Protokoll:
9065

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 9

  • date_rangeSitzungsnummer: 65

  • date_rangeDatum: 13. November 1981

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 11:45 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/65 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 65. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. November 1981 Inhalt: Erste Beratung des von den Abgeordneten Pfeifer, Rühe, Frau Dr. Wisniewski, Dr. Rose, Dr. Stavenhagen, Frau BenedixEngler, Daweke, Frau Geiger, Nelle, Rossmanith, Graf von Waldburg-Zeil, Frau Dr. Wilms, Dr. Bugl, Berger (Lahnstein), Lenzer, Bohl, Röhner und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Graduiertenförderungsgesetzes — Drucksache 9/908 — Frau Dr. Wisniewski CDU/CSU 3789 B Kuhlwein, Parl. Staatssekretär BMBW 3791 B Thüsing SPD 3795 B Frau Dr. Engel FDP 3796 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 1980 — Drucksachen 9/812, 9/939 —Milz CDU/CSU 3798 B Topmann SPD 3801 A Merker FDP 3804 B Dr. Hauff, Bundesminister BMV . . . 3806 D Hinsken CDU/CSU 3810 C Kretkowski SPD 3813 C Rösch FDP 3816 A Nächste Sitzung 3817 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3819*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3819* B Anlage 3 Erfahrungen mit dem Wohnungsbindungsgesetz MdlAnfr 1 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Möller CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 3819* D Anlage 4 Studie der Bochumer Ruhruniversität über die Haltbarkeit der in den sechziger Jahren errichteten Betonbauten MdlAnfr 2 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Feldmann FDP SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 3820* A Anlage 5 Jährliche Mindereinnahmen durch Steuerhinterziehung; Unterbindung der Neugründung von Gesellschaften mit Steuerschulden II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 MdlAnfr 11, 12 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Schöfberger SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 3820* B Anlage 6 Höhe der Steuerschuld und des jährlichen Zinsaufkommens für Steuerrückstände MdlAnfr 13, 14 06.11.81 Drs 09/984 Lambinus SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 3821*A Anlage 7 Vorschriften über Betriebsprüfungen; Höhe der 1979 und 1980 nach Betriebsprüfungen festgesetzten Steuern sowie Steuermindereinnahmen wegen unterbliebener Prüfungen MdlAnfr 15, 16 06.11.81 Drs 09/984 Feile SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 3821* B Anlage 8 Steuermehreinnahmen pro zusätzlich eingesetzten Betriebsprüfer sowie Intensivierung der Betriebsprüfungen MdlAnfr 17, 18 06.11.81 Drs 09/984 Weinhofer SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 3822* A Anlage 9 Höhe der nach der Vereinbarung vom 25. April 1974 vom Transfer ausgeschlossenen Sparguthaben von bundesdeutschen Bürgern in der DDR MdlAnfr 27, 28 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Voss CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 3822* B Anlage 10 Erweiterung des Truppenübungsgeländes der US-Streitkräfte im Viernheimer Wald MdlAnfr 29 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Kübler SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 3822* C Anlage 11 Einführung eines Zubringerverkehrs der Bundesbahn zu den Flughäfen; Vorlage des Gesetzentwurfs über eine einheitliche Organisation der Flugsicherung in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 49, 50 06.11.81 Drs 09/984 Tillmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 3822* D Anlage 12 Anzeigen der Bundesregierung zum Bundeshaushalt 1982 MdlAnfr 65, 66 06.11.81 Drs 09/984 Freiherr von Schorlemer CDU/CSU SchrAntw StSekr Becker BPA 3823* B Anlage 13 Auswirkungen der Maßnahmen der nicaraguanischen Regierung gegen Oppositionelle auf die deutschen Hilfeleistungen MdlAnfr 70 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3823* C Anlage 14 Nichtauszahlung der für 1981 verbleibenden Mittel an die Türkei MdlAnfr 81 06.11.81 Drs 09/984 Frau Simonis SPD SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3824*A Anlage 15 Verbot der rechtsextremen „Volkssozialistischen Bewegung" MdlAnfr 82 06.11.81 Drs 09/984 Spranger CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3824* D Anlage 16 Mögliche finanzielle Unterstützung der Organisationen der Friedensbewegung durch die Sowjetunion MdlAnfr 83 06.11.81 Drs 09/984 Breuer CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3824* D Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 III Anlage 17 Finanzierung der Demonstration in Bonn am 10. Oktober 1981 MdlAnfr 84 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3825*A Anlage 18 Schaffung von Arbeitsplätzen durch Verkürzung der Wochenarbeitszeit im öffentlichen Dienst und Aufteilung von Ganztagsstellen in Zeitarbeitsplätze MdlAnfr 85, 86 06.11.81 Drs 09/984 Frau Traupe SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3825* A Anlage 19 Schaffung gesetzlicher Regelungen für die Beschäftigung von DKP-Funktionären als Beamte im öffentlichen Dienst; Folgerungen aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 1981 über die Entlassung eines DKP-Funktionärs aus dem Beamtenverhältnis MdlAnfr 58, 87 06.11.81 Drs 09/984 Broll CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3825* C Anlage 20 Anwendung des Abwasserabgabengesetzes in kleinen und mittleren Kommunen MdlAnfr 88 06.11.81 Drs 09/984 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3826* A Anlage 21 Bau von Wiederaufbereitungsanlagen im Bundesgebiet, insbesondere in Bayern MdlAnfr 89, 90 06.11.81 Drs 09/984 Sieler SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3826* C Anlage 22 Behandlung als Touristen eingereister Polen bei Nichtanerkennung ihres Asylrechts MdlAnfr 91 06.11.81 Drs 09/984 Clemens CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3826"D Anlage 23 Einleitung der Abwässer der Stadt Rendsburg in den Nord-Ostsee-Kanal MdlAnfr 92 06.11.81 Drs 09/984 Stutzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3827"A Anlage 24 Maßnahmen gegen rechtsradikale Gruppen nach Waffenfunden in der Lüneburger Heide; Zusammenarbeit zwischen „Grauen Wölfen", deutschen Neonazis und Volkssozialistischer Bewegung MdlAnfr 95, 96 06.11.81 Drs 09/984 Thüsing SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3827* B Anlage 25 Einsatz des Bundesgrenzschutzes in der Deutschen Bucht zum Schutz des Tankschiffs „Cronos" MdlAnfr 97, 98 06.11.81 Drs 09/984 Dr. von Geldern CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 3827* D Anlage 26 Förderung von Existenzgründungen durch das Eigenkapitalhilfeprogramm in der Zeit vom 1. Juli 1979 bis 30. Juni 1981 und Höhe der Ist-Beträge in den Haushaltsjahren 1979 und 1980 MdlAnfr 99, 100 06.11.81 Drs 09/984 Hauser (Krefeld) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 3828"B Anlage 27 Bewertung der verschiedenen Energieversorgungsstrukturen in Not- und Krisenfällen; Berücksichtigung von Untersuchungen über das Strahlenrisiko bei ziviler Nutzung der Kernenergie im Energieprogramm MdlAnfr 101, 102 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Zumpfort FDP SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 3828* D Anlage 28 Entscheidung über den Bürgschaftsantrag der Krupp-Stahl AG in Höhe von 260 Millionen DM IV Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 MdlAnfr 105 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Lammert CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 3829* C Anlage 29 Frachthilfe für die Korbwaren- und Kinderwagenbranche MdlAnfr 106, 107 06.11.81 Drs 09/984 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 3829* D Anlage 30 Einsatz von Flüssiggas als Betriebsstoff im Busbereich des öffentlichen Personennahverkehrs und im Taxidienst MdlAnfr 108 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Feldmann FDP SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 3830* C Anlage 31 Verwendung der Mittel aus der Milcherzeugerabgabe und Belastung der bäuerlichen Familienbetriebe durch die Abgabe MdlAnfr 109,1.10 06.11.81 Drs 09/984 Eigen CDU/CSU SchrAntw StSekr Rohr BML 3830* D Anlage 32 Höhe der direkten Leistungen für die Landwirtschaft im Einzelplan 10 des Haushalts 1981; Höhe des EG- und Weltmarktpreises für Zucker im Jahr 1980 und Umfang der gehandelten Mengen MdlAnfr 111, 112 06.11.81 Drs 09/984 Michels CDU/CSU SchrAntw StSekr Rohr BML 3831* B Anlage 33 Verbot einer Aufstellung sogenannter Killerautomaten an leicht zugänglichen Stätten durch Änderung des § 7 des Jugendschutzgesetzes MdlAnfr 113 06.11.81 Drs 09/984 Poß SPD SchrAntw StSekr Dr. Fülgraff BMJFG . 3831* D Anlage 34 Aussage des Präsidenten des Bundesgesundheitsamts über die Notwendigkeit von Arzneimittelversuchen an Krankenhauspatienten MdlAnfr 114, 115 06.11.81 Drs 09/984 Fiebig SPD SchrAntw StSekr Dr. Fülgraff BMJFG . 3832* A Anlage 35 Herausgabe von Verbraucherempfehlungen zum Schutz vor schädlichen Rückständen in Lebensmitteln MdlAnfr 116, 117 06.11.81 Drs 09/984 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw StSekr Dr. Fülgraff BMJFG . 3832"B Anlage 36 Aktivitäten von Bürgerinitiativen gegen Kernenergie in Kernforschungszentren; wissenschaftliche Bewertung der vom Bundesforschungsminister im Rahmen der Risikostudie Teil B vergebenen Gutachten und Studien MdlAnfr 118, 119 06.11.81 Drs 09/984 Weirich CDU/CSU SchrAntw PStSekr Stahl BMFT . . . . 3833* A Anlage 37 Beurteilung der Umwelt- und Sozialverträglichkeit sowie der Wirtschaftlichkeit verschiedener Energieversorgungsstrukturen; Bedeutung des Hochtemperaturreaktors und des Schnellen Brüters für die deutsche Volkswirtschaft MdlAnfr 120, 121 06.11.81 Drs 09/984 Gärtner FDP SchrAntw PStSekr Stahl BMFT . . . . 3833* C Anlage 38 Streichung von 150 Millionen DM im Haushaltsplan des Bundesforschungsministers für ein Stahlforschungsprogramm MdlAnfr 122, 123 06.11.81 Drs 09/984 Löher CDU/CSU SchrAntw PStSekr Stahl BMFT . . . . 3834* B Anlage 39 Beseitigung des bei einer Abrüstung von Atomwaffen anfallenden Plutoniums durch Verbrennung in Reaktoren des Typs „Super-Phénix" MdlAnfr 124, 125 06.11.81 Drs 09/984 Dr. Soell SPD SchrAntw PStSekr Stahl BMFT . . . . 3834* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 3789 65. Sitzung Bonn, den 13. November 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amling 13. 11. Dr. Barzel 13. 11. Becker (Nienberge) 13. 11. Borchert 13. 11. Brandt 13. 11. Brunner 13. 11. Büchner (Speyer) * 13. 11. Dr. Dollinger 13. 11. Dr. Fatlhauser 13. 11. Glos 13. 11. Handlos 13. 11. Heyenn 13. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 13. 11. Dr. Hubrig 13. 11. Graf Huyn 13. 11. Jansen 13. 11. Kiep 13. 11. Dr. Köhler (Duisburg) 13. 11. Dr. Kreile 13. 11. Dr.-Ing. Laermann 13. 11. Dr. Lenz (Bergstraße) 13. 11. Dr. Mikat 13. 11. Dr. Müller * 13. 11. Frau Dr. Neumeister 13. 11. Dr. Osswald 13. 11. Dr. Scheer 13. 11. Schmidt (Würgendorf) 13. 11. Graf Stauffenberg 13. 11. Dr. Unland 13. 11. Dr. Waigel 13. 11. Weiskirch 13. 11. Wissmann 13. 11. Zander 13. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Entschließung des Europäischen Parlaments zur Verantwortung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften für die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten (Drucksache 9/968) zuständig: Rechtsausschuß Anlagen zum Stenographischen Bericht Entschließung des Europäischen Parlaments zur Schaffung eines Systems für einen europäischen Wertpapiermarkt (Drucksache 9/969) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Entschließung des Europäischen Parlaments zur Vollendung des Binnenmarktes (Drucksache 9/970) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Bericht der Bundesregierung über die Integration in den Europäischen Gemeinschaften (Berichtzeitraum April 1981 bis September 1981) (Drucksache 9/960) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) hier: Stellungnahme des Bundesrates vom 9. Oktober 1981 und Gegenäußerung der Bundesregierung (Drucksache 9/965) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Finanzplan des Bundes 1981 bis 1985 hier: Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung (Drucksache 9/967) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 2 502 Tit. 642 01- Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz - (Drucksache 9/992) zuständig: Haushaltsausschuß Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Zustimmungsbedürftige Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 4/81- Zollkontingent für Walzdraht - 2. Halbjahr 1981) (Drucksache 9/987) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 10. Dezember 1981 vorzulegen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Frage des Abgeordneten Dr. Möller (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Frage 1): Welche Erfahrungen liegen der Bundesregierung darüber vor, in welchem Ausmaß die Belegungsbindungen des Wohnungsbindungsgesetzes bei der Vermietung von Wohnraum von Bedeutung sind? Da der Vollzug des Wohnungsbindungsgesetzes in die Zuständigkeit der Länder fällt, stehen der Bundesregierung keine Unterlagen darüber zur Verfügung, in wie vielen Fällen Sozialwohnungen ohne Wohnberechtigungsschein bezogen wurden. Ich gehe davon aus, daß dies nicht in nennenswertem Umfang der Fall ist, da das Wohnungsbindungsge- 3820* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 setz für diese Fälle weitreichende Sanktionen vorsieht. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Frage des Abgeordneten Dr. Feldmann (FDP) (Drucksache 9/984 Frage 2): Inwieweit kann die Bundesregierung Ergebnisse einer Langzeitstudie an der Bochumer Ruhruniversität bestätigen, wonach sich die Haltbarkeit in den sechziger Jahren errichteter Betonbauten durch zunehmende „Versauerung" der Niederschläge infolge starker Luftverschmutzung „um nahezu die Hälfte" verkürzen wird, und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung, falls sie diese Ergebnisse bestätigen kann, zu ziehen? Der Bundesregierung sind die nachteiligen Einflüsse bekannt, die sich aus der Luftverunreinigung für die gesamte Umwelt, auch für die Bauten, ergeben. Allerdings kann die Bundesregierung keine Zahlenangaben machen, wie sich schädigende Einflüsse auf die Haltbarkeit von Betonkonstruktionen auswirken. Diese Haltbarkeit hängt von vielen Bedingungen ab, von Dichte und Zusammensetzung der Zuschlagstoffe, von der Oberflächenbehandlung, die auch nachträglich noch zum Schutz der Teile vorgenommen werden kann, und natürlich auch von der Aggressivität des Niederschlagswassers. Diese Tatsachen machen verallgemeinernde Aussagen zur Veränderung von Beton unter Einfluß schädigender Stoffe im Niederschlagswasser unmöglich. Allerdings ergibt sich aus der Kenntnis solcher Wirkungen eine stärkere Aufmerksamkeit und ein höherer Aufwand für regelmäßige Kontrolle und ggfs. intensivere Unterhaltung der betroffenen Bauten. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) (Drucksache 9/984 Fragen 11 und 12): Wie hoch schätzt die Bundesregierung bei den Steuern, die auf Bundesrecht beruhen, den durch Steuerhinterziehung im weitesten Sinn verursachten jährlichen Ausfall und zwar in absoluten Zahlen und im Verhältnis zu den gesetzlich geschuldeten Steuern? Ist der Bundesregierung bekannt, daß Gesellschaften mit erheblichen Steuerschulden nicht selten liquidiert und durch Neugründungen mit ähnlichem Namen und gleichem oder geringfügig veränderten Personenkreis ersetzt werden, damit die Steuerschulden nicht getilgt werden müssen, und was gedenkt die Bundesregierung gegen eine solche Praxis zu unternehmen? Zu Frage 11: Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse darüber, aus denen zuverlässige Anhaltspunkte für eine Schätzung der Dunkelziffer bei Steuerhinterziehung entnommen werden könnten. Keine der in diesem Zusammenhang genannten Zahlen sind belegbar. Die Bundesregierung kann daher nur die Beträge nennen, welche in den einzelnen Jahren den rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung und Bußgeldverfahren wegen leichtfertiger Steuerverkürzung zugrunde lagen. Rückschlüsse auf die tatsächlich hinterzogenen Steuern lassen diese Zahlen nicht zu. Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse über Sachverhalte, wie sie in der Frage geschildert werden, nicht vor. Derartige Mißbräuche sind aber — wie in anderen Fällen — nicht auszuschließen. Die Gesetze sehen aber hierfür erhebliche Sanktionen vor: Nach den Vorschriften der Abgabenordnung können der Vorstand einer Aktiengesellschaft, einer Genossenschaft, eines eingetragenen Vereins oder der Geschäftsführer einer GmbH sowie Abwickler und Liquidatoren dieser Gesellschaften als Haftende in Anspruch genommen werden, wenn infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten Steueransprüche nicht erfüllt werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, unter Umständen gegen die Verantwortlichen ein Strafverfahren wegen Bankrotts einzuleiten. Personen, die wegen einer Konkursstraftat rechtskräftig verurteilt wurden, können für die Dauer von 5 Jahren nicht Geschäftsführer einer GmbH oder Mitglied des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sein. Wem durch gerichtliches Urteil oder durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs oder Gewerbes untersagt worden ist, kann für die Dauer des Verbots bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied sein. Liegen Tatsachen vor, aus denen sich die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Personen ergibt, kann nach § 35 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise untersagt werden. Gegebenenfalls ist auch eine konkursrechtliche Anfechtung von Vermögensverschiebungen in Betracht zu ziehen. Eine vom Bundesminister der Justiz einberufene Kommission wird sich auch mit der Frage befassen, wie die Vorschriften über die Konkursanfechtung effektiver gestaltet werden können. Eine Änderung von steuerlichen Vorschriften ist nach Auffassung der Bundesregierung dagegen nicht in Betracht zu ziehen. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 3821* Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Fragen des Abgeordneten Lambinus (SPD) (Drucksache 9/984 Fragen 13 und 14): Wie hoch schätzt die Bundesregierung die derzeitigen Rückstände von fälligen Steuern in der Bundesrepublik Deutschland, die auf Bundesrecht beruhen, und welcher Anteil entfällt davon auf Bundessteuern oder Bundessteueranteile? In welcher Höhe müssen Steuerpflichtige ihre Steuerrückstände bei Steuern, die auf Bundesrecht beruhen, verzinsen, und in welcher Größenordnung bewegt sich das absolute Zinsaufkommen dabei jährlich? Zu Frage 13: Die Landesfinanzverwaltungen führen zum 30. November eines jeden Jahres Erhebungen über die Entwicklung der Steuerrückstände bei den Besitz- und Verkehrsteuern durch. Die Rückständestatistik erfaßt aber nicht die Einfuhrumsatzsteuer, die Zölle und Verbrauchsteuern sowie die Gemeindesteuern. Die fälligen Rückstände bei den Besitz- und Verkehrsteuern haben danach am 30. November 1980 = 8,2 Mrd. DM betragen. Von diesen sog. echten Rückständen entfallen auf den Bund ca. 4,2 Mrd. DM. Zu Frage 14: Die Abgabenordnung sieht keine Verzinsung fälliger Steuerrückstände vor, vielmehr werden bei Fälligkeit nicht entrichteter Steuern Säumniszuschläge erhoben. Der Säumniszuschlag beträgt für jeden angefangenen Monat der Säumnis 1 v. H. des auf einhundert DM nach unten abgerundeten Steuerrückstands. Es ist dazu bestimmt, den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung anzuhalten, und nicht mit Zinsen vergleichbar, die eine Entschädigung für die Kapitalnutzung darstellen. Befinden sich Rückstände in Vollstreckung, werden neben dem Säumniszuschlag noch die Vollstrekkungskosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Das Aufkommen der Säumniszuschläge fließt den verwaltenden Körperschaften zu. Dies sind bei den Besitz- und Verkehrsteuern die Bundesländer. Über die Höhe des Aufkommens an Säumniszuschlägen könnten nur nach Umfrage bei den Ländern Angaben gemacht werden. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Fragen des Abgeordneten Feile (SPD) (Drucksache 9/984 Fragen 15 und 16): Welche gesetzlichen und (oder) verwaltungsmäßigen Vorschriften des Bundes gibt es über die Häufigkeit und den zeitlichen Abstand von Betriebsprüfungen, gegebenenfalls bezogen auf einzelne Betriebsarten, Betriebsgrößen und Umsatzgrößen, und in welchen zeitlichen Abständen müssen steuerpflichtige Betriebe im Bundesgebiet durchschnittlich mit tatsächlichen Betriebsprüfungen rechnen? Wie hoch waren in den Jahren 1979 und 1980 die infolge von Betriebsprüfungen nachträglich festgesetzten Steuern, die auf Bundesrecht beruhen, und wie hoch schätzt demzufolge die Bundesregierung den infolge vorgeschriebener aber wegen Personalmangel unterbliebener Betriebsprüfungen eingetretenen Steuerausfall für Bund, Länder und Gemeinden? Zu Frage 15: § 4 der von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung (Betriebsprüfungsordnung-Steuer)" bestimmt, daß bei Großbetrieben der Prüfungszeitraum an den vorhergehenden Prüfungszeitraum anschließen soll. Dies bedeutet, daß bei den steuerlich wichtigen Großbetrieben in der Regel alle Besteuerungszeiträume geprüft werden. Bei Mittel- und Kleinbetrieben werden grunsätzlich nur die letzten drei Besteuerungszeiträume geprüft, für die Bilanzen und Steuererklärungen vorliegen. Nach § 3 der Betriebsprüfungsordnung werden die zu prüfenden Betriebe in Größenklassen eingeteilt. Die Abgrenzungsmerkmale für diese Größenklassen werden im allgemeinen im Abstand von drei Jahren vom Bundesfinanzministerium im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder festgelegt und im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Die Einordnung eines Betriebes in eine Größenklasse wirkt sich mittelbar auf den eingangs beschriebenen Prüfungsturnus aus, weil im rechnerischen Bundesdurchschnitt Großbetriebe alle 3,9 Jahre, Mittelbetriebe alle 7,9 Jahre und Kleinbetriebe alle 17,5 Jahre geprüft werden. Zu Frage 16: Nach den statistischen Meldungen der obersten Finanzbehörden der Länder betrug das Mehrergebnis aus Betriebsprüfungen im Jahre 1979 rd. 6,4 Mrd DM und im Jahre 1980 rd. 6,9 Mrd DM. Diese Zahlen stehen mit den in den Jahren 1979 und 1980 durchgeführten Betriebsprüfungen nur im mittelbaren Zusammenhang, weil statistisch nur die jeweils im Berichtszeitraum rechtskräftig gewordenen Steuernachforderungen gezählt werden; ein erheblicher Teil dieser Steuern ergibt sich dabei jeweils aus Betriebsprüfungen der Vorjahre. Nach Auffassung der Bundesregierung ließen sich durch einen verstärkten Personaleinsatz Zahl und Intensität der Betriebsprüfungen erhöhen und damit ein Mehr an Steuereinnahmen erzielen. In Anbetracht der Tatsache, daß Großbetriebe bereits jetzt im Prinzip lückenlos geprüft werden und zusätzliche Prüfungen demgemäß vor allem den Bereich der Mittel- und Kleinbetriebe betreffen, ist eine fundierte Schätzung von Mehreinnahmen jedoch nicht möglich. Die steuerlichen Mehrergebnisse hängen überdies mittelbar davon ab, ob für die Prüfung hinreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht. Wegen der relativ langen Ausbildungsdauer eines Betriebsprüfers werden Stellenmehrungen erst nach einigen Jahren steuerlich wirksam. 3822* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Fragen des Abgeordneten Weinhofer (SPD) (Drucksache 9/984 Fragen 17 und 18): Wie hoch sind unter Zugrundelegung entsprechender Besoldungsgruppen die durchschnittlichen Personal- und Personalnebenkosten außer späteren Versorungsleistungen für jeden zusätzlichen Betriebsprüfer, und wie hoch ist demgegenüber die nach bisherigen Erfahrungswerten zu erwartende Steuermehreinnahme pro zusätzlich eingesetztem Betriebsprüfer? Was gedenkt die Bundesregierung allein oder zusammen mit den Ländern zu unternehmen, um die Zahl und die Intensität von Betriebsprüfungen auch nur auf das bereits jetzt vorgeschriebene Maß zu steigern, und bedarf es hierfür einer Personalmehrung oder nur einer gezielten Umsetzung des vorhandenen Personals? Die durchschnittlichen Personal- und Personalnebenkosten betragen für einen Beamten der Besoldungsgruppe A 12/A 13 rd. 110 000 DM jährlich. Nach den bisherigen Erfahrungen entfallen auf jeden eingesetzten Betriebsprüfer Steuermehreinnahmen von über 700 000 DM jährlich. Es kann indessen nicht angenommen werden, daß diese Mehrergebnisse bei einer Stellenvermehrung auch künftig eintreten. Hinzuweisen ist im übrigen bei einem solchen Vergleich auf die Tatsache, daß es sich bei einem Teil dieser Mehreinnahmen um Steuerverlagerungen handelt, bei denen lediglich der Zinsverlust einen echten Ausfall darstellt. Für die Zahl und für die Intensität der Betriebsprüfungen bindende Rechtsvorschriften bestehen. Sofern Verbesserungen erreicht werden sollen, ist dies durch Umsetzung vorhandenen Personals nur bedingt möglich, weil entsprechend qualifizierte Finanzbeamte sonst an anderer Stelle in den Finanzämtern fehlen. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß diese Frage in einen Bereich fällt, der zur Zuständigkeit der Länder gehört. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Voss (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 27 und 28): Hat die Bundesregierung sich von der „DDR" genauen Aufschluß darüber verschafft, wie hoch die gemäß Artikel 3 Abs. 2 der Vereinbarung vom 25. April 1974 vom Transfer ausgeschlossene Summe der in der „DDR" befindlichen Guthaben ist, die in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Personen gehören? Welche Überlegungen waren maßgebend, die „DDR" zu Lasten der von Artikel 3 Abs. 2 der o. a. Vereinbarung betroffenen Personen zu befreien, diese Guthaben transfermäßig zu bedienen? Zu Frage 27: Nach Artikel 3 Abs. 2 der Vereinbarung vom 25.4. 1974 gilt der bei Verrechnungsabkommen übliche Grundsatz, daß sich die Überweisungen aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland und umgekehrt gegenseitig ausgleichen müssen. Dieses bedeutet jedoch nicht, daß Kontoguthaben von Bewohnern der Bundesrepublik Deutschland in der DDR vom Transfer ausgeschlossen sind. Der Transfer kann sich jedoch verzögern. Ihre Frage nach dem „Ausmaß" der vom Transfer ausgeschlossenen Guthaben von Bewohnern der Bundesrepublik Deutschland in der DDR stellt sich deshalb nicht. Zu Frage 28: Es trifft nicht zu, daß die DDR aufgrund von Artikel 3 Abs. 2 der Vereinbarung vom 25. 4. 1974 von der Ausführung von Transferaufträgen von Bewohnern der Bundesrepublik Deutschland befreit ist. Das Verrechnungsprinzip hat nur zur Folge, daß solche Transferaufträge solange unausgeführt bleiben, bis Transferaufträge von Bewohnern der DDR eine Verrechnung ermöglichen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Frage des Abgeordneten Dr. Kübler (SPD) (Drucksache 9/984 Frage 29): Wie ist der Stand der Verhandlungen über die von den US-Streitkräften geplante Erweiterung des Truppenübungsgeländes im Viernheimer Wald, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt einer Änderung der Art der bisherigen militärischen Nutzung? Die amerikanischen Streitkräfte beabsichtigen, den von ihnen seit 1949/53 genutzten Standortübungsplatz Viernheim-Lampertheim intensiver zu nutzen und zusätzliche Übungseinrichtungen zu schaffen: Zur Erörterung dieser Absichten ist eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der die amerikanischen Streitkräfte, der Bund sowie die Länder Hessen und Baden-Württemberg vertreten sind. Die Arbeitsgruppe ist beauftragt, Lösungsvorschläge zu erarbeiten, die den militärischen und zivilen Belangen bestmöglich Rechnung tragen und den obersten Instanzen zur Zustimmung vorgelegt werden sollen. Erste Erfolge zeichnen sich ab. So haben die Streitkräfte von einigen ursprünglich geplanten Vorhaben Abstand genommen und mit einer Instandsetzung des Wegenetzes begonnen. Sie haben sich damit einverstanden erklärt, daß ein Waldgürtel zum Schutz der Stadt Viernheim angelegt wird. Die Verhandlungen gehen weiter. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Fragen des Abgeordneten Tillmann (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 49 und 50): Was hat die Deutsche Bundesbahn bisher daran gehindert, in Zusammenarbeit mit den Flughäfen bzw. den Fluggesellschaften einen durchgehenden Zubringerverkehr zu den Flughäfen einschließlich Fluggastabfertigung, ähnlich dem schweizerischen „Fly & Rail System" anzubieten, und ist beabsichtigt, einen ähnlichen Dienst in naher Zukunft einzuführen? Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 3823* Wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag den Gesetzentwurf über eine einheitliche Organisation der Flugsicherung in der Bundesrepublik Deutschland zuleiten, nachdem in der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen und des Verteidigungsausschusses am 5. März 1980 die Bundesregierung erklärt hat, daß der Gesetzentwurf zu Beginn der nächsten Wahlperiode auf den Weg gebracht werde? Zu Frage 49: Die Flughäfen in der Bundesrepublik Deutschland sind im Nahverkehr teilweise durch S-Bahnen an das Schienennetz der Deutschen Bundesbahn angeschlossen. Weitere S-Bahn-Anschlüsse sind vorgesehen. Anbindungsmöglichkeiten des Flughafens Frankfurt an das Schienenfernverkehrsnetz wie in der Schweiz werden gegenwärtig untersucht. Nach bisherigen Erkenntnissen der Deutschen Bundesbahn sind hierfür jedoch ein hoher Investitionsaufwand und lange Bauzeiten erforderlich. Als kurzfristig realisierbare Lösung haben sich deshalb Lufthansa und Bundesbahn auf einen Modellversuch geeinigt, nach dem ab voraussichtlich Frühjahr 1982 versuchsweise ein „Lufthansa-Airport-Expreß" viermal täglich je Richtung zwischen Düsseldorf-Köln-Bonn-Flughafen Frankfurt verkehren soll. Marktuntersuchungen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen sollen darüber Aufschluß geben, ob die Verbindung beibehalten und auf weitere Anschlüsse ausgedehnt werden kann. Zu Frage 50: Ein Gesetzentwurf über eine einheitliche Organisation der Flugsicherung in der Bundesrepublik Deutschland ist mit Gewerkschaften, Verbänden und anderen Stellen erörtert worden. Die zahlreichen gewichtigen Einwendungen gegen den Gesetzentwurf werden zur Zeit geprüft. Es besteht Obereinstimmung darüber, daß die derzeitige Organisationsform der Flugsicherung die Flugsicherheit nicht nachteilig beeinträchtigt. Deshalb kann die Bundesregierung ohne Zeitdruck eine Organisationsform entwickeln, die auch künftigen Anforderungen Rechnung tragen kann. Anlage 12 Antwort des Staatssekretärs Becker auf die Fragen des Abgeordneten Freiherr von Schorlemer (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 65 und 66): Gedenkt die Bundesregierung, weitere Anzeigen über den Bundeshaushalt 1982 zu schalten, obwohl man letztendlich nie sicher sein kann, daß das Zahlenmaterial noch stimmt? Will die Bundesregierung noch einmal 2,2 Millionen DM für Anzeigen zum Haushalt 1982 ausgeben, obwohl sie bei ihren Etatberatungen schon Schwierigkeiten bei kleineren Größenordnungen hatte? Zu Frage 65: Anzeigen zum Bundeshaushalt '82 hat das Presse-und Informationsamt nicht geschaltet. Das Amt hat jedoch in einer Zeitungsbeilage der Bevölkerung die Entscheidungsgründe, Schwerpunkte und zu erwartenden Auswirkungen der Haushaltsbeschlüsse der Bundesregierung vom 2./3. September erläutert. Die Veröffentlichung dieser Beilage entspricht dem Auftrag des Haushaltsgesetzes für das Presse- und Informationsamt, die deutsche Bevölkerung über Arbeit und Ziele der Bundesregierung zu unterrichten. Zu Frage 66: Das Presse-und Informationsamt der Bundesregierung beabsichtigt nicht, eine weitere Beilage oder auch Anzeigen zu den Haushaltsbeschlüssen '82 zu veröffentlichen. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Frage 70): Entsprechen die Maßnahmen, die die Regierung Nicaraguas gegen oppositionelle Politiker, Parteien, Gewerkschaften, Zeitungen und Rundfunksender in jüngster Zeit ergriffen hat, den Erwartungen, die die Bundesregierung mit ihren Hilfeleistungen in Höhe von bisher mehr als 100 Millionen DM verbunden hat, und welche Rückwirkungen wird diese außerordentliche Gefährdung eines pluralistischen Wegs dieses Landes auf neue Projekte haben? Die Bundesregierung verfolgt mit Sorge die Entwicklung der letzten Wochen und Monate in Nicaragua. Die Maßnahmen gegen demokratische Kräfte der Opposition und gegen unabhängige Medien lassen befürchten, daß in Nicaragua die Vertreter einer Politik an Boden gewinnen, die den wiederholt gemachten Zusagen widerspricht, Pluralismus und Demokratie im Lande zu gewährleisten. Die Bundesregierung hat durch ihren Botschafter in Managua ihr Befremden und ihre Besorgnis über den Paßentzug und das Ausreiseverbot von Oppositionspolitikern, die auf Einladung einer politischen Stiftung in die Bundesrepublik Deutschland reisen wollten, zum Ausdruck gebracht. Ebenso ist dem Botschafter von Nicaragua in Bonn die Besorgnis über die Verhaftung und Verurteilung der Vertreter des Verbandes der Privatunternehmer mitgeteilt worden. Die Regierung von Nicaragua hat auf diese Vorstellungen erklärt, sie beabsichtigte kein Abgehen von den ursprünglich von der Revolution gesteckten Zielen, d. h. Pluralismus und Gemischte Wirtschaft. Ich füge hinzu, daß diese Erklärungen allein die Bundesregierung nicht befriedigen können und sie 3824* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 die weitere Entwicklung mit größter Aufmerksamkeit verfolgen wird. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 9/984 Frage 81): Kann die Bundesregierung angeben, wieviel Mittel aus den entsperrten Ansätzen des Bundeshaushalts 1981 für Zahlungen an die Türkei abgeflossen sind, und sieht sich die Bundesregierung in der Lage, die eventuell für 1981 noch verbleibenden Mittel wegen der sich verschlechternden Situation in der Türkei in diesem Jahr nicht mehr zur Auszahlung zu bringen? Der erste Teil der Frage betreffend die im Jahre 1981 bereits erfolgten Zahlungen wird wie folgt beantwortet: Soweit Leistungen aus dem Einzelplan 05 — Auswärtiges Amt — betroffen sind: — Die bei Kapitel 02 Titel 686 22 für die Türkei 1981 vorgesehene Nato-Verteidigungshilfe in Höhe von 87 Mio DM ist gemäß den bestehenden vertraglichen Verpflichtungen bereits gänzlich abgeflossen. — Von der bei Kapitel 02 Titel 686 23 zugunsten der Türkei vorgesehenen Ausrüstungshilfe in Höhe von 850 000 DM sind bisher 680 000 DM, d. h. der ganz überwiegende Teil abgeflossen. - Von den bei Kapitel 02 Titel 686 41 zur Verfügung stehenden Mitteln für Rüstungssonderhilfe in Höhe von 180 Mio DM sind 166 Mio DM abgeflossen. Soweit Leistungen aus dem Einzelplan 23 — Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit — betroffen sind: — Die bei Kapitel 02 Titel 866 03 vorgesehenen Mittel für Warenhilfe in Höhe von 330 Mio DM sind gemäß den bestehenden vertraglichen Verpflichtungen in voller Höhe abgeflossen. — Die bei Kapitel 23 02 Titel 866 01 vorgesehenen Mittel für Projekthilfe in Höhe von 130 Mio DM sind für längerfristige, im Bau befindliche Projekte bestimmt und fließen je nach Projektfortschritt und Finanzierungsbedarf ab. Die zugesagten Mittel werden in diesem Jahr nicht mehr zur Auszahlung gelangen, weil die verfahrensmäßigen Voraussetzungen in diesem Jahr nicht mehr erfüllt werden können. Der zweite Teil der Frage wird wird folgt beantwortet: Bezüglich der Projekthilfe aus dem Einzelplan 23 wurde die Frage bereits dahin beantwortet, daß die zugesagten Mittel aus in der Sache liegenden Gründen in diesem Jahr nicht mehr zur Auszahlung gelangen werden. Hinsichtlich der noch nicht ausgezahlten Mittel der Rüstungssonderhilfe sieht die Bundesregierung keine rechtliche Möglichkeit, Zahlungen auszusetzen, da in der fraglichen Höhe bereits fest terminierte Zahlungsverpflichtungen gegenüber deutschen Firmen und völkerrechtliche Verpflichtungen gegenüber der Türkei eingegangen wurden. In Höhe der vergleichsweise niedrigen Restmittel für die Ausrüstungshilfe besteht gegenüber der Türkei eine völkerrechtliche Lieferverpflichtung, deren Erfüllung noch in diesem Jahr vorgesehen ist. Die Bundesregierung läßt sich von der Erwartung leiten, daß die türkische Regierung unserer Besorgnis über die politische Entwicklung in der Türkei Rechnung trägt, wie dies zuletzt der Bundesminister des Auswärtigen in Ankara und nach Rückkehr zum Ausdruck gebracht hat. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Frage 82): Wer ist für ein Verbot der rechtsextremen „Volkssozialistischen Bewegung" zuständig? Bei der im Jahre 1971 gegründeten „Partei der Arbeit", die 1975 in „Volkssozialistische Bewegung Deutschlands / (Partei der Arbeit)" umbenannt wurde, handelt es sich nach Auffassung der Bundesregierung derzeit nicht um eine Partei, sondern um einen Verein im Sinne des Vereinsgesetzes. Da sich die Organisation der Vereinigung über das Gebiet eines Bundeslandes hinaus erstreckt, wäre der Bundesminister des Innern für ein eventuelles Verbot zuständig. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Frage des Abgeordneten Breuer (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Frage 83): Inwieweit ist die Bundesregierung darüber informiert, auf welchen Wegen welchen Organisationen der Friedensbewegung sowjetische finanzielle Mittel zufließen, und ist die Bundesregierung bereit, dies der Öffentlichkeit bekanntzugeben? Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 3825* Dem Bundesamt für Verfassungsschutz liegen keine Erkenntnisse vor, wonach eine finanzielle Förderung der Friedensbewegung aus Moskau erfolgt. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Frage 84): Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor über die Finanzierung der großen Demonstration in Bonn am 10. Oktober 1981, insbesondere darüber, wie und in welcher Höhe die Kosten für den Transport, die Infrastruktur und die Verpflegung der Teilnehmer aufgebracht wurden? Der Bundesregierung liegen nur die sich auf Angaben der Veranstalter beziehenden Pressemeldungen vor, die sicher auch Ihnen bekannt sind. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Fragen der Abgeordneten Frau Traupe (SPD) (Drucksache 9/984 Fragen 85 und 86): Welche Pläne und Modelle für den öffentlichen Dienst des Bundes gibt es, bei anhaltender schlechter Arbeitsmarktsituation für Männer und Frauen verkürzte Wochenarbeitszeiten anzubieten? Welche Argumente sprechen dagegen, mehrere Ganztagsstellen in Halbtags-, Dreivierteltags- oder Zweidritteltagsarbeitsplätze aufzuteilen, die sowohl älteren Arbeitnehmern wie Eltern mit kleinen Kindern helfen könnten, einen Beruf auszuüben? Zu Frage 85: Angesichts der Probleme auf dem Arbeitsmarkt wird sicherlich die von Ihnen angesprochene Frage nach Möglichkeiten, die vorhandene Arbeit auf mehr Arbeitskräfte zu verteilen, in Zukunft einen noch größeren Stellenwert einnehmen. Die Bundesregierung hat dieser Entwicklung durch eine Erweiterung der gesetzlichen Möglichkeiten zur Teilzeitbeschäftigung im Beamtenbereich, die im letzten Jahr in Kraft getreten ist, bereits teilweise Rechnung getragen. Von den ca. 1,2 Millionen Beschäftigten des Bundes sind mittlerweise ca. 94 000, d. h. 8 % der Beamten, Angestellten und Arbeiter teilzeitbeschäftigt. Vorschläge des Bundesinnenministers zu weitergehenden gesetzlichen Möglichkeiten der Teilzeitarbeit im Beamtenbereich sind im Bundesrat ebenso wie in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages auf erhebliche Bedenken gestoßen und nicht weiter verfolgt worden. Im Bereich der Arbeitnehmer des Bundes bieten die tarifvertraglichen Bestimmungen ausreichende Möglichkeiten für eine Teilzeitbeschäftigung. Der Bundesinnenminister prüft darüber hinaus, ob das Arbeitszeitmodell des job-sharing als eine sinnvolle Ergänzung der bestehenden Möglichkeiten in Betracht kommt. Er hat dieses Thema auf die Tages- ordnung der nächsten Sitzung der Arbeitgeber-Vertreter der BAT-Kommission am 11. Februar 1982 gesetzt. Zu Frage 86: Im Rahmen der eben genannten Regelungen ist die von Ihnen angesprochene Halbtags- bzw. Zweidritteltagsbeschäftigung auch in haushaltsrechtlicher Hinsicht zulässig. Durch das Haushaltsgesetz ist nämlich zugelassen, daß eine Planstelle auch mit zwei als Halbtagskräften teilzeitbeschäftigten Beamten besetzt wird. Zwei Planstellen dürfen auch mit drei teilzeitbeschäftigten Beamten besetzt werden. Entsprechendes gilt für die Besetzung von Angestelltenstellen. Ob eine solche Aufteilung vertretbar ist, muß jeweils bezogen auf den Einzelfall unter organisatorischen und personalwirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden werden. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Fragen des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 58 und 87): Ist die von einem Rechtsanwalt in dem Disziplinarverfahren gegen einen aktiven beamteten DKP-Funktionär bei der Deutschen Bundespost vor dem Bundesverwaltungsgericht in dieser Woche vorgetragene Behauptung zutreffend, die Bundesregierung habe bei ihrem Angebot, DKP-Beamte aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen und in das Angestelltenverhältnis zu überführen, erklärt, es handele sich nur um eine Zwischenlösung, und man werde alsbald eine gesetzliche Regelung treffen, die das Beamtenrecht so ändere, daß einer Verbeamtung dieser Personen nichts mehr im Wege stehe, und wenn ja, welche Gründe waren für die Bundesregierung maßgebend? Welche Schlußfolgerung gedenkt die Bundesregierung aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 1981, das die Entlassung des aktiven beamteten DKP-Funktionärs aus dem Beamtenverhältnis entschieden hat, für andere vergleichbare Fälle im Bereich des Bundes zu ziehen, und beabsichtigt sie tatsächlich, die in Frage 58 angesprochene „gesetzliche Regelung" vorzunehmen? Die in Ihrer ersten Frage wiedergegebene Behauptung bezieht sich offenbar auf Erörterungen, die im Bereich des Bundesministers für Verkehr und des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen im Zusammenhang mit Angeboten, DKP-Beamte auf ihren Antrag aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen und als Angestellte zu übernehmen, geführt worden sind. Dabei ist den Betroffenen auf Befragen unter anderem bestätigt worden, daß der vollzogene Statuswechsel nicht endgültig sein müsse, sondern eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis bei Änderung der Rechtslage und Vorliegen der sonstigen beamtenrechtlichen Voraussetzungen möglich sein würde. Diese Erklärungen stehen im Einklang mit der in der Regierungserklärung bekundeten Absicht der Bundesregierung, nach Möglichkeiten zu suchen bei der Prüfung der Verfassungstreue von Beamten dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit auch dadurch Geltung zu verschaffen, daß die Anforderungen nach den unterschiedlichen Funktionen differen- 3826* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 ziert werden. Diesem Ziel könnte eine verfassungsgerichtliche Klärung, wie sie dem Betroffenen nach dem Grundgesetz möglich ist, dienen. Unabhängig davon ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 1975 bei disziplinär zu ahndender Treuepflichtverletzung eine Differenzierung nach ausgeübter Funktion zuläßt. Die Bundesregierung wird nach Vorlage der schriftlichen Begründung des Urteils prüfen, welche Schritte notwendig sind, um den verfassungsrechtlich gegebenen Spielraum zu nutzen. Auch eine Antwort auf Ihre weitere Frage nach den Schlußfolgerungen aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts für andere eventuell vergleichbare Fälle setzt für die jeweils zuständigen Ressorts das Vorliegen der Urteilsgründe voraus. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Frage der Abgeordneten Frau Dr. Martiny-Glotz (SPD) (Drucksache 9/984 Frage 88): Trifft es zu, daß beim Vollzug des Abwasserabgabengesetzes Probleme dadurch bestehen, daß die meisten kleinen und mittleren Kommunen das Gesetz noch nicht zur Kenntnis genommen haben und rund 80 Prozent der Schmutzeinleiter vom Gesetz nicht unmittelbar erfaßt werden, weil sie ihre Abwässer direkt in die kommunalen Abwassernetze einleiten? Der in die Zuständigkeit der Länder fallende Vollzug des Abwasserabgabengesetzes wurde — soweit es in meinem Hause bekannt ist — intensiv vorbereitet, sei es durch Planspiele oder Dienstbesprechungen, sei es durch Verwaltungsvorschriften oder Erlasse der zuständigen Landesministerien. Auch die kommunalen Spitzenverbände haben eine umfangreiche Aufklärungsarbeit betrieben (z. B. Informationsschriften, Mustersatzungen). Den Erfolg dieser Aufklärungsarbeit hat der Bundesminister des Innern erforschen lassen. Das Forschungsvorhaben kommt zu dem Ergebnis, daß sich der Kenntnisstand der Kommunen über die Regelungen des Abwasserabgabengesetzes erheblich verbessert hat und insgesamt ein recht hohes Niveau erreicht haben dürfte. Es trifft zu, daß ein Großteil der Schmutzeinleiter vom Gesetz nicht unmittelbar erfaßt wird. Das Abwasserabgabengesetz knüpft an die Systematik des Wasserhaushaltsgesetzes an. Abgabentatbestand ist daher nach § 1 Abwasserabgabengesetz das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer, die sogenannte Direkteinleitung. Das Abwasserabgabengesetz gilt nicht für die Einleitung von Abwasser in die Kanalisation, die sogenannte Indirekteinleitung. Es erfaßt in diesen Fällen die Kommunen als unmittelbare Einleiter, die dann nach § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abwasserabgabengesetz abgabepflichtig sind. Das Abwasserabgabengesetz eröffnet jedoch die Möglichkeit, die Abgabe auf die Indirekteinleiter abzuwälzen. Vorschriften über Voraussetzungen und Maßstäbe für die Abwälzung der Abwasserabgabe konnte der Bund nicht erlassen, weil es sich hierbei um eine in die Zuständigkeit der Länder und Gemeinden fallende Angelegenheit des Kommunalabgabenrechts handelt. Aus der Sicht des Umweltschutzes wäre es wünschenswert, daß entsprechend den Intensionen des Abwasserabgabengesetzes auch bei der Abwälzung der Abwasserabgabe und bei den kommunalen Entwässerungsgebühren insgesamt verursachergerechte und damit schädlichkeitsbezogene Maßstäbe zum Tragen kommen. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Fragen des Abgeordneten Sieler (SPD) (Drucksache 9/984 Fragen 89 und 90): Hält die Bundesregierung den Bau nuklearer Wiederaufbereitungsanlagen für Brennstäbe aus Atomkraftwerken auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bzw. im Freistaat Bayern für wünschenswert oder erforderlich? Sind der Bundesregierung die möglichen oder tatsächlichen Standorte für eine Wiederaufbereitungsanlage in Bayern bekannt, und kann sie den von der Staatsregierung festgelegten Standort nennen? Die Regierungschefs von Bund und Ländern haben in ihrem Beschluß vom 28. September 1979 darin übereingestimmt, darauf hinzuwirken, daß eine Wiederaufarbeitungsanlage so zügig errichtet werden kann, wie dies unter Beachtung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkten möglich ist. Die bayerische Staatsregierung hat als drittes Land nach Hessen und Rheinland-Pfalz ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt zu prüfen, ob ein geeigneter Standort für eine Wiederaufarbeitungsanlage in Bayern vorhanden ist. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß diese Entscheidung der bayerischen Staatsregierung im Grundsatz den Zielen des gemeinsamen Beschlusses entspricht. Da die Bundesregierung über die in Ihrer zweiten Frage erwähnten Einzelheiten der Planung nicht unterrichtet ist, sind mir weitergehende Informationen oder Wertungen nicht möglich. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Frage des Abgeordneten Clemens (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Frage 91): Ist es nach der Auffassung der Bundesregierung richtig, daß im verstärkten Maß polnische Staatsangehörige als Touristen in die Bundesrepublik Deutschland einreisen, einen Asylantrag stellen und dann trotz Nichtanerkennung ihres Asylrechts nicht wieder nach Polen zurückgeschickt werden, und was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen? Die Praxis der Ausländerbehörden der Länder, abgelehnte Asylbewerber aus Polen nicht abzuschieben, beruht auf einem Beschluß der Innenministerkonferenz vom 26. August 1966. Danach werden Staatsangehörige der Ostblockstaaten, auch wenn Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 3827* sie illegal eingereist sind, grundsätzlich nicht in ihre Heimatstaaten abgeschoben. Das gilt auch dann, wenn ein Asylantrag abgelehnt worden ist. Eine Initiative zur Änderung dieses IMK-Beschlusses beabsichtigt die Bundesregierung derzeit nicht zu ergreifen. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Frage des Abgeordneten Stutzer (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Frage 92): Hält die Bundesregierung eine Einleitung des nach drei Klärstufen abfließenden Wassers der Stadt Rendsburg in den Nord-Ostsee-Kanal für unbedenklich, und wann ist hier mit einer Genehmigung zu rechnen? Im Falle der Abwasserbehandlung und -beseitigung der Stadt Rendsburg handelt es sich um ein regionales Problem außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Bundesregierung. Es geht um die Frage, ob das Abwasser der Stadt Rendsburg nach dreistufiger Behandlung in den Nord-Ostsee-Kanal oder in die Eider eingeleitet werden soll. Aufgrund eines von der Bundesanstalt für Gewässerkunde für die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung/Direktion Nord in Kiel erstellten Gutachtens würde das Einleiten von Abwasser in den Nord-Ostsee-Kanal als stehendem Gewässer zu Schlammablagerungen führen. Darüber hinaus kann eine Eutrophierung des stehenden Gewässers mit zusätzlicher Schlammbildung nicht ausgeschlossen werden. Schließlich müßte bei einer Anreicherung des Schlammes mit Schadstoffen auch mit Problemen bei der Baggerung und Beseitigung des Schlammes an Land gerechnet werden. Aus diesem Grunde bedarf die Frage, ob das Abwasser aus der Kläranlage Rendsburg in das stehende Gewässer Nord-Ostsee-Kanal oder in die Eider einzuleiten ist, einer besonders sorgfältigen Prüfung. Hiermit sind die regional zuständigen Behörden (die Wasserwirtschaftsverwaltung des Landes Schleswig-Holstein und die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung) befaßt. Eine abschließende Bewertung liegt der Bundesregierung zur Zeit noch nicht vor. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Fragen des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 9/984 Fragen 95 und 96): Was gedenkt die Bundesregierung nach den Waffenfunden in der Lüneburger Heide gegen rechtsradikale Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland zu tun? Kann die Bundesregierung Meldungen (z. B. in der neuesten Ausgabe von METALL) bestätigen, nach der es eine Zusammenarbeit zwischen Grauen Wölfen und deutschen Neonazis, besonders auch mit der Volkssozialistischen Bewegung, gibt? Zu Frage 95: Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren mehrfach und mit allem Nachdruck darauf hingewiesen, daß die Entwicklung im Bereich des Rechtsextremismus mit großer Sorge zu verfolgen ist. Dies galt und gilt insbesondere für die zunehmende Gewaltherrschaft neonazistischer Gruppen. Die Waffenfunde in der Lüneburger Heide zeigen, wie berechtigt diese Warnungen leider waren. Die Bundesregierung hat sich selbstverständlich nicht auf Warnungen beschränkt. In den letzten Jahren sind Beobachtungstätigkeiten des Verfassungsschutzes und Ermittlungstätigkeiten der Ermittlungsbehörden erheblich verstärkt worden. Das zeigt sich zum Beispiel an der Entwicklung der Zahl der Ermittlungsverfahren die von 610 im Jahre 1978 auf 1 128 im Jahre 1980 gestiegen ist. Gleichzeitig zeigen diese Zahlen aber auch, daß die Bereitschaft zur Gewaltanwendung in den letzten Jahren weiter zugenommen hat. Es wird deshalb auch in Zukunft notwendig sein, die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden auf diesem Gebiet der Ermittlungstätigkeit zu verstärken. Zu Frage 96: Erkenntnisse über eine angebliche Zusammenarbeit zwischen deutschen Neo-Nazis und den als „Graue Wölfe" bezeichneten Anhängern der von der extrem nationalistischen MHP beeinflußten „Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e. V." (ADUETDF) liegen den Sicherheitsbehörden nicht vor. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Fragen des Abgeordneten Dr. von Geldern (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 97 und 98): Treffen Presseberichte zu, nach denen die Bundesregierung ein Ersuchen abgelehnt hat, den Bundesgrenzschutz in der Deutschen Bucht zum Schutz des Tankschiffs „Cronos" gegen Aktionen von „Green peace" einzusetzen, und welche Gründe haben die Bundesregierung gegebenenfalls dazu veranlaßt? Stimmt die Bundesregierung der Ansicht zu, daß es Aufgabe des Bundesgrenzschutzes ist, u. a. in der Deutschen Bucht Straftaten gegen deutsche Schiffe zu verhindern und bei dem Verdacht von Straftaten polizeiliche Ermittlungen zu führen? Der Bundesregierung sind Presseberichte des von Ihnen genannten Inhalts nicht bekannt. Dessenungeachtet kann ich zu dem angesprochenen Sachverhalt folgendes erklären: 1. Nach § 6 des BGS-Gesetzes hat der Bundesgrenzschutz die Befugnis ganz generell auf hoher See — also sozusagen weltweit — u. a. Exekutiv-Maßnahmen der von Ihnen genannten Art durchzuführen. Ob ein solcher Einsatz durchführbar und vertretbar ist, ist nur im Einzelfall zu entscheiden. 2. Die Absicherung der Tätigkeit des Verklappungsschiffes „Cronos" durch den BGS hätte die 3828* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 Entsendung eines Streifenbootes des BGS in den Verklappungsraum 10-12 SM nordwestlich Helgoland erfordert. 3. Die Patrouillenboote des BGS See sind in der Ostsee, nämlich in Neustadt/Holstein stationiert. Fahrten in die Nordsee werden derzeit jedoch nur sporadisch unternommen. Im fraglichen Zeitpunkt befand sich kein Boot in der Nordsee. Das Streifenboot hätte also aus der Ostsee herangeführt werden müssen (Fahrtzeit 12-14 Stunden), was einen außergewöhnlichen Aufwand verursacht hätte. 4. Nach einer pragmatischen Arbeitsteilung werden für Einsätze dieser Art in der Nordsee zur Zeit die in diesem Seegebiet stationierten Zollboote tätig. Dementsprechend hat der Bundesminister des Innern den Bundesminister der Finanzen über das Hilfeersuchen der Reeder des Verklappungsschiffes „Cronos" unterrichtet. Der BMF hat veranlaßt, daß der Zollkreuzer „Steubenhoeft" in der Nacht vom 24. zum 25. Oktober zur Position der „Cronos" entsandt wurde. 5. Zur Vorbereitung eines Berichts an den Haushaltsausschuß sind die beteiligten Ressorts, insbesondere BMF und BMI, zur Zeit mit einer Bestandsaufnahme der in der Nordsee anfallenden Aufgaben befaßt. Daraus wird sich u. a. auch ergeben, ob und in welcher Weise der BGS perso- nell und materiell in die Lage versetzt wird, durch eine dauernde Präsenz von Einsatzbooten in der Nordsee die im § 6 BGS-Gesetz genannten Befugnisse effektiv wahrzunehmen. Anlage 26 Antwort des Pari. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Hauser (Krefeld) (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 99 und 100): Wie hoch war in den ersten zwei Jahren vom 1. Juli 1979 bis zum 30. Juni 1981 der Anteil der Existenzgründungen, die durch das Eigenkapitalhilfeprogramm der Bundesregierung unterstützt wurden, an der Gesamtzahl der Existenzgründungen im gleichen Zeitraum, und wie beurteilt die Bundesregierung nunmehr ihr Programm? Wie hoch waren die Ist-Beträge, die von der Bundesregierung im Haushaltsjahr 1979 sowie im Haushaltsjahr 1980 nach dem Eigenkapitalhilfeprogramm pro geförderter Existenzgründung aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt wurden? Zu Frage 99: Vom 1. Juli 1979 bis 30. Juni 1981 — also in den ersten beiden Jahren seit der Einführung des Eigenkapitalhilfeprogramms — sind 5 267 Existenzgründungen mit insgesamt 161,7 Mio. DM aus diesem Programm gefördert worden. Wie Sie wissen, gibt es keine amtliche Statistik über die Gesamtzahl der jährlichen Existenzgründungen. Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung dürfte die Zahl zwischen 100 000 und 150 000 liegen, so daß der Anteil der mit Eigenkapitalhilfe geförderten Gründungen etwa 2 % bis 3 % pro Jahr beträgt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich das Programm nur an diejenigen Existenzgründer richtet, die ihr Vorhaben aus Mangel an Eigenkapital sonst nicht hätten realisieren können. Insofern sieht die Bundesregierung das Programm nach wie vor als eine wichtige Hilfe für diesen Personenkreis an, dem dadurch erst der Schritt in die Selbständigkeit ermöglicht wird. Zu Frage 100: Die Eigenkapitalhilfe ist für den Existenzgründer in den ersten beiden Jahren zinsfrei; die Zinsen werden insoweit vom Bund getragen. Demnach müssen für die bis zum 30. Juni 1981 bewilligte Eigenkapitalhilfe von insgesamt 161,7 Mio. DM — bei einem Durchschnittszinssatz von 10 % — Zinszuschüsse aus Bundesmitteln in Höhe von rd. 32 Mio. DM zur Verfügung gestellt werden. Der Abfluß dieser Mittel verteilt sich entsprechend der Auszahlung der Eigenkapitalhilfe über mehrere Jahre. Da die bewilligte Eigenkapitalhilfe im Einzelfall zwischen 5 000 DM und 110 000 DM beträgt, liegt der Bundeszuschuß demgemäß bei mindestens 1 000 DM und höchstens 22 000 DM pro geförderter Existenzgründung. Die geringen Ist-Ausgaben in den Haushaltsjahren 1979 und 1980 von zusammen 4,8 Mio. DM sind noch auf die Anlaufphase des Programms zurückzuführen und stellen nur einen kleinen Teil der erforderlichen Bundesmittel für die bisher bewilligte Eigenkapitalhilfe dar. Bereits in diesem Jahr werden die Ist-Ausgaben voraussichtlich auf knapp 13 Mio. DM steigen. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gründer auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Zumpfort (FDP) (Drucksache 9/984 Fragen 101 und 102): Hat die Bundesregierung Kenntnis über Gutachten oder Anhörungen bezüglich der Bewertung der verschiedenen Energieversorgungsstrukturen bei plötzlichem Ausfall wichtiger Energieversorgungssysteme sowie Sabotage, Krieg und Terror, und welche Schlußfolgerungen hat sie daraus gegebenenfalls gezogen? Sind der Bundesregierung Untersuchungen über das Risiko der radioaktiven Strahlung bei der zivilen Nutzung der Kernenergie bekannt, und inwieweit sind deren Ergebnisse in ihrem Energieprogramm verarbeitet worden? Zu Frage 101: Lassen Sie mich mit der Frage nach den Anhörungen beginnen: Am 12. und 13. Oktober 1981 hat die Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" eine Anhörung durchgeführt, bei der Vertreter der Bundesressorts (BMI, BMVg, BMWi) zu den von Ihnen genannten Themen Auskunft gaben. Diese Anhörung wird am 19. November fortgesetzt. Wissenschaftliche Gutachten zur Gefährdung der deutschen Energieversorgung im Fall von Krieg, Sabotage und Terror liegen nicht vor. Die Bearbeitung wäre auch deshalb problematisch, weil dafür eine Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 3829* Reihe von Informationen aufgearbeitet werden müßte, die dem Geheimschutz unterliegen. Zur Frage des „plötzlichen Ausfalls wichtiger Energieversorgungssysteme" ist vor allem auf zwei aktuelle Studien zu verweisen, die im Auftrag der alten Enquete-Kommission erarbeitet wurden: Das BattelleInstitut und die Dornier System GmbH haben Anfang 1980 getrennt das Thema „Risiko- und Akzeptanzprobleme einer Energieunterversorgung" untersucht. Beide Gutachten sind im Materialband 4 zum Bericht der alten Enquete-Kommission veröffentlicht. Die Bundesregierung hat aus der denkbaren Gefährdung unserer Energieversorgung — auch ohne sich auf Gutachten zu stützen — Schlußfolgerungen gezogen, die sich insbesondere im Wirtschaftssicherstellungsgesetz (1968) und den entsprechenden Verordnungen, im Energiesicherungsgesetz (1975), in Bevorratungsmaßnahmen und einem internationalen Krisenmechanismus im Ölbereich niederschlagen. Zu diesen Schlußfolgerungen gehört auch die Ausrichtung der Energiepolitik auf eine Diversifizierung der Versorgungsquellen und auf eine weiterhin große Flexibilität im Energiesystem. Hierzu verweise ich auf die Dritte Fortschreibung des Energieprogramms. Zu Frage 102: Die Gefahr von Schäden durch ionisierende Strahlen ist der Wissenschaft seit mehr als acht Jahrzehnten bekannt. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirkungen ionisierender Strahlen und den Strahlenschutz hat die Bundesregierung im Rahmen der Dokumentation „Zur friedlichen Nutzung der Kernenergie" (Herausgeber: der Bundesminister für Forschung und Technologie) dargestellt. Diese Dokumentation enthält auch ausführliche Angaben über die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen. Im einzelnen wird auf folgende jüngere Berichte hingewiesen: — Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahre 1979 vom 8. 7. 1981 (Bundestags-Drucksache 9/644) — Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung mbH, München: Strahlenexposition Strahlenrisiko der Bevölkerung, 1981. Untersuchungen, die die Bundesregierung bei der Meinungsbildung über das Risiko, durch Strahlung nach Stör- und Unfällen in Kernkraftwerken geschädigt zu werden, berücksichtigt hat, sind: — Rasmussen, N. C.: Reactor Study — An Assessment of Accident Risks in US Commercial Nuclear Power Plants (WASH 1400), 1975 — Deutsche Risikostudie für Kernkraftwerke, im Auftrag des BMFT (1979) — Kernforschungsanlage Jülich: Sicherheitsstudie für HTR-Konzepte, im Auftrag des BMI (1981). In der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung ist nicht im einzelnen auf die spezifischen Risiken radioaktiver Strahlung Bezug genommen worden. Zu den Aussagen der Dritten Fortschreibung gehört jedoch, daß „die Sicherheit von Kernenergieanlagen an erster Stelle" steht und daß „die Sicherheit Vorrang vor wirtschaftlichen Erwägungen" hat. Bei diesen Aussagen sind sämtliche der Bundesregierung vorliegenden Erkenntnisse aus dem Bereich des Strahlenschutzes berücksichtigt. Darüber hinaus ist in der Fortschreibung ausdrücklich gesagt, daß die Sicherheit ein ständiges Entwicklungs- und Planungsziel ist; das gilt selbstverständlich auch für die Fortentwicklung des Strahlenschutzes. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Dr. Lammert (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Frage 105): Liegt der Bundesregierung der zunächst dem Land Nordrhein-Westfalen vorgelegte Bürgschaftsantrag der Krupp-Stahl AG in Höhe von 260 Millionen DM inzwischen ebenfalls vor, und welche Entscheidungen hat sie bereits getroffen? Die Krupp Stahl AG hatte Ende September 1981 beim Land Nordrhein-Westfalen die Gewährung einer Bürgschaft über 260 Mio DM beantragt. Diesen Antrag hat NRW am 6. Oktober 1981 dem Bund übersandt und mitgeteilt, daß NRW nicht in der Lage sei, die beantragte Bürgschaft zu übernehmen. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat den Bürgschaftsantrag mit der Bundesregierung im einzelnen erörtert. [Krupp Stahl AG hat bisher keinen Antrag unmittelbar an die Bundesregierung gerichtet.] Da Krupp Stahl AG das von Bund und Land Nordrhein-Westfalen geforderte Unternehmenskonzept bisher nicht vorgelegt hat, konnte die Bundesregierung über Hilfen für Krupp allerdings nicht befinden. Der BMWi hat deshalb NRW mit Schreiben vom 23. Oktober 1981 mitgeteilt, daß auch der Bund z. Z. nicht in der Lage sei, über den Bürgschaftsantrag zu befinden und davon ausgehe, daß das Schreiben des Landes vom 6. Oktober 1981 damit seine Erledigung gefunden habe. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 106 und 107): Ist der Bundesregierung bei der weiteren Beurteilung und Überprüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Frachthilfe für Korbwaren und Kinderwagen, einschließlich Kinderpuppenwagen, bekannt, daß die Umsatzsteigerung bei Korbwaren 1976/78 mit 12,5 v. H. erheblich unter der des Bun- 3830* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 desdurchschnitts von 24,7 v. H. lag und unter der der holzverarbeitenden Industrie von 16,6 v. H., daß der Rückgang der Stückzahlen bei Kinderwagen im Frachthilfegebiet 22,6 v. H., im Bundesdurchschnitt jedoch nur 14,2 v. H. betrug, und ob diese Zahlen nicht für die Weiterführung der Frachthilfe sprechen? Ist der Bundesregierung für die weitere Beurteilung über die Gewährung von Frachthilfe für die Korbwarenbranche bekannt, daß in den Jahren 1979/80 die Umsatzentwicklung deutlich zurückgegangen ist, und ob dies nicht überzeugend für die Fortführung der Frachthilfe spricht? Zu Frage 106: Wie die Bundesregierung in der Antwort vom 27. 10. 1981 auf Ihre schriftliche Anfrage zur weiteren Gewährung der Frachthilfe für Korbwaren bereits dargelegt hat, ist eine Entscheidung hierüber erst dann möglich, wenn die zur Beurteilung noch erforderlichen Zahlenangaben über die Umsatzentwicklung dieses Gutes dem Bundeswirtschaftsministerium vollständig vorliegen. Dies ist bisher aber nicht der Fall. Jedoch hat das bayerische Wirtschaftsministerium, dem die zuständige Industrie-und Handelskammer das Zahlenmaterial, insbesondere die Umsatzentwicklung in den Jahren 1979 und 1980, vor kurzem zugeleitet hat, eine umgehende Übermittlung an das Bundeswirtschaftsministerium nach einer ersten Vorprüfung zugesagt. Maßgeblich für die dann von Bund und vier Zonenrandländern zu treffende Entscheidung über die Fortführung oder Streichung der Frachthilfe für Korbwaren ist in erster Linie die Frage, ob die Umsatzsteigerung bei Korbwaren in den Jahren 1976 bis 1980 über oder unter dem Bundesdurchschnitt der Industrie insgesamt lag. Nach einer informellen Auskunft des bayerischen Wirtschaftsministeriums aufgrund der ihm vorliegenden neuesten Daten erreicht der Umsatzzuwachs bei Korbwaren diese Grenze nicht. Trifft diese Auskunft zu, so käme es für die weitere Gewährung der Frachthilfe bei Korbwaren nicht mehr auf die von Ihnen genannten Vergleichszahlen zur branchendurchschnittlichen Umsatzentwicklung an. Zu Frage 107: Wie bereits ausgeführt, kommt es bei der Umsatzüberprüfung entscheidend auf die Frage an, ob bei dem jeweiligen Frachthilfegut über den gesamten Prüfzeitraum von 1976 bis 1980 hinweg eine kontinuierliche, über dem Bundesdurchschnitt der Industrie liegende Umsatzsteigerung zu verzeichnen ist. Bei Korbwaren lag der Umsatzzuwachs nach den bereits seit längerem bekannten Daten von 1976 bis 1978 über dem Bundesdurchschnitt; jedoch könnte sich in den beiden Folgejahren die Umsatzsteigerung abgeschwächt haben, so daß, wie bereits erwähnt, insgesamt die maßgebliche Grenze von 30 v. H. für den ganzen 5-Jahreszeitraum bis 1980 nicht erreicht würde. Dann könnte die Frachthilfe für Korbwaren fortgeführt werden. Darüber müssen Bund und Länder nach Übermittlung und Prüfung der neuen Daten entscheiden. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Dr. Feldmann (FDP) (Drucksache 9/984 Frage 108): Wie beurteilt die Bundesregierung die wirtschaftlichen und energiepolitischen Vorteile des Einsatzes von Flüssiggas als alternativem Betriebsstoff im Busbereich des öffentlichen Personennahverkehrs sowie Taxidienst, und gedenkt sie, konkrete Projekte wie etwa Modellversuche — gegebenenfalls welche — zu fördern? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß das in den kommenden Jahren zu erwartende steigende Flüssiggasangebot auch zur Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland genutzt werden sollte. Der Verkehrssektor ist dabei neben Petrochemie und Wärmemarkt ein wichtiger Verwendungsbereich. Um die Wirtschaftlichkeit gasbetriebener Fahrzeuge zu verbessern, ist auf Vorschlag der Bundesregierung Flüssiggas von der letzten Mineralölsteuererhöhung ausgenommen worden. Da es sich bei dem Flüssiggaseinsatz in Fahrzeugen um eine bekannte Technologie handelt, stellt diese steuerliche Bevorzugung zur Zeit, auch gegenüber z. B. Modellversuchen, die beste Förderung dar. Wirtschaft und Verbraucher haben dieses Signal verstanden: Die Nachfrage nach entsprechend ausgerüsteten Fahrzeugen nimmt seitdem zu. Die Mineralölwirtschaft baut die notwendige Infrastruktur aus, z. B. ist die Zahl der Flüssiggas-Tankstellen in der Bundesrepublik Deutschland seit Ende 1979 von ca. 55 bis heute auf ca. 300 gestiegen. Auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt haben insgesamt 14 Hersteller Fahrzeuge mit Flüssiggasausrüstung angeboten. Flüssiggas ist ein umweltfreundlicher Kraftstoff, weil sein Abgasverhalten günstiger als das von herkömmlichen Kraftstoffen zu beurteilen ist. Ballungsgebiete sind deshalb für den Flüssiggaseinsatz in Fahrzeugen und damit auch in Bussen des öffentlichen Personennahverkehrs und in Taxis besonders geeignet. In diesen beiden Bereichen konkurriert Flüssiggas allerdings in der Regel mit dem gegenüber Vergaserkraftstoff verbrauchsgünstigeren und auch steuerlich günstiger gestellten Dieselkraftstoff. Die dabei zu berücksichtigenden Umwelt- und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte sowie die Sicherheitsaspekte werden von der Bundesregierung in dem Sachverständigengremium zur Diskussion gestellt werden, dessen Bildung Bundesregierung und Automobilindustrie bei dem Spitzengespräch am 31. Juli 1981 vereinbart haben. Die Bundesregierung wird das Ergebnis der Gespräche im Sachverständigenkreis und mit der Automobilindustrie abwarten und erst dann weitere Entscheidungen im Blick auf die Möglichkeit, Flüssiggas besonders zu fördern, treffen. Anlage 31 Antwort des Staatssekretärs Rohr auf die Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 109 und 110): Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 3831* Welche Politik verfolgt die Bundesregierung im Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft in bezug auf die Verwendung der Mittel aus der Milcherzeugerabgabe, und wie hoch ist die Summe der Abgabe bis zum 1. Oktober 1981 angewachsen? Wie kann die Bundesregierung mitverantworten, daß gerade die bäuerlichen Familienbetriebe, in denen 90 v. H. der Milch der Europäischen Gemeinschaft erzeugt werden, durch die Milcherzeugerabgabe eine EG-Sondersteuer zahlen müssen, obgleich zur Zeit keine Überschüsse bestehen, ja nicht einmal die Sicherheitsreserve an Butter in der Europäischen Gemeinschaft vorhanden ist? Das Aufkommen aus der Mitverantwortungsabgabe seit ihrer Einführung im September 1977 bis zum 1. Oktober 1981 ist auf rd. 2,24 Mrd. DM zu schätzen. Davon werden aufgrund der von der Kommission erstellten Programme bis zum Ende des Milchwirtschaftsjahres 1981/82 ca. 1,2 Mrd. DM verwendet. Der Rest dient bestimmungsgemäß zur Reduzierung der Haushaltsbelastungen im Sektor Milch. Es trifft nicht zu, daß zur Zeit keine Überschüsse bestehen. Vielmehr kann ein Anwachsen der Gemeinschaftsbestände an Butter von zur Zeit 245 000 t in öffentlicher und privater Lagerhaltung und Magermilchpulver von zur Zeit 320 000 t nur durch Wahrnehmung aller Exportmöglichkeiten verhindert werden. — Aus diesen Bestandszahlen ergibt sich übrigens, daß eine ausreichende Marktversorgung gewährleistet ist. — Für das Jahr 1981 werden die Ausfuhren der Gemeinschaft von der Kommission auf rd. 16 Mio. t Milchwert geschätzt. Hierbei entstehen Kosten in Höhe von rd. 4,8 Mrd. DM. Darüber hinaus werden auf dem Binnenmarkt zum Absatz von Magermilch und Magermilchpulver rd. 3 Mrd. DM sowie von Butter rd. 1,3 Mrd. DM aufgewandt. Einschneidende Eingriffe in das gerade für die bäuerlichen Betriebe wichtige System der EG-Milchmarktordnung konnten durch die Einführung der Mitverantwortungsabgabe vermieden werden. Durch Einsatz der Mitverantwortungsabgabe-Mittel wurden neue Märkte erschlossen und der Absatz auf dem Binnenmarkt verbessert. Die Bundesregierung hält aus diesen Gründen die Mitverantwortungsabgabe für eine notwendige und der Situation angepaßte Maßnahme. Anlage 32 Antwort des Staatssekretärs Rohr auf die Fragen des Abgeordneten Michels (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 111 und 112): Wie hoch ist der Anteil des Einzelplans 10, welcher 1981 für die Landwirtschaft direkt vorgesehen ist? Wie hoch war 1980 der EG- und der Weltmarktzuckerpreis, und welche Mengen wurden auf dem Weltmarkt gehandelt? Zu Frage 111: Der Einzelplan 10 unterscheidet nicht danach, ob die dort veranschlagten Ausgaben direkt, indirekt, teilweise oder gar nicht der Landwirtschaft zugute kommen. Eine solche Unterscheidung ist auch nicht möglich, weil viele Ausgaben wie z. B. die für Flurbereinigung sowohl der Landwirtschaft wie auch anderen Bereichen zugute kommen. Ihre Frage kann aber — zumindest teilweise — anhand der im 8. Subventionsbericht ausgewiesenen Finanzhilfen beantwortet werden, wobei dort unter Finanzhilfen Geldleistungen des Bundes verstanden werden, die an Stellen außerhalb der Bundesverwaltung gehen, um Produktionen oder Leistungen in Betrieben oder Wirtschaftszweigen zu erhalten oder an neue Bedingungen anzupassen sowie den Produktivitätsfortschritt zu fördern. Für das Haushaltsjahr 1981 weist der Subventionsbericht Finanzhilfen aus dem Einzelplan 10 in Höhe von 2160,8 Mio. DM aus; dies entspricht rd. 35 v. H. des Gesamtplafonds. Hierbei handelt es sich um folgende Ausgaben: Unfallversicherung 400,0 Mio. DM Landabgaberente 235,0 Mio. DM Gasölverbilligung 460,0 Mio. DM Zinsverbilligung (alt) 162,5 Mio. DM Gemeinschaftsaufgabe 844,2 Mio. DM ( = Teilbetrag aus 1095,5 Mio. DM) Sofortprogramm Fischerei 34,5 Mio. DM Sonstige Ansätze 24,6 Mio. DM Zusammen 2 160,8 Mio. DM Zu Frage 112: Bis zum 30. Juni 1980 lag der Interventionspreis für Weißzucker bei 120,43 DM/dt, ab 1. Juli bei 127,02 DM/dt. Der Interventionspreis für Rohzucker lag bei 100,56 DM/dt bzw. 106,08 DM/dt. Der durchschnittliche Weltmarktpreis für Rohzucker lag bei 137,14 DM/dt. Er schwankte aber von rd. 70,— DM/dt (Anfang Januar) bis rd. 210,— DM/dt (Anfang November). Ab November 1980 verfiel der Preis von Woche zu Woche. Z. Z. liegt der Weltmarktpreis für Rohzukker wieder bei rd. 70,— DM/dt. Es kann davon ausgegangen werden, daß im Kalenderjahr 1980 weltweit etwa 29 Mio. t Zucker (in Rohwert) gehandelt wurden. Anlage 33 Antwort des Staatssekretärs Dr. Fülgraff auf die Frage des Abgeordneten Poß (SPD) (Drucksache 9/984 Frage 113): Gedenkt die Bundesregierung, den § 7 des Jugendschutzgesetzes dahin gehend zu modifizieren, daß das Aufstellen von sogenannten Killerautomaten in leicht zugänglichen Einkaufspassagen, Eisdielen, Gaststätten und ähnlichen Einrichtungen unterbunden werden kann? Die kritische Haltung der Bundesregierung zu Telespielgeräten der von Ihnen angesprochenen Art wurde bereits in der Antwort auf eine diesbezügliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Vogelsang in der Fragestunde vom 30. September dieses Jahres erläutert (vgl. Plenarprotokoll über die 54. Sitzung, Anlage 8, Seite 3097). Die Prüfung der Frage, in welcher Form ein Verbot derartiger Geräte im Zuge der beabsichtigten Novellierung des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit vorgeschlagen werden kann, ist unter den beteiligten Bundesressorts derzeit noch nicht abgeschlossen. 3832* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 Anlage 34 Antwort des Staatssekretärs Dr. Fülgraff auf die Fragen des Abgeordneten Fiebig (SPD) (Drucksache 9/984 Fragen 114 und 115): Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Präsident des Bundesgesundheitsamts in Nummer 44 der Illustrierten „Quick" vom 22. Oktober 1981 gefordert hat, daß „wir meiner Meinung nach, wenn wir den künftigen Patienten mehr helfen wollen, bessere und mehr Versuche am Menschen brauchen" und daß „man um Versuche am Menschen nicht herumkommt"? Teilt die Bundesregierung diese Auffassung oder ist sie nicht vielmehr der Auffassung, daß das geltende Arzneimittelgesetz (BGBl. I S. 2445) in § 41 die klinische Prüfung des zu prüfenden Arzneimittels nur gestattet, „wenn die Anwendung des zu prüfenden Arzneimittels nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um das Leben des Kranken zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern", also die kontrollierte klinische Prüfung nur innerhalb des Behandlungsauftrags des Patienten an den Arzt stattfinden darf und damit nicht nur sprachlich, sondern auch materialiter „Versuche am Menschen" nicht — wie etwa im Dritten Reich — gestattet sind? Zu Frage 114: Ja. Zu Frage 115: Die klinische Prüfung eines Arzneimittels darf bei Menschen nur unter den Voraussetzungen der §§ 40 und 41 des Arzneimittelgesetzes durchgeführt werden, wodurch ein umfassender Schutz von Probanden und Patienten sichergestellt wird. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Bundesregierung der Auffassung, daß im Rahmen der klinischen Arzneimittelprüfung Untersuchungen am Menschen die Erkenntnisse über die Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln verbessern und damit dem Schutz der Patienten dienen. Damit ist allerdings keine Festlegung auf die Anwendung einer bestimmten Methode verbunden, wie das in Ihrer Frage mit dem sogenannten kontrollierten klinischen Versuch erfolgt ist. Anlage 35 Antwort des Staatssekretärs Dr. Fülgraff auf die Fragen des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 9/984 Fragen 116 und 117): Ist auch die Bundesregierung der Meinung — wie der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), der in einer Dokumentation im wesentlichen die Auffassungen der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher (AGV) bestätigt —, Verbraucher sollten den Verzehr von Salat, Muscheln, Kalb-und Schweinefleisch meiden, da die Lebensmittelkontrollen lückenhaft seien und die zulässigen Höchstmengen für Rückstände vielfach zu großzügig bemessen würden, und welche Konsequenzen wird die Bundesregierung gegebenenfalls ziehen? Inwieweit wird die Bundesregierung ähnliche Verbraucherempfehlungen herausgeben, wie sie bei einem von der rheinland-pfälzischen Landesregierung veranstalteten Symposium von Staatssekretär Prof. Töpfer vorgeschlagen wurden, nach denen wegen schädlicher Rückstände z. B. Leber und Niere nur noch in Abständen von mindestens 14 Tagen ohne Schaden verzehrt werden sollten und bei Waldpilzen nur noch Höchstmengen bis zu 200 Gramm je Person ungefährlich scheinen? Zu Frage 116: Der Wortlaut der Dokumentation des Bundesverbandes Bürgerinitiative Umweltschutz (BBU) liegt der Bundesregierung nicht vor. Sie kann daher zu den von der BBU ausgesprochenen Verzehrsempfehlungen für bestimmte Lebensmittel derzeit nicht Stellung nehmen. Es ist aber festzuhalten, daß die Bundesregierung keine Ansatzpunkte dafür sieht, den Verbraucher generell von dem Verzehr von Salat, Muscheln, Kalb- und Schweinefleisch abzuraten. Die in den beiden geltenden Rechtsverordnungen für Pflanzenbehandlungsmittel angegebenen Höchstmengen, die in oder auf Lebensmitteln pflanzlicher oder tierischer Herkunft beim Inverkehrbringen nicht überschritten sein dürfen, sind so festgesetzt, daß die zulässigen Rückstandsmengen selbst bei täglicher und lebenslanger Aufnahme keine Gesundheitsgefährdungen erwarten lassen. Sie liegen weit unter toxikologischen Grenzwerten. Es trifft daher nicht zu, „daß die zulässigen Höchstmengen für Rückstände vielfach zu großzügig bemessen würden". Im übrigen ist vorgesehen, die Höchstmengenfestsetzungen für Pflanzenbehandlungsmittel turnusgemäß, etwa in jährlichem Abstand, zu überprüfen und an die weitere Entwicklung anzupassen. Dies hat die Bundesregierung in der amtlichen Begründung der neuen Höchstmengenverordnung, die zur Zeit dem Bundesrat vorliegt, ausgeführt. Für den Bereich der Umweltkontaminanten hat das Bundesgesundheitsamt die „Richtwerte 79 für Blei, Cadmium und Quecksilber in und auf Lebensmitteln" herausgegeben, denen ebenfalls toxikologische Bewertungen zugrunde liegen. Die amtliche Überwachung der Einhaltung der festgesetzten Höchstmengen und Richtwerte, die Aufgabe der Bundesländer ist, kann nicht umfassend erfolgen. Naturgemäß ist es nicht möglich, jedes Lebensmittel auf jeden Stoff zu untersuchen. Die Effektivität der Lebensmittelüberwachung auch in diesem Bereich dürfte aber gerade dadurch belegt werden, daß es ihr gelungen ist, Mißstände aufzudecken. Zu Frage 117: Das Bundesgesundheitsamt hat bereits im Februar 1980 (Bekanntmachung vom 8. Februar 1980, Bundesgesundheitsblatt 23, Nr. 3, Seite 35: „Empfehlungen zum Selbstschutz des Verbrauchers vor unnötiger und vermeidbarer Fremdstoffbelastung") darauf hingewiesen, daß innere Organe, insbesondere Nieren vom Rind und Schwein, nur gelegentlich verzehrt werden sollten. Die von der rheinland-pfälzischen Landesregierung herausgegebene Verbraucherempfehlung basiert nach Kenntnis des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf der zitierten Empfehlung des Bundesgesundheitsamtes. Auch der Verzehrsempfehlung für Wildpilze liegt eine Empfehlung des Bundesgesundheitsamtes zugrunde (Bundesgesundheitsblatt 21, Nr. 13, Seite 204, vom Juni 1978: „Schwermetallgehalte in Speisepilzen: Empfehlung zur Verzehrseinschränkung"). Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 3833* Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stahl auf die Fragen des Abgeordneten Weirich (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 118 und 119): Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, daß insbesondere in einigen Kernforschungszentren, die das Bundesforschungsministerium betreibt, aktive Gruppen von Bürgerinitiativen gegen Kernenergie tätig sind, und hält sie dies mit den Zielsetzungen der Kernforschungszentren für vereinbar? Welchen wissenschaftlichen Beitrag können nach Ansicht der Bundesregierung Gutachten und Studien im Rahmen der Risikostudie Teil B leisten, wenn diese von wissenschaftlich nicht qualifizierten Gruppen erstellt werden und die Vergabe ohne Ausschreibung durch direkte politische Anweisung seitens des Bundesforschungsministers erfolgt? Zu Frage 118: Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es an den von ihr mitfinanzierten Kernforschungszentren keine Gruppen von Bürgerinitiativen gegen die Kernenergie. Wie bereits in der Antwort an den Abgeordneten Riesenhuber vom 23. Juni 1978 erwähnt, haben allerdings auch die Mitarbeiter der Kernforschungszentren das selbstverständliche Recht, über ihre Stellung zu Fragen der Kernenergie eigenverantwortlich zu entscheiden. Zu Frage 119: Wie bereits in der Antwort an den Abgeordneten Dr. Probst vom 7. August 1981 ausgeführt, läßt der am 6. November 1979 vom Öko-Institut vorgelegte Arbeitsplan erwarten, daß das Öko-Institut in der Lage ist, den Anforderungen zu entsprechen. Der Antrag entsprach der im Vorwort zum Hauptband der Risikostudie erklärten Absicht, eine „möglichst breite Mitarbeit verschiedener qualifizierter Gruppen" anzustreben, „auch solcher, die der Kernenergie skeptisch gegenüberstehen", nicht zuletzt mit der Absicht, verschiedene Gesichtspunkte zu berücksichtigen und die Diskussion auf eine breitere Basis stellen. Die Arbeiten zur Phase B der Risikostudie stehen unter der Zielsetzung, die Aussagen der Risikostudie weiter zu präzisieren und zusätzliche Erkenntnisse über bestmögliche Ansätze zur Risikominderung zu erarbeiten. Die bisher mit dieser Materie befaßten Institutionen hatten schon Gelegenheit, sich während der Phase A der Risikostudie einzuarbeiten. Eine Einarbeitungsphase in Detailfragen erschien auch für das Öko-Institut angebracht. Hierzu war dem Öko-Institut im Vorlauf zur Bekanntmachung der Arbeitspakete Gelegenheit gegeben worden. Die Präzisierung der vom Öko-Institut vorgeschlagenen Detailarbeiten erfolgte während der Angebotszeit und wurde im Rahmen der Auswertung der eingegangenen Vorschläge in gleicher Weise wie die übrigen Angebote bewertet. Die weitere Beteiligung des Öko-Instituts an den Arbeiten zur Risikostudie Phase B entspricht dem Wunsch nach einem breiten Spektrum der Beteiligung, wie er in dem Beschluß des Ausschusses für Forschung und Technologie des Deutschen Bundestages vom 15. November 1978 zum Ausdruck kommt. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stahl auf die Fragen des Abgeordneten Gärtner (FDP) (Drucksache 9/984 Fragen 120 und 121): Hat die Bundesregierung Gutachten in Auftrag gegeben bzw. Anhörungen durchgeführt, die sich mit der internationalen, der Umwelt- und der Sozialverträglichkeit sowie der Wirtschaftlichkeit verschiedener Energieversorgungsstrukturen befassen, und sind gegebenenfalls die daraus resultierenden Ergebnisse der Öffentlichkeit bekanntgegeben worden? Hat die Bundesregierung bisher Untersuchungen über die Bedeutung des Hochtemperaturreaktors und des Schnellen Brüters für die deutsche Volkswirtschaft durchgeführt, oder sind ihr diesbezügliche Untersuchungen Dritter bekanntgeworden? Zu Frage 120: Es gibt zwei Untersuchungen, die sich im Auftrag bzw. mit Unterstützung der Bundesregierung mit dem von Ihnen genannten Themenkreis in seiner Gesamtheit befassen: a) „Die Sozialverträglichkeit verschiedener Energiesysteme in der industriegesellschaftlichen Entwicklung". Auftragnehmer ist der Verband Deutscher Wissenschaftler e. V. (VDW), Projektleiter ist Prof. Dr. Klaus Meyer-Abich. b) „Auswirkungen verschiedener Auswahlmechanismen für Energietechniken auf Energiebedarf und gesamtgesellschaftliche Kosten". Zuwendungsempfänger ist die Technische Universität Berlin (TUB), Projektleiter ist Dr. Klaus Traube. Beide Untersuchungen laufen noch, die Ergebnisse liegen noch nicht vor. Zum Stand der Bearbeitung hat die Bundesregierung auf entsprechende Anfragen aus dem Bundestag kürzlich Stellung genommen. Ich darf Sie dazu auf meine schriftliche Antwort vom 16. Oktober 1981 auf die Fragen des Kollegen Lenzer sowie auf meine mündliche Beantwortung der Fragen Nr. 37 und 38 des Kollegen Weirich in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 9. Oktober dieses Jahres verweisen, von denen ich eine Ablichtung zu Ihrer Unterrichtung beifüge. Der Bundesregierung liegt außerdem eine große Zahl von Untersuchungen vor, die sich mit Einzelaspekten des von Ihnen beschriebenen Themenkreises befassen. Hier wäre vor allem die im Rahmen der Internationalen Energieagentur (IEA) entwikkelte Energieforschungsstrategie zu nennen. Zum Thema „Energie und Umwelt" gibt es das Sondergutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen vom März 1981, das dem Bundestag als Drucksache 9/872 vorliegt. Darüber hinaus werden grundsätzlich Energieforschungsvorhaben nicht zuletzt unter den Aspekten 3834* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. November 1981 Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz durchgeführt. Das trifft insbesondere auf die meisten Vorhaben im Raumwärmebereich, in der Kohleforschung und im Kernbrennstoffkreislauf zu. Die Untersuchungen und Berichte über Forschungsvorhaben sind allgemein zugänglich. Zu Frage 121: Untersuchungen über das energiewirtschaftliche Potential und damit über die mögliche volkswirtschaftliche Bedeutung des Hochtemperaturreaktors und des Schnellbrutreaktors sind seit Beginn der entsprechenden Entwicklungsarbeiten im In- und Ausland durchgeführt worden. Eine Stellungnahme zur energiewirtschaftlichen Bedeutung der fortgeschrittenen Reaktortypen findet sich z. B. in folgenden Unterlagen: — „Bericht des Bundesministers für Forschung und Technologie über die Entwicklung des Natrium-gekühlten Schnellbrutreaktors — an den Ausschuß für Forschung und Technologie und — an den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages vom 1. September 1977"; — „Bericht des Bundesministers für Forschung und Technologie über die Entwicklung des Hochtemperatur-Reaktors — an den Ausschuß für Forschung und Technologie und — an den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages vom 5. Juni 1978". In den nächsten Wochen wird der BMFT dem Haushaltsausschuß und dem Ausschuß für Forschung und Technologie einen aktuellen Bericht zu den fortgeschrittenen Reaktorlinien vorlegen, der ebenfalls auf Fragen der energiewirtschaftlichen Bedeutung eingehen wird. Ich werde Ihnen diesen Bericht nach Fertigstellung übersenden. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stahl auf die Fragen des Abgeordneten Löher (CDU/CSU) (Drucksache 9/984 Fragen 122 und 123): Trifft die Meldung in der Westfälischen Rundschau vom 29. Oktober 1981 zu, wonach aus dem Haushaltsplan des Bun- desforschungsministers 150 Millionen DM gestrichen wurden, die für ein Stahlforschungsprogramm zur Erkundung von weiteren Anwendungsmöglichkeiten eingesetzt waren? Gibt die Aussage des Bundeswirtschaftsministers vor der Belegschaftsversammlung der Estell Hüttenwerke Dortmund AG den wahren Sachverhalt wieder, wonach diese Zeitungsmeldung nicht zutrifft und der Haushaltstitel in der angesetzten Höhe für die vorgesehene Verwendung erhalten bleibt? Die Meldung, daß 150 Mio. DM, die für ein Stahlforschungsprogramm vorgesehen waren, aus dem Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie gestrichen werden sollen, entspricht nicht dem Stand der Haushaltsberatung. Der Haushaltstitel wird, wie auch der Bundesminister für Wirtschaft in Dortmund ausführte, in den Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie für 1982 eingestellt. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stahl auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Soell (SPD) (Drucksache 9/984 Fragen 124 und 125): Sind der Bundesregierung technische Verfahren bekannt, wie das in den Atomwaffen vorhandene Plutonium im Fall einer stufenweisen Abrüstung gefahrlos beseitigt werden kann? Ist es nach Auffassung der Bundesregierung richtig, daß — wie der französische Naturwissenschaftler Alfred Kastler meint (vgl. „Le Monde" vom 2. Oktober 1981 „Les antinucléaires sur la défensive") — der einzig sichere Weg, sich des bei einer stufenweise erfolgenden Abrüstung von Atomwaffen anfallenden Plutoniums gefahrlos zu entledigen, dessen Verbrennung in Reaktoren des Typs „Super-Phenix" ist? Diese Fragen haben für die Bundesrepublik Deutschland keine Relevanz. Die Bundesrepublik Deutschland hat auf die Herstellung, den Besitz und die Verfügung über Atomwaffen in völkerrechtlich verbindlicher Form verzichtet und wird somit auch nicht in die Lage kommen, darin eingesetztes Plutonium zu verarbeiten oder zu beseitigen. Zwar sind die Anforderungen an die Isotopenzusammensetzung des Plutoniums für Atomwaffen und für Kernbrennstoffe nicht gleich, wie die Internationale Bewertung des Kernbrennstoffkreislaufs (INFCE) ergeben hat. Doch dürfte es grundsätzlich möglich sein, auch Plutonium aus Kernwaffen zu Kernbrennstoff entweder für Schnelle Brüter oder auch für Leichtwasser-Reaktoren zu verarbeiten.
Gesamtes Protokol
Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906500000
Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Pfeifer, Rühe, Frau Dr. Wisniewski, Dr. Rose, Dr. Stavenhagen, Frau Benedix-Engler, Daweke, Frau Geiger, Nelle, Rossmanith, Graf von Waldburg-Zeil, Frau Dr. Wilms, Dr. Bugl, Berger (Lahnstein), Lenzer, Bohl, Röhner und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Graduiertenförderungsgesetzes (3. GFG ÄndG)
— Drucksache 9/908 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (f) Haushaltsausschuß
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist für die Aussprache eine Debattenrunde vereinbart worden. Ist das Haus damit einverstanden. — Ich höre keinen Widerspruch. Es wird so verfahren. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Begründung und Aussprache sollen zusammengefaßt werden. Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Wisniewski.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0906500100
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 13 Millionen DM sind im laufenden Bundesetat für die Förderung graduierter Jungwissenschaftler und Jungwissenschaftlerinnen, die eine Promotion durchführen wollen, angesetzt. Zum Vergleich: Für das bekannte BAföG für Studenten und Schüler wurden 1981 2,4 Milliarden DM bereitgestellt. Man sollte also denken, daß ein solch verhältnismäßig geringer Betrag, wie er für die Graduiertenförderung aufgewendet wird, vor dem Rotstift bei den notwendigen Sparmaßnahmen verschont geblieben wäre. Aber nein, das ist nicht der Fall.
Gegen Ende des Sommers wurde die Öffentlichkeit durch Meldungen aufgeschreckt, daß diese Förderungsmaßnahme mit Ende 1981 überhaupt eingestellt werden sollte, und zwar auch für die, denen für 24 Monate, also über den 31. Dezember 1981 hinaus, finanzielle Unterstützung zugesagt worden war. Es gab erbitterte Proteste empörter Politiker, Hochschullehrer, der betroffenen Verbände, der Studierenden, vor allem aber auch von Ministern der an diesem Programm beteiligten Länder. Die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion legte einen Gesetzentwurf vor, eben jenen, den Sie jetzt vor sich sehen. Dies alles führte wohl dazu, daß von der Regierung eine Auslauflösung in Aussicht gestellt wurde. Sie soll für 1982 10 Millionen DM betragen, für 1983 5 Millionen DM; aber dies soll ohne gesetzliche Grundlage geschehen, also lediglich als eine Art Good-Will-Aktion und gezwungenermaßen wegen rechtlicher Verpflichtungen, die eingegangen worden sind.
Dieser Vorgang stellt den bisherigen Höhepunkt oder, wenn man so will, Tiefpunkt einer erbärmlichen bildungspolitischen Bilanz dieser Regierung in diesem Bereich dar. Unter den Regierungen aus SPD und FDP sanken die Mittel für Graduiertenförderung von zunächst 60 Millionen DM auf 20 Millionen DM im Jahre 1979, dann auf 13 Millionen DM im Jahre 1981. Sie werden nach dem Willen dieser Regierung weiter sinken, und zwar auf 10 Millionen DM im Jahre 1982, auf 5 Millionen DM im Jahre 1983 und eben auf null DM im Jahre 1984.
Einen schweren Schlag erhielt das ursprünglich beliebte Stipendienprogramm durch die Umstellung auf Darlehen, die 1975 beschlossen und 1976 wirksam wurde. Seitdem nahm das Interesse an dieser Förderung rapide ab — verständlicherweise, denn welcher junge Mensch will sich schon mehr Schulden als unbedingt notwendig für seine Ausbildung aufbürden. Lieber geht man sofort nach Ende des Studiums in den Beruf. Meine Damen und Herren, darunter leidet die Wissenschaft, denn der Nachwuchs für die Universitäten und die anderen Forschungs- und Lehreinrichtungen kann nur gefunden werden, wenn einer genügend großen Zahl von Begabten und Interessierten die Möglichkeit gegeben wird, bis zur Promotion und — wenn möglich — noch darüber hinaus an den Hochschulen zu arbeiten und sich in ihren wissenschaftlichen und pädagogischen Fähigkeiten zu entfalten und auch zu erproben.
Die Bundesregierung hat diese Zusammenhänge entweder nicht erkannt, oder sie hat nicht auf die vielen hören wollen, die von den verschiedensten Seiten her immer wieder auf dieses Problem hingewiesen haben und hinweisen. Sie hat nichts gegen das



Frau Dr. Wisniewski
schwindende Interesse an die Graduiertenförderung getan, sie hat nicht versucht — wie es etwa der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion 1980 vorschlug —, das Stipendium wieder auf Zuschußbasis zu stellen. So kam es zu dem erwähnten Tiefpunkt, an dem wir jetzt angelangt sind.
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft kämpfte, wie man weiß, in den vergangenen Monaten engagiert für den Erhalt der BAföG-Mittel in voller Höhe. Als hier Kürzungen von etwa 100 Millionen DM drohten, drohte er sogar mit seinem Rücktritt. Wieso eigentlich stritt er nicht mit gleichem Engagement für die Graduiertenförderung

(Daweke [CDU/CSU]: Sehr richtig!) mit ihren vergleichsweise geringen Kosten?


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wieso sollte die Graduiertenförderung ganz gestrichen werden, obwohl ein Einspareffekt letztlich überhaupt nicht gegeben ist, denn es handelt sich um voll zurückzuzahlende Darlehen? Natürlich, die finanzielle Situation der Bundesrepublik Deutschland ist besorgniserregend; neben anderen Faktoren sind es sicher die überhöhten Kreditaufnahmen der Regierungen seit 1975, die zu steigenden Zinsen und — im Verbund damit — zum Niedergang unserer Wirtschaft führen. Sparmaßnahmen sind notwendig. Aber wie will diese Regierung es eigentlich rechtfertigen, daß sie einen wesentlichen Bestandteil der Ausbildungsförderung nicht nur kürzt — dafür hätte man Verständnis aufbringen können —, sondern ganz streicht bzw., wie es nun seit kurzem heißt, in den Jahren 1982/83 auslaufen läßt.
Neben dem BAföG für Studenten und Schüler und neben dem Heisenberg-Stipendium für habilitierte jüngere Wissenschaftler bildet die Graduiertenförderung sozusagen die dritte Säule eines ausgewogenen Förderungsprogramms. Mit diesem Förderungsprogramm tragen die Bundesregierung und die Bundesrepublik dazu bei, daß genügend qualifizierte Nachwuchskräfte für die verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen heranwachsen. Aus diesem Gesamtprogramm will die Regierung eine Komponente herausbrechen. Warum also kämpfte der Minister nicht für den Erhalt? Mag er das Gesetz nicht? Paßt es etwa nicht in die Gleichheitsideologie der SPD/FDP-Koalition, wenn jungen Menschen für eine besondere wissenschaftliche Leistung ein Titel, der Doktortitel verliehen wird? Steht hinter dem Schmude-Plan und der Auseinandersetzung um dieses Gesetz eine strukturelle Veränderung in unserem Bildungswesen? Soll der Doktortitel im wesentlichen nur noch eine Laufbahnbezeichnung für Hochschullehrer werden und nicht weiterhin allen zuerkannt werden, die wissenschaftliche Leistungen vollbringen? Soll Promotion nur noch für solche möglich werden, die das Einkommen dafür haben? Einen solchen Rückfall in das 19. Jahrhundert lehnt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion entschieden ab.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang abschließend einige grundsätzliche Bemerkungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
machen. Die Förderung von Wissenschaft und Wissenschaftlern gehört — ebenso wie die Förderung von Kunst und Künstlern — zu den vornehmsten Aufgaben eines demokratischen Gemeinwesens. Sie ist eine wahrhaft nationale Aufgabe; denn sie kann vom einzelnen nicht geleistet werden. Es ist aber der einzelne, der den Nutzen von Wissenschaft und Kunst letztlich hat.
Die meisten Familien sind überfordert, wenn sie es einem jungen Menschen ermöglichen sollen, daß er sich — das ist heute meist notwendig — bis zum Alter von 26, 28, ja 30 Jahren auf wissenschaftliche Arbeit konzentrieren kann, ohne seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten zu müssen. Wenn vom Bürger gefordert wird, daß er Verständnis für diese Zusammenhänge aufbringt, wenn gefordert wird, daß er die Notwendigkeit öffentlicher Ausgaben in diesem Bereich bejaht, wieviel mehr Verständnis muß dann von den Verantwortlichen in Regierung und Parlament erwartet werden! Es ist doch zu verlangen, daß Bildungspolitiker die Notlage des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Bundesrepublik Deutschland kennen. Davon wird genug gesprochen! Doch was Herr Minister Engholm zu diesem Problem bisher verlauten ließ, zeigt keineswegs zureichende Sachkenntnis. Es ist nicht richtig, daß Mitarbeiter- und Assistentenstellen zur Promotionsförderung in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen — so anfangs der Kommentar des Ministers zu diesem Problem. Solche Stellen sollten in der Regel mit bereits Promovierten besetzt werden. Denn die Doppelbelastung aus Promotionsarbeit und Dienstleistung überfordert viele junge Wissenschaftler. So sind Stellenbesetzungen mit nicht promovierten Wissenschaftlern vielfach Notlösungen, die durch bessere Lösungen ersetzt werden müßten. Dazu, meine Damen und Herren, sind wir, die Politiker, aufgerufen.
Notlösungen dieser Art sind weder für die Promovierenden noch für die Dienstleistungen gut und richtig. Wie soll ein junger Wissenschaftler innerhalb von sechs Jahren seine Habilitation schaffen, wenn er sich zuvor noch zwei oder drei Jahre lang auf die Promotion konzentrieren muß? Das muß einerseits bedrohliche Niveauverluste und andererseits menschliche Katastrophen mit sich bringen. Wir dürfen nicht vergessen: Für jeden jungen Wissenschaftler droht nach sechs Jahren die Entlassung, es droht die Arbeitslosigkeit ohne Arbeitslosenunterstützung.
Wenn die sich abzeichnende Gefährdung der deutschen Wissenschaft durch Vernichtung des wissenschaftlichen Nachwuchses mittels unzulänglicher Gesetzgebung — das muß man leider feststellen — aufgehalten werden soll, dann tut sofortige Hilfe not.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Es ist verantwortungslos, hier von Vernichtung zu reden!)

— Ich weiß genau, was ich sage. Ich kenne die Notlage aus eigener Erfahrung wirklich bestens.
Der von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorgelegte Gesetzentwurf will wenigstens in einem Be-



Frau Dr. Wisniewski
reich, eben in den der Graduiertenförderung, erreichen, daß dieses Förderungsprogramm trotz seiner auf Grund der Darlehensstruktur bestehenden Mängel nicht ausläuft, sondern die derzeitige Regelung zunächst bis 1983 verlängert wird, und zwar so, daß auch neu hinzukommende junge Wissenschaftler die Darlehen in Anspruch nehmen können. Das ist zwar keine Ideallösung — das wissen wir auch —, aber wenn zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon kein Geld vorhanden ist, um ein sinnvolleres Graduiertenförderungsprogramm zu finanzieren, dann sollten wenigstens Möglichkeiten, die bestehen, nicht beseitigt werden. Sollte es möglich sein — im Moment wider Erwarten —, zwischenzeitlich eine bessere Lösung zu realisieren, so wird die CDU/CSU-Fraktion ihre Vorschläge einbringen. Sie kann dazu auf ihren Gesetzentwurf von 1980 zurückgreifen. An die Fraktionen der SPD und FDP ergeht der Appell, sich den Mahnungen und Bitten vieler besorgter Wissenschaftler nicht zu verschließen und gemeinsam mit der CDU/CSU-Fraktion dieses Minimalprogramm zur Rettung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Bundesrepublik Deutschland zu verwirklichen. — Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906500200
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Kuhlwein.

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906500300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Opposition zielt darauf ab, auch in den beiden kommenden Jahren die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach dem Graduiertenförderungsgesetz fortzuführen und neue Stipendiaten aufzunehmen. Diese Initiative ist gut gemeint. Sie zeigt, daß in diesem Haus weitgehende Einigkeit darüber besteht, daß Bund und Länder weiterhin den wissenschaftlichen Nachwuchs an den Hochschulen fördern sollen. Ich werte den Gesetzentwurf auch als Zeichen konstruktiver Zusammenarbeit auf diesem schwierigen Feld auch unter veränderten ökonomischen Bedingungen.
Das Auslaufen der Finanzierungsregelung im Graduiertenförderungsgesetz Ende 1981, das übrigens, Frau Kollegin Dr. Wisniewski, keine neue Sparmaßnahme gewesen ist, sondern schon seit 1977 in dem vom Bundestag und vom Bundesrat beschlossenen Gesetz steht, hat zu einer Situation geführt, in der viele Stipendiaten befürchtet haben, ihr wissenschaftliches Vorhaben nicht beenden zu können. Deshalb hat sich der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft in den letzten Monaten vordringlich darum bemüht, die Weiterfinanzierung der laufenden Stipendien über den 31. Dezember 1981 hinaus zu sichern.
Darüber haben auch intensive Verhandlungen mit den Ländern stattgefunden. Im Ergebnis ist erreicht worden, daß der Bund für 1982 Mittel in Höhe von 10 Millionen DM und für 1983 in Höhe von 5 Millionen DM für die Auslauffinanzierung der bereits bewilligten Stipendien bereitstellt und daß die Länder die Komplementärmittel aufbringen. Obwohl das nach unserer Rechtsauffassung nicht erforderlich gewesen wäre, haben die Länder auf Initiative Bayerns eine förmliche Novellierung des Graduiertenförderungsgesetzes zur Sicherung der Auslauffinanzierung verlangt. Die Bundesregierung hat diesem Petitum zugestimmt. Nachdem sich die Haushälter aller Fraktionen bereits darüber geeinigt haben, betrachten wir die Auslauffinanzierung als gesichert.

(Beifall bei der SPD)

Bei aller Anerkennung, meine Damen und Herren, des guten Willens, den die Opposition mit ihrer Initiative zeigt, wollen wir aber auch die Schwachpunkte ihres Vorhabens nicht verschweigen. Wenn in den beiden nächsten Jahren noch neue Stipendien nach dem Graduiertenförderungsgesetz vergeben werden sollen, reichen die im Haushaltsansatz 1982 und in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen Mittel weder beim Bund noch bei den Ländern aus. Viele Länder wären auch gar nicht mehr in der Lage, ihre Haushalte für 1982 zu korrigieren. Auch die Bereitschaft dazu schätze ich nicht sehr hoch ein. Schon aus Gründen der Ehrlichkeit gegenüber den Betroffenen muß man das hier ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Man kann ja wohl auch nicht einen ganzen Tag lang — wie gestern — über notwendige zusätzliche Einsparungen reden, um am nächsten Tag dann neue Ausgaben zu beschließen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich glaube, wir haben eine ganze Menge damit erreicht, daß die Auslauffinanzierung sichergestellt ist. Ein weiterer Schritt wäre im Augenblick unrealistisch. Als Bildungspolitiker bedauern wir das, aber ich sehe keine Möglichkeit, das zu ändern.
Der Gesetzentwurf der Opposition würde außerdem die Probleme mit der Auslauffinanzierung zum Ende des Jahres 1983 wiederholen. Auch dann würde es nach Ihrem Entwurf wieder Stipendiaten geben, die ihre Regelförderungsdauer noch nicht erreicht hätten, und dann müßte man erneut eine Auslauffinanzierung sichern. Angesichts unserer aktuellen Erfahrungen mit einem Gesetz, das zwar die Aufbringung der Bundes- und Ländermittel regelt und befristet, aber nichts zu dieser Frage sagt, muß ich davor warnen, eine solche Regelung erneut in einem Gesetz zu beschließen.
Mindestens ebenso wichtig aber wie diese mehr formalen Bedenken erscheinen mir inhaltliche Einwände. Spätestens seit mit dem ersten Haushaltsstrukturgesetz die bis dahin geltende Zuschußregelung für die Graduiertenförderung in eine Darlehensregelung umgewandelt wurde, hat sich herausgestellt, daß das GFG seiner ursprünglichen Aufgabe nicht mehr voll gerecht wurde, die Besten in ausreichender Zahl zu fördern,

(Pfeifer [CDU/CSU]: Das haben Sie zu verantworten!)




Parl. Staatssekretär Kuhlwein
und daß deshalb eine neue Regelung zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gesucht werden müsse.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Davon reden Sie seit fünf Jahren!)

Wir wissen uns darin, Herr Kollege Pfeifer, mit den Wissenschaftsorganisationen, mit den Hochschulen und mit den Ländern einig.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Vor den Wahlen versprechen Sie vieles!)

Alle haben betont, daß eine echte Neuregelung unter Beteiligung des Bundes notwendig und dringlich sei.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Seit fünf Jahren!)

Die klare sachliche Konzeption dafür, die in den Leitvorstellungen des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft im Juni 1979 vorgetragen worden ist,

(Pfeifer [CDU/CSU]: Vor der Wahl!) konnte bisher politisch nicht umgesetzt werden.


(Daweke [CDU/CSU]: Haben Sie keine Mehrheit, oder was?)

Hindernisse dafür sind vor allem die drängenden finanziellen Probleme, aber natürlich, Herr Kollege Pfeifer, auch die von Finanzpolitikern gerade in schwierigen Zeiten zu Recht immer wieder aufgeworfene Frage, wer eigentlich nach Geist und Inhalt des Grundgesetzes die Rechnung zu bezahlen hat.
So ganz abwegig ist ja die Überlegung nicht, daß die Nachwuchsförderung auch oder vielleicht sogar in erster Linie Aufgabe der Hochschulen und damit der Länder sein könnte.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Das haben Sie vor der Wahl aber anders gesagt!)

Wer sich, Herr Kollege Pfeifer, ständig darüber beklagt, der Bund beschließe soziale Wohltaten auf Kosten der Länder oder schaffe ständig neue Mischfinanzierungstatbestände, darf sich nicht wundern, wenn der Bund dann solche grundsätzliche Fragen aufwirft und manchmal auch Konsequenzen zieht.

(Beifall bei der SPD — Pfeifer [CDU/CSU]: Und was haben Sie vor der Wahl gesagt?)

Viele Ihrer Freunde in den Ländern haben den Finanzpolitikern auch im Bund sehr häufig für solche Operationen die Argumente geliefert. Manchmal ist dann leider die Bildungspolitik Opfer solcher innerstaatlichen Positionskämpfe geworden.

(Beifall bei der SPD — Pfeifer [CDU/CSU]: Sie haben doch vor der Wahl einen Gesetzentwurf angekündigt!)

Das alles hält den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft nicht davon ab, seine Vorstellungen von einer Nachwuchsförderung weiter zu verfolgen. Das Konzept würde dazu beitragen, nicht nur den wissenschaftlichen Nachwuchs für die Hochschulen, sondern auch wissenschaftliche Nachwuchskräfte für andere Berufszweige sicherzustellen. Wer den notwendigen politischen Druck im Bund und in den Ländern für eine solche Regelung erhalten will, sollte nicht mit einer Verlängerung des
alten GFG um zwei Jahre nur Scheinlösungen für das Problem anbieten.

(Beifall bei der SPD — Pfeifer [CDU/CSU]: Sie tun doch gar nichts!)

Wir wollen, Herr Kollege Pfeifer, nicht bis 1983 warten, sondern im nächsten Jahr die notwendigen politischen Entscheidungen angehen. Wir erhoffen uns Ihre Unterstützung sowohl hier im Hause als auch draußen in den Ländern.

(Beifall bei der SPD — Daweke [CDU/CSU]: Was du heute kannst besorgen! — Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Das sind doch alles Sprüche!)

Meine Damen und Herren, nun hat die Opposition zur Finanzierung ihres Gesetzentwurfs weitere Abstriche beim BAföG vorgeschlagen, wobei ich mich ausdrücklich bei Frau Kollegin Dr. Wisniewski für das Lob bedanke, das sie dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft für seinen Einsatz in dieser Frage gezollt hat. Sie haben weitere Abstriche vorgeschlagen, und Sie spielen damit Schüler gegen Hochschulabsolventen aus. Dafür fehlt mir allerdings jedes soziale Verständnis.

(Beifall bei der SPD)

Sie wollen den einen den Weg über das Gymnasium in die Hochschule verschließen, um den anderen den Aufstieg auf den höchsten Gipfel komfortabler auszugestalten. Wir halten, Frau Kollegin, beides für erforderlich, beide Arten der Förderung mit ihrer jeweils besonderen Begründung.
Ein gegenseitiges Ausspielen von Schülern und Graduierten ist unerträglich, denn das wäre der Versuch, Probleme dadurch zu lösen, daß man betroffene Gruppen aufeinanderhetzt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906500400
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906500500
Ja, bitte.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906500600
Bitte sehr, Frau Wisniewski.

Prof. Dr. Roswitha Wisniewski (CDU):
Rede ID: ID0906500700
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, wer diesen Vorschlag des gegenseitigen Ausspielens gemacht hat? Ich darf hinzufügen: ich nicht.

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906500800
Sie haben kritisiert, daß sich der Bundesbildungsminister nicht ähnlich engagiert für die Finanzierung einer Neuregelung zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eingesetzt habe wie für BAföG.

(Zustimmung der Abg. Frau Dr. Wisniewski [CDU/CSU] — Daweke [CDU/CSU]: Das läßt doch Schlüsse zu!)

Ich weiß aber aus Ihren Reihen — wir haben das schon einmal im Ausschuß erörtert — daß es durchaus immer wieder den einen oder anderen Hinweis gibt, man könnte doch beim Bundesausbildungsförderungsgesetz an der einen oder anderen Stelle, Herr Kollege Pfeifer, Einsparungen vornehmen und



Parl. Staatssekretär Kuhlwein
damit z. B. Ihr Gesetz finanzieren. Sehe ich das richtig, Herr Kollege Pfeifer?

(Pfeifer [CDU/CSU]: So ist es!)

— Er bestätigt das. Dann nehme ich ausdrücklich zurück, daß Sie das gesagt haben, Frau Kollegin.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906500900
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, noch eine Zusatzfrage? — Bitte sehr.

Prof. Dr. Roswitha Wisniewski (CDU):
Rede ID: ID0906501000
Herr Staatssekretär, wissen Sie, daß die Arbeitsgruppe „Bildung und Forschung" und die Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuß der Meinung sind, daß bei den Modellversuchen soviel eingespart werden könnte, daß auch für diese Habilitierenden genügend Mittel zur Verfügung stünden?

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906501100
Darauf werde ich gleich noch eingehen. Ich halte hier aber noch einmal fest — Herr Kollege Pfeifer hat mir das durch Kopfnicken bestätigt —, daß mindestens der Vorsitzende Ihres Arbeitskreises der Auffassung ist, man könnte die Finanzierung auch aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz nehmen.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Aber selbstverständlich kann man das!)

— Sehen Sie. Ich hoffe, daß die Opposition über diesen Deckungsvorschlag des Kollegen Pfeifer auch unter dem Gesichtspunkt des von ihr in Hamburg neu entdeckten Dialogs mit der Jugend noch einmal nachdenkt. Das wäre ein trefflicher Dialog.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906501200
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Pfeifer?

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906501300
Bitte.

Anton Pfeifer (CDU):
Rede ID: ID0906501400
Herr Staatssekretär, da Sie das so ansprechen, möchte ich Sie folgendes fragen. Halten Sie es für in Ordnung, daß z. B. für Schüler, die sitzengeblieben sind, eine Klasse wiederholen müssen, pro Jahr bis zu 50 Millionen DM BAföG ausgegeben werden und Sie gleichzeitig sagen, Sie könnten kein Geld für junge, qualifizierte Wissenschaftler zur Verfügung stellen? Da stimmt doch Ihre Politik vorn und hinten nicht mehr.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Dregger [CDU/CSU]: Begabtenförderung betreiben!)


Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906501500
Herr Kollege Pfeifer, wenn Sie einen ab und zu mal einen Gedanken zu Ende führen lassen würden, dann würden Sie die Antworten bekommen, bevor Sie die Fragen stellen müssen; aber Sie sind in dieser Diskussion so unruhig, daß Sie es gar nicht abwarten können, bis alle Argumente von mir dargestellt sind. Ich komme auf diese Frage sofort zu sprechen.
Wollen Sie wirklich dem Schüler, der vielleicht aus Krankheit oder wegen seiner häuslichen Verhältnisse vorübergehend und unverschuldet Leistungsschwächen zeigt, die Wiederholung seiner Klasse unmöglich machen? Wollen Sie den aussortieren, weil er diesen Schulbesuch nicht bezahlen kann, während derjenige, der sitzenbleibt und aus einem gut verdienenden Elternhaus stammt, die Möglichkeit erhält, sein Abitur zu machen? Wir hielten das für ungerecht und unsozial.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906501600
Herr Staatssekretär, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906501700
Bitte, gern.

Klaus Daweke (CDU):
Rede ID: ID0906501800
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß beispielsweise Fachoberschüler dadurch die Klassen 11 und 12 bis zu sechsmal durchlaufen können, daß sie einen Fachwechsel vollziehen, beispielsweise von der Wirtschaft in die Technik, von der Technik zur Sozialpädagogik, so daß auf diese Art und Weise tatsächlich nicht der Schwache, sondern jemand gefördert wird, der das System ausnützt?

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906501900
Wenn Sie das hier so vortragen, dann werden Sie das genau berechnet haben. Es gibt vielleicht den einen oder anderen Fall, den Sie dafür heranziehen können, wie auch jeder seinen Arbeitslosen hat, der Schwarzarbeit macht. Das ist aber sicherlich nicht die Regel, und wir sollten auch nicht so vorgehen, daß wir solche Fälle immer für allgemeingültig erklären und danach dann politische Entscheidungen bemessen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Abg. Daweke [CDU/CSU] meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906502000
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906502100
Nach diesen vielen Zwischenfragen, die ich zugelassen habe, möchte ich jetzt gern fortfahren und auch zum Ende kommen, damit wir insgesamt in unserer Zeit bleiben können.
Im übrigen, Frau Kollegin Dr. Wisniewski, haben Sie darauf verwiesen, daß, da die Graduiertenförderung auf Darlehensbasis gezahlt wird, kein Einspareffekt erzielt würde.

(Daweke [CDU/CSU]: Nur kurzfristig nicht!)

Wir werden Sie an dieses Argument erinnern, wenn Sie vielleicht im nächsten Jahr wieder damit kommen, Haushalts- und Finanzierungsprobleme beim BAföG damit lösen zu wollen, daß Sie den Darlehensanteil beim BAföG für alle Studenten erhöhen.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Da müssen Sie nicht bis zum nächsten Jahr warten!)

Dann wissen Sie sehr wohl — sagen Sie das auch Ihren Kollegen im Bundesrat —, daß damit kurzfristig



Parl. Staatssekretär Kuhlwein
keine Einspareffekte und deshalb auch keine Finanzierungsmöglichkeiten für andere Aufgaben zu erzielen sind.

(Daweke [CDU/CSU]: Mittel- und langfristig doch!)

Wer über das Graduiertenförderungsgesetz spricht, der sollte nicht verschweigen, daß diese Förderung nicht das einzige Instrument für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist. Deshalb ist auch die Behauptung, wir täten so wenig für den wissenschaftlichen Nachwuchs, aus der Luft gegriffen. Hauptinstrumente bleiben doch wohl bei der Förderung die Hochschulen selbst mit ihren Stellen, Hauptinstrument bleiben die vielen Drittmittel, die vor allem auch der Bund, etwa über die Deutsche Forschungsgemeinschaft, den Hochschulen zur Verfügung stellt. Damit draußen kein falscher Eindruck entsteht, möchte ich hier gern beispielhaft einige Leistungen nennen, für die der Bundesbildungsminister zuständig ist. Von den bewilligten Beträgen im Normalverfahren der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind im Jahre 1980 48 % für die Bezahlung wissenschaftlicher Mitarbeiter, weitere 6 % für studentische Hilfskräfte und weitere 5 % für Stipendien an junge Wissenschaftler ausgegeben worden. Der Bund hat dafür 1980 147 Millionen DM ausgegeben. Auch in den Sonderforschungsbereichen wird etwa die Hälfte der Förderungsbeträge für Beschäftigung und damit zugleich für die Förderung von Nachwuchskräften ausgegeben. Das sind weitere 126 Millionen DM. Der Bund bringt davon drei Viertel auf. Zusammen mit dem Bundesanteil für das Heisenberg-Programm ergibt sich damit für 1980 ein Beitrag des Bundes an der direkten und indirekten Nachwuchsförderung über die Forschungsgemeinschaft von rund 245 Millionen DM, und dieser Betrag soll bis 1982 auf rund 270 Millionen DM gesteigert werden.
Für die Promotionsförderung der Begabtenförderungswerke sieht der Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 1982 12 Millionen DM vor. Im Rahmen der Bewirtschaftung 1981 mußten wir in diesem Bereich Mittel sperren. Wir bedauern das. Wir haben aber andererseits die Deutsche Forschungsgemeinschaft und damit deren Nachwuchsförderung von Sperren frei halten können.
Was schließlich auch nicht vergessen werden sollte — Frau Kollegin Dr. Wisniewski, jetzt komme ich auf Ihren Einwand —, ist die Nachwuchsförderung durch unsere Modellversuche und durch die dazugehörige Begleitforschung. Wenn Sie die Modellversuche wieder einmal schlachten wollen, um damit Ihre besonderen Lieblingskinder zu päppeln, dann sollten Sie auch diesen Zusammenhang berücksichtigen. Wer immer den angeblichen wissenschaftlichen Rückstand gegenüber anderen Industrieländern beklagt, der sollte nicht mutwillig das Instrumentarium zerschlagen, das in der Bundesrepublik zur Forschungsförderung entwickelt worden ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Alles in allem sind es Beträge in der Größenordnung von 300 Millionen DM, die allein aus dem
Haushalt des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft mehr oder weniger direkt in die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern fließen. Wenn Sie noch andere Ressorts hinzunehmen wollen, dann sei erinnert an die Max-Planck-Gesellschaft, an Forschungseinrichtungen wie die Institute der Blauen Liste, an die Großforschungseinrichtungen, die Ressortforschung und die großen Forschungs-und Entwicklungsprogramme der Bundesregierung. Der Bund fördert über die gesamte Breite der wissenschaftlichen Fächer mit einem Mehrfachen des von mir genannten Betrages junge Wissenschaftler in allen Bereichen der Forschung.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906502200
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0906502300
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Deutsche Forschungsgemeinschaft nicht Promotionsstipendien vergibt und daß alle Förderungsmöglichkeiten, die Sie hier ansprechen, nur indirekte Förderungsmöglichkeiten sind, daß sie Mitarbeit an Projekten beinhalten, die eben nicht — und das ist der wichtige Punkt daran — zur Promotion vorgelegt werden können?

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906502400
Das ist mir bekannt. Aber das ist hier nicht die entscheidende Frage. Es geht uns generell um die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Ich habe in dem Zusammenhang auch die Aufgabe der Hochschulen genannt, Stellen zur Verfügung zu stellen.

(Daweke [CDU/CSU]: Aber das ist doch etwas ganz anderes!)

Aus dieser Aufgabe können wir auch die Länder nicht entlassen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906502500
Gestatten Sie noch eine Zusatzfrage?

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906502600
Ich möchte jetzt wirklich zum Ende kommen. Ich bin sehr großzügig gewesen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906502700
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, das gilt also bis zum Ende Ihrer Ausführungen?

Eckart Kuhlwein (SPD):
Rede ID: ID0906502800
Ja.
Wenn Sie noch andere Ressorts hinzunehmen — ich habe das eben schon genannt —, Max-PlanckGesellschaft, Großforschungseinrichtungen, Ressortforschung, die Forschungs- und Entwicklungsprogramme der Bundesregierung, dann kommen Sie auf noch sehr viel größere Zahlen. Für die Zahlen, die ich hier genannt habe, haben wir ausdrücklich das ausgerechnet, was für die Förderung wissenschaftlichen Nachwuchses gezahlt wird. Wir haben hier auch gerade in diesen schwierigen Zeiten einen finanziell deutlich erkennbaren Schwerpunkt gesetzt.
Wir brauchen auch den internationalen Vergleich nicht zu scheuen, wenn man z. B. berücksichtigt, daß



Parl. Staatssekretär Kuhlwein
gegenwärtig in den USA oder auch in Großbritannien im Zuge der Sparpolitik gerade die Forschungsetats und die Ausgaben für die Hochschulen kräftig zusammengestrichen werden. Also auch der Blick nach draußen unterstützt Ihre These nicht, wir stünden international besonders ungünstig da.
Noch ein paar Zahlen gegen Ihre Schwarzmalerei. Nach den neuesten Erhebungen des Wissenschaftsrates gibt es 1981 an den staatlichen Hochschulen 35 000 Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter. Dazu kommen etwa weitere 12 000 junge Wissenschaftler an Hochschulen, die an aus Drittmitteln bezahlten Forschungsprojekten arbeiten, davon etwa die Hälfte von der DFG finanziert. Ein Teil dieser Beschäftigungsverhältnisse wird von Nachwuchskräften besetzt, die eine Promotion anstreben. Ein bedeutender weiterer Teil dient der Beschäftigung von bereits Promovierten und damit auch deren weiterer wissenschaftlicher Qualifizierung, d. h. also einer Förderung auch über die Promotion hinaus. Verglichen mit den knapp 2 000 Graduierten, die gegenwärtig nach dem GFG gefördert werden, haben diese Bereiche zweifellos eine sehr viel größere Bedeutung. Ich sage das nur, damit nach diesem Generalangriff, den wir hier gehört haben, die Dimensionen wieder zurechtgerückt werden.
Ich habe eingangs gesagt, Ihr Gesetzentwurf sei gut gemeint, und ich halte auch daran fest. Ich möchte auch ausdrücklich darauf verzichten, Ihnen Showabsichten zu unterstellen. Aber ich halte den Gesetzentwurf für finanzpolitisch nicht fundiert, gesetzestechnisch problematisch und für wenig sachdienlich, wenn Sie wirklich mit dem Bundesbildungsminister ein neues Konzept für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in die politische Tat umsetzen wollen. Die Bundesregierung kann Ihrem Entwurf deshalb nicht zustimmen.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906502900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Thüsing.

Klaus Thüsing (SPD):
Rede ID: ID0906503000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Ihnen zusammen Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion, halten wir die Lage und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses für unbefriedigend. Tatsächlich brauchen wir bessere Instrumente, die auf der Basis des bisherigen Graduiertenförderungsgesetzes aufbauen.
Es geht deshalb gar nicht darum, Frau Kollegin Wisniewski, daß hier etwa ein Instrument ganz gestrichen werden soll. Es wird darum gehen, dieses Instrument zu verbessern. Wir bedauern mit Ihnen, daß die Verbesserung dieses Instruments bisher nicht gelungen ist. Wir werden gemeinsam mit Ihnen versuchen, an der Verbesserung der Graduiertenförderung zu arbeiten.
Es gibt keine Berechtigung, Frau Wisniewski, für den Verdacht der Ideologie, den Sie ausgesprochen haben, wir hätten etwas gegen den Doktorgrad und gegen Graduierung. Belehrungen über die Zustände im 19. Jahrhundert brauchen wir Sozialdemokraten auch nicht.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0906503100
Leitvorstellungen für die künftige Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Ich halte die fünf wichtigen Punkte fest, damit Klarheit über unsere Konzeption besteht.
Erstens wurde damals gesagt, daß es natürlich auch, aber nicht nur um die Promotionsförderung, sondern ebenso um die Förderung vergleichbarer wissenschaftlicher Arbeiten geht, also auch um Förderung nach der Promotion. Es ist eine Binsenwahrheit, daß gerade nach der Promotion die für die Forschung fruchtbarste Zeit junger Wissenschaftler ist.
Zweitens. Wir möchten Stipendien auch als Anschlußstipendien nach einer Berufstätigkeit vergeben.
Drittens wird in den Leitvorstellungen gesagt, daß in Einzelfällen Stipendien für Nachwuchskräfte mit Berufserfahrung aus wissenschaftlicher Tätigkeit auch außerhalb der Hochschulen gewährt werden sollen.
Viertens. In Sonderfällen sollen Stipendien im Anschluß an den Studienabschluß vergeben werden, ohne daß dies zu einer Promotion führen muß.
Der fünfte wichtige Punkt: Es wurde von der Möglichkeit gesprochen, Sach- und Reisekosten im Zusammenhang mit einer Promotionsarbeit zu übernehmen. Denn oft scheitert ein wissenschaftliches Vorhaben an der banalen Schwierigkeit, daß ein Archiv oder eine andere Forschungseinrichtung nicht oder nur zu kurz aufgesucht werden können.
Das sind die nach wie vor gültigen Leitvorstellungen, die damals von allen, die sich mit dem Thema beschäftigt haben, begrüßt wurden, auch von Ihnen. Wir werden versuchen, auf der Basis dieser Leitvorstellungen zu vernünftigen Lösungen zu kommen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Tatsächlich muß man kritisch anmerken, daß Zukunftsinvestitionen immer weniger als Investitionen in den Bildungsbereich hinein gesehen werden. Wir haben, wie Sie wissen, auch im neuen Haushalt Zukunftsinvestitionen eingesetzt, beispielsweise für Mikroelektronik, für Verkehr, für Energie, auch für Krisenbranchen wie Stahl. Aber das öffentliche Bewußtsein, auch das Bewußtsein in den Parteien, bis hinein in die Fraktion des Bundestages, daß Investitionen, verstärkte Investitionen auch in den Bildungsbereich hinein für uns wichtig, überlebenswichtig sind, ist vielen abhanden gekommen. Lassen Sie uns deshalb als diejenigen, die sich hier im Bundestag zentral mit dieser Frage beschäftigen, gemeinsam dafür streiten, dieses Bewußtsein wieder zu stärken.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Auch aus diesem Grund ist der von Ihnen erhobene Verdacht, Frau Wisniewski, unbegründet.
Wissenschaftlicher Nachwuchs wird nicht nur in Forschungseinrichtungen und Hochschulen benö-



Thüsing
tigt, sondern in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft, in denen es um die Lösung von augenblicklichen und Zukunftsproblemen geht.
Sie von der CDU/CSU haben in Ihrem Antrag selber auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die einer befriedigenden Lösung im Augenblick entgegenstehen, wenn Sie sagen, die Zeit sei für eine umfassende Lösung der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses noch nicht reif — das meinen wir auch —, und befriedigende Lösungen stießen zum jetzigen Zeitpunkt auf Haushalts- und Finanzschwierigkeiten. Auch aus diesem Grunde — das soll hier gesagt werden — haben die Vertreter der CDU/ CSU im Bundesrat der gesetzlichen Regelung der Auslauffinanzierung ja zugestimmt, einer Regelung also, die sicherstellt, daß die jetzt geförderten Studenten — das sind rund 3 500 — in den nächsten beiden Jahren weiter gefördert werden.
Wie Sie wissen, werden in der letzten Zeit zunehmend Vorstellungen vorgetragen — auch Ihr Antrag ist von diesem Geist nicht ganz frei —, nach denen es wesentlich darauf ankomme, eine wissenschaftliche Elite zu fördern. Wir meinen, daß das nicht der richtige Weg ist. Wir meinen, daß die Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Förderung besonders Befähigter zwar ein Punkt eines Kataloges sein müssen, aber nicht ausreichen. Wir wenden uns deshalb gegen einen problematischen Elitebegriff. Es kommt nicht nur auf die Elite an, sondern es kommt darauf an, eine breite Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu ermöglichen. Da geschieht natürlich weiterhin einiges, und zwar nicht nur in den nächsten beiden Jahren; nicht nur werden die jetzigen Stipendiaten weiter gefördert, sondern darüber hinaus gibt es eine Fülle von anderen Förderungsmöglichkeiten. Der Parlamentarische Staatssekretär hat in seiner Rede darauf hingewiesen.
Die jetzt auslaufende Regelung hat— auch darauf soll an dieser Stelle einmal verwiesen werden — tatsächlich segensreich gewirkt. Immerhin wurden in den Jahren von 1971 bis heute über 40 000 Nachwuchswissenschaftler gefördert. Über 40 000! Das ist sicherlich eine gute Bilanz, eine Bilanz, die uns allen Verpflichtung sein sollte, gemeinsam für noch bessere Strukturen der Förderung zu sorgen.
Deshalb will ich abschließend feststellen: Eine Neuregelung des Graduiertenförderungsgesetzes kann, wie Sie selbst zugegeben haben, so rasch nicht vorgelegt werden. Der zuständige Ausschuß für Bildung und Wissenschaft wird sich mit dem Problem beschäftigen und auch Ihren Antrag ernsthaft beraten. Es darf nicht so getan werden — das darf auch nicht das Ergebnis dieser Debatte sein —, als machte man sich über die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses keine Gedanken. Im Gegenteil: Wir alle sind aufgerufen, dieses Problem, die Schwierigkeiten zu sehen; in der Öffentlichkeit und auch im Parlament klarzumachen, daß die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eine wesentliche Zukunftsinvestition ist, und dafür zu sorgen, daß wir die notwendige Unterstützung von allen Seiten, der interessierten Öffentlichkeit und dieses Hauses bekommen. — Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906503200
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Engel.

Dr. Eva Sibylle Engel (FDP):
Rede ID: ID0906503300
Herr Präsident! Meine Herren! Meine Damen! Der Gesetzentwurf der CDU/ CSU-Fraktion besitzt durchaus unsere Sympathie, was seine Motivation betrifft. Das stelle ich ausdrücklich an den Beginn meiner Bemerkungen; denn gerade in der augenblicklichen Situation erscheint es mir wichtig, vorhandene Gemeinsamkeiten aufzuzeigen, besonders wenn es um Fragen geht, die die junge Generation und unsere Bemühungen um ihre Zukunftsbewältigung betreffen.
Es waren j a Zweifel darüber aufgekommen — von einigen Ländern sind sie sogar mit verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten begründet worden —, ob der Bund wegen der klaren Befristung der Finanzierung des gegenwärtigen Graduiertenförderungsgesetzes auf den 31. Dezember 1981 von diesem Zeitpunkt ab überhaupt noch zahlen dürfe. Die Unruhe unter den Geförderten war also durchaus berechtigt; Sie haben darauf hingewiesen, Frau Kollegin Dr. Wisniewski, und wir stimmen ganz mit Ihnen darüber überein: Es muß sichergestellt sein, daß diejenigen, die in der Förderung sind, ihre wissenschaftlichen Arbeiten noch mit der bisherigen finanziellen Unterstützung zu Ende führen können.
Für die inzwischen erzielte Einigung zwischen Bund und Ländern auf eine gemeinsame Auslauffinanzierung sind in dem gestern verabschiedeten Haushaltsstrukturgesetz die Weichen gestellt worden. Auch bei den Ländern sind die entsprechenden haushaltsmäßigen Vorkehrungen getroffen. Allerdings werden, wie ich hörte, einige Länder, wenn auch in geringem Umfang, die ihnen für 1981 zur Verfügung gestellten Mittel nicht voll in Anspruch nehmen, weil sie die Belastung durch neue Stipendien in ihren Haushalten für die Jahre 1982 und 1983 nicht mehr gedeckt sehen.
Der unbefangene Betrachter kann diese Unbeweglichkeit von zwölf Staatshaushalten im Verhältnis untereinander nur mit kritischem Bedauern zur Kenntnis nehmen; erlauben Sie mir diese persönliche Anmerkung. Aber das ändert nichts am Sachverhalt. Jedenfalls erscheint es nunmehr wenig sinnvoll, zu dieser Auslauffinanzierung zusätzlich ein weiteres, nur geringfügig verbessertes Gesetz zu verabschieden, das, wenn ich richtig sehe, von keiner Fraktion als befriedigende und umfassende Neuregelung akzeptiert wird, auch nicht von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

Wir sollten uns nun vielmehr gemeinsam darauf konzentrieren, auf der Grundlage der vorliegenden Erfahrungen mit dem bisherigen Gesetz eine neue Konzeption der Nachwuchsförderung in allernächster Zeit zustande zu bringen, jedenfalls vor Ablauf der zwei Jahre, für die — wenn der CDU/CSU-Gesetzentwurf in Kraft treten würde — dieser uns allenfalls ein oberflächlich ruhiges Gewissen bringen könnte.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Im Grundsatz stimmen wir überein, daß ein ersatzloses Auslaufen auf Dauer im System der Förde-



Frau Dr. Engel
rung des wissenschaftlichen Nachwuchses eine sehr gravierende Lücke aufreißen würde. Aufgabe des Bundes und damit eines neuen Graduiertenförderungsgesetzes kann es aber nicht sein, die Aufgaben der Länder, der Hochschulen und der Forschungseinrichtungen in diesem Bereich ersetzen zu wollen. Die bestehende Pluralität an Förderungsmöglichkeiten muß erhalten bleiben. Die Neuregelung soll eben nicht in der simplen Wiederbelebung des Graduiertenförderungsgesetzes jetziger Art mit all seinen Problemen bestehen, sondern muß so ausgestaltet werden, daß damit tatsächlich besonders qualifizierte junge Wissenschaftler für die Forschung erhalten oder gewonnen werden können. Die Förderungsbedingungen müssen mit Sicherheit attraktiver werden.
Die 1975 durch das erste Haushaltsstrukturgesetz vorgenommene Umstellung der Graduiertenförderung auf die Volldarlehensregelung hat sich eindeutig nicht bewährt.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben das sehr eindrucksvoll dargestellt, Frau Kollegin Dr. Wisniewski.
Die Rückkehr zu einer angemessenen Zuschußförderung ist daher notwendig, da es in unser aller Interesse sein muß, qualifizierte Leute, die sonst abwandern würden, an den Hochschulen und für die Forschung zu halten. Wir sind der Meinung, daß die vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft entwickelten Leitvorstellungen Grundlage eines neuen Konzepts zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sein sollten. Sie haben beispielsweise im Wissenschaftsrat, in der Kultusministerkonferenz und in der Westdeutschen Rektorenkonferenz grundsätzlich eine breite Zustimmung gefunden.
Auch wenn wir den jetzt vorgelegten Gesetzentwurf in den Ausschußberatungen aus den genannten Gründen wohl ablehnen werden, wiederhole ich ausdrücklich, daß in der allgemeinen Zielsetzung durchaus ein Konsens besteht. Die Förderung des begabten wissenschaftlichen Nachwuchses ist für uns eine sehr wesentliche staatliche Aufgabe mit einem hohen Stellenwert. Wir können nicht oft genug darauf aufmerksam machen, daß es sich hier nicht um eine Sache der Wohltätigkeit oder um Luxus handelt, sondern um eine Zukunftsvorsorge allerersten Ranges!
Die Ermöglichung freier wissenschaftlicher Betätigung in der besonders kreativen Phase nach der Beendigung des Studiums ist nicht nur für den einzelnen Wissenschaftler eine Chance, seine durch das Studium erworbenen intellektuellen Kapazitäten einzusetzen und weiterzuentwickeln, sondern auch ein Beitrag für die Erhaltung und ständige Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Leistungsniveaus unserer Gesellschaft und damit auch unserer Wettbewerbsfähigkeit im weltweiten Wettstreit von Wissenschaft und Forschung und — nicht zu vergessen — auch im Bereich der Wirtschaft. Auch in Zeiten des knappen Geldes müssen wir auf diese Herausforderung eine positive Antwort finden. Vielleicht sollten wir uns in diesem Zusammenhang
auch klarmachen, daß die Stipendien für junge Wissenschaftler, um die es hier geht, dem Staat nicht mehr Kosten verursachen als im Durchschnitt ein Arbeitsloser.
Was der Kollege Grüner vor zehn Jahren bei der Einbringung des Graduiertenförderungsgesetzes gesagt hat, gilt heute unvermindert fort:
Investitionen auf dem Gebiete der Bildung und Ausbildung, der Forschung und der Wissenschaft sind zugleich gesellschaftspolitische und wirtschaftspolitische Investitionen ...
In derselben Debatte versicherten Sie, Herr Kollege Pfeifer, die Opposition würde immer bereit sein, den Bereich der Bildungspolitik und der Hochschulpolitik „aus den großen Kontroversen in diesem Hause herauszuhalten". Frau Kollegin Wisniewski hat heute auch ein schönes Beispiel dafür gegeben.
Daß das in den letzten Jahren immer gelungen ist, ist aber sicher zu bezweifeln. Das Bild, das generell von der Opposition über die Anstrengungen des Staates, auch des Bundes, für den wissenschaftlichen Nachwuchs gezeichnet wird, ist grau in grau, um nicht zu sagen: schwarz in schwarz.

(Daweke [CDU/CSU]: Es ist j a auch trist! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Realistisch!)

Erlauben Sie mir dazu eine kurze Bemerkung. Ich glaube, es nützt niemandem, wenn Sie die Leistungen des Staates wider besseres Wissen übergehen oder verächtlich machen und nur an das Selbstmitleid der Betroffenen appellieren.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Damit helfen Sie der jungen Generation nicht — nicht einmal der Opposition. Denn die so viel zitierte Staatsverdrossenheit wird gerade dadurch mit provoziert, und sie trifft letzten Endes alle demokratischen Parteien.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Es geschieht eine Menge, auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs, auch nach Auslaufen des Graduiertenförderungsgesetzes. Institutionen wie die Studienstiftung, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Großforschungseinrichtungen sowie die Max-Planck-Gesellschaft, bekommen ihre finanziellen Mittel ja nicht aus irgendwelchen Kanälen, sondern ganz überwiegend aus den staatlichen Haushalten. Diese Leistungen bleiben. Das sollten wir nicht nur feststellen, sondern auch anerkennen.
Das heißt allerdings nicht, daß wir uns damit zufriedengeben. Denn — und da werden wir wieder Übereinstimmung finden — für die kommenden Jahre ist das, was bisher vorgesehen ist, nicht genug. Darum hoffe ich nochmals, daß wir in den nächsten Monaten gemeinsam eine für längere Zeit tragfähige neue Konzeption für die Graduiertenförderung finden, wohl wissend, daß dies seine Bedeutung nicht lediglich im Quantitativen hat, sondern viel mehr darin, neue Formen der Nachwuchsförderung zu finden.



Frau Dr. Engel
Zum Schluß noch eine grundsätzliche Bemerkung, meine Herren und Damen. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, auch unter erschwerten finanzwirtschaftlichen Bedingungen, muß auch dazu beitragen, die Berufschancen der wachsenden Zahl junger Wissenschaftler zu verbessern. Die gegenwärtige Arbeitsmarktsituation und die wirtschaftspolitische Perspektive für dieses Jahrzehnt machen deutlich, daß der Grundsatz der Solidarität zwischen den Generationen und zwischen denen, die Arbeit haben, und denen, die Arbeit suchen, gestärkt werden muß.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Das vorliegende Thema sollte ein kleiner, aber nicht unwesentlicher Beitrag hierzu sein. — Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906503400
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft und zur Mitberatung an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus mit den vorgeschlagenen Beratungen einverstanden? — Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Straßenbaubericht 1980
— Drucksachen 9/812, 9/939 — Berichterstatter: Abgeordneter Milz
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist für die Aussprache eine Redezeit von 90 Minuten vereinbart worden. Ist das Haus damit einverstanden?
— Damit ist diese Redezeitbegrenzung beschlossen.
Wird das Wort vom Berichterstatter gewünscht?
— Berichterstattung und Aussprache?
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Milz.

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0906503500
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Bevor ich für die Unionsfraktion zur Problematik des Straßenbaus in der Bundesrepublik Deutschland einige Bemerkungen mache, halte ich als Berichterstatter für sinnvoll, uns alle auf eine Neuerung aufmerksam zu machen. In früheren Jahren wurde dieser Straßenbaubericht ausschließlich im Verkehrsausschuß beraten und zur Kenntnis genommen. Nach der neuen Geschäftsordnung muß dieser Bericht wie alle anderen Berichte in das Plenum des Deutschen Bundestages, um dort besprochen und zur Kenntnis genommen zu werden. Meine Damen und Herren, als Berichterstatter verweise ich, wie der Präsident dies schon getan hat, einmal auf den Bericht in der Drucksache 812 und
zum anderen auf das Ergebnis der Beratung des Ausschusses in der Drucksache 939.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nun für die Unionsfraktion zur Problematik des Straßenbaus ein paar Bemerkungen machen. Straßenbau ist — wie dies auch bei jedem anderen Aufgabengebiet in jedem anderen Ressort der Fall ist — eng verknüpft mit der Persönlichkeit des Ministers, mit der Politik, die dieser Minister vorgibt, mit der Politik, die dieser Minister zu verantworten hat. Deshalb ist es notwendig, sich zunächst einmal mit der Politik des Ministers auseinanderzusetzen und den Versuch zu machen, an der Politik dieses Ministers — insbesondere dort, wo sie falsch ist — deutlich zu machen, weshalb es unserer Auffassung nach in ganz bestimmten Bereichen zu völlig unbefriedigenden Entwicklungen gekommen ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ganz richtig!)

Dabei, meine Damen und Herren, kann ich nicht darauf verzichten, auf eine gewisse Kontinuität im Bereich der Verkehrspolitik der Sozialdemokraten aufmerksam zu machen. Denn wenn Sie die Verkehrspolitik der Sozialdemokraten seit 1969 einmal kritisch beleuchten, werden Sie feststellen, daß es auf keinem Gebiet der Politik so viele Bocksprünge gibt, wie es in der Verkehrspolitik der Fall ist.

(Beifall bei der CDU/CSU — Tillmann Meine Damen und Herren, wir haben einmal einen Verkehrsminister Leber gehabt, der die staunende deutsche Öffentlichkeit mit der Feststellung überraschte: In 15 Jahren wird niemand weiter als 10 km von der nächsten Autobahn entfernt wohnen. — Damals schon hat die Unionsfraktion gesagt: Solche Ziele kann man sich nicht setzen, sie sind unrealistisch. Kurze Zeit danach — nachdem Herr Leber diese Aufgabe nicht mehr wahrnahm — haben wir andere Verkehrminister gehabt, die erklärten: Der Straßenbau ist überhaupt nicht so wichtig; wir müssen jetzt in erster Linie der Bundesbahn den Vorrang geben. Nun, meine Damen und Herren, haben wir einen Verkehrsminister, der gar erklärt, das Straßennetz in der Bundesrepublik Deutschland habe den Status des Jahres 2000 schon erreicht. — Ich will gleich darauf zu sprechen kommen. Meine Damen und Herren, wenn ein privates Unternehmen durch den Firmenleiter in so relativ kurzer Zeit von einem Wechselbad ins andere getrieben würde, wie es bei der Verkehrspolitik geschehen ist, hätte dieses private Unternehmen — wie viele Unternehmen in der Straßenbauwirtschaft aus anderen Gründen, nämlich wegen der falschen Verkehrspolitik — schon längst die Tore dichtmachen müssen. (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das gilt für die gesamte Regierungspolitik!)


(CDU/CSU]: Kontinuität der Bocksprünge!)


(Zuruf von der FDP: So ist es!)




Milz
Sehen Sie, meine Damen und Herren, wir wissen ja, daß Sozialdemokraten zumindest in einem Punkt beim Umgang mit großen Zahlen geradezu meisterlich sind: wenn sie Zukunftsperspektiven aufzeigen, wenn sie Zahlen aufzeigen, die man am Ende nicht in Mark und Pfennig ausrechnen kann. Das gelingt ihnen meisterlich. Dort aber wo es darum geht, etwas am Ende auch in Mark und Pfennig darzustellen, erleben wir — das hat die gestrige Diskussion gezeigt —, wie Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen.
Meine Damen und Herren, zum „Netz 2000". Der Minister, der j a gerne draußen — ich werde das an anderen Stellen deutlich machen — verkündet, wie gut er die Verkehrspolitik beherrscht, nimmt offenbar gar nicht zur Kenntnis, daß wir die geburtenstarken Jahrgänge haben. Sie drängen nicht nur in die Berufe. Ihnen kann es gar nicht schnell genug gehen, auch den Führerschein zu machen. Noch bevor sie 18 Jahre alt sind, drängen sie in die Fahrschulen. Herr Minister, glauben Sie etwa, daß diese jungen Leute den Führerschein machen, um sich anschließend in einem Omnibus zu setzen oder sich anschließend mit der Bahn transportieren zu lassen? Diese jungen Leute werden, ob Sie das wollen oder nicht, auch danach drängen, einen eigenen Wagen zu haben und mit dem eigenen Wagen zu fahren. Dazu sind Straßen notwendig. Deshalb hat dieses Netz nicht den Status des Jahres 2000.
Die Unionsfraktion weiß, daß man nicht „auf Deubel komm' raus" Straßen bauen kann. Wir wissen auch, daß man sich im Straßenbau nach den Möglichkeiten richten muß, die der Haushalt hergibt. Er gibt — auch im Straßenbau — zur Zeit weiß Gott wenig her. Wir sind die letzten, die sagen, da müsse der Straßenbau eine Ausnahme machen.
Aber — damit komme ich wieder zum Minister — wenn dieser gleiche Minister ohne Not von dieser Stelle erklärt, sollte es irgendwann einmal Bemühungen geben, der Wirtschaft zu helfen, eigne sich der Straßenbau überhaupt nicht für staatliche Investition, dann zeugt das schlicht und ergreifend von einem nicht mehr zu überbietenden Unwissen.

(Sehr richtig! und Beifall bei der CDU/ CSU)

Das ganz einfach deshalb, weil kein Wirtschaftszweig mehr von öffentlichen Aufträgen abhängig ist — ob von Gemeinden, ob von Ländern oder vom Bund — als der Straßenbau. Wer baut denn die Straßen sonst?
Im übrigen — das sage ich einmal mit dem Versuch, es kaufmännisch zu sehen —: wenn ein Minister, der ja weiß, daß er mit seinem Finanzministerkollegen in harte Auseinandersetzungen gehen muß, um für seinen Haushalt etwas herauszuholen, noch bevor die Prozedur überhaupt losgeht, einen wichtigen Trumpf aus der Hand gibt, ist das alles andere als ein sinnvolles kaufmännisches Verhalten und ein weiterer Beweis dafür, daß die Dinge nicht so gesehen werden, wie man sie sehen muß.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Na, na; der Minister ist doch noch bei der Einarbeitung!)

Lassen Sie mich ein paar Bemerkungen zu Grundsatzfragen machen, wie wir sie im Zusammenhang mit dem Bau von Straßen sehen. Wir wissen sehr genau, daß unser Land vom Straßenbau allein nicht leben kann, wir wissen aber ebenso, daß es auch heute in unserer Republik weite Gebiete gibt, die auf die Straßen angewiesen sind. Diese Gebiete können wir nicht entwickeln, wenn wir nicht vernünftige Straßen dorthin bauen,

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

zumal justament in den Gebieten nach der Konzeption des Ministers nicht nur keine Straßen gebaut werden, sondern sich auch noch die Bundesbahn zurückzieht. Wovon sollen denn die Leute in diesen Bereichen leben? Wir sind nicht dafür, daß sie zu Ausstellungsstücken werden.
Ein Wort zur Sprunghaftigkeit der Verkehrspolitik. Ich fuhr dieser Tage mit einem Kollegen durch meinen Wahlkreis. Wir fuhren an einer Brücke vorbei, und mein Mitfahrer fragte mich: Was ist das eigentlich für eine Brücke? Ich sagte ihm darauf, das sei eine „So-da-Brücke". Er konnte das natürlich nicht verstehen und glaubte, es handle sich um Politikerdeutsch, und Politikerdeutsch ist leider Gottes nicht immer verständlich. Ich habe versucht, ihm zu erklären, was das sei. Ich habe gesagt: „Die Brücke steht nur so da." Hier füge ich hinzu, meine Damen und Herren, wenn Herr Minister Hauff nicht aufpaßt, wird er zum „So-da-Minister", dann ist er am Ende nur noch „so da", ohne daß er irgendeine besondere Aufgabe hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Bericht, den uns der Minister vorgelegt hat, beschäftigt sich u. a. mit einem wichtigen Punkt der Verkehrspolitik. Der Minister hat nämlich wie sein Vorgänger erklärt, der Bürger müsse mehr als bisher an der Straßenplanung beteiligt werden. Damit hier kein Mißverständnis aufkommt: Auch wir sind der Meinung, daß es notwendig ist, den Bürger so früh wie möglich über die Absichten der Straßenplaner zu informieren; auch wir sind der Meinung, daß man dem Bürger Gelegenheit geben muß, die Vorhaben der Straßenbauplaner nicht erst zur Kenntnis zu nehmen, wenn die Pläne fertig sind. Darüber gibt es keinen Streit zwischen uns.

(Merker [FDP]: Aber er muß strammstehen!)

Nur: Meine Damen und Herren, in dem Augenblick, in dem man das Votum einer noch so ernstgemeinten Bürgerinitiative an die Stelle der Entscheidung eines Gemeinderates setzt, sind wir nicht bereit, dies mitzumachen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Am Ende muß der Stadtrat oder der Gemeinderat die Entscheidung treffen, was in dem Gebiet geschieht, und nicht eine Bürgerinitiative.

(Merker [FDP]: Das wird ja auch nicht bestritten!)




Milz
Lassen Sie mich zwei andere Punkte in aller Kürze anschneiden.

(Abg. Merker [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Herr Kollege Merker, ich weiß zwar, daß Sie als besonderer Liebhaber der Straße jetzt gerne etwas sagen würden, aber bitte, die Zeit reicht nicht. Ich will Ihnen das Wochenende nicht unnötig verlängern.

(Merker [FDP]: Schönen Dank!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906503600
Nein, verkürzen.

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0906503700
Entschuldigung, Herr Präsident. Ich bedanke mich für die Richtigstellung.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zwei Punkte anschneiden, die in der Diskussion über Straßenbau eine große Rolle spielen. Der Minister zieht durch die Lande und läßt keine Gelegenheit aus zu sagen: Wir haben a) die Radfahrer erkannt — ich weiß nicht, wie viele Radfahrer es gibt und wen er damit meint, aber es gibt ohne Zweifel welche, die man ernst nehmen muß —, und wir wollen b) jetzt mehr Radwege bauen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Nur: Wenn nur ein Minimum von dem, was an Anträgen gestellt worden ist, um Radwege zu bauen, verwirklicht werden konnte, dann, meine ich, sollte der Minister mit seinen Aussagen etwas zurückhaltender sein, denn dies ist eine Irreführung der Öffentlichkeit.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wiederum eine Irreführung!)

Und dann — dies ist ganz interessant, meine Damen und Herren, die Sie nicht dem Verkehrsausschuß angehören — kommen Kollegen aus der SPD-Fraktion und sagen: Nun j a, wenn die Straßenbaufirmen mit ihren Maschinen nicht ausgelastet sind, dann können die ja jetzt Radwege bauen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das war aber ein Hamburger, der Herr Duve!)

Stellen Sie sich einmal vor, eine Maschine, die dazu ausgelegt ist, eine zweispurige Autobahn zu bauen, würde jetzt für den Bau eines Radweges eingesetzt. Ob der auch zweispurig werden soll, daß weiß ich nicht. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, wie man eine solche Maschine wirtschaftlich so einsetzen kann.

(Zuruf von der CDU/CSU: Duve kann alles!)

Ein weiteres zumindest in den Reden draußen immer von Herrn Minister Hauff dargestelltes Lieblingskind sind die Ortsumgehungen. Man sagt: Wir wollen weniger neue Straßen bauen, dafür aber mehr Ortsumgehungen. Der Bürger soll Ruhe haben; er soll, wenn er Feierabend hat, nicht noch durch Straßenlärm beeinträchtigt werden. — Bis dahin sind wir bereit, dieser Auffassung zu folgen. Darüber hat es im Verkehrsausschuß nie einen Zweifel gegeben. Nur: Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß im vergangenen Jahr, im Berichtszeitraum — dies können Sie in der amtlichen Drucksache des Ministers nachlesen —, 136 Maßnahmen zum Bau von Umgehungsstraßen zur Durchführung angemeldet worden sind und — nun hören Sie gut zu — ganze 13 begonnen wurden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Weniger als 10 %!)

So geht es wohl nicht: Man kann nicht bei allen Verkehrsverbänden so tun, als würde man eine solide in die Zukunft weisende Politik betreiben, und wenn man dann das Ganze einmal auf die Wirklichkeit hin überprüft, dann kommen Zahlen heraus, über die es sich eigentlich gar nicht zu reden lohnt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Hauffs Verkehrsmärchen!)

Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Ich finde, es ist schon wichtig für uns alle, auch einmal die Frage zu prüfen, welches Verhältnis dieser Minister zu Entscheidungen des Deutschen Bundestages und zu den vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetzen hat. Was will ich damit sagen? Wir haben im Juni des vergangenen Jahres das Straßenbaugesetz — für die nächsten fünf Jahre gültig — nach langwierigen Beratungen im Verkehrsausschuß novelliert. Das hat den Verkehrspolitikern sehr viele schlaflose Nächte bereitet. Wir waren am Ende froh, daß wir das Ganze einigermaßen unter Dach und Fach gebracht hatten. Nachdem die Bundestagswahl den Ausgang genommen hatte, den sie nahm — übrigens finden Sie heute kaum noch jemanden, der schuld daran sein will, daß die Bundestagswahl so ausgegangen ist, wie sie ausgegangen ist —, kam plötzlich Herr Hauff so in dem Stil: „Hoppla, hier bin ich" und sagte: Was juckt mich das Gesetz des Bundestages; ich mache etwas völlig anderes. Das, was da beschlossen worden ist, entspricht nicht der Wirklichkeit. Hier hat mein Vorgänger falsche Zahlen genannt, das kann alles nicht so bleiben. Ich werde etwas völlig anderes machen. — Meine Damen und Herren, so geht man mit Beschlüssen des Bundestages um.
Hinzu kommt, daß wir in der Zwischenzeit eine Vorlage im Verkehrsausschuß haben, mit der wir uns beschäftigen müssen und von der kein Jurist sagen kann, welche Qualität diese Vorlage hat: ob das der Entwurf einer Verordnung oder ob das eine Gesetzesnovelle ist oder nicht. Der Herr Minister in seiner Allzuständigkeit behält sich vor, allein zu entscheiden, welche Straßen denn nun gebaut und welche nicht gebaut werden.
Dieser Politik, meine Damen und Herren, dieser insbesondere nur in der Öffentlichkeit vorgetragenen Politik können und werden wir unsere Zustimmung nicht geben. Wir werden — wie in der Vergangenheit, Herr Minister — Ihre besondere Art der Verkehrspolitik mit besonders kritischen Augen beobachten. — Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Und Sie werden kopfstehen!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906503800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Topmann.




Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0906503900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Milz

(Straßmeir [CDU/CSU] und Hanz [Dahlen] [CDU/CSU]: Des Kollegen Milz!)

— des Kollegen Milz — haben wenig mit dem Tagesordnungspunkt zu tun gehabt, der uns vorgegeben ist,

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Straßenbau!)

nämlich Straßenbaubericht 1980.

(Zuruf von der FDP: Er hat das Thema verfehlt!)

— Natürlich, und deshalb waren die Ausführungen ja auch schlecht.

(Tillmann [CDU/CSU]: Das meinen Sie, Herr Kollege Topmann!)

Herr Kollege Milz, Sie haben hier versucht, sich einen Popanz aufzubauen und sind zunächst einmal —(Pfeffermann [CDU/CSU]: Also, bauen Sie
einmal bei der Regierung noch einen neuen
Popanz auf!)
— Herr Pfeffermann, wenn wir Sie in unseren Reihen hätten, würde uns das sicherlich möglich sein. Sie sollten sich einmal bemühen, Beiträge zur Sache und nicht zur Polemik zu liefern.

(Beifall bei der SPD und der FDP) Denn eines ist uns heute morgen klargeworden:


(Zuruf von der [CDU/CSU]: Da sind wir einmal gespannt!)

daß die Union auch im Bereich der Verkehrspolitik
— anders als bisweilen im Ausschuß — offensichtlich davon Abschied genommen hat, hier nach gemeinsam zu tragenden Lösungen zu suchen. Ich habe, verehrter Herr Kollege Milz, hier nicht einen konstruktiven Vorschlag gehört, sondern Sie haben sich lediglich mit einer polemisch ausgestatteten Zustandsbeschreibung zufriedengegeben.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Ist der Straßenbaubericht keine Zustandsbeschreibung?)

Ich stelle anheim, inwieweit uns das verkehrspolitisch weiterbringen kann.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Seit wann brauchen Sie uns?)

Wir jedenfalls — das möchte ich hier ausdrücklich betonen — begrüßen die im Straßenbaubericht des Jahres 1980 aufgeführten Auswahlkriterien für neu zu beginnende Maßnahmen. Diese Kriterien entsprechen unseren Vorstellungen, die in der Verabschiedung des Zweiten Änderungsgesetzes zum Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen mit dem anliegenden Bedarfsplan vom 13. Juni 1980 ihren Niederschlag gefunden haben.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Ob der das glaubt?)

— Da müssen Sie den Bericht einmal lesen, Herr Pfeffermann. — In dem Straßenbaubericht wird deutlich, daß der zweite Fünfjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten erfüllt worden ist. 980 Kilometer Autobahnen und 1 306 Kilometer Bundesstraßen konnten von 1976 bis 1980 fertiggestellt werden. Ich meine, das ist ein Ergebnis, auf das wir alle stolz sein können. Dazu haben Sie, verehrter Herr Milz, überhaupt keine Ausführungen gemacht.
Hier setzt auch meine Kritik an dem von Ihnen verfertigten Bericht ein, Herr Milz. Wenn Sie sagen, daß nur 63,6 % der geplanten Bundesautobahnen fertiggestellt worden seien, soll das wohl den Eindruck erwecken, daß der Straßenbau schon in der Zeit von 1976 bis 1980 weit hinter den gesteckten Zielen zurückgeblieben sei. Sie verschweigen in Ihrem Bericht, daß die Übererfüllung des Solls bei den Bundesstraßen, nämlich 115,6 %, dadurch zu erklären ist, daß im Einvernehmen mit den Bundesländern aus dem Kontingent der Autobahnneubaustrecken wesentliche Maßnahmen zu Bundesstraßen herabgestuft worden sind.

(Abg. Milz [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Genau wie Sie habe auch ich eine Zeitbegrenzung, verehrter Herr Milz. Ich kann eine Frage aus den gleichen Gründen nicht zulassen.
Die Zahlen machen deutlich, daß das Weniger im Autobahnneubau durch ein Mehr im Bundesstraßenbau ausgeglichen wird, so daß wir ingesamt auf eine Quote von immerhin 85,6 % der Bauziele des 2. Fünfjahresplanes kommen. Ich meine auch hier, daß wir damit ein gutes Ergebnis erzielt haben.
An dieser Stelle sollte noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß die Bundesrepublik Deutschland mit ihrem fertiggestellten Fernstraßennetz im internationalen Vergleich einen hervorragenden Stand erreicht hat. Das konnten Sie auch mit Ihren polemischen Ausführungen in Richtung des Ministers nicht in Frage stellen. Dies hat doch wohl in erster Linie dazu beigetragen, daß von großen Teilen unserer Bevölkerung dem Straßenbau, auch und gerade dem Bau neuer Autobahnen, zu Recht nicht mehr die hohe Bedeutung beigemessen wird, wie dies in der Vergangenheit der Fall war. Ein Umdenken wurde deshalb auch im politischen Raum erforderlich, um so die Grundlagen unserer Straßenbaupolitik in der Bevölkerung mehrheitsfähig zu halten. Deshalb und wegen der veränderten finanziellen Rahmenbedingungen ist es notwendig, die Prioritäten im Fernstraßenbau der nächsten zehn Jahre innerhalb des 1980 festgestellten Bedarfs neu zu setzen.
Sie, Herr Milz, haben an dieser Stelle eben zu Unrecht den Versuch unternommen, dem Bundesverkehrsminister vorzuwerfen, der festgestellte Bedarf hätte für ihn keine Geltung mehr. Sie wissen genau wie ich, daß der Bundesminister im Verkehrsausschuß ausdrücklich herausgestellt hat, daß der im vorigen Jahr festgestellte Bedarf auch für ihn verbindlich sei.

(Zuruf von der [CDU/CSU]: Nur verhält er sich nicht so!)

Der Bundesverkehrsminister hat diesen Erkenntnissen durch die Aufteilung der Dringlichkeits-



Topmann
stufe I in die Ausbaustufen I a und I b Rechnung getragen, eine Maßnahme, verehrter Herr Milz, die von uns nachdrücklich begrüßt wird.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was bleibt euch auch übrig!)

Mit dieser Aufteilung werden der Tiefbauwirtschaft, den Gemeinden und Regionen die notwendigen Rahmendaten für genauere Investitionsentscheidungen der Zukunft genannt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und wie sehen die aus?)

Gleichzeitig wird damit sichergestellt, daß nur solche Maßnahmen geplant und begonnen werden können, bei denen ein zügiger Baufortschritt im Rahmen der im Straßenbaubericht vorgegebenen Prioritäten finanzierbar ist. Hierdurch werden in der Vergangenheit erkennbare Mängel ausgeräumt, nämlich daß an zu vielen Stellen neu begonnen und dadurch der Verkehrswert einer neuen Straße erst nach langer Zeit erreicht wurde. Auf einen Nenner gebracht bedeutet dies doch folgendes: Wir wollen in der Zukunft weniger Maßnahmen beginnen, dafür die begonnenen Maßnahmen aber schneller abwikkeln. Hierdurch wird sichergestellt, daß MilliardenBeträge über einen längeren Zeitraum nicht nutzlos gebunden werden. Weiterhin kann durch eine sinnvolle Beschränkung der Planung, die durch die Aufteilung der Dringlichkeitsstufe I in die Ausbaustufen I a und I b eingeleitet wird, ein unzulässiger Druck auf den Baubeginn ausgeschlossen werden.
Im Verlauf der bisherigen Debatte ist auch, insbesondere von Herrn Milz, Kritik an der nur schleppenden Abwicklung des Ortsumgehungsprogramms geübt worden. Es ist sicherlich richtig, daß auch wir mit den bisher vorliegenden Ergebnissen nicht zufrieden sind.

(Zuruf von der CDU/CSU: Er hat also doch zur Sache gesprochen!)

Nur sollte man sich dann einmal der Mühe unterziehen — das habe ich bei Herrn Milz vermißt —, nach den Gründen zu suchen, warum diese Ergebnisse heute nicht dem entsprechen, was wir bei der Aufstellung dieses Programms im Jahre 1979 sicherlich erwartet haben.
Die Haushaltskürzungen gegenüber dem zum Zeitpunkt der Programmaufstellung gültigen Finanzplan 1978 bis 1983 haben auch zu Verzögerungen — das muß zugegeben werden — beim Ortsumgehungsprogramm beigetragen. Für die Investitionsansätze im Bereich des Straßenbaus im Haushaltsjahr 1982 beträgt die Differenz zwischen altem und neuem Ansatz rund 900 Millionen DM. Von solchen Kürzungen — wen sollte das überraschen? — sind wegen der Notwendigkeit, laufende Maßnahmen vorrangig zu bedienen, die neu zu beginnenden Investsitionsschwerpunkte, u. a. auch das Ortsumgehungsprogramm, überproportional betroffen worden.
Die Haushaltskürzungen — auch das muß hier einmal gesagt werden — erklären jedoch nur zu einem, wenn Sie so wollen, geringen Teil den schleppenden Programmablauf. Wesentlich ist die ungenügende Baureife vieler Maßnahmen. Diese wird insbesondere von planungsrechtlichen Schwierigkeiten beeinflußt, aber auch durch die Disposition der Länder über ihre eigenen Planungskapazitäten.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Das können Sie aber von Bayern nicht sagen!)

— Das gilt auch in Bayern.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Das ist eine Unwahrheit!)

Programmatische Investitionsschwerpunkte des Bundes müssen doch wohl zwangsläufig ihr Ziel verfehlen, wenn die Länder ihre Planungskapazitäten nicht oder nur zögernd auf diese neuen Ziele auszurichten bereit sind.

(Beifall bei der SPD — Milz [CDU/CSU]: Ist das jetzt in Nordrhein-Westfalen auch so?)

— Ich habe von allen Bundesländern gesprochen. Auch in Nordrhein-Westfalen bestehen die Schwierigkeiten. Natürlich ist das so.

(Milz [CDU/CSU]: Immer noch?)

Die Schwierigkeiten bestehen auch dort, weil man sich bisher zuwenig, glaube ich, bemüht hat, auf die Landesstraßenbauämter, auf die zentralen Baubehörden stärker als bisher politisch einzuwirken, daß es hier nicht darauf ankommt, bestimmten Architekten und Bauplanern bestimmten Vorrang einzuräumen, sondern dem politischen Wollen und Willen des Parlaments und des Bundesverkehrsministers. Darauf kommt es doch an.

(Beifall bei der SPD — Abg. Dr. Jobst [CDU/ CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Verehrter Herr Kollege Jobst, dasselbe, was Herr Milz für sich in Anspruch genommen hat, muß ich leider in Anspruch nehmen, obwohl ich gern eine sicherlich hochqualifizierte Frage beantworten würde.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Sie kneifen!)

Als Beleg hierfür kann ich feststellen, daß die im Jahre 1977 im ZIP aufgenommenen Ortsumgehungsprojekte bis heute zu einem Drittel noch nicht begonnen wurden. Das ist sicherlich nicht die Schuld des Verkehrsministers. Es ist sicher auch nicht die Schuld des Deutschen Bundestags und des Verkehrsausschusses. Es liegt vielmehr daran, daß man diesen Maßnahmen in den Ländern bis zum heutigen Tage nicht die Bedeutung eingeräumt hat, die wir ihnen gern einräumen würden.

(Beifall bei der SPD — Milz [CDU/CSU]: Auch in Nordrhein-Westfalen?)

— Mein Gott, was verlangen Sie denn noch, verehrter Herr Milz! Ich hatte eben doch deutlich meine Meinung dazu zum Ausdruck gebracht. Sie sollten hinhören und nicht nur auch vom Platz aus in Polemik machen wollen.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Ist denn in den letzten Jahren soviel Geld übriggeblieben?)

Weil wir auch und gerade nach dem Verlauf der heutigen Debatte den Eindruck gewinnen konnten,



Topmann
daß in einigen Bundesländern nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, daß die vom Bundesverkehrsminister gesetzten neuen Investitionsschwerpunkte, die unsere volle Unterstützung finden, von den Länderbehörden nahtlos eingehalten werden, möchten wir eigentlich den Bundesverkehrsminister dazu ermuntern, Erfolgskontrollen einzuschalten. Dabei denken wir daran, daß regelmäßige Erfolgskontrollen über den Planungsstand durchzuführen wären. In diesem Zusammenhang wären die Länder dann gehalten, wenigstens die Ursachen für eventuelle Planungsrückstände offenzulegen.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU]: Sie tun ja so, als hätten wir Geld!)

— Ich komme noch dazu, verehrter Herr Dr. Schulte.
Wir würden es im übrigen begrüßen, wenn der Bundesverkehrsminister bei der Fortschreibung des Ortsumgehungsprogramms künftig auch die großen — oder sagen wir: die größeren — Ortsumgehungen in den Titel 741.27 aufnähme. Damit — das ist jedenfalls unsere Auffassung — würde auch gegenüber der Öffentlichkeit verdeutlicht, daß auch Ortsumgehungen mit einem höheren finanziellen Aufwand dieselbe verkehrspolitische Bedeutung haben.
Herr Kollege Milz, Sie behaupten in Ihrem Bericht u. a., daß der starke Rückgang des Straßenbaus in den vor uns liegenden Jahren zu Lasten verkehrsferner und strukturschwacher ländlicher Räume gehe,

(Hanz [Dahlen] [CDU/CSU]: So ist es!)

daß dadurch auf bestimmten Autobahnabschnitten vermehrt Stauungen mit entsprechenden volkswirtschaftlichen Verlusten entstünden oder aber nicht abgebaut würden. Diese Aussagen werden von uns jedenfalls in dieser Einseitigkeit nicht geteilt.
Dabei wird offenbar bewußt oder unbewußt verschwiegen, daß es gerade in Städten und Gemeinden tagtäglich zu sehr viel größeren Stauungen kommt. Die Entlastung dieser Städte und Gemeinden kann aber am besten durch Ortsumgehungen erreicht werden. Dies wird in dem heute zur Behandlung anstehenden Straßenbaubericht richtig und entsprechend bewertet. Wir werden dabei einen Großteil der vorhandenen Mittel so einsetzen, daß die bestehende verkehrliche Infrastruktur deutlich verbessert wird.
Es ist eine Binsenweisheit, Herr Milz — daran kommen wir nicht vorbei —, daß ein Autobahnneubau sehr viel mehr Geld verschlingt, als eine bestehende Bundesstraße durch entsprechende Ortsumgehungen zu verbessern. Das ist der entscheidende Punkt, und hier gilt das, was ich bislang schon zur Ortsumgehung gesagt habe. Gerade der ländliche Bereich wird durch das Ortsumgehungsprogramm stärker als der städtische Bereich begünstigt. Die Menschen in diesen Gebieten warten auf diese Maßnahmen, die sowohl Autofahrern als auch Fußgängern und der Bevölkerung allgemein in den betreffenden Städten und Gemeinden gleichermaßen eine Verbesserung bringen. Demgegenüber werden die
Zentren der Großstädte und der Ballungsgebiete durch den verstärkten Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs besser erschlossen.
Der Haushaltsansatz für den Bundesfernstraßenbau — das habe ich bei Ihnen soeben vermißt — kann nicht losgelöst von der allgemeinen Haushaltssituation betrachtet werden. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie fordern lautstark ein höheres Auftragsvolumen für die Straßenbauwirtschaft, um freiwerdende Kapazitäten abbauen zu helfen, quasi ein Investitions- oder ein Beschäftigungsprogramm. Im gleichen Atemzug bekunden Sie wieder einmal genauso lautstark, daß die Staatsausgaben keinesfalls durch wie auch immer geartete Maßnahmen erhöht werden dürfen, sondern vielmehr und rigoroser als bisher Subventionen — nach Ihrer Vorstellung sicherlich auch Sozialleistungen —

(Zuruf von der CDU/CSU: Das habt ihr machen müssen!)

gestrichen werden müssen. Wo bleibt hier denn eigentlich die Logik?
Ich will gern noch einmal darauf hinweisen, daß man mit uns Sozialdemokraten in dieser auch für die Tiefbauwirtschaft schwierigen Zeit über beschäftigungsfördernde Maßnahmen sprechen kann. Wir haben nie ein Hehl daraus gemacht. Wenn Sie aber schon derartige Forderungen aussprechen, dann machen Sie bitte auch gleichzeitig realistische Dekkungsvorschläge! Aber es ist inzwischen leider auch in diesem Bereich schon Tradition geworden, daß sich Ihre Arbeit in der Problemdarstellung erschöpft

(Zuruf von der CDU/CSU: Wozu regiert ihr denn?)

und nicht, wie es die Bevölkerung eigentlich auch von Ihnen erwartet, auch das gemeinsame Bemühen um Lösungsmöglichkeiten umfaßt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Im übrigen ist durch den neuen Prioritätenkatalog sicherlich auch ein Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung geleistet worden. Ich verkenne zwar nicht die Tatsache, daß die Reduzierung der entsprechenden Straßenbaumittel von etwa einer Milliarde DM jährlich zur Freisetzung von Arbeitsplätzen führen kann, möglicherweise schon geführt hat.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Zu Entlassungen führt das!)

Jedoch wird durch die von uns geforderten Schwerpunkte im Bundesfernstraßenbau der derzeitige Beschäftigungsgrad eher als durch eine stärkere Forcierung des Neubaues von Autobahnen zu halten sein.
Wenn Sie auch die Reduzierung des Haushaltsansatzes für den Straßenbau beklagen, Herr Kollege Milz, so möchte ich Ihnen hier mit aller Deutlichkeit sagen, daß diese eine Milliarde DM als Investitionsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr und die Deutsche Bundesbahn dem Verkehrshaushalt insgesamt erhalten geblieben ist, der im übrigen mit mehr als 12 Milliarden DM immer noch der



Topmann
größte Investitionshaushalt des Bundes ist. Wir gehen beispielsweise davon aus, daß die Tiefbauwirtschaft flexibel genug ist, ihre nicht genutzten Kapazitäten stärker auf diese Bereiche auszurichten.
Ich komme zum Schluß. Schließlich möchte ich noch einige Worte zu der bei den Ausschußberatungen vorgebrachten Kritik der CDU/CSU zur Bürgerbeteiligung an der Planung von Bundesfernstraßen sagen. Wir stimmen mit den Vorstellungen des Bundesverkehrsministers völlig überein, der die Linienbestimmung von künftig zu bauenden Bundesfernstraßen davon abhängig machen will, daß die Bürger in allen Phasen der Planung informiert und beteiligt werden. Nur eine rechtzeitige Beteiligung der Bürger sichert später einen zügigen und reibungslosen Bauablauf.

(Zuruf von der CDU/CSU: Es müssen also alle zustimmen?)

Ich lege Wert auf die Feststellung, daß nach meinen bisherigen Erfahrungen überall dort, wo dieser Forderung Beachtung geschenkt wurde, auch durch Beteiligung von Bürgerinitiativen, die überwältigende Mehrheit der betroffenen Bürger bereit war, die geplante Maßnahme mit zu unterstützen.
Ich darf namens der SPD-Fraktion abschließend betonen, daß die im Straßenbaubericht 1980 aufgeführten neuen Perspektiven unsere volle Unterstützung finden.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906504000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Merker.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Der wird jetzt einiges richtigstellen!)


Rolf Merker (FDP):
Rede ID: ID0906504100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Jobst, Sie können davon ausgehen, daß ich einiges richtigstellen werde, zumal mir die Rede des Kollegen Milz heute morgen wieder einmal bewiesen hat, daß die Opposition immer noch nichts dazugelernt hat.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Sie haben die Zeichen der Zeit, meine Kollegen, immer noch nicht erkannt. Sie träumen immer noch davon, daß Sie diese Bundesrepublik in eine Betonlandschaft verwandeln können.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: So ein ausgemachter Quatsch! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das geht doch so nicht!)

Diesen Traum werden wir nicht mitmachen. Sie übersehen nämlich — —(Straßmeir [CDU/CSU]: Von Ihren Lehren
wollen wir auch nichts annehmen!)

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906504200
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter.
Herr Abgeordneter Pfeffermann, das können Sie sich denken, aber aussprechen dürfen Sie es hier nicht. Das ist unparlamentarisch.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Herr Präsident, ich nehme es zurück! Ich sage „Unsinn", ausgemachter Unsinn! Danke, Herr Präsident!)

— Sie können j a darauf antworten und einen Gegenbeweis antreten.

Rolf Merker (FDP):
Rede ID: ID0906504300
Herr Präsident, ich bedanke mich dafür. Ich muß gestehen, ich habe akustisch den Zwischenruf nicht mitbekommen. Aber nach diesem Zwischenspiel werde ich ihn natürlich mit großer Freude im Protokoll nachlesen.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Ich hatte „Quatsch" gesagt!)

— Quatsch? Ach Gott, das hätte ich gar nicht einmal übelgenommen, Herr Präsident; da bin ich von dem Kollegen Pfeffermann aus dem Ausschuß etwas ganz anderes gewohnt.

(Heiterkeit bei der SPD)

Meine Kollegen von der Opposition, Sie übersehen nämlich bei Ihrer Kritik an dem, was im Straßenbaubericht 1980 der Bundesregierung vorgetragen worden ist, völlig, daß wir inzwischen ein Straßennetz haben, eine Infrastruktur im Straßenbereich, um das uns nahezu die gesamte Welt beneidet. Ich glaube, daß wir mit unserem Straßennetz — wenn wir Amerika ausnehmen — ein Beispiel in der ganzen Welt darstellen können. Der Straßenbaubericht 1980 ist ja nicht nur — —

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906504400
Herr Abgeordneter Merker, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Rolf Merker (FDP):
Rede ID: ID0906504500
Ja, ich will doch die Sitten, die der Kollege Milz eingeführt hat, hier nicht weitertreiben.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0906504600
Herr Kollege Merker, wenn Sie von diesem ausgezeichneten Straßenbaunetz in der Bundesrepublik sprechen, was teilweise zutrifft, und auf andere Länder verweisen, frage ich Sie: Gibt es diese großen Staus in den Ferienmonaten mit den unmenschlichen Folgen für die Betroffenen auch in anderen Ländern in der Weise wie in der Bundesrepublik Deutschland auf unseren Straßen?

(Zuruf von der SPD: Sie können doch nicht die Straßen für den Spitzenbedarf ausbauen!)


Rolf Merker (FDP):
Rede ID: ID0906504700
Herr Kollege Dr. Jobst, ich weiß ja
— das knüpft an das an, was ich zu Ihnen gesagt habe —, daß Sie immer noch davon träumen, ein Straßennetz in dieser Bundesrepublik herstellen zu können, das auch einer solchen kurzfristigen Spitzenbelastung gewachsen ist. Diesen Traum, Herr Kollege Dr. Jobst, werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Da der Straßenbaubericht 1980 auch gleichzeitig der Abschluß des zweiten Fünfjahresplanes ist, ist es, glaube ich, erlaubt, auch einmal einen Blick auf



Merker
die Leistungen zurückzuwerfen, die innerhalb der beiden Fünfjahrepläne geleistet worden sind. Meine Vorredner haben zu Recht darauf hingewiesen, was denn nun an Leistungen innerhalb des Jahres 1980 gemacht worden ist. Ich will ein klein wenig weiter zurückgehen und darauf hinweisen, daß wir in dieser Zeit zwischen 1971 und 1980 immerhin 3 000 km neue Autobahnen und 2 600 km neue Bundesstraßen gebaut haben. Damit haben wir insgesamt ein Straßennetz, das 7 500 km Autobahn und 32 000 km Bundesstraßen umfaßt.
Aber diese Entwicklung, die ich begrüße — ich möchte da überhaupt kein Mißverständnis aufkommen lassen —, hat natürlich ihre Kehrseite. Die Kehrseite heißt ganz eindeutig, daß wir mit dem hervorragenden Straßennetz, das wir geschaffen haben, auch einen Beitrag zum Rückgang des öffentlichen Personenverkehrs geleistet haben. Wir sollten uns durchaus mal sehr selbstkritisch vor Augen halten, daß wir im öffentlichen Verkehr bei der Bundesbahn und in anderen öffentlichen Verkehrsleistungen, insbesondere im Personennahverkehr, es mit einer Entwicklung zu tun haben, die innerhalb von 20 Jahren zu einem Rückgang von nahezu 80 % auf knapp 20 % geführt hat. Diese Entwicklung sollte uns Anlaß sein, darüber nachzudenken, ob nicht bei dem Auseinanderdriften der Leistungen im öffentlichen Verkehr und im privaten Verkehr jetzt endlich ein Stillstand kommen und versucht werden muß, diese Schere zu schließen.
Wir kommen bei diesem Nachdenken zwangsläufig zu der Auffassung, daß es erforderlich ist, im Bereich des Straßenbaus neue Schwerpunkte zu setzen. Die FDP sagt dies übrigens schon seit Jahren. Ich merke in Klammern an: Wenn die Opposition uns dabei gefolgt wäre, wäre uns heute die eine oder andere unangenehme Diskussion im Zusammenhang mit der Kapazitätsauslastung bei der deutschen Bauindustrie erspart geblieben.
Ich weise aber ausdrücklich darauf hin, daß auch die FDP mit großer Sorge die derzeitige Entwicklung sieht, soweit die deutsche Bauwirtschaft davon betroffen ist. Wir haben allerdings schon seit Jahren darauf hingewiesen, daß wir den Straßenbau der letzten Jahrzehnte nicht ohne Korrektur auf die vor uns liegenden Jahrzehnte übertragen können und daß wir zu einer Kapazitätsanpassung auch in der deutschen Bauindustrie in diesen Jahren kommen müssen. Wir können die Kapazitäten, die sich in den vergangenen Jahrzehnten im Straßenbau entwikkelt haben, für die nächsten Jahre ganz einfach nicht aufrechterhalten. Aber diese Anpassung muß behutsam geschehen. Wechselbäder kann unsere Wirtschaft dabei nicht vertragen.
Ich gestehe Ihnen gern zu, daß wir zur Zeit in einer Phase sind, wo wir ein Maß erreicht haben, das wir alle miteinander nicht mehr vertreten können. Einen Sturzflug jedenfalls können wir uns nicht leisten. Wir sollten alle miteinander dazu beitragen, daß wir die notwendige Anpassung in diesem Bereich durch einen Gleitflug erreichen.
Dazu gehört aber auch, daß wir miteinander etwas ehrlicher umgehen und nicht nach außen den Eindruck erwecken, wie Sie es mindestens vor zwei Jahren bei der Beratung des Bedarfsplans noch gemacht haben, als könnten wir diesen Straßenbau in diesem Umfang in den nächsten Jahren und Jahrzehnten fortführen. Ich sage noch einmal: Wir müssen zu einem Abbau der Kapazitäten kommen. Dabei muß es unser Ziel sein, diesen Abbau mit einer größtmöglichen Verstetigung, wenn auch auf einem niedrigen Niveau, zu erreichen.
Dabei wird es selbstverständlich auch zu Umschichtungen kommen. Ich glaube, Herr Kollege Milz, es ist ein großes Mißverständnis, wenn Sie hier irgend jemandem unterstellen, er habe gesagt, daß die Maschinen, mit denen in der Vergangenheit Autobahnen gebaut wurden, nunmehr und in Zukunft benutzt werden sollen, um Radwege zu bauen.

(Zuruf des Abg. Milz [CDU/CSU])

— Das ist doch eine Überzeichnung, die völlig unzulässig ist.
Es wird selbstverständlich zu einer Verschiebung der Kapazitäten kommen. Das ist völlig klar. Man kann sich natürlich mit diesen maschinellen Investitionen in Zukunft auch auf den Bau von Bundesstraßen konzentrieren. Von den Bundesstraßen wird es zu einer Kapazitätsverschiebung in die Bereiche der Gemeinde- und Kommunalstraßen kommen. Ich weise darauf hin, daß es im Tiefbaubereich zu Umschichtungen und Kapazitätsverschiebungen selbstverständlich auch in völlig andere Bereiche kommen wird. Ich nenne z. B. die, wie ich finde, dringend erforderlichen Investitionen im Bereich der Fernwärme oder auch des Ausbaus des Kabelnetzes.
Wir bemühen uns, diese Klarheit auch für die deutsche Bauwirtschaft zu erreichen. Deshalb begrüßen wir die Vorstellung des Bundesministers, die Dringlichkeit der Straßenbaumaßnahmen in die zwei Baustufen 1 a und 1 b zu unterteilen. Dieses Vorhaben der Bundesregierung unterstützen wir ausdrücklich.
Wir unterstützen ihn auch dabei, bei der Festsetzung neuer Dringlichkeiten neue Schwerpunkte zu setzen. Für uns ist völlig klar, daß die Bemühungen um die Beseitigung von Unfallschwerpunkten absoluten Vorrang haben müssen. Das gilt auch für den Bau für Ortsumgehungen. Ich stimme Ihnen übrigens darin zu, daß das, was 1980 geschehen ist, völlig unzureichend ist. Wir müssen in diesem Bereich in den nächsten Jahren sehr viel stärkere Anstrengungen machen, zumal da der Bau einer Ortsumgehung ein ganz wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz ist, weil sie den innerstädtischen Verkehr entlastet.
Wir werden auch dazu kommen müssen, unser Straßennetz auf die notwendige Schließung von Lücken zu überprüfen. Erst dann werden wir uns daranmachen können, großflächige neue Straßen zu schaffen.
Für besonders wichtig halten die Freien Demokraten das von der Bundesregierung beabsichtigte Programm für den Bau von Radwegen. Wir begrüßen die Erklärung der Bundesregierung außerordentlich, sie werde noch in diesem Jahr ihr Radwe-



Merker
geprogramm vorlegen. Ich gehe davon aus, daß darüber dann im Bundestagsausschuß für Verkehr diskutiert werden kann — in ähnlicher Weise, wie wir das im Zusammenhang mit den Fernstraßen gemacht haben —, damit wir endlich einmal einen Begriff von den Bemühungen und Anstrengungen bekommen, die die Bundesregierung auf diesem Gebiet macht. Ich meine, daß die Bereitstellung von 65 Millionen DM alleine für Radwege an Bundesstraßen, die in der Baulast des Bundes liegen, ein ganz guter Erfolg ist. Wenn die Länder und Kommunen in der gleichen Weise ihren Beitrag leisten würden, hätten wir die Chance, glaube ich, neben dem Bundesfernstraßen- und Autobahnnetz in dieser Republik auch noch ein gut funktionierendes Radwegenetz zu errichten.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich will auf einen Punkt zu sprechen kommen, der uns Liberalen ganz besonders am Herzen liegt und der mit einer etwas unterschiedlichen Tendenz von Herrn Milz — er hat sich dazu sehr kritisch geäußert — und von Herrn Topmann — er hat das wie wir positiv gesehen — schon angesprochen worden ist. Ich spreche von der Bürgerbeteiligung. Die CDU/CSU hat die Bürgerbeteiligung im Verkehrsausschuß ausdrücklich kritisiert, und Herr Milz hat die Bedenken zu diesem Plan heute morgen ebenfalls vorgetragen. Für die Freie Demokratische Partei sage ich ausdrücklich: Wir begrüßen die Erklärung des Bundesministers, daß in Zukunft keine Linienbestimmung für Bundesfernstraßen oder Autobahnen in seinem Hause mehr erfolgen wird, wenn vorher nicht eine Bürgerbeteiligung in ausreichendem Maße stattgefunden hat.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, teilen wir nicht die Skepsis, daß damit eine unzumutbare Verzögerung im Straßenbau auftrete. Im Gegenteil: Wir sind der Auffassung, daß durch die frühzeitige Einbeziehung der Meinung der Bürger eine Konfrontation vermieden werden kann, die sich sonst später entwickeln könnte. Wir bedanken uns, daß hiermit eine von den Freien Demokraten seit langem vertretene Forderung endlich erfüllt worden ist. Ich habe noch nie einen Planer erlebt, meine Damen und Herren von der Opposition, der so arrogant gewesen wäre zu glauben, daß seine Planungen durch einen intensiven Meinungsaustausch mit den Betroffenen nicht noch verbessert werden könnten.
Zuzustimmen ist Ihnen selbstverständlich, daß den Bürgern, den einzelnen Bürgerinitiativen natürlich keine Entscheidungskompetenz zukommen werden kann. Das ist doch selbstverständlich. Ich verstehe daher gar nicht, weshalb Sie gegen dieses Verfahren Bedenken haben, wenn doch gleichzeitig erklärt wird, daß das lezte Wort natürlich die gewählten Räte in den jeweiligen Kommunen haben.
Ich habe mir noch ein paar Stichworte notiert, aber ich will darauf verzichten, sie anzusprechen, weil ich noch mit einigen Sätzen auf den Kollegen Milz eingehen will. Er hat den Bundesminister in ziemlich scharfer Weise wegen seiner Bemühungen
angegriffen, die im vergangenen Jahr beschlossene Dringlichkeitsstufen neu zu gestalten und die Stufe I des Bedarfsplans in zwei Baustufen zu unterteilen. Herr Milz, ich finde es ziemlich schlimm — ich unterstelle, daß der Bundesminister dazu gleich selber noch etwas sagen wird —, daß Sie den Eindruck erwecken, als mißachte er Beschlüsse, die der Bundestag im vergangenen Jahr einmütig gefaßt hat. Ich will Sie jetzt einmal an ein privates Gespräch erinnern, Herr Kollege Milz, das wir beide vor wenigen Tagen geführt haben. Sie sind, wie ich durchaus zugebe, mit einem vernünftigen Vorschlag zu mir gekommen, nämlich für Ihre — ich will einmal sagen — Lieblingsstrecke oder auch Prestigestrecke eine Lösung unter den derzeit geltenden finanziellen Rahmenbedingungen zu suchen. Dieses Bemühen unterstütze ich; das habe ich ausdrücklich gesagt. Aber das darf doch wohl nicht nur für die B 256 n gelten.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Mit Blick auf die B 256 n haben wir im vergangenen Jahr Beschlüsse gefaßt, die wir jetzt gemeinsam auf ihre Praktikabilität hin überprüfen wollen, um das Beste herauszuholen. Aber das gilt doch für alle Straßenbaumaßnahmen in dieser Republik. Deswegen verstehe ich nicht, weshalb Sie ausgerechnet bei diesem Punkt mit solch einer Polemik reagiert haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich möchte zusammenfassen, indem ich noch einmal auf einige Schwerpunkte hinweise, auf die ich im Verlauf meiner Ausführungen eingegangen bin. Wir sind der Auffassung, daß die Aufgaben, die im Straßenbau vor uns liegen, in erster Linie unter dem Stichwort zusammengefaßt werden können: zunächst einmal kontinuierlicher Ausbau des bestehenden Straßennetzes, Beseitigung von Unfallschwerpunkten, Bau von Ortsumgehungen, Bau von Radwegen. Dabei wird es zu Umschichtungen der Investitionsmittel nicht nur innerhalb des Straßenbaubereiches kommen — darauf habe ich eben hingewiesen —, sondern es wird auch zu Umschichtungen bei den Investitionen für den Straßenbau im Verhältnis zu den Investitionen im öffentlichen Personennahverkehr und bei der Deutschen Bundesbahn kommen.
Dies, meine Damen und Herren, sind Schwerpunkte einer modernen Verkehrspolitik. Die Bundesregierung ist auf dem rechten Wege. Wir folgen ihr dabei.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906504800
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verkehr.

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0906504900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf der heutigen Tagesordnung steht ein Bericht für einen Zeitraum der Verkehrspolitik, in dem ich noch nicht unmittelbare Verantwortung getragen habe. Deswegen fällt es mir leicht, festzustellen, daß dieser Bericht beachtliche Leistungen des Bundes im Bereich des Straßenbaus im zweiten Fünfjahresplan, also zwischen 1976 und 1980, dokumentiert.



Bundesminister Dr. Hauff
Auf das in diesem Bericht Dargestellte, auf das Erreichte können wir selbstbewußt zurückblicken, auch wenn die Opposition so tut, als klaffte eine große Lücke im deutschen Fernstraßennetz. Das ist nicht so. Das Fernstraßennetz in der Bundesrepublik hat einen hervorragenden Ausbaustand.
Auf Ihre Frage, Herr Jobst, wie es eigentlich mit den Spitzenlasten während der Ferienzeiten sei, möchte ich Ihnen nur sehr kurz und klar sagen: In einem Gespräch, das ich vor kurzem mit dem Vorstand des Verbandes der deutschen Automobilindustrie gehabt habe, habe ich die Frage aufgeworfen, ob sich unser Land Investitionen leisten kann, um Spitzenlasten während weniger Monate des Sommers abzudecken. Die einhellige Meinung der dort versammelt gewesenen Herren — die verstehen auch ein bißchen vom Straßenbau — war: Nein, das können wir uns nicht leisten. Das sind Herren, die ein bißchen davon verstehen, auch davon, wie Kosten-Nutzen-Analysen aussehen.
Wir brauchen mit unserem Straßennetz überhaupt keinen internationalen Vergleich zu scheuen. Kein vergleichbarer Flächenstaat in Europa hat ein so gut ausgebautes Straßenverkehrsnetz. Mit den rund 3 000 km Autobahnen, die im letzten Jahrzehnt gebaut wurden, haben wir mit unserem Straßennetz einen notwendigen und großen Sprung nach vorn getan. Das geht auch auf die Bemühungen von Herrn Leber zurück.
Heute kann mit Stolz gesagt werden: Wir haben ein fast flächendeckendes Bundesfernstraßennetz. 55 % aller Autobahnen, meine Damen und Herren, die nach dem Krieg gebaut wurden, sind in den Jahren zwischen 1970 und 1980 gebaut und in Betrieb genommen worden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und wann wurden sie geplant?!)

— Sie wurden natürlich vorher geplant. Aber in dem genannten Zeitraum wurden sie gebaut. Auch das, was jetzt geplant wird, wird erst später gebaut. Das ist völlig selbstverständlich. Lassen Sie uns doch nicht über Selbstverständlichkeiten streiten!
Fast alle Nord-Süd-Magistralen, zum Teil in sechsspuriger Bauweise — ich denke etwa an die Strekken Köln-Frankfurt oder Nürnberg-München —, sind jetzt fertiggestellt. Als letzte wichtige Maßnahme fehlt noch die Verbindung zwischen Würzburg und Ulm.
Aber wir sollten bei der Betrachtung der Straßenbauleistungen nicht nur auf die Quantität, sondern verstärkt auch auf die Qualität schauen.

(Beifall bei der SPD)

Was bedeutet es z. B., wenn in den letzten zehn Jahren rund 1 200 km zusätzliche Fahrstreifen an den Bundesautobahnen gebaut wurden? Es bedeutet ein Mehr an Sicherheit und auch ein Mehr an Wirtschaftlichkeit. Heute sind an vielen Steigungsstrekken ausreichende Fahrstreifen vorhanden, die es ermöglich, langsamere Fahrzeuge zu überholen. Damit ist nicht nur eine der wesentlichen Unfallursachen in unserem Land beseitigt, sondern wird auch die unnötige Energieverschwendung im Stau herabgesetzt. Zudem haben sich die Fahrzeiten verkürzt.
Eines der wichtigsten Bauprojekte der letzten fünf Jahre war die Verbreiterung der Autobahn von Nürnberg nach München auf sechs Fahrstreifen. Diese Strecke hat in den Ferienreisezeiten sehr oft Schlagzeilen gemacht, mehr, als uns allen lieb war.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU]: Also doch: „Ferien"!)

Nach dem Ausbau kann auch hier der Verkehr flüssiger vorankommen. Es ist uns gelungen, Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Autobahnen in den letzten Jahren — das ist völlig unbestreitbar — entscheidend zu verbessern.
In den letzten zehn Jahren ist das Unfallrisiko, gemessen an Unfällen mit Personenschäden, bezogen auf die gefahrenen Kilometer — dies als Maßstab genommen —, auf unseren Autobahnen um über die Hälfte gesunken. Dies ist zweifellos ein Erfolg.
Dennoch kann und will ich mich mit den Zahlen nicht zufriedengeben. Ich glaube, wir sind alle miteinander aufgerufen, weiterhin alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Sicherheit auf unseren Straßen zu verbessern.
Hinter den rund 6,8 Milliarden DM für den Straßenbau im Jahre 1980 verbergen sich auch reale Wirkungen auf die Wirtschaft und auf die in dieser Industrie Beschäftigten. Von diesem Betrag wurden 5,9 Milliarden DM für Investitionen aufgewendet. Das bedeutet, daß rund ein Drittel der Arbeitsplätze in der Straßenbauwirtschaft durch den Bundesfernstraßenbau gesichert wurde, und das wiederum ist fast die Hälfte aller Beschäftigten im Straßenbau. Es ist also auch ein erheblicher Beitrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen geleistet worden.
Bei aller Befriedigung über das Erreichte können wir nicht die Augen davor verschließen, daß sich der Straßenbau in Zukunft nicht mehr in dem Tempo fortsetzen kann, wie er sich in den letzten Jahrzehnten in der Bundesrepublik entwickelt hat. Angesichts des erreichten Ausbaustandards, angesichts der dringend notwendigen Politik des „Weg vom 01", angesichts der Probleme im Bereich des Umweltschutzes, angesichts der doch mit Händen zu greifenden Gefahren der Zerstörung noch vorhandener zusammenhängender Naturgebiete kann das Straßennetz nicht endlos weiter ausgebaut werden. Hier sind Grenzen erreicht.
Aber auch die aktuelle Finanzsituation muß gesehen werden. Der Verkehrshaushalt kann nicht von der Konsolidierung des Bundeshaushalts ausgenommen werden. Wenn die Opposition bei der Diskussion des Straßenbauberichts 1980 im Verkehrsausschuß die Reduzierung der Straßenbaumittel für unvertretbar hält, so ignoriert sie einerseits die veränderten Rahmenbedingungen für die 80er Jahre, sie ignoriert den hervorragenden Ausbaustandard unseres Bundesfernstraßensystems; und andererseits steht die Forderung — Herr Topmann hat schon darauf hingewiesen — nach Erhöhung der Ansätze für Bundesfernstraßen und damit nach ei-



Bundesminister Dr. Hauff
ner Erhöhung des Plafonds im Widerspruch zu der mehrfach bekundeten Absicht der Opposition, keine ausgabenerhöhenden Forderungen zu stellen.
Es fragt sich, wie glaubwürdig diese Forderung eigentlich ist. Wie sehen denn überall dort, wo Sie in den Ländern Verantwortung tragen — die Länder machen ja auch erhebliche Straßenbaumaßnahmen —, die Finanzzahlen aus? Ich habe mir das einmal zusammentragen lassen. Ich will nur ein einziges Land nennen, ein unionsregiertes Land. Ich nehme einmal Baden-Württemberg. Ich vergleiche jeweils die Sollzahlen, damit die Zahlen unmittelbar vergleichbar sind.
Baden-Württemberg hat bei den Ausgaben für Landesstraßen 1979 ein Soll von 649 Millionen DM, 1980 ein Soll von 566 Millionen DM, 1981 ein Soll von 465 Millionen DM.

(Hört! Hört! von der SPD)

Das ist ein Rückgang um sage und schreibe 28,3 % in drei Jahren, meine Damen und Herren. Die Vergleichszahl des Bundes lautet 6,7 %. Wenn Sie also Klage führen, dann sorgen Sie bitte dort, wo Sie Verantwortung tragen, dafür, daß das, was Sie hier fordern, wenigstens dort eingehalten wird!

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906505000
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Milz?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0906505100
Bitte schön, Herr Milz.

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0906505200
Herr Minister, hätten Sie die Güte, uns auch die Zahlen für das sozialdemokratisch regierte Land Nordrhein-Westfalen in der gleichen Deutlichkeit einmal vorzutragen?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0906505300
Das kann ich sehr gern. Ich kann Ihnen auch gern alle Zahlen zur Verfügung stellen. Die Reduktion in NordrheinWestfalen ist etwa halb so hoch wie in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD)

Wir können die Zahlenspielereien gern fortsetzen. Ich sage Ihnen nur: Wenn Sie hier etwas fordern und sagen, auch angesichts der schwierigen Finanzsituation ist es unvertretbar, was im Straßenbau passiert, dann sorgen Sie bitte in den Ländern, wo Sie Verantwortung tragen, dafür, daß das wenigstens dort eingehalten wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Wehner [SPD]: Sehr wahr!)

Sonst entdeckt man nämlich, daß das, was Sie hier machen, Schau ist und nichts mehr mit verantwortlicher Politik zu tun hat.

(Wehner [SPD]: Wir sind ja hier nicht in einer Schießbude!)

Das ist der Punkt, auf den es mir ankommt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0906505400
Herr Bundesminister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0906505500
Herr Minister, wenn Sie von der Finanznot reden — die wir nicht bestreiten —, sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß wir es uns dann insgesamt alle etwas leichter gemacht hätten, wenn Sie von dieser Finanznot, die vor einem Jahr schon da war, bereits damals gesprochen hätten?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0906505600
Ich komme auf das Problem gleich zurück, weil Sie mir den Vorwurf gemacht haben, ich würde die Gesetze nicht achten. Das verlangt eine Antwort. Ich werde darauf kommen.
Der Bundesverkehrswegeplan 1980 ist nach wie vor die Grundlage der Verkehrswegeplanung, Herr Kollege Milz. Ich möchte Sie herzlich darum bitten, daß Aussagen, die ich in völlig unmißverständlicher Weise im Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages gemacht habe, von Ihnen auch in der Plenardebatte zur Kenntnis genommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt überhaupt kein Deuteln an den Festlegungen des Bedarfsplanes. Sie können doch nicht bestreiten, daß wir dort ein Projektvolumen definiert haben, das eine Größenordnung von 63 Milliarden DM hat. Und in § 1 dieses Bedarfsplanes steht: Das wird in den nächsten zehn Jahren verwirklicht.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU]: Es stimmt doch gar nicht, daß das da drinsteht!)

Tatsache ist, daß der Finanzrahmen so aussieht, daß wir für diesen Zeitraum bei der Verabschiedung des Gesetzes 43 Milliarden DM zur Verfügung hatten, und nach heutigen Zahlen sind es 31,5 Milliarden DM.

(Beifall bei der SPD — Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Diese Situation, daß wir einen Finanzrahmen haben — —

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU]: Sie haben doch keine Ahnung!)

— Was ist los, Herr Schulte, daß Sie sich so aufregen?

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU]: Stimmt doch gar nicht! Es steht nicht darin, daß das in zehn Jahren gebaut wird!)

— Lesen Sie den § 1, dann unterhalten wir uns weiter! Offensichtlich kennen Sie das Gesetz, das Sie mit verabschiedet haben, gar nicht.
Wir stehen im Bundesfernstraßenbau deswegen für die 80er Jahre vor einer Akzentverschiebung. Wir werden künftig verstärkt Substanzerhaltung und Qualitätsverbesserung im vorhandenen Netz betreiben müssen. Wir werden die Verkehrssicherheit noch weiter verbessern müssen. Hierzu sollen die Bundesautobahnbetriebsstrecken weiterhin durch Verbreiterung und durch Anbau von Standspuren den Anforderungen angepaßt und auch modernisiert werden.



Bundesminister Dr. Hauff
In der Bundesfernstraßenplanung wird der Bau von Ortsumgehungen ein wesentlicher Schwerpunkt sein, und ich bin sehr dankbar dafür, daß die Probleme, die dabei entstanden sind, sehr offen und ausführlich dargestellt worden sind und daß insbesondere der Kollege Topmann darauf hingewiesen hat, wo hauptsächlich die Ursache für die Schwierigkeiten liegt.
Einen weiteren Schwerpunkt werden wir nach wie vor auf die Beseitigung von Eisenbahnkreuzungen legen, und auch der Bau von Radwegen wird ein Schwerpunkt sein. Wenn Sie, Herr Kollege Milz, das hier anmahnen, wäre es ganz gut, wenn Sie auch dort die schlichten Zahlen und Fakten erwähnen würden. Wir haben zur Zeit an 22 % der Bundesstraßen Radwege. Wir haben an 8 % der Landesstraßen Radwege, und wir haben an 6 % der Kommunalstraßen Radwege. Das heißt, hier gibt es ein klares Gefälle. Trotzdem stehe ich dazu: Noch in diesem Jahr wird der Bundesradwegeplan vorgelegt werden, weil ich das, was mir kürzlich in einer befreundeten Familie vorgekommen ist, für eine bedenkliche Geschichte halte; dadurch ist mir erst klargeworden, was für Probleme damit verknüpft sind. Da haben Eltern ihre Kinder eine mehrwöchige Radtour nicht antreten lassen, weil sie befürchteten, daß der Zustand auf unseren Straßen das nicht ermöglicht. Deswegen muß in der Investitionspolitik ein weiterer Schwerpunkt der Ausbau eines Bundesradwegenetzes sein, ohne daß wir uns der Illusion hingäben, daß dies die Verkehrsprobleme insgesamt lösen könnte.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Aber bei all dem müssen wir die Möglichkeiten der vor uns liegenden Jahre realistisch einschätzen. Deshalb habe ich die Stufe I des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen in die Baustufen I a und I b aufgeteilt, um das, was als Bedarf definiert ist, mit dem in Übereinstimmung zu bringen, was auch tatsächlich finanzierbar ist. Denn heute kann niemand mehr davon ausgehen, daß die Stufe I vor dem Jahr 2 000 verwirklicht werden könnte. Die Baustufe I a enthält dagegen die Projekte, die bis 1990 planungsrechtlich realisiert und finanzwirtschaftlich gesichert begonnen werden können.
Die Arbeiten zur Unterteilung der Stufe I, soweit sie das Bundesverkehrsministerium betreffen, sind abgeschlossen. Die Ergebnisse habe ich dem Verkehrsausschuß und dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages ja am 26. Oktober zugeleitet, und auch die Länder haben die Unterlagen bekommen. Ich habe dem Bundestag meine Grundüberlegungen hierzu bereits zu einem Zeitpunkt dargelegt und begründet, der es möglich macht, daß ich mich im Augenblick sehr kurz fasse.
Wir wollen nur Projekte fördern, die wir auch finanzieren können. Damit werden Bauruinen und zu hohe Kapitalbindungen vermieden. Herr Kollege Milz, das ist doch das eigentliche Problem: daß dann, wenn wir nicht die Kraft haben, zu sagen, es ist nicht alles, was in Stufe I steht, in den nächsten 10 Jahren realisierbar, die riesengroße Gefahr besteht, daß Bauvorhaben begonnen werden und daß Kapital gebunden wird, ohne daß ein Verkehrswert entsteht.
Wer sich gegen die Unterteilung in I a und I b wendet, der plädiert im Grunde genommen — lassen Sie mich das mit aller Schärfe sagen — nicht nur dafür, daß den Bürgern Sand in die Augen gestreut wird, sondern auch dafür, daß Steuergelder verschleudert werden. Das ist der Kernpunkt!

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir wollen für die persönlichen Entscheidungen der Bürger mehr Sicherheit geben. Da werden wir mehr Bürgerbeteiligung brauchen. Ich meine auch nicht, daß Bürgerinitiativen Entscheidungsträger sind, aber wir brauchen mehr Bürgerbeteiligung, und zwar von Anfang an, von der Bedarfsfeststellung über die Linienführung bis zur Vorbereitung der Planfeststellung; in der Planfeststellung selbst gibt es dann j a einen rechtlichen Anspruch. In allen vorlaufenden Phasen müssen die Bürger stärker beteiligt werden, und deswegen haben wir von seiten des Bundes entsprechende Vorschriften gemacht. Das halten wir für erforderlich.
Wir brauchen auch mehr Sicherheit für die Investitionsentscheidungen von Kommunen und Wirtschaft, damit es ein realistisches Bauprogramm gibt, damit Orientierungshilfen da sind.
Wie Sie mich im Zusammenhang mit den Konjunkturprogrammen zitiert haben, das ist völlig falsch. Es kommt darauf an — da bin ich mir völlig einig mit der IG Bau-Steine-Erden und mit dem Hauptverband des Baugewerbes —, daß das Auf und Ab in der Straßenbaupolitik aufhört und daß wir eine kontinuierliche realistische Investitionsplanung haben.

(Vorsitz: Vizepräsident Windelen)


(Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Wer macht denn das Auf und Ab? — Pfeffermann [CDU/CSU]: Im Moment geht es ab! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Deswegen haben wir die Unterteilung vorgenommen. Das ist der Punkt, um den es jetzt geht.
Wir wollen bei der Entwicklung der Bundesverkehrswegeplanung auch stärker berücksichtigen, daß der öffentliche Personennahverkehr einen Nachholbedarf hat. Deshalb zielt unsere Akzentverschiebung auf diesen Investitionsschwerpunkt. Für die 80er Jahre sehe ich deutliche Wachstumsraten im Bereich der Investitionen im Streckennetz der Deutschen Bundesbahn und des öffentlichen Personennahverkehrs. Deswegen steigt im Entwurf des Haushalts 1982 der Ansatz für den öffentlichen Personennahverkehr um über 9 %, obwohl insgesamt im Verkehrsbereich kein Wachstum da ist. Ich halte dies verkehrspolitisch, energiepolitisch und umweltpolitisch für vernünftig.
Für die Bauwirtschaft, für die Beschäftigungssituation im Bausektor sehe ich Probleme, es gibt aber keinen Grund zur Schwarzmalerei. Nach wie vor — Herr Kollege Topmann hat schon darauf hingewiesen — ist der Verkehrshaushalt der größte Investitionshaushalt des Bundes mit rund 12 Milliarden DM. Unter den Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes, unter den Gesamtbedingungen des Haushaltes ist die Aufrechter-



Bundesminister Dr. Hauff
haltung eines Investitionsvolumens von 12 Milliarden DM im Verkehrshaushalt der Jahre 1980/81 und nunmehr auch des Jahres 1982 aus meiner Sicht als ein Erfolg zu werten.
Im Endeffekt ist es dabei für die Beschäftigungssituation der Bauindustrie unerheblich, ob die Investitionsmittel für einen Tunnel im Eisenbahnbau oder im Straßenbau ausgegeben werden. Hier gibt es durchaus Möglichkeiten, mit vergleichbaren Maschinen und Apparaturen zu arbeiten. Man sollte da nicht so extreme Beispiele wählen, wie Sie es getan haben, Herr Kollege Milz. Das hilft nicht weiter.
Im Gegenteil, wenn man einmal den Arbeitsmarkteffekt sorgfältig betrachtet, ist unbestreitbar, daß die Bauprojekte im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs, bezogen auf die Investitionssumme, mehr Menschen Arbeit bieten, als wenn man die gleiche Summe für Autobahnbauten einsetzt. Dies gilt ebenfalls für Ausbaumaßnahmen am Bundesstraßennetz. In der Vergangenheit haben wir gebannt auf die Engpässe im Straßennetz gestarrt und geglaubt, die Hauptantwort bestehe im Neubau von weiteren Strecken. Wir haben nicht ausreichend gesehen, daß in anderen Verkehrszweigen noch Kapazitätsreserven stecken und daß wir sie durch Verknüpfen der verschiedenen Verkehrsträger, der verschiedenen Verkehrssysteme besser erschließen, daß wir sie mobilisieren müssen. Heute sind die Nahtstellen zwischen den einzelnen Verkehrsträgern noch die Schwachstellen im Gesamtverkehrssystem. Hier müssen wir den Hebel ansetzen, um Kapazitätsreserven zu aktivieren. Wir müssen die Straße besser mit den anderen Verkehrsträgern, den anderen Verkehrsmitteln verknüpfen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir eine Schlußbemerkung. Das Bundesfernstraßennetz hat einen hohen Stand erreicht. In den kommenden Jahren wird es sicher noch wachsen müssen, es wird sicherer werden müssen, vor allen Dingen wird es leistungsfähiger werden müssen. Dabei geht Ausbau vor Neubau. Diese Notwendigkeiten dürfen uns aber nicht den Blick für den Strukturwandel versperren, der sich abzeichnet und dem wir nicht ausweichen dürfen. Im Vergleich aller Verkehrswege besteht ein Nachholbedarf der Schiene. Mit Recht gehen wir im Straßenbaubereich davon aus, daß wir unsere Investitionsmaßnahmen in der Vergangenheit am Bedarf der Zukunft orientieren mußten. So ist in diesem Land Straßenbaupolitik erfolgt. Deswegen haben wir ein Straßennetz, das sehr stark an den Bedürfnissen der Zukunft orientiert ist. Wir haben aber ein Schienennetz, das im wesentlichen auf Investitionen zurückgeht, die 50, 60, 70 Jahre zurückliegen. Deswegen müssen dort neue Schwerpunkte gesetzt werden.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU]: Deswegen kürzen Sie dort auch!)

Wir müssen auch erkennen, daß — dies ergibt sich bei einer Abwägung der einzelnen Verkehrsträger — der große Nachholbedarf im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs liegt. Deswegen haben
wir dort auch einen Schwerpunkt in unseren Haushaltsentscheidungen gesetzt. — Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0906505700
Das Wort hat der Abgeordnete Hinsken.

Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID0906505800
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der bisherige Verlauf dieser Debatte zum Straßenbaubericht 1980 zeigt wieder einmal die Kurzatmigkeit der Bundesregierung und der Koalition auch in der Straßenbaupolitik. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Verkehrsminister Hauff, möchte ich feststellen, daß hier nichts von Kontinuität, nichts von Verläßlichkeit und nichts von Realitätssinn vorhanden ist. Ich komme im Verlauf meiner Rede noch etwas genauer darauf zu sprechen.

(Wehner [SPD]: Es wäre ein Wunder!)

Gestern war ein 20 000-km-Autobahnnetz die Modeschau Ihrer Straßenverkehrspolitik. Heute betreiben Sie Räumungsverkauf im Stil eines billigen Jakob.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wer sich auf die Straßenbauplanungen dieser Bundesregierung verlassen hat, ist heute in der Tat der Verlassene. Mancher Unternehmer, der auf der Basis Ihrer Planungen investiert hat, steht heute leider vor der Pleite. Die Beschäftigten der Branche stehen im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße. Bürger in vielen Städten und Gemeinden, denen durch konkrete Straßenplanungen die Beseitigung von Verkehrsengpässen, von Lärmbelästigungen und Abgasen versprochen wurde, werden jetzt mit diesen Problemen auf die 90er Jahre vertröstet oder gehen ganz leer aus. Sie von der SPD und von der FDP bemühen sich nicht einmal mehr um glaubhafte und plausible Argumente für die politischen Bocksprünge in der Straßenbaupolitik von einem Extrem in das andere.

(Zuruf des Abg. Topmann [SPD])

— Herr Topmann, ich komme noch genauer auf Sie zu sprechen. Ich werde Ihre Widersprüche aufdekken und darüber hinaus unsere Meinung zu verdeutlichen versuchen.

(Topmann [SPD]: Dann geht es aber lange bei Ihnen, glaube ich!)

Da gibt es einige in Ihren Reihen — ich hoffe, Sie gehören zu diesen —, die zwar nach wie vor den Bedarf im Straßenbau anerkennen, so wie in der letzten Fortschreibung im Jahre 1980 vom Parlament durch Gesetz festgestellt wurde, die dann aber auf die leeren öffentlichen Kassen verweisen und damit den Ausstieg der Bundesregierung aus dem Straßenbau begründen. Die anderen in Ihren Reihen — allen voran Verkehrsminister Hauff — stellen den erst im vergangenen Jahr — dies war ja schließlich vor den Wahlen — neu ermittelten Bedarf selbst wieder in Frage.

(Topmann [SPD]: Das ist doch einfach nicht wahr!)

Wie ein Wanderprediger zieht der Herr Verkehrsminister unentwegt durch die Lande und redet von den



Hinsken
geänderten Wertvorstellungen der Bürger, die angeblich keine neuen Straßen und kein besseres Straßennetz mehr wollen. Mit öffentlichen Erklärungen in diesem Stil laden Sie, Herr Bundesverkehrsminister, meines Erachtens den Finanzminister geradezu dazu ein: Bitte nehmen Sie mir das Geld für den Straßenbauweg; ich brauche es überhaupt nicht. —

(Topmann [SPD]: Das ist doch Blödsinn!)

Hier liegt für die CDU/CSU, für meine Fraktion, der Kern des Übels in der Straßenbaupolitik dieser Bundesregierung. Es geht nicht darum, daß wir in einer schwierigen Situation der öffentlichen Kassen auch im Straßenbau sparen und Opfer bringen müssen; es geht vielmehr darum, daß der Bundesverkehrsminister den Straßenbauetat des Bundes mutwillig zur Reservekasse der Nation macht.
In den vergangenen Wochen und Monaten sind Ihnen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, so wie mir zahlreiche Briefe aus allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland zum Straßenbau vor Ort zugegangen. Vorgestern erreichte Sie und mich ein solches Schreiben aus Kirchhain in Hessen. Ich war noch nie dort und wußte bis gestern nicht genau, wo dieser Ort überhaupt liegt. Bürger dieser Stadt aus allen Schichten der Bevölkerung wenden sich mit einigen tausend Unterschriften flehend an uns, mitzuhelfen, daß der Bau der Ortsumgehung durchgeführt wird, damit — ich zitiere — „das Leben in Kirchhain wieder Freude macht". Dies ist nur ein Beispiel für viele andere in ähnlicher Situation.

(Topmann [SPD]: Damit bestätigen Sie doch den Minister!)

Hier werden konkret Wertvorstellungen zum Ausdruck gebracht, daß nämlich der Durchgangsverkehr aus dem Ort verlagert werden soll, damit für Kinder und Erwachsene die Wege wieder sicherer werden, damit der Lärm abnimmt und die Abgase vermindert werden, kurz gesagt, damit das Leben in diesem Ort wieder ungetrübt Freude macht. Ich bin froh darüber, daß Sie nicht in diesem hessischen Ort wohnen, und ich hoffe, daß Sie auf Ihre hessische Landesregierung Einfluß nehmen, daß sie bei Bundesverkehrsminister Hauff vorstellig wird, um zu erreichen, daß diese Ortsumgehung mit einbezogen wird. Dafür wäre ich Ihnen von ganzem Herzen dankbar, Herr Topmann.

(Wehner [SPD]: Das wäre ein Wunder!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich blätterte sodann in der neuen Straßenplanung

(Wehner [SPD]: Strauß-Planung!?)

von Herrn Minister Hauff und stellte fest, daß die Ortsumgehung von Kirchhain für die 80er Jahre — wie so viele andere auch — gestrichen ist. Das ist eine von vielen Maßnahmen, von denen Verkehrsminister Hauff offenbar glaubt, sie entsprächen den neuen Wertvorstellungen der Bürger.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Straßenbaubericht 1980 enthält viele schöne Worte. Tatsache aber ist, daß in diesem Jahr im gesamten Bundesgebiet — ich muß diese Zahl wiederholen, auch wenn sie von meinem Kollegen, Herrn Milz,
schon genannt worden ist — nur noch ganze 17 Ortsumgehungen neu in Angriff genommen werden können; das sind nicht einmal 4 % der ursprünglich vorgesehenen Finanzmittel, Herr Bundesverkehrsminister. Hier wird deutlich, wie sehr sich der Bundesverkehrsminister in die Rolle des Zauberlehrlings manövriert hat: Die Geister, die er hier im Autobahnbau rief, wird er in allen Bereichen der Straßenbaupolitik nicht mehr los. Hier wird deutlich, daß dem Bürger — wie seit 1969 gang und gäbe — viel versprochen und vorgegaukelt wird, doch gehalten wird letztendlich nichts.

(Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Genauso ist es!)

Minister Hauff will dem Bau von Ortsumgehungen erste Priorität einräumen; so jedenfalls seine Propaganda. Ich habe es j a vorhin hier an Ort und Stelle noch einmal verdeutlicht. Aber wenn sogar hier die Mittel fehlen, dann zeigt das, wohin die Straßenbaupolitik dieser Bundesregierung wirklich führt.

(Klein [München] [CDU/CSU]: Ins Nichts!)

Aus der realen Not eine ideologische Tugend machend, tritt der Bundesverkehrsminister immer wieder mit seiner Parole an die Öffentlichkeit, das Straßenbaunetz sei — so haben Sie auch vorhin gesagt — komplett, die Bürger hätten neue Wertvorstellungen, es dürfe nicht alles zubetoniert werden. Meine sehr verehrten Anwesenden, diese Erkenntnisse muten an wie Hauffs Märchen oder „So-da-Märchen", wie Herr Kollege Milz vorhin spaßhaft vermerkt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU — Merker [FDP]: So spaßhaft war das auch nicht!)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion, die CDU/CSU-Fraktion, verkennt nicht, daß viele Bereiche unseres Landes schon über ausreichende Straßenverbindungen verfügen. Es gibt Bereiche, in denen sich auch der geübte Autofahrer im dichten Autobahnnetz verirren kann. Ihre Aussage aber, Herr Merker, vom Zubetonieren der Landschaft, möchte ich entschieden zurückweisen. Denn es gibt verschiedene Regionen, vor allem periphere ländliche Gebiete — ich denke hier vor allen Dingen an Ostbayern, ich denke an das Emsland, ich denke an das Zonenrandgebiet —, die sehnlichst darauf warten, durch gut ausgebaute Straßen wirtschafts- und gesellschaftspolitisch erschlossen zu werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im übrigen meine ich auch verdeutlichen zu müssen, daß Kollege Milz mit fundierten Zahlen gearbeitet hat, die im Straßenbaubericht 1980 nachgelesen werden können. Die 115,6 %, Herr Kollege Topmann, die Sie beim Bundesfernstraßenbedarfsplan, beim Bundesfernstraßenausbau als Ersatz für die 63,6 % bei den Autobahnen, die nicht gebaut wurden, genannt haben, sind doch eine Milchmädchenrechnung. Wollen Sie denn den Bürger draußen, der auf diese Autobahn sehnlichst wartet, jetzt mit Bundesfernstraßen abspeisen und sagen: Dies ist unsere große Leistung? Oder sind Sie bereit, den Straßenbe-



Hinsken
darfsplan so zu vollziehen, wie er im letzten Jahr beschlossen wurde?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Anwesenden, ich meine, daß dies gerade auch mit Blick auf die Standortwahl von Industrie- und Gewerbebetrieben besonders wichtig ist. Diese brauchen nämlich gute Verkehrsbedingungen; das spielt für sie bei der Ansiedlung eine gewaltige Rolle. Dazu, daß es außer Straßen in diesen Regionen kaum noch alternative Verkehrsinfrastrukturen gibt, hat die Verkehrspolitik der Bundesregierung wesentlich mit beigetragen. Die Bürger in diesen Gebieten haben, so meine ich, nach 32 Jahren Bestehen der Bundesrepublik Deutschland ein Recht darauf, einigermaßen gleichwertige Verkehrsverhältnisse zu bekommen,

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

wie sie in anderen Regionen seit Jahren selbstverständlich sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein weiterer Gesichtspunkt ist für mich, daß überproportional hohe Unfallzahlen in diesen Regionen verringert werden können, die häufig mit auf die schlecht ausgebauten Straßen zurückzuführen sind.

(Zuruf von der CDU/CSU: Die Landstraßen in Bayern!)

Straßenverkehrsunfälle, meine sehr verehrten Damen und Herren, bedeuten in erster Linie viel menschliches Leid. Sie bedeuten aber auch beträchtliche gesamtwirtschaftliche Folgekosten. Nach neuesten Schätzungen der Bundesanstalt für das Straßenwesen belaufen sich diese Kosten auf etwa 33,5 Milliarden DM jährlich. Straßenbaupolitik muß unseres Erachtens immer auch im Zusammenhang mit den gesamtwirtschaftlichen Folgekosten auf Grund der Unfallhäufigkeit im Straßenverkehr gesehen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Verkehrsbelastung des Staßennetzes in der Bundesrepublik Deutschland ist im internationalen Vergleich — hier möchte ich Sie teilweise korrigieren, Herr Verkehrsminister — extrem hoch und erreicht beispielsweise das Zwei- bis Dreifache des Wertes, den unsere Nachbarländer Frankreich und Holland haben.

(Zustimmung des Abg. Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/CSU])

Dabei muß noch berücksichtigt werden, daß die Prognosen bis 1990 ein weiteres beachtliches Anwachsen des Straßenpersonenverkehrs und Straßengüterverkehrs — also noch mehr Autos auf den Straßen — voraussagen. Für den Straßengüterverkehr ergebe sich die Konsequenz, daß bei noch stärkerer Belastung des Straßennetzes zusätzliche Zeitverluste und höhere Transportkosten nicht vermeidbar wären.

(Klein [München] [CDU/CSU]: Unfälle!)

Verkehrsminister Hauff fordert den Vorrang der Substanzerhaltung und Modernisierung des vorhandenen Straßennetzes.

(Topmann [SPD]: Sehr richtig!)

Gleichzeitig streicht er aber 3 % der Mittel für Straßeninstandhaltung, obwohl bereits heute — ich bitte Sie, zuzuhören — die Mittel für Instandhaltungsmaßnahmen an der untersten, kaum noch vertretbaren Grenze liegen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Schon kurzfristiges Aussetzen von Instandhaltungsarbeiten verursacht zusätzliche Schäden, deren Behebung später ein Vielfaches kosten wird. Bund, Ländern und Gemeinden fehlen nach Schätzungen der Deutschen Straßenliga allein in diesem Jahr rund 3 Milliarden DM für Instandhaltungsarbeiten. Allein auf kommunaler Ebene sind bei den Mitteln für die Instandhaltung von Straßen Streichungen von bis zu 10 % festzustellen.

(Zuruf des Abg. Merker [FDP])

— Kollege Merker, wenn Sie sagen, hier seien die Länder gefordert, hier seien die Gemeinden gefordert, sage ich: Das wäre gut und recht, aber die Investitionsschwäche aller Baulastträger, bezogen auf notwendige Instandhaltungsmaßnahmen, geht doch weitgehend auf das Konto des Bundes,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und zwar erstens direkt durch Mittelkürzungen und zweitens indirekt durch eine verfehlte Haushaltssanierungspolitik, die die Lasten insbesondere im Sozialbereich auf Gemeinden und Länder verlagert und damit die Investitionsspielräume weiter einengt. Das sind die Fakten. Hier schließt sich, so meine ich, der Teufelskreis einer verfehlten Investitions- und Haushaltssanierungspolitik.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Land — das haben wir gestern bei der Debatte ausgiebig zur Kenntnis nehmen können; draußen spürt man es tagtäglich — befindet sich zur Zeit in der größten Rezession seit 25 Jahren. Insolvenzen in bisher noch nicht bekannter Höhe müssen beklagt werden. Viele Arbeitsplätze sind auch in der Tiefbauwirtschaft verlorengegangen. Der Bundeskanzler gibt in Fernsehinterviews — wie dem am letzten Dienstag — ich habe es selbst gesehen — u. a. zu verstehen, daß er die Sorgen der Gewerkschaften über die Arbeitslosigkeit auch in der Bauwirtschaft verstehe. Meine sehr verehrten Anwesenden, ich möchte die Frage stellen: Weiß denn der Bundeskanzler nicht, daß beim Straßenbau zu zwei Dritteln die öffentliche Hand der Auftraggeber ist? Wissen denn der Bundeskanzler und sein Verkehrsminister nicht, daß durch diese fehlenden Aufträge die Existenz vieler mittelständischer Unternehmer und der Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter gefährdet ist?

(Klein [München] [CDU/CSU]: Das Schlimme ist: Die wissen's!)

— Danke für den Hinweis.
Allein die kurzfristige Reduzierung aller investiven Straßenbaumittel um real 2 Milliarden DM hat



Hinsken
gegenwärtig einen Auftragsrückgang von rund 27 % gegenüber dem Vorjahresniveau zur Folge. Wir müssen einen Verlust von 80 000 Arbeitsplätzen in diesem Wirtschaftsbereich einschließlich Vor- und Nachrüstungsbereichen befürchten — und das angesichts geschätzter 1,6 Millionen Arbeitsloser in diesem Jahr.

(Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Die kriegen ja Arbeitslosenunterstützung!)

Die CDU/CSU hat die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen frühzeitig gewarnt. Wir hörten jedoch als Antwort nur, wie hervorragend und beispielhaft dieses deutsche Straßennetz sei. Herr Verkehrsminister, Sie sind intensiv darauf eingegangen. Wir hörten von Schwerpunktverlagerungen im Straßenbau, die eine Reduzierung der investiven Mittel erlauben würden. Hinter solchen Formulierungen verbirgt sich jedoch ein immer größer werdendes Dilemma, das Sie, meine Kollegen von der SPD und der FDP, mit zu verantworten haben. Unsere Bürger draußen wollen ein umweltfreundliches Straßennetz.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Sie wollen sicher zu Fuß gehen können. Sie wollen sicher mit dem Fahrrad fahren können. Sie wollen aber auch sicher sowie sparsam und zügig mit dem Auto fahren können. Aus dem Straßenbaubericht 1980 wird deutlich, daß Sie dabei sind, die Voraussetzungen hierfür zu zerstören.
Die Bocksprünge der Bundesregierung in der Straßenbaupolitik von einem Extrem in das andere macht meine Fraktion, die CDU/CSU, nicht mit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben Ihr „modernes Deutschland" von gestern mit 20 000 km Autobahn nicht mitgemacht. Wir machen auch Ihre heutige Demontage des Straßenbaus nicht mit; denn die bedenklichen Folgen dieser Politik liegen meiner Meinung nach schon heute klar auf der Hand.
Erstens. Der Bundesverkehrsminister hat sich durch seine Straßenbaupolitik um jede Chance gebracht, ein Verkehrslärmschutzgesetz in absehbarer Zeit verwirklichen und finanzieren zu können.

(Topmann [SPD]: Fragen Sie doch mal Herrn Dr. Schulte, wie das gekommen ist!)

Zweitens. Es sind die berechtigten Belange des Umweltschutzes, die den heutigen Straßenbau in Unterhaltung, Erneuerung, Neu- und Ausbau um ein Vielfaches teurer machen.

(Zuruf des Abg. Topmann [SPD])

— Konzentrieren Sie sich bitte auf meine Ausführungen. Das Licht leuchtet schon.

(Wehner [SPD]: Dann leuchten Sie wenigstens nicht allein!)

Ich möchte Ihnen trotzdem noch einiges für Ihr weiteres Leben mit auf den Weg geben.

(Wehner [SPD]: Sagen Sie immer „Straußenbau" oder „Straßenbau"?)

— Auch Ihnen, Herr Wehner, wenn Sie sich auch unter Umständen mit der Straßenbaupolitik noch nicht so beschäftigt und befaßt haben, wie es an sich der Fall sein sollte. Sicher, Strauß versteht hiervon mehr als Sie und kümmert sich auch intensiver um die Probleme der Bürger draußen im Lande.

(Beifall bei der CDU/CSU — Topmann [SPD]: Beschäftigen Sie sich mal mit der Straßenbaupolitik und nicht mit der Polemik!)

Wer den Straßenbau in einer Weise kappt, wie es diese Bundesregierung tut, verbaut wesentliche Chancen einer zielstrebigen Umweltpolitik.
Drittens. Es ist insbesondere die regionale Erschließung, die im Fernstraßenbau nicht abgeschlossen ist. Die CDU/CSU ist deshalb nicht bereit, unsere Gesellschaft hinsichtlich Freizügigkeit und Mobilität in eine Gesellschaft erster und zweiter Klasse einteilen zu lassen. Diese Bundesregierung hat wie auf vielen anderen Gebieten auch in der Straßenbaupolitik versagt und somit auch hier das Vertrauen in der Öffentlichkeit verspielt.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0906505900
Das Wort hat der Abgeordnete Kretkowski.

Volkmar Kretkowski (SPD):
Rede ID: ID0906506000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe sicherheitshalber gerade noch einmal in die Tagesordnung geschaut und mich vergewissert, daß tatsächlich der Punkt „Straßenbaubericht 1980" auf der Tagesordnung steht.

(Zustimmung bei der SPD)

Wer nämlich heute der Debatte aufmerksam gefolgt ist, wird den Eindruck gewonnen haben, daß jeden-falls von seiten der Opposition zu diesem Tagesordnungspunkt keine Ausführungen gemacht worden sind.

(Straßmeir [CDU/CSU]: Haben Sie den verkehrten Sender eingeschaltet?)

Er muß im Gegenteil den Eindruck gewonnen haben, daß Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, diesen Bericht lediglich als Vehikel benutzen wollten, um hier eine politische Show abzuziehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Milz [CDU/CSU]: Sie müssen den Bericht lesen!)

— Ich habe den Eindruck, daß gerade der Kollege Hinsken den Bericht nicht gelesen hat; sonst hätte er diese Ausführungen hier nicht machen können.

(Beifall bei der SPD)

Man muß den Eindruck haben, daß er nicht nur diesen Bericht nicht gelesen hat, sondern daß er auch den Ausführungen des Ministers nicht zugehört hat. Hätte er das nämlich getan, hätte er hier manche Ausführungen unterlassen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Das war eine gute Rede!)

Meine Damen und Herren, ich muß die polemischen Anwürfe, die Sie, Herr Kollege Milz, gegen



Kretkowski
den Bundesverkehrsminister gerichtet haben, im Namen meiner Fraktion hier ausdrücklich zurückweisen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Bei der Diskussion hier verstricken Sie sich — wie auch andernorts — in Widersprüche.

(Klein [München] [CDU/CSU]: Zählen Sie mal auf!)

Ich habe die Diskussion von gestern noch im Ohr. Das ist ja geradezu gespenstisch: Auf der einen Seite fordern Sie die Bundesregierung, auf die Neuverschuldung zurückzuführen

(Straßmeir [CDU/CSU]: Im Gegensatz zu Ihnen!)

und deshalb zu sparen, und auf der anderen Seite lamentieren Sie hier heute, wenn auch beim Straßenbau gespart werden soll.

(Klein [München] [CDU/CSU]: Wollen Sie denn keine Arbeitsbeschaffung?)

Auf der einen Seite setzen Sie zur Belebung der Konjunktur auf die selbstheilenden Kräfte des Marktes, und auf der anderen Seite stellen Sie fest — so der Kollege Milz im Ausschuß —, daß der Straßenbau sich in ganz besonderer Weise für ein Konjunkturprogramm eigne.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Milz [CDU/CSU])

Dieses bleibt, meine Kolleginnen und Kollegen, solange politisches Schauturnen, solange Sie nicht bereit sind, hier in diesem Hause oder im Ausschuß auch entsprechende Anträge zu stellen. Stellen Sie doch durch Anträge die Forderung, die Straßenbaumittel zu erhöhen. Dann wären Sie in Ihrer Politik glaubwürdig.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Stimmen Sie denn zu? — Wehner [SPD]: Oder sagen wir „Zu Befehl!"? — Pfeffermann [CDU/CSU]: Herr Wehner, machen Sie doch keine Witze! — Wehner [SPD]: Ich weiß, daß man Sie nicht normal zur Diskussion bringen kann!)


Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0906506100
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Milz?

Volkmar Kretkowski (SPD):
Rede ID: ID0906506200
Ja.

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0906506300
Herr Abgeordneter Milz.

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0906506400
Herr Kollege, wären Sie bereit, dem Hohen Hause mitzuteilen, daß insbesondere der FDP-Abgeordnete Riemer im Ausschuß erklärte, er sei der Meinung, daß, wenn es überhaupt ein Gebiet gäbe, auf dem derartige Programme greifen würden, dies der Straßenbau wäre?

Volkmar Kretkowski (SPD):
Rede ID: ID0906506500
Herr Kollege Milz, ich kann das bestätigen. Ich komme auch darauf zurück. Sie haben dem nicht widersprochen, daß auch Sie im Ausschuß zwar nicht solche Anträge gestellt, aber diese Ausführungen gemacht haben.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich im Zusammenhang mit der Beschäftigungssituation im Tiefbau gerade an die Adresse der Opposition, aber auch der Bauwirtschaft zwei Anmerkungen machen. Die erste Anmerkung: Bedarfsplanung ist keine Investitionsplanung. In dem vom Ausschußvorsitzenden und auch vom Kollegen Sick vorgelegten Bericht zum Ausbau der Bundesfernstraßen vom 6. Juni 1980 heißt es dazu ausdrücklich: „Der Bedarfsplan wird nur in dem Umfang durchgeführt, in dem Haushaltsmittel aus dem Bundeshaushalt jährlich zur Verfügung gestellt werden."

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU]: Und nicht in zehn Jahren, wie der Minister fälschlich behauptet hat!)

Herr Kollege, in der Gegenäußerung der Bundesregierung zum Vorschlag des Bundesrates, die Maßnahmen in der Stufe I — damit gehe ich auf Ihren Punkt ein — auch unter Berücksichtigung von Preissteigerungen innerhalb von 12 Jahren zu finanzieren, heißt es klar und deutlich: „Das Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen gilt als Planungsrahmen, ist aber kein finanzwirksames Gesetz." Das heißt doch mit anderen Worten, daß sich sowohl die Straßenbauwirtschaft als auch die Opposition, wenn fehlinvestiert worden ist, nicht auf die von der Bundesregierung vorgelegte Bundesfernstraßenbedarfsplanung berufen können.
Die zweite Anmerkung: Meine Damen und Herren von der Opposition, gerade wenn Sie für Verstetigung im Straßenbau plädieren, gerade wenn Sie die Bauwirtschaft in die Lage versetzen wollen, Investitionsplanung vorausschauend zu betreiben, dann dürfen Sie nicht gegen die Aufteilung der Dringlichkeitsstufe I in die Baustufen I a und I b sein,

(Beifall bei der SPD und der FDP)

weil diese Maßnahmen für mehr Klarheit und für mehr Tranzparenz auch für die Bauwirtschaft auf Bundesebene sorgt.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Warum haben Sie dann vor einem Jahr I a und I b abgeschafft?)

Jetzt komme ich noch einmal auf die Intervention des Kollegen Milz bezüglich der Äußerungen des Kollegen Riemer zurück. Ich muß noch einmal ausdrücklich bestätigen, daß der Kollege Riemer im Ausschuß gesagt hat, daß er dafür sei, den Straßenbau in die Überlegungen mit einzubeziehen, falls ein Investitionsprogramm der Bundesregierung aufgelegt werden sollte.

(Merker [FDP]: So hört sich das aber auch anders an!)

So ist das gesagt worden. Auch der Kollege Merker hat in der gleichen Richtung gesagt: Wir müssen aufpassen, daß es nicht zu einem Sturzflug kommt, sondern daß sich die Entwicklung in einem Gleitflug vollzieht. — Wenn es wirklich so sein sollte, daß alle politischen Kräfte in diesem Haus dem Tiefbauge-



Kretkowski
werbe und insbesondere denjenigen, die dort beschäftigt sind, helfen wollen, dann wird dieses Programm nicht ausgerechnet an Sozialdemokraten scheitern.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Hinsken, lassen Sie sich versichern, daß der Bundeskanzler sehr genau über die Situation im Gewerbe informiert ist, nicht zuletzt, weil er nicht nur mit der Bauwirtschaft, sondern insbesondere auch mit den dort Beschäftigten spricht.

(Hinsken [CDU/CSU]: Nicht soviel sprechen, mehr handeln!)

In diesem Zusammenhang begrüßen wir Sozialdemokraten ausdrücklich die Konzeption der Bundesregierung, wie sie im Straßenbaubericht 1980 noch einmal dargelegt wurde. Wenn man unter veränderten finanziellen Rahmenbedingungen Arbeitsplätze wirklich sichern will, so ist dies der richtige Weg. Ich muß das noch einmal wiederholen. Nicht der maschinenintensive Neubau großer Fernverbindungen sichert relativ viele Arbeitsplätze, sondern die Vielzahl kleiner, natürlich auch verkehrspolitisch bedeutsamer und notwendiger Maßnahmen, wie etwa die Modernisierung und die Substanzerhaltung im bestehenden Netz, wie der Bau von Ortsumgehungen, wie die Beseitigung von Bahnübergängen, wie der Radwegebau — das Argument mit den Maschinen für den Autobahnbau, die man nicht für den Radwegebau gebrauchen kann, ist geradezu absurd, worauf der Minister schon abgehoben hat —, wie aber auch die Lärmsanierung bei den Bundesfernstraßen.
Es ist richtig, daß die Bundesregierung mit dem Bau von Ortsumgehungen einen eindeutigen Schwerpunkt gesetzt hat. Damit bauen wir Unfallschwerpunkte ab, damit vermindern wir die Umweltbelästigung, und damit beruhigen wir den Verkehr in den Ortschaften. Der Kollege Topmann hat auf die Probleme, die sich bei der Abwicklung des Programms ergeben, hingewiesen. Daraus ist deutlich geworden, daß die Schwierigkeiten im Tiefbau eben nicht allein in den fehlenden Finanzmassen begründet sind.
Wenn allerdings — das möchte ich hinzufügen — von den Planungsbehörden in diesem Zusammenhang vom Widerstand der Öffentlichkeit auch gegen Ortsumgehungsprojekte gesprochen wird, dann muß auch die Frage erlaubt sein, ob in jedem Fall ein so großzügiger Ausbau von Ortsumgehungen, wie wir ihn Tag für Tag erleben, tatsächlich notwendig ist. Ich halte nichts davon, Herr Kollege Milz, Bürgerbeteiligung als Instrument zu diskreditieren.

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das hat er auch gar nicht gemacht!)

Ich frage statt dessen diejenigen, die die Planungen betreiben, ob nicht in vielen Fällen bescheidenere Lösungen besser und sinnvoller wären, nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch um dem Anliegen der Verkehrssicherheit und den Bedenken vieler Bürger noch mehr Rechnung zu tragen.
Eine Reihe von positiven Punkten des Berichts sollten in solch einer Debatte nicht untergehen. So
konnte den besonderen Belastungen der Bundesfernstraßen durch den Urlaubsreiseverkehr durch wirksame Maßnahmen begegnet werden. Das Fernmeldenetz und die Notrufanlagen wurden weiter ausgebaut, und die Verkehrssicherheit wurde erhöht. 122 km Schutzzäune an Bundesautobahnen gegen wildlebende Tiere wurden errichtet, und durch diese und andere Maßnahmen wurde ein wirksamer Beitrag zum Naturschutz und zur Landschaftspflege geleistet.

(Zuruf von der CDU/CSU)

— Ich weiß, das wollen Sie alles nicht hören. Aber ich sage es trotzdem.
Bei den Neubauvorhaben, die nach dem Bericht verwirklicht worden sind, wurde den Belangen des Lärmschutzes durch eine möglichst günstige Trassenwahl und durch aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen in hohem Maße Rechnung getragen.
Ein immer größerer Teil der Bevölkerung — dies wird bei einer solchen Diskussion häufig vergessen
— fordert weniger den Ausbau unseres Fernstraßensystems als den Bau von Radwegen. Dies ist vernünftig, weil das Radfahren, so heißt es in dem Bericht, die Gesundheit fördert, die Umwelt schont und Energie sparen hilft. Die Arbeiten am Programm „Radwege an Bundesstraßen" in der Baulast des Bundes sind zwar, wie der Minister ausgeführt hat, noch nicht abgeschlossen, aber werden in Kürze vorgelegt werden können. Wir jedenfalls sind dem Bundesverkehrsminister dankbar, daß er diese Maßnahmen mit in sein Schwerpunktprogramm hineingenommen hat.
Lassen Sie mich auf einen letzten Punkt des Berichts eingehen, der bisher noch nicht vorgetragen wurde. Die Verbesserung der Anbindung von West-Berlin an das Fernstraßennetz der Bundesrepublik hat in der öffentlichen Diskussion in den letzten Jahren einen besonders hohen, nicht nur verkehrspolitischen Stellenwert gehabt. Man sollte auch in dieser Debatte, meine Damen und Herren gerade auch von der Opposition, die Sie dieses Thema immer mitdiskutiert haben, bereits sein, anerkennend zur Kenntnis zu nehmen, daß die Planungen erfolgreich durchgeführt und abgeschlossen werden konnten und daß dabei auch dem Schutz der Umwelt und der Landschaft Rechnung getragen werden konnte. Inzwischen ist ja die A 24 in Schleswig-Holstein auf ganzer Länge im Bau. Wir können nach Lage der Dinge davon ausgehen, daß sie fristgerecht fertiggestellt werden wird.
Ein Wort zum Abschluß. Wenn ein ausländischer Beobachter aus einem anderen Land Europas, ob aus dem Osten oder dem Westen Europas, diese Debatte verfolgt, dann versteht er die Welt nicht mehr. Das, was Sie hier diskutieren, stimmt wie so oft nicht mit der Wirklichkeit überein. Der Ferienurlauber, Herr Kollege Dr. Jobst, jedenfalls weiß trotz Verkehrsstaus, gerade wenn er aus dem Ausland zurückkommt

(Glocke des Präsidenten)

— ich komme zum Schluß —, unser Straßensystem zu schätzen. Er wird dem Bundesminister für Ver-



Kretkowski
kehr zustimmen, daß wir über ein leistungsfähiges und gut ausgebautes Straßensystem verfügen.
Wir danken dem Bundesverkehrsminister für die Vorlage des Berichts, der dies noch einmal bestätigt. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird den Minister unterstützen, die insgesamt erfolgreiche Verkehrspolitik auch unter erschwerten Bedingungen fortzusetzen.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0906506600
Das Wort hat der Abgeordnete Rösch.

Dr. Klaus Rösch (FDP):
Rede ID: ID0906506700
Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Ich weiß nicht, ob die Debatte heute morgen nicht ein Stück weit zu sehr eine Schwarzweißdiskussion gewesen ist, weil wir uns eigentlich auf allen Ebenen der politischen Entscheidung im klaren darüber sind, daß die Haushaltssituation wünschenswerte Entscheidungen nicht zuläßt. Das gilt natürlich für den Bund im Zusammenhang mit dem Thema der heutigen Diskussion. Aber das gilt selbstverständlich auch für die Länder, wie z. B. im Land Baden-Württemberg vom Minister ausgeführt. Die Schwierigkeiten sind überall.
Lassen Sie mich klar sagen: Es gibt Bereiche, in denen weiterhin Straßenbau erfolgen muß und Straßen als Verkehrswege unterhalten werden müssen. Das gilt besonders für den ländlichen Bereich.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: So ist es!)

Wir dürfen uns da überhaupt nichts vormachen: Die verkehrliche Erschließung des ländlichen Raums ist eine wichtige Aufgabe. Sie ist aus strukturpolitischen Gründen und auch deshalb notwendig, damit in diesem ganzen Bereich ein gewisser Ausgleich zwischen dem Ballungsraum und dem ländlichen Raum geschaffen werden kann. Wenn Sie die materielle Belastung ansehen, was der Straßenbau im ländlichen Raum an Aufwand kostet, und damit z. B. die Beträge vergleichen, die zum Ausgleich des Defizits von Untergrundbahnen in Großstädten oder von S-Bahnen erforderlich sind, dann bekommen Sie eine ungefähre Vorstellung von dem Zahlenverhältnis.
Aber ist es wirklich so schlimm — lassen Sie mich die Frage einmal so herum stellen —, daß die Haushaltssituation uns jetzt dazu zwingt, und schon in den vergangenen Jahren gezwungen hat, von dem einen oder anderen Straßenbauvorhaben überhaupt Abstand zu nehmen oder seine Größe oder Ausgestaltung zu reduzieren? Ist es wirklich so schlimm, daß nun teilweise diese großen Überbauungen nicht mehr stattfinden? Ist es wirklich so schlimm, daß wir abkommen müssen von dem teilweise enormen Landverbrauch, von den gigantischen Lösungen, von den großen Schleifen, die man gebaut hat, von der großen Breite, in der man manche Strecken gebaut hat, von den enormen Brücken, die man gebaut hat? Ist es wirklich ein so großer Verlust, wenn wir uns in dem Bereich jetzt ein Stück einschränken?

(Beifall bei der FDP)

Ich sage Ihnen: Nein.
Es liegt in dieser Kürzung heute und in der Zukunft auch eine große Chance zu einer geänderten Gestaltung. Lassen Sie mich das am Schluß dieser Debatte hinzufügen. Ich bin der Überzeugung, daß wir an einem Wendepunkt dieser Straßenbau- und Verkehrspolitik sind.

(Merker [FDP]: Das ist die Wende! — Gegenruf des Abg. Dr. Jobst [CDU/CSU])

— Bloß: Zu der Wende brauchen wir doch nicht Sie! Das können wir doch alles selber. Das wissen Sie doch.
Der Herr Minister hat gesagt, man solle in anderen Verkehrsbereichen, z. B. im Verkehrsbereich der Schiene, investieren. Ich erlaube mir, hinzuzufügen, daß dieser Wendepunkt auch im Bereich des Straßenbaus Ausdruck finden kann, dann nämlich,

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Alles schöne Reden!)

wenn wir bereit sind, in zwei Punkten umzudenken.
Wir sollten alle Möglichkeiten, die verkehrslenkenden Charakter haben, untersuchen, fördern und ihre Entwicklung unterstützen.

(Klein [München] [CDU/CSU]: Wohlwollend!)

Im Grunde genommen gibt es genügend Straßen; aber das Problem ist die Verteilung des Verkehrs auf den Straßen.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Und da sind Sie in der falschen Gegend!)

— Nein! Da bietet die elektronische Industrie — Herr Kollege Dr. Jobst, Sie sollten sich auch für diese moderne Technologie ein bißchen aufgeschlossen zeigen und nicht meinen, die Probleme mit den alten Rezepten lösen zu können — hochinteressante Konzeptionen, etwa von Geräten, die man in Autos bauen kann, oder von Verkehrszählungen an bestimmten Verkehrsknotenpunkten, Konzeptionen, die unter vielen Aspekten interessant sind, sei es unter dem Aspekt des Schutzes von Umwelt und Landschaft, sei es unter Beschäftigungsaspekten, weil dies natürlich ein Industriebereich ist, von dem man sagen kann, daß es möglicherweise in unserem Interesse liegt, in diesem Bereich zu forschen und ihn zu unterstützen.
Wir sollten ernsthaft den Versuch unternehmen, die neue Elektronik im Individualverkehr einzusetzen; denn das könnte uns im Straßenbaubereich vielleicht einige Investitionen ersparen. Das setzt natürlich voraus, daß der Einsatz dieser Elektronik in der Konzeption des Straßenbaus auf die Beseitigung von Engpässen konzentriert wird. Darauf sollte man sich in der Planung bereits heute einstellen. Ich halte das für den richtigen und notwendigen Weg; denn eine Straße ist halt immer nur so schnell, wie sie am Engpaß schnell ist. Der größte, meinetwegen sechzehnstreifige Ausbau nützt überhaupt nichts, wenn dieser Ausbau irgendwo in einen Engpaß mündet. Dann ist das Ganze nämlich für die Katz. Wenn man bestimmte Engpässe beseitigt,



Rösch
wenn man sich mehr an der Engpaßbeseitigung orientiert als am Bau in der Fläche, dann wird man sagen können, daß wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Das gilt insbesondere dann, wenn bei den Planungen die technologische Entwicklung berücksichtigt wird, wenn man bereit ist, in dieser Hinsicht neue Wege zu gehen.
Lassen Sie mich das noch einmal zusammenfassend sagen: Wir sollten eine Verkehrs- und Straßenbaupolitik betreiben, die dem Bedürfnis des ländlichen Raums nach Verkehrserschließung Rechnung trägt. Diese Politik muß zweitens aber auch von der Erkenntnis getragen werden, daß wir genügend Landschaft — in einigen Bereichen zuviel — zubetoniert, daß wir Projekte gebaut haben, die, sieht man sich die gigantischen Ausmaße an, vielleicht gar nicht so notwendig waren.
Worauf es mir bei dieser Diskussion aber insbesondere ankommt: Lassen Sie uns nicht die alten Wege gehen — Straßen, Straßen, Straßen —, sondern lassen Sie uns daran arbeiten, die neue Elektronik, die unter vielen Aspekten von Interesse ist, auf dem Gebiet des Straßenbaus nutzbar zu machen. Uns sollte daran als ein Land, das auf hochentwikkelte Technologie angewiesen ist, besonders liegen. Es ist doch ganz klar: Auf diesem Gebiet gibt es, was die Produktion angeht, für uns große Möglichkeiten in der Zukunft. Lassen Sie uns diesen Weg gehen.
Meine Bitte zum Schluß: Lassen Sie uns nicht in diese Schwarzweißmalerei verfallen. Denken Sie doch nur an folgenden Widerspruch. Die Opposition im Landtag von Baden-Württemberg greift den Verkehrsminister an — zu Recht —, weil die Landesstraßen so schlecht sind, weil im Landesstraßenbau so wenig geschieht, und das gleiche tun Sie als Opposition hier. Lassen Sie uns aus der gegebenen Situation den vernünftigen Schluß ziehen, daß in der Begrenzung, die auf Grund der Haushaltslage auf uns zukommt, möglicherweise eine Gestaltungschance für die Zukunft liegt.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Abg. Klein [München] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0906506800
Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage? Sie haben noch eine Minute Zeit. — Nein.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Der Ausschuß für Verkehr empfiehlt auf Drucksache 9/939, den Straßenbaubericht der Bundesregierung auf Drucksache 9/812 zur Kenntnis zu nehmen. Ich stelle fest, der Deutsche Bundestag hat durch die noch verbliebenen Kollegen von der Vorlage Kenntnis genommen.
Wir sind damit am Schluß der Tagesordnung angelangt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 25. November 1981, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.