare Besuche beim übergeordneten und beim unterstellten Bereich nicht mit speziellen Kosten verbunden sind. Bei entsprechenden Besuchen im zivilen und NATO-Bereich können Reisekosten für den Kraftfahrer entstehen. Ob sie entstehen, richtet sich nach dem jeweils geltenden Recht.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit, diese Antritts- und Abschiedsbesuche der Kommandeure auf ein Minimum zu beschränken?
Dr. Penner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Feldmann, ich glaube, daß diese Besuche sinnvoll sind. Sie entsprechen dem Bedürfnis der Bundeswehr, sich auch in die Gesellschaft zu integrieren, was die Begegnung mit dem zivilen Bereich angeht. Sie dienen aber, was Besuche in der NATO und innerhalb der Bundeswehr angeht, auch dazu, Kontakte zu vertiefen, die zur Erfüllung des Auftrags notwendig erscheinen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Mahne zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Dr. Feldmann auf:
Zu welchen Ergebnissen haben die Verhandlungen über die vermuteten Grau- und Schwarzmarktaktivitäten der „Singapore Airlines" zwischen dem Bundesverkehrsministerium und der Republik Singapur geführt?
Bitte.
Herr Kollege Dr. Feldmann, die am 9. und 10. Dezember 1981 in Singapur zwischen einer deutschen und einer singapurischen Regierungsdelegation abgehaltenen Konsultationen führten zu folgender schriftlicher Vereinbarung:
1. Beide Seiten stimmen darin überein, daß es im Interesse einer gesunden Fortentwicklung des Luftverkehrs liegt, daß Singapore Airlines und alle anderen Flugliniengesellschaften ausschließlich nur die vom Bundesminister für Verkehr genehmigten Tarife anwenden. Singapore Airlines wird daher die Bemühungen des Bundesministers für Verkehr zur Sicherstellung der Tarifordnung entsprechend unterstützen.
2. Der von Singapore Airlines beim Bundesminister für Verkehr eingereichte Winterflugplan, der wegen der fortgesetzten Tarifunterbietungen der Singapore Airlines zunächst nur befristet bis zum 31. 12. 1981 genehmigt worden war, wird nunmehr ohne Einschränkungen bis zum Ende der Flugplanperiode am 31.3. 1982 genehmigt.
3. Lufthansa und Singapore Airlines werden in Kürze auf Gesellschaftsebene über die von singapurischer Seite Tarifveränderungen beraten. Das Ergebnis wird dem Bundesminister für Verkehr zur Genehmigung vorgelegt.
4. Eine Fortsetzung der Konsultationen auf Regierungsebene ist für Ende Februar 1982 in Bonn vorgesehen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß dabei die Zusage des Verkehrsministeriums gemacht wurde, in Zukunft für eine gleichrangige und lückenlose Überwachung der Flugtarife bei allen Fluggesellschaften Sorge zu tragen? Und wie gedenkt, wenn dies richtig ist, Herr Staatssekretär Mahne, das Bundesverkehrsministerium diese Zusage zu realisieren?Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Feldmann, eine gleichwertige und gleichartige Überprüfung der Flugtarife hat es bisher immer schon gegeben. Es hat keine Singapore Airlines diskriminierende Überprüfung gegeben.Darüber hinaus hat der Bundesverkehrsminister an die Regierungen im südostasiatischen Verkehrsgebiet, in dem überwiegend Tarifunterbietungen festgestellt wurden, sowie an alle in der Bundesrepublik tätigen Flugliniengesellschaften und an den Deutschen Reisebüroverband ein Schreiben gerichtet und sie dazu aufgefordert, die vom Bundesverkehrsminister eingeleiteten Maßnahmen zur Sicherstellung der Tarifordnung u. a. durch verstärkte
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Parl. Staatssekretär MahneDurchführung von Flugscheinkontrollen zu unterstützen und auch entsprechend selbst tätig zu werden.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär Mahne, ist die Bundesregierung der Ansicht, daß sich das bisher praktizierte Verfahren der Tariffindung im Luftverkehr bewährt hat, oder hält die Bundesregierung eine Liberalisierung des heutigen Tarifsystems für ein besseres Mittel, um zu verbraucherfreundlichen Luftverkehrstarifen zu kommen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Die Erfahrungen gerade im Atlantikverkehr, Herr Kollege Dr. Feldmann, haben gezeigt, daß eine zu starke Liberalisierung der Tarife im Flugverkehr ihre Grenzen hat und letztlich zu Lasten des Verbrauchers geht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Collet auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß mehr als 70 v. H. aller Kraftfahrer auf Bundesstraßen und Autobahnen die Geschwindigkeitsbegrenzungen an Baustellen und schwierigen Straßenführungen nicht einhalten, weil sie aus Erfahrung wissen, daß die angegebene Höchstgeschwindigkeit niedriger ist, als die Verkehrslage es erfordert, oder weil sie den Eindruck haben, daß man eben die Schilder verwendet, die man gerade zur Verfügung hat, so daß als Folge davon der korrekte Kraftfahrer zum Verkehrshindernis wird?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, wenn der Herr Kollege Collet gestattet, möchte ich wegen des Sachzusammenhangs die Fragen 14 und 15 gemeinsam beantworten.
Gut. Ich rufe dann auch die Frage 15 des Abgeordneten Collet auf:
Ist die Bundesregierung bereit, eine Überprüfung der Verkehrsschilder mit Geschwindigkeitsbegrenzung zu veranlassen, die Geschwindigkeitsbegrenzung nach oben zu verschieben und zum Ausgleich die Übertretungsgebühren und Strafen zu erhöhen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Collet, der Bundesregierung liegen keine Untersuchungen vor, daß mehr als 70 % aller Kraftfahrer auf Bundesstraßen und Autobahnen die Geschwindigkeitsbegrenzungen an Baustellen mißachten, wie dies in Ihrer Frage angedeutet war.
Die Höchstgeschwindigkeitszeichen an Baustellen werden nicht von den Baufirmen mehr oder weniger willkürlich aufgestellt. Die Zuständigkeit hierfür liegt vielmehr bei den Straßenverkehrs- und Straßenbaubehörden. Die Beschilderung erfolgt nach sogenannten Regelplänen, die Bestandteil der mit den obersten Landesbehörden abgestimmten Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen sind.
Ich will nicht bestreiten, Herr Kollege, daß es Fälle geben kann, in denen diese Richtlinien nicht beachtet werden. Zu einer generellen Überprüfung aller Höchstgeschwindigkeitszeichen besteht keine Veranlassung. Zuständig für Anordnung, Überprüfung und Aufhebung von örtlichen Höchstgeschwindigkeiten sind — nach Anhörung der Polizei- und der
Straßenbaubehörden — die Straßenverkehrbehörden der Länder. Diese richten sich hierbei nach der sehr eingehenden, mit Zustimmung des Bundesrats erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Zeichen „Zulässige Höchstgeschwindigkeit". Da die Bundesländer bisher Änderungswünsche hierzu nicht geäußert haben, geht die Bundesregierung davon aus, daß sich die Vorschriften bewährt haben.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wenn die Bundesregierung keine statistischen Erkenntnisse darüber hat, daß 70 % der Kraftfahrer — wie ich behaupte, wenn es nicht sogar mehr sind — diese Verkehrsbeschränkungen auf Bundesstraßen und Autobahnen — sicher auch auf Landesstraßen — mißachten, darf ich Sie fragen, ob Sie selbst als Verkehrsteilnehmer solche Erkenntnisse haben.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich habe in meiner Antwort bereits darauf hingewiesen, daß es durchaus Fälle geben kann, in denen diese Vorschriften nicht beachtet werden. Aber ich kann auch nach meinen eigenen Erkenntnissen die von Ihnen genannten 70 % nicht bestätigen.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie gesagt haben, daß die Baubehörden diese Geschwindigkeitsbegrenzungen festlegen, frage ich: Ist es denkbar, daß diejenigen, die diese Schilder aufstellen bzw. die Weisung dazu erteilen, schon unterstellen, daß der Kraftfahrer schneller fährt, und — weil sie das unterstellen — von vornherein eine niedrigere Zahl ansetzen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, in Ihrer Frage ist eine Vermutung enthalten, die ich für mich selbst in einer Antwort nicht nachvollziehen kann.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich glaube, diese Angelegenheit wäre es wert, eine Stichprobenbefragung von Kraftfahrern vorzunehmen — und ich frage Sie, ob die Bundesregierung dazu bereit wäre; man müßte den Kraftfahrern dabei allerdings zusichern, daß sie nicht bestraft werden —, damit festgestellt werden kann, wie hoch die Zahl derjenigen ist, die tatsächlich diese Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht beachten.Mahne, Parl Staatssekretär: Herr Kollege, ich muß noch einmal darauf hinweisen, daß die Geschwindigkeitsbegrenzungen an Baustellen j a nicht willkürlich erlassen und eingerichtet werden. Ich habe in meiner ersten Antwort bereits gesagt, wie streng jeweils das Verfahren ist, das zu dieser Geschwindigkeitsfestsetzung führt. Ich möchte auch darauf hinweisen, daß die Bundesregierung ein großes Interesse daran haben muß — ganz gleich, wie hoch die Zahl der Kraftfahrer ist, die sich daran halten —, daß jeder Kraftfahrer diese Geschwindigkeitsbe-
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Parl. Staatssekretär Mahnegrenzungen einhält. Sie sind j a nicht nur wegen des Straßenzustandes an der Baustelle erlassen worden, sondern auch zum Schutz der Arbeitnehmer, die auf dieser Baustelle tätig sind. Auch das wird bei der Festsetzung der Höchstgeschwindigkeit berücksichtigt. Ich glaube, wir alle müssen uns diesem Schutz der Arbeitnehmer verpflichtet fühlen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Dem letzten schließe ich mich an, wenngleich das nicht meine Frage ist, Herr Staatssekretär.
Ich will deshalb noch einmal nachfragen: Kann es Sinn einer Gesetzgebung sein — selbst wenn es sich hier nicht um ein wirkliches Gesetz handelt —, etwas vorzuschreiben, wenn man schon im vorhinein weiß, daß sich ein Großteil nicht daran hält und daß diejenigen, die das einhalten, durch die übrigen Kraftfahrer geradezu bestraft werden, indem man ihnen nämlich womöglich einen Vogel zeigt oder hinter ihnen blinkt, weil sie eben so langsam fahren, wie es vorgeschrieben ist?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Aufgabe des Deutschen Bundestages und aller Abgeordneten sollte auch darin bestehen, die Kraftfahrer auf die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung an Baustellen hinzuweisen. Sie sollten mithelfen, einen Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zu leisten.
Herr Abgeordneter Collet, jetzt haben Sie es. Jetzt werden Sie verdächtigt, an diesen Baustellen dauernd straffällig zu werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Zeitler.
Herr Staatssekretär, ich fahre mein Fahrzeug selber und habe die gleiche Beobachtung gemacht wie der Herr Abgeordnete Collet, so daß ich mich dem zuletzt Gesagten anschließe. Wenn es schier unmöglich ist, 60 oder 30 km/h einzuhalten, weil die gesamte Kolonne schneller fährt — vielleicht auch in dem Gefühl, daß die Autos sicherer als anderswo sind —, und das auch häufig an Baustellen zu beobachten ist, wo niemand arbeitet, frage ich Sie: Wenn Sie eine Statistik nicht herstellen wollen, können Sie dann wenigstens einmal feststellen, was im Laufe des letzten Jahres in Flensburg wegen zu schnellen Fahrens an Baustellen an Punkten eingetragen worden ist?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich weiß nicht, ob in Flensburg eine Statistik so geführt wird, daß das ermittelbar ist. Aber ich will mich gern darum bemühen und bin gern bereit, Ihnen diese zuzuleiten.
Keine weiteren Zusatzfragen. — Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Topmann auf:
Ist es richtig, daß Spezialanhänger zur Beförderung von Sportgeräten, wie Transporter für Segelflugzeuge, Boote oder Pferde, weder steuer- noch versicherungspflichtig sind und auch nicht der regelmäßigen TÜV-Überprüfung unterliegen, und wenn j a, hält die Bundesregierung eine derartige Bevorzugung „gehobener" Sportarten für gerechtfertigt, oder denkt sie daran, diesen Zustand auf gesetzlichem oder Verordnungswege zu ändern?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Topmann, es trifft zu, daß Spezialanhänger zur Beförderung von Sportgeräten oder Tieren für Sportzwecke nach § 18 Abs. 2 Nr. 6 Buchstabe m der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zulassungsfrei und damit auch steuer- und versicherungsfrei sind. Sie unterliegen auch nicht der regelmäßigen technischen Überwachung nach § 29 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, der sogenannten TÜV-Überwachung.
Die Bundesregierung prüft laufend, ob die Zulassungspflicht für diese Sportanhänger gerechtfertigt ist bzw. welche Maßnahmen getroffen werden sollten, um die Vergünstigungen auf ein angemessenes Maß zu begrenzen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, wie es zu der Privilegierung der von Ihnen genannten Fahrzeuge gekommen ist?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Die heutige zulassungsrechtliche Behandlung von Sportanhängern, Herr Kollege Topmann, ist auf eine Regelung aus dem Jahr 1962 zurückzuführen. Grund für die Zulassungsfreiheit war damals, daß diese Fahrzeuge nur begrenzt im Verkehr verwendet werden. Man ging hinsichtlich der verkehrssicheren Wartung der Anhänger im übrigen von der Sorgfalt der Sporttreibenden und der Sportvereine aus. Außerdem sollte die Regelung der Förderung des Sports dienen.
Inzwischen ist fraglich geworden — das will ich ausdrücklich sagen —, ob der Gesichtspunkt der begrenzten Verwendung im Straßenverkehr in dieser allgemeinen Formulierung noch zutrifft.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir einig, daß diese Fahrzeuge im weitesten Sinne der Freizeitgestaltung dienen, daß zur Freizeitgestaltung letztlich aber auch sämtliche Wohnwagenanhänger gerechnet werden müßten?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Das ist richtig. Auch die Wohnwagen und Wohnanhänger dienen sicherlich der Freizeitgestaltung. Gerade deshalb muß auch überprüft werden, inwieweit die Steuerbefreiung und zulassungsrechtliche Behandlung dieser Spezialanhänger in dieser Form weiter aufrechterhalten werden kann.
Keine weiteren Zusatzfragen.Die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst und die Fragen 20 und 21 des Herrn Abgeordneten Dr. von Geldern werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
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4328 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982
Präsident StücklenIch rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann auf:Ist der Bau einer Bundesbahnschnelltrasse Mannheim-Basel, die im Teilstück Rastatt-Offenburg alleine 1 Milliarde DM kosten soll, noch aktuell, nachdem der finanzielle Spielraum der Deutschen Bundesbahn immer geringer wird?Bitte, Herr Staatssekretär.Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Friedmann, gegenüber meiner Antwort auf Ihre etwa gleichlautende Frage in der Fragestunde im Juni 1981— Protokoll der 47. Sitzung, Anlage 8 — haben sich keine Änderungen ergeben.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär Mahne, darf ich davon ausgehen, daß Sie diese Aussage auch im Bewußtsein der Tatsache machen, daß die Bundesregierung die Zuschüsse an die Bundesbahn auf 13 bis 14 Milliarden DM jährlich limitiert hat und somit die Schulden der Bundesbahn während der nächsten drei bis vier Jahre auf über 50 Milliarden DM steigen werden?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es wird bei der Bundesbahn eine Prioritätenfestsetzung bei den künftigen Investitionen geben — wie auch schon in der Vergangenheit —, und der Neubau oder der Ausbau von Strecken wird eine hohe Priorität haben.
Bei der von Ihnen angesprochenen Strecke laufen zur Zeit die Vorbereitungen zum Raumordnungsverfahren. Mit dessen Einleitung wird 1982 zu rechnen sein. Natürlich wird über die endgültige Finanzierung erst nach der Entscheidung über das Vorhaben nach § 14 des Bundesbahngesetzes und nach Aufnahme in den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn entschieden werden.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, da die Planungen der Bahn oft mit denjenigen der betroffenen Gemeinden kollidieren — indem diese z. B. oft ein Industriegebiet oder ein Wohngebiet dort planen, wo die Schnelltrasse hindurchgehen soll —, darf ich Sie bitten, angesichts dieser Tatsache auf die Bundesbahn einzuwirken, daß sie stets rechtzeitig ihre Planungen mit den Gemeinden abstimmt oder diese zumindest darüber informiert?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Bei allen Berichten, die die Bundesbahn — auch hier im Verkehrsausschuß — zur Frage der Planungen und ihrer Umsetzung gegeben hat, kann man eigentlich davon ausgehen, daß die Bundesbahn dies tut. Ich will aber gern Ihre Frage zum Anlaß nehmen, die Bundesbahn darauf hinzuweisen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann auf:
Wie verteilen sich die Straßenbaumittel auf die vier Regierungsbezirke des Landes Baden-Württemberg während der nächsten zehn Jahre, wenn beim Bau von Bundesstraßen die vom Verkehrsausschuß des Bundestages am 9. Dezember 1981 ausgesprochenen Empfehlungen vom Bundesverkehrsminister befolgt werden?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Dr. Friedmann, lassen Sie mich zunächst eine grundsätzliche Feststellung machen. Der Bundesminister für Verkehr hat immer betont, daß er Maßnahmen in den Ländern nach verkehrspolitischen Prioritäten in die Baustufe I a aufnehmen wird. Dies gilt auch für Baden-Württemberg.
Unabhängig davon kann Ihre Frage erst dann beantwortet werden, wenn der „3. Fünfjahresplan mit den Ergänzungen bis 1990" erarbeitet ist, der eine Aufteilung der Jahresansätze auf Einzelmaßnahmen enthält.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär Mahne, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß die regionalpolitische Aufteilung solcher Investitionen des Bundes auf einzelne Landesteile nicht unter dem Gesichtspunkt vorgenommen wird, welche Auswirkungen sich daraus auf den Arbeitsmarkt ergeben? Und sind Sie demnach tatsächlich gewillt, die Empfehlungen des Verkehrsausschusses, die ja in machen Teilen vielleicht auch zufällig zustande gekommen sind, als verbindlich hinzunehmen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich will das letzte aufnehmen. Die Empfehlungen des Verkehrsausschusses — ich habe an den Beratungen selber teilgenommen — sind sehr sorgfältig erarbeitet und diskutiert worden. Gerade was den Bereich Baden-Württemberg betrifft, sind sie auch weitestgehend im Konsens der drei Fraktionen erarbeitet worden.
Die Mitglieder des Verkehrsausschusses haben sich in der gleichen Weise wie der Bundesminister für Verkehr an die verkehrspolitischen Prioritäten in einem Bundesland gehalten und haben hier nicht noch einmal eine regionale Aufteilung der Mittel vorgenommen. Dies hat zu den Empfehlungen des Verkehrsausschusses geführt, und ich kann Ihnen sagen, daß der Bundesminister für Verkehr am Montag entschieden hat, die Empfehlungen des Verkehrsausschusses — mit einer Ausnahme in einem anderen Bundesland — vollinhaltlich zu übernehmen.
Bitte, eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär Mahne, da dieser Konsens von Ihnen ja auf die Fraktionen beschränkt wurde, die im Verkehrsausschuß vertreten sind,
möchte ich Sie fragen, warum Sie in einem solchenFalle nur auf Vorstellungen Rücksicht nehmen, dieüber die Vertreter der Fraktionen hier vorgebracht
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982 4329
Dr. Friedmannwerden, und dabei die wohlfundierten Ratschläge der Länder, die ja im Auftrage des Bundes handeln müssen und die ohne weiteres von draußen her die Erfahrungen haben, übergehen?Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, leider ist es so, daß sich das Land Baden-Württemberg bei der Erarbeitung der Vorschläge für die Baustufen I a und I b der Mitarbeit enthalten hat.
Von daher war der Bundesminister für Verkehr notwendigerweise in die Lage versetzt, allein einen Vorschlag zu erarbeiten, der dann dem Verkehrsausschuß vorgelegt worden ist und der anschließend mit entsprechenden Empfehlungen des Verkehrsausschusses an den Bundesminister für Verkehr zurückgegangen ist.
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, dem Hohen Hause mitzuteilen, mit welcher Begründung sich das Land Baden-Württemberg in dieser Frage zurückgehalten hat?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ja. Das Land Baden-Württemberg hat einer Aufteilung der Dringlichkeitsstufe I des Ausbauplans Bundesfernstraßen in die Baustufen I a und I b — einer Aufteilung, die nach Auffassung des Bundesverkehrsministers und auch des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages auf Grund der Veränderungen der finanziellen Rahmenbedingungen notwendig geworden war — nicht zugestimmt und deshalb seine Mitarbeit versagt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Topmann.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß der Abgeordnete Friedmann gut daran täte, weitere Aufklärung über die von ihm gestellten Fragen beim verkehrspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Dr. Schulte, einzuholen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Topmann, ich gehe davon aus, daß die Zusammenarbeit der Kollegen in der CDU/CSU-Fraktion untereinander so gut ist, daß dies geschehen ist; falls nicht, wird es sicherlich nachgeholt werden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Becker zur Verfügung.
Die Fragen 24 und 25 des Herrn Abgeordneten Linsmeier sowie die Fragen 27 und 28 des Herrn Abgeordneten Conradi werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Dr. Diederich auf:
Wie viele illegale Radio- bzw. Fernsehsender gibt es derzeit im Bereich der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin (West), einschließlich solcher Sender, die außerhalb der Grenzen gezielt auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausstrahlen, und wie ist die Entwicklung der letzten Jahre?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, gestatten Sie bitte, daß ich die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten wegen des Sachinhalts zusammenfassend beantworte, wenn der Herr Abgeordnete damit einverstanden ist.
Dann rufe ich zusätzlich Frage 23 des Herrn Abgeordneten Dr. Diederich auf:
Wie hoch ist die Zahl der von der Fahndung der Deutschen Bundespost entdeckten Stationen, und wie viele Verurteilungen mit welchen Strafen auf Grund des Fernmeldeanlagengesetzes hat es gegeben?
Bitte sehr.
Becker, Parl. Staatssekretär: Im Bereich der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin gibt es nach vorliegenden Erkenntnissen derzeit 15 illegale Sender mit rundfunkähnlichen Aussendungen. Aus dem Ausland strahlen 5 illegale Sender in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Nicht genehmigte Fernsehsender wurden bisher nicht festgestellt.
Die Entwicklung der Anzahl der nicht genehmigten Sendefunkstellen ist ansteigend. In den letzten Jahren wurden 46 nicht genehmigte Sendefunkstellen durch die Polizei stillgelegt.
Von den der Deutschen Bundespost bekanntgewordenen Strafverfahren nach dem Fernmeldeanlagengesetz gab es 12 Einstellungen des Verfahrens, 1 Freispruch und 7 Verurteilungen. Das Strafmaß erstreckte sich überwiegend auf Geldstrafen zwischen 60 und 90 Tagessätzen zu je 10 bis 35 DM. In einem Fall wurden vier Monate Haft auf Bewährung und eine Geldbuße in Höhe von 800 DM zuzüglich der Verfahrenskosten und Einzug der Geräte verhängt.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, kann man diese Sender einer bestimmten Szene, also bestimmten politischen oder sozialen Gruppen, zurechnen, und wie viele von ihnen sind kommerziell orientiert, wie viele mehr politisch?Becker, Parl. Staatssekretär: Ich glaube nicht, daß man eine Unterscheidung nach diesen Kategorien treffen kann. Dies wird klar, wenn ich einmal sage, worum es sich handelt. So gibt es Sender, die unter
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4330 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982
Parl. Staatssekretär Becker„Radio Luftikus", „Radio Kebab", „Radio Wellenbrecher", „Radio Atlanta", „Radio Zigeuner", „Radio Hase 3", „Radio Querfunk", „Radio Eulenspiegel", „Radio Fledermaus", „Radio Freies Aachen" und „Radio Wahnsinn" firmieren. Deswegen würde ich sie weder bestimmten politischen Richtungen noch einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe zuordnen. Es gibt große Individualisten, die sich auf diesem Gebiet betätigen.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich darf die Frage noch einmal präzisieren. Ich beziehe mich auf einen Kommentar in der „Süddeutschen Zeitung" vom 31. August vorigen Jahres, wo gesagt wird:
Initiativen von Umweltschützern, Hausbesetzern oder Homosexuellen sehen sich in den offiziellen Funk-Medien nicht genügend vertreten und nutzen die „Freien Radios" als ihr Forum.
Würden Sie nicht zustimmen, daß hier doch bestimmte gesellschaftliche oder soziale Gruppen versuchen, sich auf diese Weise Gehör zu verschaffen?
Becker, Parl. Staatssekretär: Das will ich nicht bestreiten. Nur kann man sie nicht nach einzelnen politischen Richtungen oder Schwerpunkten einordnen. Es ist auch sehr schwer, die einzelnen Sender zu orten, weil sie oft nur wenige Minuten am Tage senden.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gedenkt die Bundesregierung, dem Beispiel Frankreichs oder Belgiens zu folgen und diese nichtkommerziellen Aktivitäten zu legalisieren oder sie zu dulden?
Becker, Parl. Staatssekretär: Nein, derartige Absichten sind nicht im Gespräch.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie Annoncen, die man vor allen Dingen in alternativen Zeitungen, z. B. in der Berliner „Tageszeitung", findet und die Sendungen solcher nicht genehmigter Sender ankündigen? Halten Sie solche Annoncen für rechtlich zulässig, und werden diese Annoncen verfolgt?
Becker, Parl. Staatssekretär: Ich glaube nicht, daß sie rechtlich zulässig sind. Die Deutsche Bundespost weist bei solchen Verfahren immer darauf hin, daß sie, sobald ihr nicht genehmigte Rundfunkanlagen bekannt werden, nur im Zusammenwirken mit der Polizei tätig werden kann. Das heißt, die Bundespost wird nicht selbst tätig, sondern erstattet Anzeige, wenn Bestimmungen des Fernmeldeanlagengesetzes verletzt werden. Die Polizei geht diesen Anzeigen nach.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Herberholz auf.
Trifft es zu, daß die Deutsche Bundespost davon ausgeht, daß Kabelverbreitungsanlagen wie z. B. in Bad Homburg nur dann rentabel seien, wenn alle Rundfunkteilnehmer in der betreffenden Gemeinde zum Anschluß an die Gemeinschaftskabelanlage durch von der Gemeinde beschlossene Antennenverbote gezwungen würden?
Bitte sehr.
Becker, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter Herberholz, die Deutsche Bundespost errichtet Breitbandverteilanlagen in Fällen eines akuten örtlichen Bedarfs. Ein solcher Bedarf wird unter anderem als gegeben angesehen, wenn eine Gemeinde aus von ihr zu vertretenden Gründen, z. B. bauästhetischen Aspekten, in einem Neubaugebiet ein Antennenverbot verhängt. Die Bundespost wird hier aber nicht aktiv, sondern sie wird erst auf Anregung in solche Bauvorhaben eintreten.
Die Rentabilität von Kabelanlagen ist von dem Verhältnis der erzielten Einnahmen und der für die Errichtung der Anlage entstehenden Kosten abhängig. Daher ist eine hohe Anschlußdichte aus der Sicht der Deutschen Bundespost zwar wünschenswert; jedoch ist eine Rentabilität nicht nur dann gegeben, wenn alle Rundfunkteilnehmer in dem betroffenen Gebiet angeschlossen werden. Im übrigen sind die Dienststellen der Bundespost angewiesen, nicht auf Antennenverbote bei den Gemeinden hinzuwirken. Dies trifft auch für die Kabelanlage in Bad Homburg zu.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen unter Umständen bekannt, daß das Fernmeldeamt Eschborn, das für die genannte Anlage zuständig ist, mit dem Ziel auf die Stadt Homburg eingewirkt haben könnte, ein allgemeines Antennenverbot zu erlassen?
Becker, Parl. Staatssekretär: Nein, derartige Aktivitäten der Post sind mir nicht bekannt.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie dann vielleicht sagen, ab welcher Auslastung eine solche Anlage für die Deutsche Bundespost rentabel ist?
Becker, Parl. Staatssekretär: Nein, dazu gibt es keine präzisen Zahlenangaben, weil es jeweils für das zu versorgende Gebiet nach den jeweils anzuschließenden Teilnehmern, der Bebauungsdichte und vielen anderen Kriterien zu einer Wirtschaftlichkeitsrechnung kommt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Weirich.
Herr Staatssekretär, es ist aber doch so, daß Sie bisher dort nicht verkabelt haben, wo nicht mindestens eine Anschlußdichte von 50 % garantiert gewesen ist.
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982 4331
Becker, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter Weirich, Sie wissen, daß bei der Verteilung der Kosten immer bei all denjenigen, die zur Kasse gebeten werden, die Frage auftritt, ab wann das wirtschaftlich ist. Diese Frage stellt sich nicht nur bei der Bundespost, sondern in erster Linie auch bei der betreffenden Gemeinde.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Weirich auf:
Welche Konsequenzen gedenkt die Deutsche Bundespost aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg, das telephonische Nahbereichszonen für rechtswidrig erklärt hat, für die Gestaltung des künftigen Fernsprechnahbereichs zu ziehen?
Becker, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Weirich, da die schriftliche Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Augsburg der Bundesregierung noch nicht vorliegt, ist eine umfassende Aussage über die aus der Entscheidung des Gerichts zu ziehenden Konsequenzen nicht möglich. Nach der bisher bekannten nur mündlichen Begründung des Urteils ist jedoch damit zu rechnen, daß die Deutsche Bundespost gegen das Urteil Berufung einlegen wird, da bei Berücksichtigung individueller Gestaltungskriterien eine bundesweite einheitliche Tarifstruktur nicht realisierbar ist.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wann ist, unabhängig vom Ausgang dieser juristischen Auseinandersetzung, damit zu rechnen, daß jeder Bürger in der Bundesrepublik wenigstens seine Gemeindeverwaltung zu der billigsten Gesprächseinheit erreichen kann?
Becker, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Weirich, ich habe diese Frage hier schon mehrfach beantwortet. Ich will es noch einmal wiederholen. Wir haben die Aussage gemacht, daß wir davon ausgehen, daß bis Ende dieses Jahres die Nahbereiche eingeführt sind und daß wir dann allen Fragen, die Kollegen hier im Hause dazu gestellt haben, bzw. allen Anliegen von Gemeindeverwaltungen und Städten, die sich zu dieser Frage geäußert haben, nachgehen und in eine Überlegung eintreten wollen, wie wir die Nahbereiche eventuell erweitern und verändern können, damit das auch von Ihnen geforderte Anliegen realisiert wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, war es bei der Einrichtung der Nahbereiche nicht von vornherein möglich, daß die lokalen Telegraphenämter etwa auf die Notwendigkeiten der Gemeindegrenzen Rücksicht genommen hätten?
Becker, Parl. Staatssekretär: Sehr geehrter Herr Broll, diese Frage ist in verschiedenen Gremien eingehend geprüft worden, und man hat sich damals im Kompromiß darauf geeinigt, die Nahbereiche zunächst so einzuführen, wie wir das mit den Veränderungen an der Grenze zur DDR oder in den Küstengebieten gemacht haben.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Milz wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Repnik auf:
Wäre die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, wenn die Deutsche Bundespost dem schwedischen Beispiel folgen und Lebensmittelpakete nach Polen für die Dauer des Kriegsrechts kostenlos transportieren würde, auf die Ablieferungspflicht der Deutschen Bundespost an den Bundeshaushalt in Höhe des Gebührenausfalls zu verzichten?
Bitte.
Becker, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter Repnik, der Bundesregierung sind in der letzten Zeit vielfältige Anregungen zugegangen, im Postpaketverkehr mit Polen die Beförderungsgebühren zu senken bzw. zu erlassen. Diese Fragen sind eingehend geprüft worden, und die Bundesregierung hat bisher die Haltung eingenommen, daß es nur schwer möglich ist, hier Erleichterungen zu schaffen. Die Klärung dieser Frage erfordert die Lösung schwieriger rechtlicher und postbetrieblicher Probleme, nicht zuletzt im Hinblick auf das international verbindliche Postpaketabkommen des Weltpostvereins.
In Anbetracht der Versorgungssituation in Polen und der bisher gezeigten Spendenbereitschaft der Bevölkerung unseres Landes — allein bis Weihnachten sind rund 2 Millionen Paketsendungen verschickt worden, wofür ich im übrigen namens der Bundesregierung sehr herzlich danke —, prüft die Bundesregierung zur Zeit, ob und inwieweit der Postpaketverkehr in dieses Land vorübergehend gebührenmäßig erleichtert werden kann. Sie sieht sich damit in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Außenminister der NATO, humanitäre Maßnahmen für die polnische Bevölkerung auch in Zukunft zu fördern. Es heißt nämlich in dem Punkt 13 dieses NATO-Abkommens:
Hinsichtlich der Wirtschaftsbeziehungen mit Polen bekräftigen die Bündnispartner ihre Bereitschaft, die humanitäre Hilfe für das polnische Volk fortzusetzen und zu verstärken, und zwar so, daß die Verteilung und Überwachung durch nichtstaatliche Organisationen geschieht, damit gewährleistet ist, daß die Hilfe diejenigen Personen erreicht, für die sie auch tatsächlich bestimmt ist.
In diesem Sinne würde es die Bundesregierung natürlich auch begrüßen wenn die Mitgliedstaaten der EG ihrem Beispiel folgten.
Alle finanziellen Konsequenzen, die sich aus diesen Überlegungen ergeben, müssen innerhalb der Bundesregierung noch erörtert und abgeklärt werden. Das gilt für den letzten Teil Ihrer Frage.
Zusatzfrage? — Bitte.
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4332 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982
Herr Staatssekretär, können Sie einen Zeitraum angeben, in dem die Bundesregierung eine klare Entscheidung über eine Gebührenermäßigung oder einen Gebührenerlaß treffen wird?
Becker, Parl. Staatssekretär: Das Bundeskabinett hat sich heute morgen mit dieser Frage beschäftigt. Wir wollen versuchen, das schnellstens zu machen, wenn eben möglich bis zur nächsten Sitzung der Bundesregierung.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Merker.
Herr Staatssekretär, bezieht sich die von Ihnen angekündigte Prüfung durch die Bundesregierung nur auf die rechtliche Durchführbarkeit, oder muß auch noch einmal der politische Wille geprüft werden?
Becker, Parl. Staatssekretär: Angesichts der Stimmung in unserer Bevölkerung, in den politischen Parteien und bei all denen, die helfen wollen, bin ich nicht der Auffassung, daß der politische Wille noch einmal überprüft werden muß. Es geht hier lediglich darum, festzustellen, wie wir schnellstens ein vertretbares Maß an Erleichterungen für diejenigen schaffen können, die helfen wollen. Darauf richten sich die Bemühungen der Bundesregierung.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Stahl zur Verfügung. Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Dr. Kübler auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen eine Beteiligung an der Aufarbeitungsanlage in Barnwell im US-Bundesstaat South Carolina, die zu gleichen Teilen der Allied Corporation .und der General Atomic Corp. gehört, anstrebt, und falls ja, in welcher Höhe die DWK eine Beteiligung an der Kapazität der Anlage in Barnwell anstrebt?
Herr Präsident, darf ich vielleicht — mit Genehmigung des Herrn Kollegen Kübler — beide Fragen zusammen beantworten, da sie in einem Sachzusammenhang stehen?
Einverstanden.
Ich rufe dann auch noch die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Dr. Kübler auf:
Sind dadurch nach Auffassung der Bundesregierung Vor-
. Schläge und Untersuchungen der DWK, einen Standort für eine Wiederaufbereitungsanlage als Demonstrationsanlage in Hessen zu finden, überholt, weil damit die kommerzielle Wiederaufbereitung kurz- und mittelfristig ins Ausland, hier in die USA, verlegt werden würde?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kübler, Ihre beiden Fragen beantworte ich wie folgt:
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen Gespräche u. a. mit den Eigentümern der Wiederaufarbeitungsanlage in Barnwell geführt hat, um Möglichkeiten einer privatwirtschaftlichen Beteiligung zu erkunden. Hierbei geht es der DWK darum, festzustellen, welche Aktivitäten zur Fertigstellung dieser Anlage noch notwendig sind und welche rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen gegeben sein müssen, um eine Beteiligung ins Auge zu fassen. Die Gespräche sind nicht so weit fortgeschritten, daß eine Beteiligung ernsthaft erwogen werden könnte.
Nach Auffassung der Bundesregierung würde eine eventuelle Beteiligung der DWK an Barnwell keine Rückwirkungen auf die Planungen in der Bundesrepublik Deutschland zur Errichtung einer Wiederaufarbeitungsanlage haben. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß die überwiegende und langfristige Entsorgung durch Wiederaufarbeitung im Ausland im Interesse der Verwirklichung des Entsorgungskonzeptes und der sicheren Verfügbarkeit der Entsorgungsdienstleistungen nicht akzeptiert werden kann. Eine Beteiligung der DWK an Barnwell könnte, falls die Anlage in Betrieb genommen wird, jedoch von technologiepolitischem Interesse sein.
Zusatzfrage? — Bitte.
Ist der Bundesregierung die geplante Kapazität der Anlage in Barnwell bekannt?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kübler, diese Anlage wurde von 1970 bis 1975 gebaut. Es war damals, wenn ich richtig informiert bin, eine theoretische Aufarbeitungsleistung von etwa 1 500 Tonnen pro Jahr geplant. Bei realistischer Einschätzung eines Betriebes heißt das etwa 1000 Tonnen pro Jahr.
Noch eine Zusatzfrage? — Bitte.
Würde die Bundesregierung nicht doch eine gewisse Vernachlässigung eigener innerdeutscher Planungen im Hinblick auf eine Demonstrationsanlage — zumindest rein faktisch — für den Fall sehen, daß sich die DWK in den Vereinigten Staaten finanziell beteiligen würde?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kübler, ich glaube, ich habe vorhin unmißverständlich geantwortet, daß die Bundesregierung nicht dieser Meinung ist.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Grobecker auf:
Wie hoch ist der Mittelansatz für das Forschungsvorhaben „Darstellung und Analyse disziplinenspezifischer und -übergreifender Forschungsansätze zur Erfassung arbeitsbedingter psychischer Belastungen und Beanspruchungen" ?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, darf ich auch hier beide Fragen mit Genehmigung des Herrn Kollegen zusammen beantworten?
Der Herr Kollege ist einverstanden.
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982 4333
Präsident StücklenIch rufe dann auch die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Grobecker auf:Kann die Bundesregierung den Sinn und das Ziel dieser Untersuchung erklären?Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Grobecker, ein Forschungsvorhaben mit dem genannten Titel besteht bisher nicht. Es gibt eine Zeitungsanzeige des Projektträgers Humanisierung des Arbeitslebens vom 11. Dezember 1981, in der Angebote für eine Untersuchung mit dem Titel „Darstellung und Analyse disziplinenspezifischer und -übergreifender Forschungsansätze zur Erfassung arbeitsbedingter psychischer Belastungen und Beanspruchungen" erbeten werden. Der Mittelansatz für diese Untersuchung kann noch nicht angegeben werden, weil die Frist zur Abgabe eines Angebots erst am 15. Februar 1982 endet.Zu Sinn und Ziel dieser Untersuchung kann ich Ihnen, Herr Kollege Grobecker, erklären: Unter Fachleuten wird die Auffassung kaum bestritten, daß mit dem technischen Wandel in der Arbeitswelt, vor allem mit Automatisierungsprozessen, psychische Belastungen an Bedeutung gewinnen, während körperliche Belastungen relativ an Gewicht verlieren. Bemühungen um Belastungsabbau müssen dieser veränderten Situation Rechnung tragen.Die den Arbeitswissenschaften zuzurechnenden Disziplinen verfügen bisher nicht über allgemein anerkannte und bewährte Methoden zur Messung von psychischen Belastungen. Die Bundesregierung beabsichtigt deshalb, im Rahmen des Programms „Humanisierung des Arbeitslebens" eine entsprechende Methodenentwicklung zu fördern.Voraussetzung für die Vergabe solcher Entwicklungsaufträge ist eine Übersicht über den Stand der Wissenschaft sowohl im Hinblick auf Einzeldisziplinen, z. B. Arbeitsmedizin, Arbeitspsychologie, Ergonomie, Soziologie der Arbeit, als auch im Hinblick auf solche Forschungsansätze, die mehr als eine Disziplin übergreifen. Aus diesem Grunde enthält der Anzeigentext die Formulierung: „disziplinenspezifisch und disziplinenübergreifend".Da sich die Ausschreibung nur an Fachwissenschaftler richtet, aber Kürze geboten war, ist eine terminologisch präzise Formulierung des Forschungszieles unabdingbar gewesen. Ich gebe Ihnen jedoch gerne zu, daß hierbei künftig — soweit möglich — größerer Wert auf Allgemeinverständlichkeit gelegt werden sollte.
Zusatzfrage? — Bitte.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß es sich um eine Untersuchung über eine schon vorliegende Untersuchung, die schon einmal bezahlt worden ist, handelt, und darf ich Sie fragen, ob eine solche Untersuchung nicht auch mit personellen Bordmitteln des Projektträgers vorgenommen werden kann?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Grobekker, ich habe ausgeführt, daß es sich um
eine Zusammenfassung und Aufarbeitung von vielen Untersuchungen im Bereich der psychischen Belastung im Arbeitsleben insgesamt handelt; das ist notwendig. Dies ist leider mit Bordmitteln des Projektträgers selbst nicht machbar. Deshalb war es notwendig, hier einen Kreis von Wissenschaftlern anzusprechen, der die Qualifikation hat, eine derartig spezialisierte Untersuchung oder Aufarbeitung von Untersuchungen vorzunehmen.
Weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie dann fragen, ob Ihnen bekannt ist, welche heftigen Auseinandersetzungen im Haushaltsausschuß sowohl zwischen Koalition und Opposition als auch innerhalb der Koalition wegen der Höhe des Ansatzes zur Humanisierungsforschung stattgefunden haben, und darf ich Sie weiter fragen, ob Sie nicht mit mir der Meinung sind, daß solche Texte, die hier in dieser Zeitungsanzeige veröffentlicht worden sind, nicht besonders nützlich sind, was die Höhe des Titelansatzes und die Stimmung im Haushaltsausschuß angeht?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Grobekker, was die Formulierung betrifft, habe ich Ihnen vorhin in meiner Antwort gesagt, daß auch ich sie für etwas unglücklich halte.
Was die Zielrichtung der Arbeit betrifft, so glaube ich, daß auch der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages diesem Bereich ein besonderes Gewicht beimißt und eine besondere Notwendigkeit darin sieht, derartige psychische Belastungen, die zunehmend an Arbeitsplätzen im Bereich neuer Technologien auftreten, einmal in aller Ruhe und Breite zu untersuchen, um Erkenntnisse zu sammeln, die dann für beide Tarifvertragsparteien und natürlich auch für die Politik des Deutschen Bundestages als Grundlage für Beratungen dienen können.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich kämpfe für die Sammlung dieser Erkenntnisse, wie Sie wissen. Ich frage Sie nur, ob es bei den Auseinandersetzungen, die wir über die Höhe des Ansatzes geführt haben, nützlich ist, daß der Projektträger derartige Texte 14 Tage nach Verabschiedung des Titels veröffentlicht, und ob Sie als Politiker, als Staatssekretär nicht auch das Empfinden haben, daß man der Sache mit derartigen Texten nicht dient.
Stahl, Parl. Staatssekretär: Ich stimme Ihnen zu, Herr Kollege Grobecker, und ich habe veranlaßt, daß dies künftig nach Möglichkeit in dieser Form unterbleibt.
Herr Grobecker, der Herr Parlamentarische Staatssekretär ist doch reumütig; geben Sie sich bitte zufrieden.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Broll.
Metadaten/Kopzeile:
4334 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, welche Garantien hat denn die Bundesregierung für den Fall, daß sie solche Mittel an dieses Institut vergibt, daß die Verfahrensweisen, die dort bei der Untersuchung angewandt werden, nicht genauso unpräzise und unrational sind wie die Formulierung dieses Titels?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, hier wurde eine öffentliche Ausschreibung getätigt, die die Gewähr gibt, daß ein größerer Sachverstand von Wissenschaftlern in unserem Lande angesprochen wird. Ich gehe davon aus, daß bei der Bewertung dieser Ausschreibung die Qualifiziertesten berücksichtigt werden, so daß das, was Sie hier kritisch angesprochen haben, wohl voll entfallen kann.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, kann ich aus der Art der Beantwortung durch Sie schließen, daß in der Vergangenheit in diesem Bereich, was die Erforschung anbelangt, einiges versäumt wurde?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Auch, ich habe auf eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Grobecker gesagt, es sei notwendig, gerade dieses Gebiet der psychischen Belastungen von Arbeitnehmern, hervorgerufen durch eine verstärkte Technisierung in unserer Wirtschaft, besonders zu erforschen, denn es ist bekannt, daß ein großer Teil der Arbeitnehmer bereits vor Erreichen der Altersgrenze in Pension geschickt werden muß. Dies kostet natürlich die Solidargemeinschaft und die Volkswirtschaft insgesamt eine ganze Menge Geld. Auch aus diesen Gesichtspunkten scheint es mir notwendig zu sein.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, haben Sie schon Informationen, wer dieses Forschungsvorhaben voraussichtlich durchführen wird?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das ist eine öffentliche Ausschreibung. Die Ausschreibungsfrist endet, soviel mir bekannt ist, am 15. Februar. Ich kann jetzt darüber noch nichts sagen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Fragen 36 und 37 des Herrn Abgeordneten Catenhusen werden entsprechend Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Schoeler zur Verfügung.
Ich rufe Frage 56 des Herrn Abgeordneten Bühling auf:
Wie viele Bürger polnischer Staatsangehörigkeit sind im Jahr 1981 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Bühling, ich wäre dankbar, wenn ich die beiden Fragen zusammenfassend beantworten dürfte.
Einverstanden? — Ich rufe auch noch Frage 57 des Herrn Abgeordneten Bühling auf:
Wie viele polnische Staatsbürger haben im Jahr 1981 bisher erklärt, daß sie auf Dauer in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben wollen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Angaben darüber, wie viele der 1981 in das Bundesgebiet eingereisten polnischen Staatsangehörigen sich auf Dauer hier aufhalten wollen, liegen nicht vor. Im Ausländerzentralregister werden nur diejenigen Ausländer erfaßt, die sich nicht nur vorübergehend — z. B. auf Verwandtenbesuch oder als Touristen —, sondern für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten im Bundesgebiet aufhalten. Dementsprechend hat das Ausländerzentralregister am 30. September 1981— das ist die letzte mir zur Verfügung stehende Zahl — 82 711 polnische Staatsangehörige erfaßt. Die Zahl der sich tatsächlich hier aufhaltenden Polen dürfte jedoch weit darüber liegen, ohne daß genaue statistische Angaben möglich sind. Von der nach dem Ausländergesetz bestehenden Möglichkeit, die Aufenthaltserlaubnis für Besuchsreisen auf Antrag über drei Monate hinaus zu verlängern, machen polnische Staatsangehörige seit Mitte Dezember verstärkt Gebrauch. Im Jahre 1981 haben 9 901 polnische Staatsangehörige in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt.
Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, man kann aber wohl davon ausgehen, daß bald genauere Zahlen vorliegen werden, vor allen Dingen über diejenigen, bei denen sich endgültig herausstellt, daß sie über drei oder sechs Monate bleiben wollen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Diese Zahlen werden in nicht allzu langer Zeit in zwei Bereichen anfallen, Herr Kollege Bühling, zum einen beim Ausländerzentralregister, wo, wie ich bereits gesagt habe, die Zahl der polnischen Staatsangehörigen, die Aufenthaltserlaubnis über drei Monate hinausgehend beantragen, erfaßt wird, und gegebenenfalls beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Zirndorf, wo die Zahl der Asylanträge statistisch erfaßt wird. Aus der Fortschreibung dieser beiden Zahlen wird man einen gewissen Anhaltspunkt für die Beantwortung Ihrer Frage gewinnen können. Ich bin gerne bereit, Ihnen zu einem Zeitpunkt, zu dem die neuesten Zahlen vorliegen, diese zuzustellen.
Keine weiteren Zusatzfragen.Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Dr. Bugl auf:Wie stellt sich die Bundesregierung zu dem Vorwurf des Zentralverbands der Elektrotechnischen Industrie , daß der Verordnungsentwurf gem. Bundesratsdrucksache 467/81 nach seiner Auffassung nicht zu der angestrebten Beschleunigung des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens, sondern im Gegenteil zu vermehrter Rechtsunsicherheit und daher vermutlich zu einer steigenden Anzahl gerichtlicher Genehmigungsverfahren führt?
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982 4335
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die in Ihrer Frage zitierte Auffassung ist unzutreffend. Ich darf hierzu auf die Begründung des Verordnungsentwurfs Bundesratsdrucksache 467/81 hinweisen. Ziel der Novellierung ist es danach, die Rechtssicherheit für alle am Verfahren Beteiligten zu stärken, insbesondere für die Bürger, die in ihren Rechten betroffen sein können, aber auch für die Antragsteller. Diesem Ziel dient die Klarstellung der Voraussetzungen, unter denen von einer zusätzlichen Bürgerbeteiligung durch Bekanntmachung und Auslegung abgesehen werden kann. Der Zuwachs an Rechtssicherheit im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren schafft eine wesentliche Voraussetzung dafür, daß die vom Nuklearkabinett am 14. Oktober 1981 beschlossenen Maßnahmen zur Beschleunigung wirksam werden können. Diese unmittelbar der Beschleunigung dienenden Maßnahmen zu ergreifen, sind nicht zuletzt auch die Hersteller und Antragsteller aufgerufen.Im übrigen sei zu der in der Frage zitierten und ähnlichen kritischen Äußerungen von interessierter Seite bemerkt: Wer von dem Verordnungsentwurf erwartet hat, daß er bei der Bürgerbeteiligung sozusagen kurzen Prozeß ermöglicht, hat die Zielsetzung der Bundesregierung verkannt. Bereits die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers stellt klar, daß die Beschleunigung ohne Einbuße an Sicherheit und Rechtsschutz zu erfolgen hat.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, sind Sie auch der Meinung, daß der Art. 1 der Ersten Verordnung zur Änderung des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens, der ja die Verschärfung des 30mrem-Konzeptes beinhaltet, zur Rechtssicherheit beiträgt, oder schließen Sie sich meiner Meinung an, daß er zu weiterer Rechtsunsicherheit führt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Ich schließe mich der zuerst von Ihnen zitierten Auffassung an, also nicht Ihrer eigenen.
Die zweite Zusatzfrage. Dr. Bugl : Wie begründen Sie das?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich begründe das so, wie es ausführlich in der Begründung zu dem Verordnungsentwurf dargelegt worden ist und wie ich es auch bereits in meiner Antwort auf Ihre Ausgangsfrage dargelegt habe.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Wiefel auf:
Entsprechen öffentliche Nachrichten der Tatsache, daß das Bundeskriminalamt das Fahndungsfoto des wegen versuchten Mords und Mords dringend verdächtigten KZ-Arztes Mengele aus Datenschutzgründen habe vernichten lassen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wiefel, ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich die beiden Fragen zusammenfassend behandeln könnte.
Ich rufe auch die Frage 60 des Herrn Abgeordneten Wiefel auf:
Ist die Bundesregierung bereit, auf Grund der in den letzten Tagen gemachten widersprüchlichen Äußerungen offizieller Stellen mitzuteilen, was ihr über diesen Vorfall bekannt ist?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Antwort auf Ihre erste Frage lautet schlicht und einfach nein. Ich komme damit zur Beantwortung der zweiten Frage. Ich möchte gern auf den Sachverhalt eingehen und dazu folgendes sagen.
Nachdem das Bundeskriminalamt auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft Frankfurt am 25. November 1981 ein älteres Foto von Mengele übersandt hatte, bat die Staatsanwaltschaft Frankfurt nochmals fernmündlich um Übersendung des Lichtbildes von Mengele aus dem Jahre 1958, das der Veröffentlichung im Bundeskriminalblatt vom 14. November 1960 zugrunde gelegen hatte. Wie sich nachträglich ergeben hat, war das Bundeskriminalamt zu keiner Zeit im Besitz dieses Fotos von 1958. Vielmehr hatte das Landeskriminalamt Baden-Württemberg dem BKA Anfang November 1960 mit der Bitte um Rückgabe ein Klischee dieses Fotos zum Zwecke der Veröffentlichung im Bundeskriminalblatt übersandt. Das BKA hat das Klischee am 21. November 1960 zurückgesandt.
Die die Presseberichterstattung auslösende Äußerung eines BKA-Bediensteten am 26. November 1981 gegenüber der Staatsanwaltschaft Frankfurt, das Foto von 1958 sei aus Datenschutzgründen vernichtet worden, war also unzutreffend. Das BKA hat den Sachverhalt mit Presseerklärung vom 29. Dezember 1981 richtiggestellt. Hierüber hat die Presse ausführlich berichtet. Die mißverständlichen Auskünfte aus dem Bundeskriminalamt haben eine verständliche Unruhe nicht nur in der deutschen Öffentlichkeit ausgelöst. Die Bundesregierung bedauert dies. Sie hofft, daß die aufgetretenen Mißverständnisse durch die inzwischen erfolgte Richtigstellung beseitigt sind.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Keine Zusatzfragen.Die Fragen 61 und 62 werden auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Erhard , schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe die Frage 63 der Frau Abgeordneten Adam-Schwaetzer auf:Treffen nach Kenntnis der Bundesregierung Pressemeldungen zu, nach denen die Geburt eines ausländischen Kindes zur Ausweisung der Familie führt, wenn der gemessene Wohnraum zwar für die bestehende Familie oder die alleinstehende Frau, nicht aber für das neugeborene Kind als ausreichend angesehen wird, und wenn ja, wird sich die Bundesregierung gegen solche Praktiken in den Bundesländern wenden, um den grundgesetzlich garantierten Schutz von Ehe und Familie zu sichern und den Tendenzen zum Schwangerschaftsabbruch entgegenzuwirken?Bitte sehr.von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, Pressemeldungen des von Ihnen genannten Inhalts sind mir nicht bekannt, ebensowenig ein Sachverhalt der geschilderten Art. Ich bitte Sie daher um Verständnis, wenn ich ohne Kenntnis der Einzelheiten auf den von Ihnen geschilderten Fall nicht näher eingehen möchte. Ich bin aber gern bereit, der Angelegenheit nachzugehen, wenn Sie mir den Ihrer
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4336 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982
Parl. Staatssekretär von SchoelerFrage zugrunde liegenden Fall schildern bzw. mir die Pressemeldung überlassen. Im übrigen kann ich aber jetzt schon sagen, daß es nicht zulässig ist, aufenthaltsbeendende Maßnahmen allein darauf zu stützen, daß durch die Geburt eines Kindes der vorhandene Wohnraum einer auländischen Familie nicht mehr ausreicht.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen bzw. stimmen Sie mit mir darin überein, daß Verordnungen der Länder über den Nachweis von ausreichendem Wohnraum für ausländische Familien bei Familiennachzug dann, wenn sie strikt angewendet werden, zu einer Ausweisung der Familien führen könnten, wenn sich Familien durch Geburt eines oder mehrerer Kinder vergrößern?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich halte es für richtig, daß bezüglich des Wohnraumes für ausländische Arbeitnehmer in der Bundesrepublik bestimmte Anforderungen gestellt werden. Der Grund dieser Maßnahme liegt in der Vermeidung von Slumbildung, Ausbeutung durch Vermieter usw. Ich hielte es aber, wie ich bereits in meiner Antwort auf die Ausgangsfrage dargestellt habe, für völlig verfehlt, aus solchen Vorschriften Maßnahmen zur Ausweisung von Ausländern bei der Geburt eines Kindes in der Bundesrepublik Deutschland herleiten zu wollen. Ich glaube, daß eine solche Praxis, wenn sie gehandhabt würde — wofür ich im Augenblick keine Anhaltspunkte habe —, mit grundsätzlichen Vorstellungen der Bundesregierung auch über Familienpolitik in gar keiner Weise in Einklang zu bringen wäre.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, würden Sie mit mir darin übereinstimmen, daß bei der derzeitigen psychologischen Lage der Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland allein die Angst vor Ausweisung Tendenzen zum Schwangerschaftsabbruch fördern würde, wenn die Vermutung bestünde, daß derartige Praktiken in den Ländern zur Diskussion stehen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, wenn es eine solche Praxis bei der einen oder anderen örtlichen Ausländerbehörde gäbe — ich bin, wie gesagt, nach genauerer Mitteilung gerne bereit, dies nachzuprüfen —, würde eine solche Praxis sicherlich die von Ihnen erwähnte Gefahr in sich bergen. Das wäre ein zusätzlicher Grund, einer solchen Praxis entschieden entgegenzutreten.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wären Sie unter Umständen bereit, bei den Ländern nachzufragen, ob solche Fälle bekannt sind, wie sie von der Frau Kollegin geschildert wurden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, das sinnvollste Verfahren ist es, wenn ich mich im Anschluß an die Fragestunde mit Frau Kollegin Adam-Schwaetzer darüber unterhalte, wie wir vorgehen. Im Augenblick kenne ich entsprechende Pressemitteilungen nicht. Es ist dann wohl am sinnvollsten — da es offensichtlich irgendwelche Anhaltspunkte für eine solche Praxis bei der Frau Kollegin gibt —, wenn wir gemeinsam klären, wie wir diesen Dingen am besten auf die Spur kommen. Ich möchte mir also noch etwas Freiheit in der Wahl der Methode bewahren, wenn Sie erlauben, Herr Kollege.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Stiegler auf:
Gibt es eine national koordinierte Erforschung der Zusammenhänge zwischen dem Rauchgasausstoß und dem erschreckend zunehmenden Tannensterben, und welche Projekte fördert in diesem Zusammenhang die Bundesregierung?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stiegler, als Ursachen für das Tannensterben werden u. a. Dürrejahre, langfristige Klimaveränderungen, tierische und pilzliche Schadenerreger, Rauchschäden, Veränderungen der Bodenverhältnisse durch Versauerung, Wassermangel durch Grundwassersenkung, unzureichende waldbauliche Verfahren genannt. Die bisherigen Untersuchungsergebnisse lassen die Schlußfolgerung zu, daß das Tannensterben eine komplexe Krankheit ist, an deren Zustandekommen mehrere Faktoren beteiligt sind. Schwefeldioxid spielt dabei eine wahrscheinlich maßgebliche Rolle.
Um die Zusammenhänge weiter zu klären, ist im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten am 7. Juli 1981 eine Anhörung von Sachverständigen durchgeführt worden. Als Ergebnis wurde u. a. der Entwurf eines auf Bundesebene koordinierten Forschungsprogramms erstellt, das die zur Schließung der bestehenden Kenntnislücken erforderlichen Forschungsmaßnahmen in Angriff nimmt.
Darüber hinaus hat die Umweltministerkonferenz auf ihrer Sitzung am 16./17. November 1981 die Bundesregierung und den Länderausschuß für Immissionsschutz gebeten, sich mit der Frage von Waldschäden infolge der Wirkung von Schwefeldioxid und Stickstoffoxid zu befassen.
Unabhängig davon werden die zu diesem Fragenkomplex laufenden Forschungsvorhaben des Bundes und der Länder vorangetrieben. Dazu gehören nicht nur Forschungsmaßnahmen über die Schadensursachen, sondern auch Forschungsmaßnahmen über die Emissionsbegrenzung und Hilfen zur Emissionsbegrenzung im Rahmen des Altanlagensanierungsprogramms des Bundesministeriums des Innern.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist damit zu rechnen, daß bis zum nächsten Jahr Forschungsergebnisse vorliegen, die bei der Neufestsetzung der
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982 4337
StieglerEmissionsgrenzwerte berücksichtigt werden können?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Das ist unser Ziel, Herr Kollege.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Stiegler auf:
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, was die Nachrüstung aller mit Kohle befeuerten Großkraftwerke mit Rauchgaswaschanlagen kosten würde und um welchen Betrag der Strompreis steigen würde, wenn diese Kosten in angemessener Frist auf die Stromverbraucher umgelegt würden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Umweltministerkonferenz hat beschlossen, daß neue Kraftwerke ab einer elektrischen Leistung von 175 MW mit einer Rauchgasentschwefelungsanlage auszurüsten sind. Wendet man diese Erfassungsgrenze auch auf bestehende Kraftwerke an und unterstellt man außerdem, daß lediglich solche Anlagen nachgerüstet werden müssen, die weniger als 20 Jahre alt sind, so müßten auf der Steinkohleseite Anlagen mit etwa 14 000 MW und auf der Braunkohleseite Anlagen mit etwa 11 500 MW nachträglich verbessert werden. Diese Verbesserungsmaßnahmen bestünden bei Steinkohlekraftwerken in dem Einbau einer Rauchgasendreinigungsanlage, bei Braunkohlekraftwerken in der Zumischung von Kalkstein zur Braunkohle vor der Verbrennung; das ist das sogenannte Trockenadditivverfahren.
Die Investitionskosten für den nachträglichen Umbau der genannten steinkohlegefeuerten Kraftwerkskapazität von 14 000 MW liegen bei etwa 3 Milliarden DM. Die Investitionskosten für den nachträglichen Umbau der genannten braunkohlegefeuerten Kraftwerkskapazität liegt dagegen bei zirka 100 Millionen DM.
Unter Zugrundelegung üblicher Kalkulationssätze ergibt sich für den Mittellastbetrieb für die umgerüsteten Steinkohlekraftwerke eine Erhöhung des Strompreises um zirka 1,5 Pf. Die Verteuerung für die Braunkohlekraftwerke ist wesentlich geringer.
Da sich der Strompreis jedoch als Mischpreis aus Kraftwerken unterschiedlicher Einsatzenergien errechnet — Kernenergie, Gas, Heizöl, Wasserkraft —, ergibt sich insgesamt lediglich eine Erhöhung des Strompreises in der Größenordnung von etwa 1 bis 2%.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Erkenntnisse um die Stromkostenerhöhung diesen Weg vorschlagen, oder sehen Sie noch andere Wege, auf denen Sie die Altanlagen möglichst bald mit entsprechenden Waschanlagen ausstatten können?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stiegler, mir liegt zunächst daran, darauf hinzuweisen, daß bereits das geltende Recht hier weitgehende Maßnahmen der Rauchgasentschwefelung nicht nur ermöglicht, sondern sogar vorsieht. Trotzdem ist es aus der Sicht des Bundesinnenministers wünschenswert, dies weiter rechtlich zu verfestigen und diese Entwicklung damit voranzutreiben. Das Ganze wird Gegenstand der Diskussion sein, die sich um die Großfeuerungsanlagenverordnung dreht, deren Entwurf im Augenblick im Bundesinnenministerium parallel zu den Fortschreibungen bei der TA Luft mit großem Nachdruck vorangetrieben wird.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, bis wann wird die Angelegenheit denn bei Ihnen entscheidungsreif sein?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, unsere Zeitvorstellung ist, im Bundesministerium des Innern jedenfalls im Laufe dieses Jahres mit dem Entwurf der Großfeuerungsanlagenverordnung fertig zu sein. Je früher, desto lieber.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Laufs.
Herr Staatssekretär, entspricht die von der Bundesregierung vorgesehene Nachrüstung von Kohlekraftwerken bis zu einer Leistung von 175 MW dem Stand der Technik, und können Sie praktische Beispiele für die Rauchgasentschwefelung solch kleiner Kraftwerke angeben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, Herr Kollege Laufs, ob ich den ersten Teil Ihrer Frage richtig verstanden habe. Nur, damit wir uns nicht mißverstehen: Meine Antwort bezog sich auf Kraftwerke ab einer Leistung von 175 MW.
Für diesen Bereich ist das nach Auffassung des Bundesinnenministers Stand der Technik. Ich bin gern bereit, Ihre zusätzliche, weitergehende Frage nach „Belegen" für diese These auf schriftlichem Wege zu beantworten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jens.
Herr Staatssekretär, hat es in der letzten Zeit nach dem geltenden Recht den Einbau von Rauchgasentschwefelungsanlagen in bereits vorhandenen Steinkohlekraftwerken, wie Sie es ausgeführt hatten, gegeben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jens, auch diese Frage würde ich Ihnen gern schriftlich beantworten. Ich bin mir im Augenblick nicht sicher.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 66 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:In welchem Umfang wird in Großbritannien, Frankreich und der DDR die Rauchgasentschwefelung in Großfeuerungsanlagen geplant und durchgeführt, und was unternimmt die
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4338 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982
Präsident StücklenBundesregierung, um zu bindenden Abmachungen über konkrete emissionsmindernde Maßnahmen zur Herabsetzung der weiträumigen, grenzüberschreitenden Luftverunreinigungen mit den Nachbarstaaten zu gelangen?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß in Großbritannien, Frankreich und der DDR die Rauchgasentschwefelung in Großverfeuerungsanlagen im großtechnischen Maßstab geplant oder durchgeführt wird.Der Rat der EG hat 1980 eine Richtlinie über Qualitätsziele für SO2 und Schwebeteilchen in der Luft verabschiedet. Diese Richtlinie muß bis Sommer 1982 in das nationale Recht umgesetzt werden, soweit die bisherigen nationalen Regelungen der EG-Mitgliedstaaten ihr noch nicht entsprechen. Die damit geforderte Einhaltung von Qualitätszielen dürfte Auswirkungen auch auf zu fordernde Emissionsbegrenzungen haben.Die Bundesregierung unterstützt Aktivitäten zur Herabsetzung grenzüberschreitender Luftverunreinigungen z. B. durch ihre positive Haltung zu einem EG-Verordnungsentwurf über die Einführung eines Konsultationsverfahrens beim Bau von Kraftwerken in Grenznähe.Zur Herabsetzung der weiträumigen grenzüberschreitenden Luftverschmutzung ist im November 1979 in der Europäischen Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen eine Konvention abgeschlossen worden. In ihr verpflichten sich die Vertragsparteien u. a. zur Anwendung der besten verfügbaren und wirtschaftlich vertretbaren Technologien zur Emissionsminderung. Die Bundesrepublik Deutschland wird diese Konvention in Kürze ratifizieren; das gleiche ist von unseren Nachbarstaaten, die ebenfalls der ECE angehören, zu erwarten.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie mir zustimmen, daß es von der vorgesehenen Erstellung von Immissionskatastern im Ausland bis zu konkreten, übrigens volkswirtschaftlich sehr aufwendigen Maßnahmen zur Emissionsminderung ein weiter Weg ist? In welchem Zeitrahmen glaubt die Bundesregierung in Verhandlungen mit unseren geographisch begünstigten Nachbarstaaten zu konkreten Ergebnissen zu gelangen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, da das von der Haltung der anderen Regierungen abhängt, ist das schwer zu beurteilen. Nach unserer Einschätzung ist im Augenblick die in meiner Antwort zuletzt erwähnte Vereinbarung innerhalb der ECE das aussichtsreichste Mittel, um hier zu Verbesserungen auch in anderen Staaten zu kommen, weil diese ECE-Vereinbarung einen regelmäßigen Informationsaustausch der Mitgliedstaaten vorsieht und von daher ein gewisser, wenn auch zugegebenermaßen schwacher Druck auf diese anderen Staaten ausgehen kann.
Ich möchte die Beantwortung aber nicht abschließen, ohne zu betonen, daß wünschenswerte Fortschritte in anderen Staaten, die dort nicht vorangetrieben werden, für uns innerhalb der Bundesrepublik Deutschland kein Grund sein können, auf Maßnahmen zur weitergehendenSO2-Minderung zu verzichten.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wenn es richtig ist, daß die Rauchgasentschwefelung in Steinkohlekraftwerken eine Maßnahme darstellt, die die Fernwirkung von Schadstoffemissionen ganz überwiegend vermindert, frage ich Sie: Läßt sich abschätzen, zu welchem Anteil die deutschen Maßnahmen dem Ausland zugute komme?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Aus dem Handgelenk und sehr grob beantwortet: Etwa zu 50 %.
Keine weiteren Zusatzfragen. —
Ich rufe die Frage 68 des Herrn Abgeordneten Broil auf:
Hält die Bundesregierung an dem vom Bundesminister des Innern im Jahr 1974 vertretenen Standpunkt fest, daß bei Arbeitsniederlegungen Beamte auch auf Dienstposten anderer Angehöriger des öffentlichen Dienstes eingesetzt werden können?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Kollege Broll, die Bundesregierung hält an der vom Bundesminister des Innern im Jahre 1974 vertretenen Auffassung fest, daß es in Ausnahmesituationen zulässig ist, Beamte vorübergehend auch mit anderen als den Ihnen regelmäßig obliegenden Aufgaben zu betrauen, soweit das bei einem besonderen, zeitweilig auftretenden dringenden dienstlichen Bedürfnis sachlich geboten und zumutbar ist. Ein solches zwingendes Bedürfnis kann auch bei einer Arbeitsniederlegung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst gegeben sein. Dabei wird es in der Praxis vor allem um die Gewährleistung der Erfüllung dringlicher Aufgaben der öffentlichen Verwaltung gehen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, da z. B. vom DGB die Meinung des früheren Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts verbreitet wird — die er in einem Gutachten zum Ausdruck gebracht hat —, das sei bei Beamten rechtlich nicht zulässig, darf ich Sie fragen: Was wird getan, um die Beamtenschaft in unserem Lande hinreichend auf diese Auffassung der Bundesregierung hinzuweisen, die ja sicher den Rechtszustand zutreffend wiedergibt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Zum Beispiel wird Ihre Frage in klarer Form beantwortet, Herr Kollege.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, halten Sie es denn für möglich oder in einigen Fällen sogar für nötig, Beamte bei einem absehbaren Streik mit Blick auf bestimmte Posten, die mit Sicherheit be-
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982 4339
Brollstreikt werden, deren Besetzung aber unbedingt nötig ist, auf Übernahme solcher Tätigkeiten vorzubereiten?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Broll, ich glaube, daß das eine Frage ist, die überwiegend von den praktischen Gegebenheiten her entschieden werden muß. Bisher hat sich von dieser Seite keinerlei Notwendigkeit für solche Überlegungen ergeben.
Keine weiteren Zusatzfragen. —
Ich rufe die Frage 69 des Herrn Abgeordneten Broll auf:
Für wie schwerwiegend hält die Bundesregierung Streiks oder streikähnliches Verhalten von Beamten, und wie muß nach ihrer Meinung das Verhalten von Beamten in diesen Fällen disziplinarisch geahndet werden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Dienstpflicht gehört zu den Kernpflichten des Beamten, Herr Kollege Broll. Streiks oder streikähnliches Verhalten stellen einen so schwerwiegenden Verstoß gegen diese Dienstpflicht dar, daß nach der Rechtsprechung der Disziplinargerichte regelmäßig die Einleitung eines Disziplinarverfahrens erforderlich ist. Die Verhängung der Disziplinarmaßnahme ist den Disziplinargerichten vorbehalten, wie Sie wissen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, halten Sie z. B. die Praxis für angemessen, nach der streikende Lehrer mit 200 DM Buße belegt werden, so daß eine Beförderung der betreffenden Lehrer unmittelbar nach dem Streik erfolgen kann?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Kollege Broll, Sie haben offensichtlich einen Einzelfall im Zuständigkeitsbereich einer Landesregierung vor Augen. Ich bitte um Verständnis, daß ich die Maßnahme einer Landesregierung hier nicht bewerten kann, zumal mir der von Ihnen erwähnte Fall im Augenblick nicht bekannt ist.
Keine weiteren Zusatzfragen. —
Dann rufe ich die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Dr. Hirsch auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, warum zwischen französischen Vereinigungen für Umweltschutz und der örtlichen Handelskammer sowie der Gewerkschaft der Hafenarbeiter vereinbart wurde, daß der Hafen Cherbourg bis zum 4. Januar 1982 für alle Schiffe gesperrt worden ist, die Atommüll für die Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague an Bord haben, und können derartige Vereinbarungen Auswirkungen auf die Beseitigung von deutschem Atommüll haben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Kollege Hirsch, nach Informationen, die der Bundesregierung von französischer Seite gegeben wurden, trifft es nicht zu, daß der Hafen von Cherbourg für alle Schiffe mit Brennelementen für die Anlage La Hague gesperrt worden ist. Vielmehr hat die Gruppe Greenpeace im Oktober 1981 einen Kran besetzt, um die Entladung eines Schiffes mit für La Hague bestimmten
Brennelementen aus Japan zu verhindern. Die Hafenarbeitergewerkschaft hat daraufhin mit Greenpeace die Freigabe des Krans vereinbart, um die Arbeitsplätze zu sichern. Als Gegenleistung hat sie zugesichert, das Schiff bis 4. Januar 1982 nicht zu entladen. Zwischenzeitlich sind die japanischen Brennelemente im Militärhafen von Cherbourg durch die Kriegsmarine ausgeladen worden.
Keine Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Dr. Hirsch auf:
Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob mit einer Verlängerung dieser Vereinbarung gerechnet werden kann, und welche Folgerungen zieht sie daraus?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen war die erwähnte Aktion auf ein Schiff begrenzt und ist mittlerweile beendet. Die Bundesregierung sieht in dem Vorgang keinen Anlaß, die Belastbarkeit der COGEMA-Verträge für die Entsorgungsvorsorge in Frage zu stellen.
Ebenfalls keine Zusatzfragen. —
Ich rufe die Frage 72 des Herrn Abgeordneten Böhm auf:
In welchen Fällen und in welcher Höhe hat die Bundesregierung gegenüber der DDR Schadensersatzforderungen für Schäden geltend gemacht, die durch die Sperranlagen oder andere Maßnahmen der DDR hervorgerufen und auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland entstanden sind, z. B. bei den Minenanschwemmungen im Raum Schnackenburg im Jahre 1977 und der Unwetterkatastrophe im Werra-Meißner-Kreis im Juli 1980?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Bislang sind über die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR für insgesamt 57 Schadensfälle Schadensersatzansprüche mit einer Größenordnung von etwa 1,1 Million DM geltend gemacht worden.
Darin sind auch die von Ihnen beispielhaft auf geführten Fälle wie die Minenanschwemmungen im Raum Schnackenburg im Jahre 1975 — ich glaube, da ist in der Frage ein Zahlenfehler: nicht 1977, sondern 1975 — mit einem Schadensbetrag in Höhe von 251 000 DM sowie die Unwetterkatastrophe im Werra-Meißner-Kreis im Juli 1980 mit zirka 184 000 DM enthalten.
Weitere Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, in einer Anfrage, die ich zum Thema des Schadensfalles Werra-Meißner-Kreis an die Bundesregierung gerichtet hatte, ist mir im Mai 1981 gesagt worden, daß der Schaden dort 270 000 DM betragen habe. Wie kommt die Differenz zu 184 000 DM zustande?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Böhm, das muß ich nachprüfen. Vielleicht gibt es hier in der Verursachung oder in der Kausalität irgendwelche Probleme. Ich kann es Ihnen aus dem
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4340 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982
Parl. Staatssekretär von SchoelerStegreif nicht sagen. Aber ich bin gern bereit, Ihnen das schriftlich zu beantworten.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 73 — des Herrn Abgeordneten Böhm — auf:
Wie hat die DDR auf diese Schadensersatzforderungen reagiert?
Bitte, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die seitens der Bundesregierung bislang eingeleiteten Bemühungen, die gegenüber der DDR geltend gemachten Schadensersatzforderungen von Bewohnern des Bundesgebietes durchzusetzen, haben noch nicht zum Erfolg geführt.
Die Angelegenheit ist in den vergangenen Jahren sowohl von unserer Ständigen Vertretung gegenüber dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR als auch vom Bundeskanzleramt gegenüber der Ständigen Vertretung der DDR mehrfach behandelt und zuletzt auch in der Grenzkommissionssitzung am 23./24. September 1981 in Potsdam eingehend mit der DDR erörtert worden.
Die in den Sitzungen der Grenzkommission laufend vorgetragenen Hinweise auf die Schadensverhütungspflicht der DDR gemäß Art. 4 Abs. 1 der Vereinbarung über Grundsätze zur Schadensbekämpfung haben jedoch zu einem deutlichen Rückgang der Schadensfälle geführt.
Da die DDR bisher keine befriedigende Antwort gegeben hat, wird die Bundesregierung in Kürze in geeigneter Weise erneut die bestehende Rechtslage darlegen und dabei nachdrücklich um Maßnahmen zur Regulierung der eingetretenen Schäden ersuchen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung bereits einmal erwogen, bei laufenden Zahlungen an die DDR den Betrag einzubehalten, der sich auf die Höhe der nachgewiesenen Schadensersatzerwartungen beläuft?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Böhm, ich glaube nicht, daß ein solcher Vorschlag sachdienlich wäre und auch nur in irgendeiner Weise dazu führen könnte, daß es zwischen den beiden deutschen Staaten Entwicklungen zu einem Verhältnis gibt, das letztlich auch die Durchsetzung solcher Schadensersatzansprüche ermöglicht.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da es sich hier eindeutig um Vertragsverletzungen seitens der DDR handelt, muß ich die Frage stellen, was Abmachungen mit der DDR in diesem Bereich für einen Sinn haben, wenn sie von dem Vertragspartner nicht eingehalten, sondern in der hier aufgezeigten Weise gröblich mißachtet werden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Böhm, Ihre Frage geht weit über diesen speziellen
Einzelfall hinaus. Ich will zunächst nur noch einmal betonen, daß die Bundesregierung ihre Bemühungen auf dem bisher eingeschlagenen Weg fortsetzen wird. Ich möchte aber hinzufügen, daß insgesamt wohl nur eine Deutschlandpolitik in der Lage ist, solche Bemühungen mit Aussicht auf Erfolg fortzusetzen, die der bisherigen Linie der Bundesregierung entspricht. Mit einer Abkehr von einer solchen Politik wäre sicherlich die Wahrscheinlichkeit, Schadensersatzansprüche welcher Art auch immer mit irgendwelchen Verfahren durchzusetzen, überhaupt nicht mehr gegeben.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Der Fragesteller der Fragen 76 und 77, Herr Abgeordneter Dr. Voss, hat gebeten, die Fragen schriftlich zu beantworten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe Frage 74 — des Herrn Abgeordneten Dr. Lammert — auf:
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über das Volumen der in den einzelnen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in den letzten Monaten bereits gewährten bzw. angekündigten Subventionen in der Stahlindustrie vor, und kann sie eine Aussage darüber machen, ob sich die Subventionspraxis seit der Verabschiedung des Stahlsubventionskodex für die Europäische Gemeinschaft im Sinne dieser Regelung geändert hat, insbesondere die an die Vergabe von Subventionen geknüpften Bedingungen erfüllt werden?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Dr. Lammert, die EG-Kommission hat im Dezember vergangenen Jahres ihren zweiten Bericht über die Anwendung des Subventionskodexes Stahl fertiggestellt. Er ist der Bundesregierung Ende vergangener Woche zugegangen. Der Bericht wird zur Zeit ausgewertet. Ich bin gern bereit, Ihnen ein Exemplar zugänglich zu machen; allerdings liegt bisher keine deutsche Fassung vor.Ohne der Auswertung dieses Berichts vorgreifen zu wollen, läßt sich nach den bisherigen Feststellungen der Bundesregierung zur Subventionspraxis seit Inkrafttreten des ersten Subventionskodex folgendes sagen.Erstens. Die Subventionspraxis ist — bei allen Vorbehalten im einzelnen — transparenter geworden.Zweitens. Es sind bisher nach Kenntnis der Bundesregierung keine neuen Umstrukturierungs- oder gar Ausbauprogramme, die mit dem Kodex nicht zu vereinbaren wären, von der Kommission genehmigt worden.Drittens. Es sind allerdings einige Beihilfen ohne Genehmigung der Kommission gezahlt worden. Darauf werde ich bei der Antwort auf Ihre zweite Frage näher eingehen.Viertens. Die Bundesregierung hat wenig Verständnis dafür, daß die Kommission nach Einleitung der Vertragsverletzungsverfahren und vor deren
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Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982 4341
Parl. Staatssekretär GrünerAbschluß den betreffenden Mitgliedstaaten weitere Beihilfezahlungen — zum Teil sogar an dieselben Unternehmen — genehmigt hat. Die Kommission hat einige Beihilfen im Vorgriff auf Umstrukturierungsprogramme genehmigt, zum Teil auch mehrfach aufeinanderfolgend, was nach Auffassung der Bundesregierung einer strikten Anwendung des Kodex nicht entspricht. Dies gilt um so mehr, als dabei die sachlichen Auflagen weitgehend offenbleiben.Fünftens. Die Kommission hat bisher für keinen der größeren Fälle eine abschließende Entscheidung erlassen. Dies wird von der Bundesregierung bedauert, zumal da deshalb noch keine eindeutige Klarheit über die Genehmigungspraxis der Kommission insbesondere auch hinsichtlich des erforderlichen Kapazitätsabbaus herbeigeführt worden ist. Der Stahlpolitik in der Gemeinschaft fehlen deshalb zur Zeit noch klare Signale.
Eine Zusatzfrage? — Bitte.
Herr Staatssekretär, kann man Ihre erfreulich nüchterne Darstellung der Situation am Anfang des Jahres 1982 verkürzt so zusammenfassen, daß nach Verabschiedung des europäischen Subventionskodex der nationale Subventionswettlauf nicht eingestellt, sondern transparent oder transparenter gemacht worden ist?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich würde das bejahen, allerdings hinzufügen wollen, daß sich die Chancen, mit rechtlichen und politischen Mitteln gegen die Subventionen vorzugehen, ebenfalls erheblich verbessert haben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Nun war es j a nicht unbedingt die Absicht des Kodex, das Ganze nur transparenter zu machen.
Trifft es zu, daß neuere Überlegungen, die offenbar in der amerikanischen Administration angestellt werden, unter dem Etikett „Anti-DumpingMaßnahmen" unter Hinweis auf die fortgesetzte Subventionspraxis der Europäischen Gemeinschaft gegen europäische Importe von Stahl in die USA vorzugehen, gerade das nach wie vor ungelöste Problem der Subventionspraxis im Bereich der Europäischen Gemeinschaft zur Voraussetzung haben?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich zögere, hierauf mit einem Ja zu antworten, obwohl es keine Frage ist, daß durch die verbesserte Transparenz der Subventionspraxis in der Europäischen Gemeinschaft der amerikanischen Stahlindustrie zusätzliche Argumente geliefert werden. Allerdings möchte ich ganz ausdrücklich darauf hinweisen, daß damit kein Werturteil über die beabsichtigten amerikanischen Maßnahmen abgegeben sein soll.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 75 des Herrn Abgeordneten Dr. Lammert auf:
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß die Kommission der Europäischen Gemeinschaften Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft eingeleitet hat, die der Stahlindustrie Subventionen gewährt haben, ohne daß die Kommission vorher hiervon unterrichtet worden ist, und um welche Mitgliedstaaten und welche Größenordnung der Subventionen handelt es sich dabei, deren Gewährung von der Kommission beanstandet wird?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat im November bzw. Dezember 1981 folgende Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet:
Erstens. Gegen Belgien wurde das Verfahren eröffnet wegen der Zahlung von Notbeihilfen in Gestalt von Darlehen von insgesamt 10 Milliarden bfr., also rund 600 Millionen DM. Diese Beihilfen waren der Kommission notifiziert worden; jedoch war das Genehmigungsverfahren nach dem Subventionskodex noch nicht abgeschlossen.
Zweitens. Gegen Frankreich wurde wegen der Zahlung von Notbeihilfen in Gestalt von Darlehen von insgesamt 5,4 Milliarden FF, also rund 2,1 Milliarden DM, im Jahre 1981 das Verfahren eröffnet. Diese Beihilfen waren nach Auffassung der Kommission gezahlt worden, ohne der Kommission vorher überhaupt notifiziert worden zu sein.
Drittens. Gegen Italien wurde das Verfahren eingeleitet wegen der Zahlung von 1 200 Milliarden L. — 750 Milliarden L. als Darlehen, 431 Milliarden L. als Kapitalaufstockung —, also rund 2,2 Milliarden DM. Auch hier waren die Beihilfen der Kommission nicht einmal notifiziert worden.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, belegt nicht gerade diese Ihre Darstellung des gegenwärtigen Sachverhalts, wie praktisch wertlos die als großer Erfolg gefeierte Verabschiedung des Subventionskodexes ist, weil in der Praxis sich alle beteiligten Länder nahezu überhaupt nicht um die hier festgelegten Bedingungen scheren und im übrigen als geradezu zynische Bestätigung der Gleichgültigkeit zum gleichen Zeitpunkt, wo Verfahren wegen Nichteinhaltung der Bestimmungen anlaufen, sich gleichzeitig die nachträgliche Genehmigung der Kommission für die Vergabe solcher Subventionen einholen?Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Verabschiedung des Subventionskodexes ist nicht als großer Erfolg gefeiert worden. Sie wissen, daß die Bundesregierung in diesen Auseinandersetzungen sehr viel weitergehende Ziele verfolgt hat, die sie allerdings politisch nicht erreichen konnte. Ich weise darauf hin, daß das, was erreicht worden ist, z. B. die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren überhaupt erst ermöglicht hat und daß auf der Grundlage dessen, was erreicht worden ist, heute politische und rechtliche Möglichkeiten bestehen, die ohne einen Subventionskodex nicht bestehen würden. Das heißt, die Chancen, die Subventionen einzudämmen und gewährte Subventionen mit Auflagen zu versehen, die einen Kapazitätsabbau beinhalten, sind größer geworden.Man muß bei der Beurteilung des außerordentlich bedauerlichen Zustands, wie er sich entwickelt hat und wie er hier auch dargestellt worden ist, wohl den
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4342 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 75. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Januar 1982
Parl. Staatssekretär GrünerVergleich ziehen, was geschehen wäre, wenn ein solcher Subventionskodex nicht hätte vereinbart werden können.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, was beabsichtigt die Bundesregierung zur Lösung der Probleme der deutschen Stahlindustrie auf dem Hintergrund dieser Praxis zu tun, wenn selbst nach Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren nicht eine Beendigung der darin ja gerade behandelten vertragswidrigen nationalen Subventionen veranlaßt werden konnte?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung beabsichtigt, alle politischen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und die Kommission darin zu unterstützen, sie auch gegenüber den etwa Vertragsbrüchigen anzuwenden — bis hin zur Aufforderung, Beihilfen, die gewährt worden sind, zurückzuzahlen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 78 der Abgeordneten Frau Geiger auf:
Entspricht es den Tatsachen, daß der Bundeswirtschaftsminister im Rahmen der institutionellen Förderung der Verbraucherzentrale Bayern e. V. im Zuwendungsbescheid 1981 mitgeteilt hat, daß ab 1. Januar 1982 neugefaßte Verwaltungsvorschriften zu den §§ 44 und 44 a der Bundeshaushaltsordnung Anwendung finden, und damit von den Verbraucherzentralen nur noch Risiken für Schäden an Personen, Sachen und Vermögen versichert werden können, soweit die Versicherung gesetzlich vorgeschrieben ist?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Es trifft zu, Frau Kollegin, daß der Bundesminister für Wirtschaft die Zuwendungsempfänger seines Geschäftsbereichs, also auch die Verbraucherzentrale Bayern e. V., bereits letztes Jahr im Zusammenhang mit einer Änderung der vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu den §§ 44 und 44 a der Bundeshaushaltsordnung darauf hingewiesen hat, daß sie ihre Risiken für Schäden an Personen, Sachen und Vermögen ab 1. Januar 1982 nur noch insoweit versichern dürfen, als eine Versicherung gesetzlich vorgeschrieben ist.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wie sollen dann in Zukunft Ersatzansprüche als Folge von Personen- und Sachschäden abgedeckt werden angesichts der Tatsache, daß die Verbraucherzentralen nicht über ein eigenes Vermögen verfügen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Wie im gesamten übrigen öffentlichen Bereich ist das nur auf dem Wege der sogenannten Selbstdeckung möglich. Das bedeutet im Einzelfall, daß sich die betroffenen Zentralen, wenn solche Schäden auftreten sollten, an ihre Geldgeber wenden müßten.
Eine weitere Zusatzfrage.
Bei den 21 Beratungsstellen allein in Bayern wird mit dem wachsenden Besucherandrang das Risiko insbesondere infolge von Personenschäden immer größer und unkalkulierbarer. Wie soll da im Rahmen der Sorgfaltspflicht gegenüber Besuchern und Mitarbeitern ein geregelter Betrieb abgewickelt werden?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Bei den vom Haushaltsausschuß der Bundesregierung empfohlenen und auferlegten Maßnahmen geht man davon aus, daß die sogenannte Selbstdeckung der preisgünstigere Weg gegenüber gesetzlich nicht vorgeschriebenen Versicherungen ist. Es bleibt dabei, daß sich die Zuwendungsempfänger im Schadensfalle an ihre Geldgeber wenden können und müssen. Auf diese Weise muß im Einzelfall eine Deckung geschaffen werden. Ich sehe daher nicht die Gefahr, daß generell eine Lage eintreten könnte, die die Abwicklung des Geschäftsverkehrs der Verbraucherzentralen beeinträchtigt.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 79 der Abgeordneten Frau Geiger auf:
Wenn ja, entspricht es den Tatsachen, daß damit die nicht gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen Feuer, Einbruchdiebstahl, Wasser, Glas, Haftpflicht und vermischte Schadenshaftpflicht zum nächstmöglichen Termin gekündigt werden müssen, und damit die Verbraucherzentralen dann allen auftretenden Risiken schutzlos gegenüber stehen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Da nach den Bestimmungen, die ich in meiner Antwort auf Ihre erste Frage beschrieben habe, nur die Prämien für die gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen zuwendungsfähig sind, stehen alle Zuwendungsempfänger des Bundes vor der Notwendigkeit, die in Ihrer Frage erwähnten, gesetzlich nicht vorgeschriebenen Versicherungen zum frühestmöglichen Termin zu kündigen. Im Hinblick auf das auch für Zuwendungsempfänger verbindliche Prinzip der Gesamtdeckung, wonach alle Einnahmen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft zur Deckung aller Ausgaben heranzuziehen sind, kann den Zuwendungsempfängern auch nicht gestattet werden, Prämien für gesetzlich nicht vorgeschriebene Versicherungen aus ihren eigenen Einnahmen, beispielsweise also aus ihrem Beitragsaufkommen, zu bezahlen.
Offenbar wollen auch die Länder das Prinzip der sogenannten Selbstdeckung bei Zuwendungsempfängern konsequent angewendet wissen. Der Arbeitsausschuß Haushaltsrecht und Haushaltssystematik der Länderfinanzminister hat es jedenfalls in seiner Sitzung vom 4. Dezember 1981 abgelehnt, für die Versicherung des Rechtsberatungsrisikos der Verbraucherzentralen eine Ausnahme zuzulassen. Darüber hat mich das Finanzministerium Baden-Württemberg mit Schreiben vom 22. Dezember 1981 informiert.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, kann nicht mit einer Änderung dieser Anordnung gerechnet werden?Grüner, Parl. Staatssekretär: Nein, mit einer Änderung kann nicht gerechnet werden. Verständlicher-
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Parl. Staatssekretär Grünerweise ist diese Frage mehrfach gestellt worden, und es ist auch Kritik an dieser Praxis geübt worden.Ich könnte mir eine Änderung nur dann vorstellen, wenn dem Haushaltsausschuß im Einzelfall in Zukunft nachgewiesen werden würde, daß der Aufwand für die Versicherungsprämien deutlich niedriger als etwa fällige Schadensregulierungen war. Dann wäre sicher ein Anlaß gegeben, diese vom Haushaltsausschuß angeregte Praxis einer erneuten Überprüfung zu unterziehen. Daß es Für und Wider gibt, ist gar keine Frage, und daß da auch Probleme auftreten, wird von uns genauso wie von Ihnen gesehen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 80 des Herrn Abgeordneten Dr. Sprung auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, in welcher Höhe die Volksrepublik Polen insgesamt bei Gläubigern in der Bundesrepublik Deutschland verschuldet ist, und welcher Teil dieser Verschuldung ist durch Bundesbürgschaften abgedeckt?
Grüner, Pari. Staatssekretär: Nach den der Bundesregierung zur Verfügung stehenden Unterlagen beläuft sich die Gesamtverschuldung polnischer Schuldner gegenüber Gläubigern in der Bundesrepublik Deutschland auf etwa 9 Milliarden DM. Davon sind rund zwei Drittel verbürgt; der Rest ist unverbürgt. Zinsen sind in diesen Beträgen nicht enthalten.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, gibt es Zusagen der Bundesregierung zur Absicherung von Forderungen, die nicht Bürgschaften sind, und, falls dies der Fall sein sollte, wie hoch sind solche Zusagen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Es gibt keine derartigen Zusagen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 81 des Herrn Abgeordneten Dr. Sprung auf:
Gibt es Überlegungen der Bundesregierung, den Betroffenen zu helfen — etwa durch die Möglichkeit steuermindernder Abschreibung der Forderungen —, bzw. wie stellt sich die Bundesregierung die weitere Behandlung der Problematik vor?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die nach geltendem Steuerrecht bestehenden Möglichkeiten, Teilwertabschreibung, Stundung, Anpassung der Steuervorauszahlungen, Verzicht auf Beitreibungsmaßnahmen, sind nach Auffassung der Bundesregierung geeignet, den Belangen der betroffenen Unternehmen unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Einzelfall gerecht zu werden. Die Bundesregierung wird die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten und gegebenenfalls im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sicherstellen, daß die entscheidungserheblichen Sachverhalte den Finanzämtern bekanntgegeben werden.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, gegebenenfalls z. B. dann aus der Übernahme von Hermes-Bürgschaften tätig zu werden, wenn die Zinszahlungen für 1981, die zu einem Teil noch offen sind, nicht geleistet werden?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das Verfahren ist klar festgelegt, das Hermes zur Zahlung verpflichtet. Nach diesem Verfahren werden etwaige Schadenfälle auch abgewickelt werden.
— Ich bin im Augenblick nicht in der Lage, zu sagen, ob die Hermes-Deckung auch etwa ausstehende Zinszahlungen umfaßt, ich bin aber gern bereit, Ihnen gegenüber dazu gesondert Stellung zu nehmen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung Konsequenzen für die Bilanzabschlüsse der deutschen Kreditinstitute, wenn die für 1981 noch offenen Zinszahlungen nicht bis zur endgültigen Aufstellung der Bilanzen erfolgen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Das ist Sache der Banken selbst.
Keine weitere Zusatzfrage.Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Würtz auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal; es wird wie in den Richtlinien vorgesehen verfahren.Ich rufe die Frage 83 des Herrn Abgeordneten Dr. Jens auf:Wird die Bundesregierung bei der anstehenden Prüfung der Fusion zwischen Springer und Burda ihre eigenen Aussagen aus dem Bericht „Zur Lage von Presse und Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland" über die Konzentration auf diesem Markt berücksichtigen, und ist sie gegebenenfalls bereit, bei einem öffentlichen Anhörungsverfahren durch das Bundeswirtschaftsministerium auch die unmittelbaren Konkurrenten, wie Gruner & Jahr bzw. Bertelsmann u. a. m., zu Wort kommen zu lassen?Grüner, Parl. Staatssekretär: Der Bundesminister für Wirtschaft wird bei seiner Entscheidung selbstverständlich die Aussagen des Berichtes „Zur Lage von Presse und Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland" berücksichtigen. Außerdem wird er, wie im Kartellgesetz vorgesehen, in der öffentlichen mündlichen Verhandlung allen Beteiligten einschließlich der betroffenen Verbände, Gewerkschaften, Bundesländer und — sofern sie es wünschen — auch den unmittelbaren Konkurrenten Gelegenheit geben, ihre Auffassung zum Zusammenschlußvorhaben Springer/Burda vorzutragen. Den Wettbewerbern steht es darüber hinaus frei, sich zu dem Verfahren beiladen zu lassen und so den Status eines Verfahrensbeteiligten zu erhalten. Von zwei Verlagen liegen bereits entsprechende Beiladungsanträge vor.Bei der Ministerentscheidung selbst werden selbstverständlich die Konsequenzen des Zusammenschlusses für den Wettbewerb eine wichtige Rolle spielen. Nach dem Gesetz sind jedoch auch et-
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Parl. Staatssekretär Grünerwaige gesamtwirtschaftliche und Gemeinwohlaspekte gebührend zu berücksichtigen.
Zusatzfrage bitte.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Konzentration auf dem Zeitungsmarkt, insbesondere auf dem Markt für Sonntagszeitungen, bereits ein Ausmaß erreicht hat, das nun wirklich nicht weiter gesteigert werden darf?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich möchte im Zusammenhang mit Ihrer Frage keine Bewertung dieses von Ihnen genannten Konzentrationsvorganges abgeben, weil darin eine Vorwegnahme bestimmter Urteile in dem anstehenden Verfahren gesehen werden könnte.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, befürchten Sie denn auch wie ich, daß es eventuell zum Abbau von Arbeitsplätzen kommen könnte, und zwar im Bereich von Rundfunk- und Fernsehzeitschriften, wenn eine derartige Fusion zwischen Springer und Burda möglicherweise genehmigt werden würde?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Diese Frage wird in dem anstehenden Verfahren sicher eine wichtige Rolle spielen und mit in die Entscheidung des Ministers einfließen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 84 des Herrn Abgeordneten Dr. Jens auf:
Ist es richtig, daß die Bundesregierung überlegt, die Ministererlaubnis für die angestrebte Unternehmensfusion zwischen Springer und Burda zu erteilen, unter der Bedingung, daß bestimmte marktstarke Zeitungen oder Zeitschriften wie z. B. das Hamburger Abendblatt aus dem neuen Mammutkonzern ausgegliedert und einer neuen, eigenen Verlagsgruppe unterstellt werden?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Frage nach etwaigen wettbewerbsneutralen Alternativen für das Zusammenschlußvorhaben läßt sich nach dem derzeitigen Verfahrensstand nicht beantworten. Es sind jetzt zunächst die gesetzlich vorgeschriebene Stellungnahme der Monopolkommission und die öffentliche mündliche Verhandlung abzuwarten.
Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, stimmt es, wie Pressemitteilungen zu entnehmen war, daß bekannte Politiker, die möglicherweise an der Entscheidung über diesen Fusionsfall mitwirken, in der letzten Zeit von den Springer-Blättern und vom Burda-Konzern in der Öffentlichkeit besonders gut behandelt worden sind?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, mir liegen keine Anhaltspunkte für die Berechtigung einer solchen Behauptung vor. Sie ist natürlich auch sehr subjektiv. Aber ich würde wirklich sagen, daß es keinen Anhaltspunkt für eine solche Behauptung oder einen solchen Verdacht gibt. Es ist natürlich naheliegend, in einem solchen Verfahren derartige Behauptungen aufzustellen.
Herr Abgeordneter Dr. Jens, diese Frage ist auch im Rahmen der Richtlinien für die Fragenstunde nicht zulässig. Das ist eine typische Dreiecksfrage, die nicht zulässig ist. Da aber die Frage gestellt worden ist, steht sie sozusagen im Raum, und da ist die Antwort durchaus gerechtfertigt.
Wir sind am Ende der Fragestunde. Die nächste Fragestunde findet morgen um 8 Uhr statt.
Die Sitzung ist geschlossen.