Protokoll:
9027

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 9

  • date_rangeSitzungsnummer: 27

  • date_rangeDatum: 20. März 1981

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 12:34 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/27 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 27. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 1267 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes und des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes — Drucksache 9/235 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Montan- Mitbestimmungsgesetzes und des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes — Drucksache 9/241 — Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . . 1267 B, 1292A Dr. Blüm CDU/CSU 1272 A Urbaniak SPD 1277 A Hölscher FDP 1280A Kiep CDU/CSU 1282 B Dreßler SPD 1285 C Dr. Haussmann FDP 1289 D Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Enquete-Kommission Neue Informations-und Kommunikationstechniken — Drucksache 9/245 — Dr. Nöbel SPD 1293 C Dr. Schwarz-Schilling CDU/CSU 1294 D Dr. Hirsch FDP 1298 B Paterna SPD 1299 C Schäfer (Mainz) FDP 1300 D Beratung der Sammelübersicht 6 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/150 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 7 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/168 — 1302 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Aufhebbaren Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 13/80 — Zweite Erhöhung des Zollkontingents 1980 für Bananen) II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Aufhebbaren Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 14/80 — Zollkontingent 1981 für Bananen) — Drucksachen 9/78, 9/79, 9/170 — . . . . 1302A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der zustimmungsbedürftigen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 7/80 — Zollkontingent für Walzdraht — 2. Halbjahr 1980) — Drucksachen 9/62, 9/171 — 1302 B Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgaben bei Kap. 35 02 — Besatzungskosten und Auftragsausgaben in Berlin — im Haushaltsjahr 1980 — Drucksachen 9/73, 9/175 — 1302 C Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 32 05 Tit. 575 02 — Zinsen für Bundesschatzbriefe — — Drucksachen 9/100, 9/176 — 1302 C Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Haushaltsausgaben bei Kap. 11 13 Tit. 646 05 — Leistungen des Bundes für Aufwendungen nach dem Mutterschutzgesetz usw. — — Drucksachen 9/64, 9/177 — 1302 D Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Haushaltsausgaben bei Kap. 11 11 Tit. 643 01 — Kosten der Kriegsopferfürsorge (ausgenommen Darlehen) auf Grund des Bundesversorgungsgesetzes sowie entsprechender Leistungen auf Grund des Häftlingshilfegesetzes, des Gesetzes über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen und des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — — Drucksachen 9/76, 9/178 — 1303A Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen Bundeseigenes Grundstück in Berlin-Kladow, Neukladower Allee 12; Verkauf an die Arbeiterwohlfahrt der Stadt Berlin e. V. (AWO) — Drucksache 9/225 — 1303 C Nächste Sitzung 1303 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1305*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1305* C Anlage 3 Stand der Verhandlungen über das Rechtshilfeabkommen mit der Sowjetunion MdlAnfr 1 13.03.81 Drs 09/226 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . 1306*A Anlage 4 Änderung des Mieterschutzgesetzes im Zusammenhang mit den Hausbesetzungen MdlAnfr 2 13.03.81 Drs 09/226 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . 1306* C Anlage 5 Herausgabe einer Sicherheitsstraßenkarte mit Informationen über Unfallverhütung und Unfallhilfe im Straßenverkehr MdlAnfr 3 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hüsch CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1307*A Anlage 6 Einheitliche Handhabung der Beurteilungsrichtlinien sowie Zahl der Aufstiegsbeamten in Spitzenpositionen des gehobenen Dienstes im Bereich der Bundesbahn MdlAnfr 8, 9 13.03.81 Drs 09/226 Wimmer (Eggenfelden) SPD SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1307* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 III Anlage 7 Widerspruch gegen die unterschiedlichen Beurteilungskriterien in den einzelnen Bundesbahndirektionen MdlAnfr 10, 11 13.03.81 Drs 09/226 Bamberg SPD SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1307* C Anlage 8 Qualifikation für Bewerber des nichttechnischen Dienstes bei der Bundesbahndirektion Nürnberg MdlAnfr 12, 13 13.03.81 Drs 09/226 Amling SPD SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1308* A Anlage 9 Gefälle zwischen den einzelnen Bundesbahndirektionen bei der Beurteilung von Beamten MdlAnfr 14, 15 13.03.81 Drs 09/226 Weinhofer SPD SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1308* B Anlage 10 Konsequenzen aus dem Beurteilungsspiegel für den Bereich der Bundesbahn MdlAnfr 16, 17 13.03.81 Drs 09/226 Feile SPD SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1308* C Anlage 11 Rechtfertigung des Ankaufs der Plastik von Henry Moore für das Bundeskanzleramt angesichts der Sparappelle MdlAnfr 37 13.03.81 Drs 09/226 Frau Roitzsch CDU/CSU SchrAntw StSekr Lahnstein BK . . . . 1308* D Anlage 12 Widersprüchliche Aussagen der Bundesregierung und des bayerischen Innenministeriums über den Verlauf der Demonstrationen in Brokdorf MdlAnfr 38 13.03.81 Drs 09/226 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw StSekr Becker BPA 1309* C Anlage 13 Konkretisierung der 1978 an den Präsidenten Burundis, Bagaza, ausgesprochenen Einladung MdlAnfr 43 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hüsch CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1309* D Anlage 14 Wiederherstellung des Wettbewerbs in der europäischen Stahlindustrie MdlAnfr 71 13.03.81 Drs 09/226 Urbaniak SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 1310*A Anlage 15 Stärkung des Verteidigungswillens insbesondere unter den Wehrpflichtigen; Auffassung von Bundesminister Dr. Apel über eine Steigerung der Attraktivität des Wehrdienstes und des Soldatenberufs MdlAnfr 77, 78 13.03.81 Drs 09/226 Lowack CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Hiehle BMVg . . . 1310* B Anlage 16 Beschäftigung von Juristen in Prüfungsausschüssen für Wehrdienstverweigerung mit befristeten Arbeitsverträgen MdlAnfr 79, 80 13.03.81 Drs 09/226 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD SchrAntw StSekr Dr. Hiehle BMVg . . . 1310* D Anlage 17 Beteiligung von Wehrdienstverweigerern an Gewaltanwendungen im Zusammenhang mit Hausbesetzungen und Demonstrationen MdlAnfr 81, 82 13.03.81 Drs 09/226 Graf Huyn CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Hiehle BMVg . . . 1311*B Anlage 18 Abbau des Verwendungsstaus bei der Bundeswehr MdlAnfr 83 13.03.81 Drs 09/226 Biehle CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Hiehle BMVg . . . 1311*C IV Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Anlage 19 Gründe für die Preissteigerungen des Kampfflugzeuges MRCA Tornado seit der Beschlußfassung des Bundestags über die Anschaffung MdlAnfr 84 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Schöfberger SPD SchrAntw StSekr Dr. Hiehle BMVg . . . 1312*A Anlage 20 Ausgleich der im Haushaltsjahr 1981 zu erwartenden Mehrausgaben für das Bundesausbildungsförderungsgesetz MdlAnfr 85, 86 13.03.81 Drs 09/226 Pfeifer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Kuhlwein BMBW . . 1312* B Anlage 21 Anerkennung in der DDR erworbener Ausbildungsabschlüsse in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 87, 88 13.03.81 Drs 09/226 Frau Steinhauer SPD SchrAntw PStSekr Kuhlwein BMBW . . 1312* C Anlage 22 Einbeziehung der Errichtung der Deutschen Nationalstiftung in die gesetzlichen Vorhaben des Bundesministers des Innern für die 9. Wahlperiode MdlAnfr 89 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Wittmann CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1313* D Anlage 23 Beteiligung deutscher Zeitungsverleger am Aufbau eines europäischen Satellitenfernsehens MdlAnfr 90, 91 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Spöri SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1314*A Anlage 24 Vereinbarkeit von Geschäftspraktiken der Schufa mit dem Bundesdatenschutzgesetz MdlAnfr 92, 93 13.03.81 Drs 09/226 Purps SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1314*C Anlage 25 Bestimmungen für die Zulassung kohlenstaubbefeuerter Zentralheizungsanlagen MdlAnfr 94 13.03.81 Drs 09/226 Stockleben SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1315* B Anlage 26 Organisation und Finanzierung von Hausbesetzungen; Beteiligung von Terroristen an Hausbesetzungen MdlAnfr 95, 96 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Voss CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1315*C Anlage 27 Hinzuziehung von Agrarwissenschaftlern zu Anhörungen über das Verhältnis von Landwirtschaft und Ökologie MdlAnfr 97, 98 13.03.81 Drs 09/226 Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 1315* D Anlage 28 Auswirkung der im November 1980 geänderten Bundeslaufbahnverordnung auf die Aufnahme von Müttern in den öffentlichen Dienst; Förderung der beruflichen Eingliederung von Müttern MdlAnfr 99 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Kübler SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1316* B Anlage 29 Gesundheitsgefährdung durch Schwermetalle im Aschenbelag von Sportplätzen MdlAnfr 100, 101 13.03.81 Drs 09/226 Frau Dr. Hartenstein SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1316*C Anlage 30 Bundesmittel für die Ausstellung „Die Opfer Preußens" MdlAnfr 102, 103 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hackel CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1317* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 V Anlage 31 Abschluß bilateraler Verträge zwischen Frankreich, Luxemburg und der Bundesrepublik Deutschland betr. das Kernkraftwerk Cattenom; Umweltbelastung der Mosel durch Industrieansiedlungen bei Cattenom MdlAnfr 104, 105 13.03.81 Drs 09/226 Fischer (Homburg) SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1317* C Anlage 32 Auswirkung des Ausbaus des Kernkraftwerks Cattenom auf die Mosel MdlAnfr 106 13.03.81 Drs 09/226 Schreiner SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1318* B Anlage 33 Beginn des Baus des dritten und vierten Kernkraftwerks in Cattenom bereits Anfang 1982 und grenzüberschreitende Auswirkungen der französischen Kernkraftwerke MdlAnfr 107, 108 13.03.81 Drs 09/226 Hoffmann (Saarbrücken) SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 1318* C Anlage 34 Auswirkungen der Ergebnisse der amerikanischen Umweltstudie „Global 2000" auf die Umwelt-, Energie- und Entwicklungspolitik der Bundesregierung MdlAnfr 109, 110 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Lammert CDU/CSU SchrAntw PStSekr Stahl BMFT . . . . 1319* B Anlage 35 Klage der Bundesregierung vor dem Europäischen Gerichtshof im Falle des erneuten Scheiterns einer Einigung über die Fischereipolitik; Einführung von Mehrheitsentscheidungen im EG-Ministerrat auf dem Weg der Klage beim Europäischen Gerichtshof MdlAnfr 111, 112 13.03.81 Drs 09/226 Timm FDP SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 1319* D Anlage 36 Gesundheitsgefährdende Mengen von Nitrat in Lebensmitteln auf Grund zunehmender Stickstoffdüngung MdlAnfr 113 13.03.81 Drs 09/226 Menzel SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 1320*A Anlage 37 Verdrängungswettbewerb und Konzentrationsprozeß in der deutschen Landwirtschaft zu Lasten kleinerer bäuerlicher Familienbetriebe MdlAnfr 114, 115 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 1320* C Anlage 38 Höhe der von der Bundesregierung geforderten Agrarpreisanhebung für das Wirtschaftsjahr 1981/1982; Abbau des Grenzausgleichs Großbritanniens mit der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 116, 117 13.03.81 Drs 09/226 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 1321*A Anlage 39 Höhe der EG-Vorräte an Butter, Magermilchpulver und Zucker MdlAnfr 118 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 1321* B Anlage 40 Zahlung einer Entschädigung an die deutsche Landwirtschaft im Falle einer unzureichenden Anhebung der EG-Agrarpreise MdlAnfr 119 13.03.81 Drs 09/226 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 1321*C Anlage 41 Regelung der Kindergeldzahlungen an Eltern, deren Kinder ständig in den USA leben MdlAnfr 122, 123 13.03.81 Drs 09/226 Gerster (Mainz) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 1322* A VI Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Anlage 42 Straffung der Verfahrensabläufe in der Arbeitsverwaltung MdlAnfr 124, 125 13.03.81 Drs 09/226 Cronenberg FDP SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 1322* B Anlage 43 Verankerung eines Bestandsschutzes für kleinere Krankenhäuser in der Novelle zum Krankenhausfinanzierungsgesetz MdlAnfr 126 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 1322*C Anlage 44 Alterssicherung für mithelfende Familienangehörige in der Landwirtschaft; Benachteiligung mithelfender Familienangehöriger gegenüber denjenigen, die vor Inkrafttreten der Gesetzesbestimmung über eine Altershilfe für Landwirte keine Altersversicherung abgeschlossen und Beiträge gezahlt haben MdlAnfr 127, 128 13.03.81 Drs 09/226 Horstmeier CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 1323* A Anlage 45 Neugliederung im Bereich Arbeitsvermittlung/Arbeitsberatung MdlAnfr 129, 130 13.03.81 Drs 09/226 Gattermann FDP SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 1323* C Anlage 46 Vermeidung von Härten für von Umstrukturierung betroffene Arbeitnehmer MdlAnfr 131 13.03.81 Drs 09/226 Urbaniak SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 1323* D Anlage 47 Vorlage einer gesetzlichen Lösung der Krankenversicherung unter Einschluß privater Vorsorge oder im Rahmen eines alle Bevölkerungskreise einbeziehenden Pflegesatzes sowie Kosten der beiden Modelle MdlAnfr 132, 133 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Solms FDP SchrAntw StSekr Dr. Fülgraff BMJFG . 1324* B Anlage 48 Höhe der Dienstbezüge des ehemaligen Staatssekretärs Dr. Wolters MdlAnfr 134 13.03.81 Drs 09/226 Kroll-Schlüter CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Fülgraff BMJFG . 1324* D Anlage 49 Schutz des Verbrauchers vor den gesundheitlichen Gefahren des Arzneimittelmißbrauchs bei der Tiermast MdlAnfr 135, 136 13.03.81 Drs 09/226 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD SchrAntw StSekr Dr. Fülgraff BMJFG . 1324* D Anlage 50 Menschenversuche mit dem Medikament „Trasylol" im Auftrag der Firma Bayer in den Jahren 1971 bis 1973 in norddeutschen Kliniken MdlAnfr 137, 138 13.03.81 Drs 09/226 Marschall SPD SchrAntw StSekr Dr. Fülgraff BMJFG . 1325* C Anlage 51 Erprobungen von Arzneimitteln an Menschen ohne deren Einverständnis in Bremer Kliniken im Jahre 1978 MdlAnfr 139 13.03.81 Drs 09/226 Lutz SPD SchrAntw StSekr Dr. Fülgraff BMJFG . 1326* A Anlage 52 Selbstmorde und Selbstmordversuche von Kindern in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 140, 141 13.03.81 Drs 09/226 Gilges SPD SchrAntw StSekr Dr. Fülgraff BMJFG . 1326*B Anlage 53 Teilbaustopp für den Hochtemperaturreaktor (HTR) bei Hamm MdlAnfr 144, 145 13.03.81 Drs 09/226 Wolfram (Recklinghausen) SPD SchrAntw PStSekr Stahl BMFT . . . . 1326* D Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 VII Anlage 54 Finanzielle Förderung des Hochtemperaturreaktors durch den hessischen Wirtschaftsminister Karry sowie Beklagen der Hemmnisse für die Nuklearindustrie MdlAnfr 146 13.03.81 Drs 09/226 Weirich CDU/CSU SchrAntw PStSekr Stahl BMFT . . . . 1327* A Anlage 55 Beschleunigte Zahlung der erhöhten Entschädigungsrenten MdlAnfr 11, 12 12.06.81 Drs 09/139 Dreßler SPD ErgSchrAntw PStSekr Haehser BMF auf ZusFr Dreßler SPD 1327* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1267 27. Sitzung Bonn, den 20. März 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 20. 3. Bahner 20. 3. Bahr 20. 3. Böhm (Melsungen) 20. 3. Dr. Böhme (Freiburg) 20. 3. Büchner (Speyer) * 20. 3. Dr. Dregger 20. 3. Duve 20. 3. Eickmeyer 20. 3. Dr. Enders * 20. 3. Dr. Ehmke 20. 3. Fellner 20. 3. Frau Geier 20. 3. Dr. Geißler 20. 3. Genscher 20. 3. Gerstein 20. 3. Glos 20. 3. Handlos 20. 3. von der Heydt Freiherr von Massenbach 20. 3. Dr. Hubrig 20. 3. Jung (Kandel) 20. 3. Kiechle 20. 3. Kiehm 20. 3. Kittelmann * 20. 3. Kolb 20. 3. Korber 20. 3. Dr. Kreile 20. 3. Dr. Graf Lambsdorff 20. 3. Männing 20. 3. Dr. Mitzscherling 20. 3. Möhring 20. 3. Dr. Müller * 20. 3. Müller (Bayreuth) 20. 3. Müller (Wadern) * 20. 3. Niegel 20. 3. Picard 20. 3. Rappe (Hildesheim) 20. 3. Regenspurger 20. 3. Frau Roitzsch 20. 3. Rühe 20. 3. Frau Schlei 20. 3. Dr. Solms 20. 3. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 20. 3. Voigt (Frankfurt) 20. 3. Dr. Wendig 20. 3. Dr. Wieczorek 20. 3. Frau Will-Feld 20. 3. Dr. Zimmermann 20. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung nach Verein- Anlagen zum Stenographischen Bericht barung im Ältestenrat die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Bericht über die Förderung des Einsatzes von Elektrofahrzeugen - Drucksache 9/165 - zuständig: Ausschuß für Verkehr (federführend) Ausschuß für Forschung und Technologie Ausschuß für Wirtschaft Vierter Bericht nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach § 21 Abs. 2 BAföG - Drucksache 9/206 - zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des 1. Lomé-Abkommens, insbesondere im Bereich der Exporterlösstabilisierung - Drucksache 9/207 - zuständig: Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Entschließung des Europäischen Parlaments über die festen Buchpreise - Drucksache 9/213 - zuständig: Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, Erhöhungen der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz - SubvAbG) hier: Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung - Drucksache 9/217 - zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Verteidigungsausschuß 1306* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Ausschuß für Verkehr Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 02 Titelgruppe 07 (Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz) — Drucksache 9/219 — zuständig: Haushaltsausschuß Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 1): Welches ist der Stand der Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der sowjetischen Regierung über das schon seit langem ausstehende Rechtshilfeabkommen, und weshalb ist es bis heute nicht zu einem Abschluß gekommen? Der Rechtshilfeverkehr in Zivil- und Handelssachen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR wird auf der Grundlage des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß abgewickelt. Die sowjetische Seite hat von der ihr durch das Übereinkommen eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht zu verlangen, daß ihr die Ersuchen auf dem diplomatischen Weg übermittelt werden. Sie hat bisher die Entgegennahme Berliner Ersuchen, die ihr von der Botschaft in Moskau übermittelt wurden, abgelehnt. Beide Seiten kamen in Moskau am 31. Januar und 1. Februar 1974 sowie in der Zeit vom 4. bis 9. März 1974 überein, die Einführung eines direkten Übermittlungsweges zwischen den Landesjustizverwaltungen und den Justizministerien der Unionsrepubliken ins Auge zu fassen. Im November 1978 erklärte sich die UdSSR im Prinzip mit dem Vorschlag einverstanden. Von deutscher Seite wurde sie darüber unterrichtet, daß beabsichtigt sei, den Direktverkehr entsprechend den mündlichen Absprachen am 1. September 1979 aufzunehmen. Dieser Termin konnte jedoch nicht eingehalten werden, nachdem die sowjetische Seite auf Schwierigkeiten infolge der internen sowjetischen Kompetenzverteilung hingewiesen hatte. Die Bundesregierung wird die Angelegenheit weiter im Auge behalten. Die Regierung der UdSSR hat es bisher abgelehnt, mit der Bundesregierung eine Vereinbarung hinsichtlich des Rechtshilfeverkehrs in Strafsachen zu treffen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 2): Ist die Bundesregierung bereit, im Zusammenhang mit der Diskussion um die Hausbesetzungen aufzuklären, daß ein Großteil der sanierungsbedürftigen Miethäuser weniger aus privater Gewinnsucht, sondern wegen des von der Bundesregierung selbst zu verantwortenden schwierigen gesetzlichen und langwierigen Mieterschutzes, um die Häuser rechtzeitig freizubekommen, leerstehen, und kann sie sagen, in welchem Eigentum sie vorwiegend stehen? Bei der Suche nach den Gründen für die Hausbesetzungen helfen schnellgeprägte Schablonen nicht weiter. Dies gilt in alle Richtungen. In Wahrheit wirken verschiedenartige Ursachen zusammen, deren Anteile schwer zu bestimmen sind und die auch von Fall zu Fall verschiedenes Gewicht haben. Vielfach ist zu viel und zu unbedenklich saniert worden. Manchmal waren die Verwaltungsabläufe zu zähflüssig. Und oft sind Planungen zunächst zu großspurig angelegt gewesen und im Nachhinein wieder geändert worden. Immer wieder hat man von den rechtlichen Möglichkeiten, die zur Sicherstellung einer sinnvollen Nutzung des Wohnungsbestandes zur Verfügung stehen, nicht energisch genug Gebrauch gemacht. Teilweise ist der Drang junger Leute in eine eigene Wohnung unterschätzt worden. Häufig ist aber auch am Markt vorbeigebaut worden. Und ebenso spielt oft genug — was genausowenig geleugnet werden kann — auch das private Gewinnstreben eine Rolle. Es läßt sich nicht bestreiten, daß es Hauseigentümer gibt, die Wohnraum herunterkommen lassen, um die Voraussetzungen für eine Abrißgenehmigung und einen anschließenden Neubau herbeizuführen oder um die Mieterschaft zu vertreiben, weil die Umwandlung in Eigentumswohnungen und und deren anschließende gewinnbringende Veräußerung beabsichtigt sind. Andere Eigentümer streben dasselbe Ziel — nämlich die Umgestaltung in Eigentumswohnungen und deren anschließende Veräußerung — in der Weise an, daß sie die Häuser gezielt in eine sich nach und nach entvölkernde Dauerbaustelle verwandeln. Neben allen diesen ineinandergreifenden Ursachen spielt auch der Kündigungsschutz des Mietrechts eine Rolle. Dieses Mietrecht ist übrigens — wie ich gegen eine entsprechende Vorhaltung in Ihrer Frage beiläufig in Erinnerung rufen darf — von allen Fraktionen dieses Hauses — bei einer einzigen Gegenstimme — verabschiedet worden. Das geltende Mietrecht ist auch in der hier interessierenden Frage keineswegs so starr, wie es nach Ihrer Frage den Anschein hat. Vielmehr ist ausdrücklich, nämlich in § 564 b Abs. 2 Nr. 3 BGB, vorgesehen, daß der Vermieter zur Kündigung berechtigt ist, wenn er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Bei der Sanierung heruntergekommener Altbauten, also gerade in der mit Ihrer Frage aufgegriffenen Situation, wird dieser Kündigungsgrund in vielen Fällen anzunehmen sein. Auch der Schutz durch die sog. Sozialklausel ist für den Fall der bevorstehenden Sanierung von Gesetzes wegen, nämlich aufgrund § 26 Städtebauförderungsgesetz, abgeschwächt. Dennoch will ich ergänzende Regelungen für die vieler- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1307* orts zugespitzte Situation in Sanierungsgebieten nicht von vornherein ausschließen. So wäre zu prüfen, ob und wieweit Zeitmietverträge, über die ja zur Zeit in allen Fraktionen nachgedacht wird, das Ärgernis, das von längerfristig leerstehenden Wohnungen ausgeht, vermindern helfen und zur Entspannung insbesondere dort beitragen können, wo junge Leute nur vorübergehend eine Unterkunft brauchen. Das geltende Mietrecht kennt an sich schon den Zeitmietvertrag. Es stattet ihn jedoch, damit er nicht zum Instrument einer Aushöhlung des sozialen Mietrechts werden kann, mit einem weitgehenden Bestandsschutz aus. Wir werden überlegen, ob sich die diesbezüglichen Regelungen für genau abgegrenzte Fallgestaltungen, beispielsweise für Wohnungen in bereits ausgewiesenen Sanierungsgebieten, in geeigneter Weise ergänzen lassen. Soweit Sie weiter fragen, in wessen Eigentum die besetzten Häuser vorwiegend stehen, muß ich darauf verweisen, daß es sich um Vorgänge in den einzelnen Bundesländern handelt. Der Bundesregierung stehen insoweit keine eigenen Erkenntnisquellen zur Verfügung. Ihre Frage kann insoweit nur von den einzelnen Ländern beantwortet werden, in denen Hausbesetzungen vorgekommen sind, und auch von diesen wohl erst nach Rückfrage in den betreffenden Gemeinden. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hüsch (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 3): Zieht die Bundesregierung in Erwägung, eine Sicherheitskarte herauszugeben oder ihre Herausgabe zu unterstützen, in die für den Verkehrsteilnehmer wichtige Informationen in leicht verständlicher Weise für Unfallverhütung und Hilfen bei Unfällen in einer Straßenkarte eingetragen sind, ähnlich derjenigen Sicherheitskarte, die in nächster Zeit allen Haushalten in der Schweiz übergeben werden soll? Nein, weil der Bundesminister für Verkehr bereits seit Ende der 60er Jahre jährlich eine Ferienbroschüre herausgibt, die neben einem aktuellen Kartenwerk umfangreiche wichtige Informationen für den Kraftfahrer beinhaltet. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Wimmer (Eggenfelden) (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 8 und 9): Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung, um im Bereich der Deutschen Bundesbahn zu einer möglichst einheitlichen Handhabung der Beurteilungsrichtlinien zu kommen? Welche Infomation kann die Bundesregierung darüber geben, wie viele Aufstiegsbeamte in welcher Zeit im Vergleich zu den Regelbewerbern die Spitzenposition des gehobenen Dienstes (Besoldungsgruppe A 13) erreicht haben? Zu Frage 8: Für die hier genannten Beurteilungsrichtlinien ist gemäß § 20 Bundesbahngesetz ausschließlich der Vorstand der Deutschen Bundesbahn als oberste Dienstbehörde der Bundesbahnbeamten zuständig. Soweit der Vorstand der Deutschen Bundesbahn eine Änderung in Erwägung ziehen könnte, unterliegt dies gemäß § 76 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz der Mitbestimmung der Personalvertretung. Die Bundesregierung sieht im Hinblick hierauf, aber auch wegen der auf Einzelheiten der Dienstverhältnisse ausgerichteten Fragestellung weder die Möglichkeit noch eine Veranlassung zu einem etwaigen Eingreifen. So gehört es z. B. zur gesetzlich festgelegten und wahrgenommenen Zuständigkeit des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn als oberste Dienstbehörde, eine möglichst einheitliche Handhabung seiner Beurteilungsrichtlinien sicherzustellen u. a. z. B. durch Schulung der Beurteiler, verstärkte Dienstaufsicht sowie klarstellende Verfügungen. Dies ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, die dazu auch keine Weisungen erteilen kann. Zu Frage 9: Die Frage kann nach Mitteilung des Vorstands der Deutschen Bundesbahn mit vertretbarem Aufwand nicht beantwortet werden, da die Personalakten aller A13-Beamten der Deutschen Bundesbahn ausgewertet werden müßten. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Fragen des Abgeordneten Bamberg (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 10 und 11): Hat die Bundesregierung davon Kenntnis, ob die Beurteilungsunterschiede einzelner Bundesbahndirektionen bei Bewerbungen von einer Direktion in die andere berücksichtigt oder ausgeglichen werden, um Nachteile für den Bewerber zu vermeiden? Wieviel Widersprüche und Verwaltungsklagen gegen die unterschiedlichen Beurteilungskriterien in den einzelnen Bundesbahndirektionen sind der Bundesregierung bekannt? Zu Frage 10: Für die Beurteilungsrichtlinien ist gemäß § 20 Bundesbahngesetz ausschließlich der Vorstand der Deutschen Bundesbahn als oberste Dienstbehörde der Bundesbahnbeamten zuständig. Soweit der Vorstand der Deutschen Bundesbahn eine Änderung in Erwägung ziehen könnte, unterliegt dies gemäß § 76 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz der Mitbestimmung der Personalvertretung. Die Bundesregierung sieht im Hinblick hierauf, aber auch wegen der auf Einzelheiten der Dienstverhältnisse ausgerichteten Fragestellung weder die Möglichkeit noch eine Veranlassung zu einem etwaigen Eingreifen. Nach Auskunft des Vorstands der Deutschen Bundesbahn sind wesentliche Beurteilungsunterschiede zwischen den Direktionen nicht bekannt. Zu Frage 11: Nach Auskunft des Vorstands der Deutschen Bundesbahn sind Widersprüche und Verwaltungsklagen wegen unterschiedlicher und willkürlicher Beurteilungskriterien in den einzelnen Direktionen nicht bekannt. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Fragen des Abgeordneten Amling (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 12 und 13): Wie stellt sich die Bundesregierung zu dem Vorgang, daß z. B. bei der Bundesbahndirektion Nürnberg bereits 77 v. H. der Mitarbeiter des gehobenen nichttechnischen Dienstes in Stufe 2 beurteilt sind? Hat die Bundesregierung davon Kenntnis, daß die Vorstandverfügung der Deutschen Bundesbahn 1.121 Dol (A) 724 (7) vom 16. Juli 1974 eingehalten wird, wonach die Praxis zeigen muß, daß eine Beurteilung nach Stufe 3 für Bewerbungen in den allermeisten Fällen ebenso aussichtsreich ist wie andere Qualifikationen? Zu Frage 12: Für die Beurteilungsrichtlinien ist gemäß § 20 Bundesbahngesetz ausschließlich der Vorstand der Deutschen Bundesbahn als oberste Dienstbehörde der Bundesbahnbeamten zuständig. Soweit der Vorstand der Deutschen Bundesbahn eine Änderung in Erwägung ziehen könnte, unterliegt dies gemäß § 76 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz der Mitbestimmung der Personalvertretung. Die Bundesregierung sieht im Hinblick hierauf, aber auch wegen der auf Einzelheiten der Dienstverhältnisse ausgerichteten Fragestellung weder die Möglichkeit noch eine Veranlassung zu einem etwaigen Eingreifen. Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat mitgeteilt, daß eine solche Zahl nicht bekannt ist. Zu Frage 13: Nach Auskunft des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn wird die genannte Verfügung eingehalten. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Fragen des Abgeordneten Weinhofer (SPD) (Drucksache 9/229 Fragen 14 und 15): Wie schätzt die Bundesregierung die im Jahr 1974 eingeführten Beurteilungsrichtlinien für Beamte der Deutschen Bundesbahn heute ein, die während der vergangenen Jahre zu einem deutlichen Beurteilungsgefälle zwischen den einzelnen Bundesbahndirektionen (BD) führte? Wie erklärt sich die Bundesregierung den Beurteilungsspiegel für den gehobenen technischen Dienst, der aussagt, daß mit Stufe 1 bei der BD Hannover 21,6 v. H., bei der BD München 20,2 v. H., bei der BD Nürnberg 4,3 v. H. und bei der BD Essen 1,4 v. H. der Beamten beurteilt wurden? Zu Frage 14: Für die hier genannten Beurteilungsrichtlinien ist gemäß § 20 Bundesbahngesetz ausschließlich der Vorstand der Deutschen Bundesbahn als oberste Dienstbehörde der Bundesbahnbeamten zuständig. Soweit der Vorstand der Deutschen Bundesbahn eine Änderung in Erwägung ziehen könnte, unterliegt dies gemäß § 76 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz der Mitbestimmung der Personalvertretung. Die Bundesregierung sieht im Hinblick hierauf, aber auch wegen der auf Einzelheiten der Dienstverhältnisse ausgerichteten Fragestellung weder die Möglichkeit noch eine Veranlassung zu einem etwaigen Eingreifen. Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat auf Anfrage mitgeteilt, daß ein deutliches Beurteilungsgefälle zwischen den einzelnen Direktionen nicht bekannt ist. Zu Frage 15: Nach Mitteilung des Vorstands der Deutschen Bundesbahn sind die angegebenen Prozentsätze unbekannt. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Fragen des Abgeordneten Feile (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 16 und 17): Ist der Bundesregierung ein Beurteilungsspiegel für den Bereich der Deutschen Bundesbahn aus dem Jahr 1978, entsprechend aufgeschlüsselt nach Laufbahnen und Fachrichtungen einschließlich des höheren Dienstes, bekannt? Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung, nachdem schon auf Grund des Beurteilungsspiegels von 1974 feststeht, daß mehr als zwei Drittel mit Stufe 1 und 2 beurteilt sind? Zu Frage 16: Für die Beurteilungsrichtlinien ist gemäß § 20 Bundesbahngesetz ausschließlich der Vorstand der Deutschen Bundesbahn als oberste Dienstbehörde der Bundesbahnbeamten zuständig. Soweit der Vorstand der Deutschen Bundesbahn eine Änderung in Erwägung ziehen könnte, unterliegt dies gemäß § 76 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz der Mitbestimmung der Personalvertretung. Die Bundesregierung sieht im Hinblick hierauf, aber auch wegen der auf Einzelheiten der Dienstverhältnisse ausgerichteten Fragestellung weder die Möglichkeit noch eine Veranlassung zu einem etwaigen Eingreifen. Nach Auskunft des Vorstands der Deutschen Bundesbahn gibt es den genannten Beurteilungsspiegel nicht. Zu Frage 17: Nach Mitteilung des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn ist die genannte Zahl über die Verteilung der Beurteilungsstufen nicht bekannt. Anlage 11 Antwort des Staatssekretärs Lahnstein auf die Frage der Abgeordneten Frau Roitzsch (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 37): Wie gedenkt die Bundesregierung gegenüber dem Bürger den beschlossenen Kauf der Großplastik des Bildhauers Henry Moore für das Bundeskanzleramt für den Preis von 650 000 Mark angesichts der Sparappelle und angespannten Haushaltslage zu vertreten? Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1309* Die Bundesregierung wird gegenüber der Bevölkerung den vorgesehenen Ankauf der Moore-Plastik für den Vorplatz des Bundeskanzleramtes in gleicher Weise vertreten wie am 12. Februar 1981 vor dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages. Sir Henry Moore hat der Bundesrepublik Deutschland im April 1980 eine bis 30. September 1981 ausübbare verbindliche Ankaufsoption für die Plastik eingeräumt, und zwar zum vergleichsweise niedrigen Preis von 120 000 Pfund, zuzüglich 50 000,— DM Einfuhrumsatzsteuer. Daher mußte der Antrag des Bundeskanzlers gerade für das Haushaltsjahr 1981 gestellt werden. Um Ihnen den Antrag des Bundeskanzlers, die Plastik zu kaufen, generell verständlich zu machen, will ich kurz auf die Vorgeschichte eingehen. Der Bundeskanzler hat Wert darauf gelegt, daß frühzeitig künstlerische Berater hinzugezogen wurden, um den Vorplatz des Bundeskanzleramtes mit einem tragenden künstlerischen Akzent zu versehen. Entsprechende eingehende Beratungen haben stattgefunden. Nach Erörterung der in Betracht kommenden Namen stand sehr schnell — und zwar einhellig — fest, daß wir uns an einen europäischen Künstler, an einen Mann von Weltbedeutung wenden sollten, nämlich daß wir Henry Moore bitten sollten, diese Aufgabe zu übernehmen. Mit viel persönlichem Einsatz und Mühe hat er eine Lösung gefunden, die einzig vorhandene Skulptur, die für diesen Zweck geeignet erschien, zur Verfügung zu stellen. Sie wurde am 19. September 1979 offiziell übergeben. Der Bundeskanzler hat nie ein Hehl daraus gemacht, daß er die Skulptur dem Gesetzgeber zum Kauf vorschlagen wolle, wenn sie öffentlich angenommen werde. So erstmals schon in einem Interview, gegeben am Tag der Übergabe und veröffentlicht in der Neuen Ruhr-Zeitung vom 21. September 1979. An der Tatsache, daß die Skulptur ganz allgemein als passend und als Bereicherung empfunden wird, gibt es nach den öffentlichen Reaktionen keinen Zweifel. Nachdem feststand, daß die Plastik von der Öffentlichkeit akzeptiert worden war, hat Moore der Bundesrepublik Deutschland im April 1980 dann die bis 30. September 1981 ausübbare verbindliche Ankaufsoption für die Plastik eingeräumt. Nach einhelliger Meinung von Sachverständigen ist der Preis von 120 000 Pfund außerordentlich günstig. Der Handelswert dürfte das Dreifache betragen. Allein die Gußkosten der bei der weltbekannten Gießerei Noack in Berlin hergestellten Plastik liegen bei ca. 350 000,— DM. Angesichts dieses Preises und des anerkanntermaßen künstlerischen Niveaus der Arbeit erschien es dem Bundeskanzler unter Abwägung der verschiedenen Gesichtspunkte richtig und vertretbar, den Deutschen Bundestag zu bitten, die Mittel für den Erwerb der Plastik durch das Bundeskanzleramt zu bewilligen. Die abschließende Entscheidung liegt beim Deutschen Bundestag. Anlage 12 Antwort des Staatssekretärs Becker auf die Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 38): Treffen Meldungen zu, der Sprecher der Bundesregierung habe die Demonstrationen in Brokdorf als friedlich bezeichnet und sich über deren Verlauf zufrieden geäußert, und wie ist eine solche Erklärung in Übereinstimmung zu bringen mit der gegenteiligen Feststellung aus dem bayerischen Staatsministerium des Innern angesichts der Tatsache, daß zahlreiche Polizeibeamte verletzt worden sind — darunter einige sogar schwer — und Schaden in Millionenhöhe entstanden ist? Meldungen mit dem in der Frage angegebenen Inhalt, die der Bundesregierung allerdings nicht vorliegen, treffen nicht zu. Ich habe mich auf Grund der Kabinettsitzung am 4. März 1981 in der Bundespressekonferenz wörtlich so geäußert: „Die Bundesregierung hat dabei festgestellt, daß ihre Befürchtungen wegen der Gewalttätigkeit sich nicht erfüllt haben, jedenfalls nicht in dem befürchteten Umfang, und daß die überwiegende Mehrheit gewaltlos demonstrieren wollte. Zugleich hat die Bundesregierung aber bedauert, daß trotz des Demonstrationsverbots überhaupt so viele Demonstranten nach Brokdorf gekommen sind und dadurch auch ermöglicht haben, daß Gewalttätigkeiten stattgefunden haben. Das Vorgehen der Polizei hat die Bundesregierung als besonders umsichtig und besonnen charakterisiert." Ein Widerspruch zu Angaben über Verletzung oder zum Umfang des entstandenen Schadens besteht somit nicht. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hüsch (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 43): Welche Gründe hat die Bundesregierung veranlaßt, die im Jahr 1978 durch Bundesaußenminister Genscher an den Präsidenten Burundis, Bagaza, ausgesprochene Einladung zu einem Besuch in die Bundesrepublik Deutschland noch nicht zu konkretisieren und eine Einladung erst für spätere Jahre in Aussicht zu stellen, obwohl Berichten zufolge Präsident Bagaza mehrfach nach Konkretisierung der Einladung aus dem Jahr 1978 intervenieren ließ? Die Einladung zu einem offiziellen Besuch Präsident Bagazas von Burundi wurde seinerzeit wie üblich zunächst ohne Nennung eines Termins ausgesprochen. Die burundische Seite wurde sodann frühzeitig darauf hingewiesen, daß ein Termin erst nach der Wahl des Bundespräsidenten und den Bundestagswahlen 1980 in Betracht komme. Die generelle Entscheidung, die Zahl der eingehenden offiziellen Besuche aus personellen und materiellen Gründen zu beschränken, führte — nicht nur im Falle Burundis — zu einer allgemeinen Streichung von Besuchsterminen. Die Bundesregierung bleibt bemüht, den zahlreichen Besuchswünschen so bald wie möglich Rechnung zu tragen. Das gilt uneingeschränkt auch für den burundischen Präsidenten. 1310* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Urbaniak (SPD) (Drucksache 9/226 Frage 71): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung nach den bisher geführten Gesprächen mit der EG-Kommission, die Wiederherstellung des Wettbewerbs in der europäischen Stahlindustrie zu gewährleisten, und wird es eine schnelle und dauerhafte Entlastung für die deutsche Stahlindustrie geben? Aufgrund der Tagung des Ministerrats am 3. März 1981 sieht die Bundesregierung eine gute Chance dafür, daß schwerwiegende wettbewerbsverzerrende Maßnahmen in der Stahlindustrie der Europäischen Gemeinschaft in absehbarer Zeit abgebaut werden. Dies wird die deutschen Unternehmen entlasten. Der Ministerrat hat am 3. März 1981 einstimmig die Notwendigkeit anerkannt, die Stahlindustrie der Gemeinschaft wieder weltweit wettbewerbsfähig zu machen, ihre Rentabilität wiederherzustellen und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Subventionen dürfen nur noch degressiv und als Übergangsmaßnahmen sowie nur mehr dann gewährt werden, wenn sie zur Umstrukturierung des Sektors beitragen. Die Unternehmen sollen zudem wieder stärker in die Verantwortung für den Stahlmarkt einbezogen werden, indem sie für die Zeit ab 1. Juli 1981 eine freiwillige Vereinbarung über ihre Stahllieferungen abschließen; diese Vereinbarung folgt auf die Ende Juni auslaufende Produktionsquotenregelung der EG-Kommission nach Art. 58 EGKS-Vertrag. Dieser Beschluß des Ministerrats soll am 26. März in einer weiteren Ratstagung ergänzt werden. Die Bundesregierung wird dann vor allem darauf drängen, daß Unternehmen, die Subventionen erhalten, die Kapazitäten per Saldo kräftig abbauen müssen. Es wäre jedoch unrealistisch anzunehmen, daß mit diesen Beschlüssen und ihrer Realisierung alle Sorgen der deutschen Unternehmen beseitigt würden. Dafür sind die Probleme der Stahlindustrie zu groß. Obwohl z. B. die englische Stahlindustrie im vergangenen Jahr mehr als ein Viertel ihrer Arbeitsplätze verloren und viele Kapazitäten geschlossen hat und obwohl in Frankreich in den letzten Jahren ähnliche einschneidende Maßnahmen vorgenommen worden sind, blieb der Stahlindustrie der EG der massive Einbruch seit Mitte 1980 nicht erspart. Angesichts der sehr schlechten Markterfassung und Absatzerwartungen kann nicht damit gerechnet werden, daß allen deutschen Unternehmen weitere Anpassungsmaßnahmen erspart bleiben. Anlage 15 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hiehle auf die Fragen des Abgeordneten Lowack (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 77 und 78): Was beabsichtigt die Bundesregierung für die Stärkung des Verteidigungswillens in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere unter den Wehrpflichtigen, zu tun? Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Bundesminister Dr. Apel, wonach „man kein Konzept haben könne", die Attraktivität des Wehrdienstes und des Soldatenberufs zu steigern? Zu Ihrer ersten Frage: Die Bundesregierung sieht in der Stärkung des Verteidigungswillens — insbesondere unter den Wehrpflichtigen — in der Bundesrepublik Deutschland eine wesentliche Grundlage deutscher Sicherheitspolitik. Sie betrachtet die sachgerechte Information über die Bedingungen der Sicherung des Friedens in Europa in und außerhalb der Bundeswehr als eine vordringliche Aufgabe. In der Bundeswehr werden die Wehrpflichtigen im Rahmen der politischen Bildung anhand ausgewählter Themenkreise über den Sinn ihres Dienstes unterrichtet. Dazu wurden videogestützte Ausbildungshilfen geschaffen. Damit und in kleinen Gruppen wird vor allem versucht, die Verteidigungswürdigkeit unserer Lebensordnung herauszustellen und die Bedeutung des Wehrdienstes für deren Erhaltung und Weiterentwicklung zu erklären. Darüber hinaus hat der Bundesminister der Verteidigung in einem Gespräch im Dezember 1980 die Kultusminister der Länder gebeten, die Behandlung sicherheitspolitischer Themen im Schulunterricht zu intensivieren. Dadurch soll die Motivation der Wehrpflichtigen vor ihrer Einberufung verbessert werden. Das Bundesministerium der Verteidigung hat hierzu eine „Stoffsammlung für die Behandlung sicherheitspolitischer Themen an öffentlichen Schulen" erarbeitet, die allen Kultusministerien über das Sekretariat der Kultusministerkonferenz zugeleitet worden ist. Zu Ihrer zweiten Frage: Der Bundesminister der Verteidigung hat die von Ihnen zitierte Äußerung nicht getan. Anlage 16 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hiehle auf die Frage der Abgeordneten Frau Schmidt (Nürnberg) (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 79 und 80): Trifft es zu, daß die Position der Ausschußvorsitzenden der Prüfungsausschüsse für Wehrdienstverweigerung im wesentlichen Umfang mit Ruhestandsbeamten besetzt werden und Juristen ohne zusätzliches Einkommen häufig nur befristete Arbeitsverträge erhalten? Wie vereinbart gegebenenfalls das Bundesverteidigungsministerium diese Verfahrensweise mit der Arbeitsmarktsituation für Juristen, den arbeitsrechtlichen Vorschriften über unzulässige Befristung von Arbeitsverträgen und der angespannten Haushaltslage? Wegen der Ungewißheit über das künftige Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer sind nicht alle Dienstposten der Vorsitzenden mit Planstellen abgedeckt. Deshalb werden zur Bearbeitung der Anträge auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer auch Juristen als Vorsitzende beschäftigt, die bereits aus dem Berufsleben ausgeschieden sind. Für die rund 300 Dienstposten der Vorsitzenden von Prüfungsausschüssen und -kammern für Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1311* Kriegsdienstverweigerer sind lediglich 46 Haushaltsstellen bewilligt worden. Die Besetzung der restlichen Dienstposten muß deshalb durch Aushilfsmaßnahmen sichergestellt werden. Im Zuge der Schwerpunktbildung wurden 50 Beamte und Dauerangestellte aus anderen Bereichen herangezogen. Darüber hinaus besteht im Einzelplan des Bundesministers der Verteidigung ein Haushaltsansatz, aus dem Beschäftigungsentgelte für Ruhestandsbeamte, die als Vorsitzende von Prüfungsausschüssen und -kammern für Kriegsdienstverweigerer eingesetzt sind, gezahlt werden können. Diese Mittel werden zur Zeit durch den Einsatz von 144 teilzeitbeschäftigten Pensionären ausgeschöpft. Da auch diese Maßnahme nicht ausreicht — die teilzeitbeschäftigten Mitarbeiter (7 bis 19 Wochenstunden) füllen nur etwa 60 Dienstposten aus — wurde ein weiterer Titel in Anspruch genommen, der zur kurzfristigen Beschäftigung von Aushilfskräften bestimmt ist. Er läßt allerdings nur Arbeitsverträge zu, die auf höchstens 1 Jahr befristet sind. Die Landesarbeitsgerichte haben in einigen Fällen die Befristung des Arbeitsvertrages als unzulässig erklärt. Deshalb kann der Geldtitel für Zeitangestellte mit Ein-Jahresverträgen nicht mehr so häufig wie bisher für das KDV-Wesen in Anspruch genommen werden. Dies erschwert die künftige Besetzung der KDV-Gremien mit jüngeren Juristen für die Zukunft noch mehr als bisher. Auf die Beschäftigung von Ruhestandsbeamten wird bei dieser Sachlage nicht verzichtet werden können. Eine andere Frage ist, in welchem Lebensalter sie noch mit der Aufgabe betraut werden können. Anlage 17 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hiehle auf die Fragen des Abgeordneten Graf Huyn (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 81 und 82): Ist die Bundesregierung bereit, gegebenenfalls mit Hilfe der Länderregierungen zu ermitteln und darüber Auskunft zu geben, wie viele Personen, die die Befreiung vom Wehrdienst aus Gewissensgründen beantragt haben, im zurückliegenden Jahr im Zusammenhang mit Hausbesetzungen, Demonstrationen zugunsten von Terroristen, gegen die Verwendung der Kernkraft, gegen Bundeswehrgelöbnisse, gegen die Durchführung öffentlicher Baumaßnahmen oder aus ähnlichen Anlässen Gewaltanwendung gutgeheißen oder sich an Gewaltanwendungen beteiligt haben? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß diese Personen mit Aussicht auf Erfolg Gewissensgründe gegen die Ableistung des Wehrdienstes geltend machen können? Für die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer sind alle Umstände von Bedeutung, die Rückschlüsse auf das Vorliegen oder Fehlen der behaupteten Gewissensentscheidung ermöglichen könnten. Dazu gehört auch die Anwendung von Gewalt gegen Personen mit Gefahr für Leib oder Leben. Die zuständigen Prüfungsgremien erhalten von einschlägigen Straftaten Kenntnis durch die Mitteilungen der Justizbehörden in Strafsachen, die bei Soldaten der Truppe, bei anderen Wehrpflichtigen der Wehrersatzbehörde oder dem Bundesamt für den Zivildienst zugehen. Ist die Anerkennung bereits rechtskräftig geworden, befaßt sich der Prüfungsausschuß mit der Frage des Widerrufs. Der Schwerpunkt der Demonstrationen des Jahres 1980 lag in der zweiten Jahreshälfte. Die polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den dabei begangenen Straftaten sind daher überwiegend noch nicht abgeschlossen. Schon deshalb kann die Bundesregierung nicht angeben, wie viele Kriegsdienstverweigerer bei diesen und ähnlichen Anlässen straffällig geworden sind. Entsprechende Erhebungen sind auch nicht vorgesehen. Sie würden einen nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand erfordern. Anlage 18 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hiehle auf die Frage des Abgeordneten Biehle (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 83): An welche konkreten Maßnahmen zur Lösung des Verwendungsstaus bei der Bundeswehr denkt die Bundesregierung, wenn im Zusammenhang mit der durchgeführten Rüstungsklausur u. a. veröffentlicht wird, daß dieser Verwendungsstau nur schrittweise abgebaut werden kann? Bei der Rüstungsklausur im Bundesministerium der Verteidigung wurden — wie es in der Zielsetzung dieser Konferenz lag — überwiegend Fragen der Rüstungsplanung für die kommenden Jahre und deren Finanzierungsmöglichkeiten behandelt. Aufgrund des untrennbaren Zusammenhangs zwischen der materiellen Ausrüstung und der personellen Bedarfsdeckung für die Bundeswehr wurden auch Personalfragen, insbesondere die für die Einsatzbereitschaft entscheidenden Verwendungsabläufe, in die Überlegungen einbezogen. Ein Ergebnis der Rüstungsklausur ist im Hinblick auf die Haushaltslage die erneute Feststellung, daß der Verwendungsstau derzeit nur schrittweise abgebaut werden kann. Als ein Schritt kann der im Haushaltsentwurf für das Jahr 1981 enthaltene Ansatz von fast 300 Planstellen betrachtet werden, die für die Realisierung der Heeresstruktur 4 vorgesehen sind. Weiter hat der Bundesminister der Verteidigung eine Arbeitsgruppe berufen, die bis zum Ende des Jahres 1981 Entscheidungsmöglichkeiten vorzuschlagen hat, wie die personelle und materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr angesichts sich verändernder wirtschaftlicher und technologischer Entwicklungen in den 90er Jahren bewahrt werden kann. Die Absicht des Bundesministers der Verteidigung, zusätzliche Planstellen für die Berufsoffiziere des Truppendienstes, die Offiziere des militärfachlichen Dienstes und die Berufsunteroffiziere bereits in den Regierungsentwurf des Haushalts 1981 einzubringen, um auf diese Weise mit dem Abbau des Verwendungs- und Beförderungsstaus zu beginnen, ließ sich wegen der vom Bundeskabinett beschlossenen generellen Überrollung des Personalhaushalts noch nicht realisieren. Insoweit kann die Lösung des Problems nicht losgelöst von der gesamten Situation des öffentlichen Dienstes betrachtet werden. Die 1312* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Bundesregierung hat jedoch in ihrer Regierungserklärung 1980 herausgestellt, daß sie sich der Probleme der Altersstruktur der Berufssoldaten und des Verwendungsstaus bewußt ist. Anlage 19 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hiehle auf die Frage des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) (Drucksache 9/ 226 Frage 84): Wie hoch war der Stück- und der Systempreis für ein Kampfflugzeug MRCA Tornado bei der erstmaligen Beschlußfassung über die Anschaffung dieses Waffensystems durch den Deutschen Bundestag veranschlagt, wie hoch liegt der Stück- und Systempreis gegenwärtig, und worauf sind diese vorhersehbaren oder unvorhersehbaren Preissteigerungen zurückzuführen? Für die Antwort auf Ihre Frage ist von der Beschaffungsvorlage des Bundesministers der Verteidigung vom 26. April 1976 auszugehen, durch die nach Beratungen im Haushaltsausschuß im Mai und Juni 1976 die Serienfertigung eingeleitet wurde. Die Beschaffungsvorlage nennt einen Fly-awayPreis (Serienkosten je Flugzeug) von 26,4 Millionen DM (Preisstand 31. Dezember 1975). Der Gerätesystempreis wurde mit 48,31 Millionen DM angegeben. Wenn Sie nach dem gegenwärtigen Preis fragen, muß ich von dem letzten MRCA-Jahresbericht — dem Jahresbericht 1979 mit Preisstand 31. Dezember 1979 — ausgehen, der den zuständigen Bundestagsausschüssen im Februar dieses Jahres vorgelegt wurde. Er nennt einen Fly-away-Preis von 35,26 Millionen DM und einen Gerätesystempreis von 67,36 Millionen DM. Die Preissteigerungen sind insbesondere auf allgemeine Preissteigerungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie, aber auch auf die Erhöhung der Mehrwertsteuer und auf zusätzliche Leistungen der Industrie aufgrund von Forderungen der 3-Partnerstaaten zurückzuführen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß ich mich in meiner Antwort auf grundsätzliche Angaben beschränkt habe. Dies geschah vor dem Hintergrund, daß sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß mit dem Gesamtkomplex befaßt. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Kuhlwein auf die Fragen des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 85 und 86): In welcher Höhe erwartet die Bundesregierung im Haushaltsjahr 1981 Überschreitungen des Mittelansatzes von 2,4 Milliarden DM für das Bundesausbildungsförderungsgesetz? Welche konkreten Vorstellungen hat die Bundesregierung, um die zu erwartenden Mehrausgaben über den Haushaltsansatz hinaus durch die angekündigten Einsparungen im strukturellen Bereich des Bundesausbildungsförderungsgesetzes auszugleichen? Zu Frage 85: Die Bundesregierung hat in dem am 25. Februar 1981 vorgelegten Vierten Bericht nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) — BT-Drucksache 9/206 — dargelegt, daß und aus welchen Gründen sie gegenwärtig noch nicht in der Lage ist, den Mittelabfluß für Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz im Jahr 1981 hinreichend genau abzuschätzen. Sie geht davon aus, daß ihr bis Anfang April 1981 die hier für erforderlichen Daten zur Verfügung stehen. Zu Frage 86: Die Bundesregierung bereitet in Zusammenarbeit mit den Ländern ein Siebtes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vor und beabsichtigt, den Entwurf den gesetzgebenden Körperschaften so rechtzeitig zuzuleiten, daß die gesetzlichen Änderungen sich gegebenenfalls noch auf den Ausgabenverlauf im Jahr 1981 mindernd auswirken können. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Kuhlwein auf die Fragen der Abgeordneten Frau Steinhauer (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 87 und 88): Ist der Bundesregierung bekannt, welche schulischen und beruflichen Qualifikationen und Diplome, die in der DDR erlangt wurden, in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt werden, und sind der Bundesregierung Fälle bekannt, wo dies nicht geschieht? Ist die Bundesregierung in der Lage und gegebenenfalls bereit, die Organisationen, Verbände und Institutionen in der Bundesrepublik Deutschland darauf hinzuweisen, daß Sonderprüfungen und Nichtanerkennung von Qualifikationen dem Recht der Gleichheit aller Deutschen widersprechen? Die Fragen beantworte ich in Abstimmung mit dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen und dem von der Kultusministerkonferenz (KMK) beauftragten Pädagogischen Zentrum in Berlin, das für die Anerkennung der Abschlüsse in der DDR Empfehlungen ausspricht. Für die Anerkennung von schulischen und beruflichen Qualifikationen sind grundsätzlich die Länder und die berufsständischen Organisationen wie Handwerkskammern bzw. Industrie- und Handelskammern zuständig (z. B. für Gleichstellung von Facharbeiter-, Gesellen- und Meisterbriefen). Die angesprochene Thematik ist sehr differenziert, die Fälle müssen unterschiedlich gesehen werden. Ich schicke voraus, daß alle verantwortlichen Stellen in der Bundesrepublik Deutschland bestrebt sind, die Ausbildungsgänge der Bildungseinrichtungen der DDR grundsätzlich gerecht und fair zu bewerten. Das schließt nicht aus, daß im Einzelfall der Ausbildungsinhalt geprüft werden muß, da einige Ausbildungsgänge in der DDR inhaltlich zu stark von denen in der Bundesrepublik abweichen. 1. Schulbereich Der schulische Abschluß der 10. Klasse in der DDR wird dem Realschulabschluß der Bundesrepublik gleichgestellt. (s. Beschluß der KMK zu DDR-Zeugnissen, die dem Abschlußzeugnis der Realschule vergleichbar sind, vom 4. Januar 1972; KMK-Beschlußsammlung Nr. 903) Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1313* Abitur Das Abitur in der DDR, das nach Absolvierung der zweijährigen erweiterten Oberschule (EOS) oder der dreijährigen Berufsausbildung mit Abitur erreicht wird, wird in der Bundesrepublik Deutschland der allgemeinen Hochschulreife gleichgestellt. (s. Anerkennung von Reifezeugnissen aus der DDR in der Fassung vom 23. Februar 1979; KMK-Beschlußsammlung Nr. 907) 2. Bereich der Fachschulen und Fachhochschulen Hier werden einige Fachbereiche beispielhaft aufgeführt, die auch unterschiedliche Bewertungen deutlich machen. a) Kindergärtnerin Die in der DDR erworbene Ausbildung als Kindergärtnerin wird in der Bundesrepublik als Kindergärtnerin für Kinder bis zum 6. Lebensjahr anerkannt. Durch eine berufsbegleitende Ausbildung mit einer Abschlußprüfung kann diese Ausbildung einer Ausbildung als Erzieherin gleichgestellt werden. b) Lehrer a) Der in der DDR ausgebildete Unterstufenlehrer für Klasse 1 bis 4 wird in der Bundesrepublik nicht anerkannt. Diese Lehrer haben nach einer 10jährigen Schulausbildung und 4jährigen Fachschulausbildung in Instituten für Lehrerbildung ihre Kenntnisse erworben. Den Ländern wird in diesen Fällen durch das Pädagogische Zentrum empfohlen, diese Ausbildung als Ausbildung zum Erzieher anzuerkennen. b) Diplomlehrer der DDR für die 5. bis 10. Klasse (bzw. 5. bis 12. Klasse) wird in der Bundesrepublik anerkannt. In der Regel werden die so Ausgebildeten als Lehrer an Realschulen (Lehrer mit 1. Staatsprüfung) eingestuft. c) Wirtschaftler Die an einer Fachschule erworbenen Kenntnisse können nur zum Teil anerkannt werden. Eine ergänzende Ausbildung mit Zusatzprüfung ist erforderlich. d) Ingenieurausbildung Im allgemeinen sind hier die Fachrichtungen in der DDR spezialisierter als in der Bundesrepublik, dadurch wird zuweilen nur ein Teilbereich des Studiums der Bundesrepublik abgedeckt. Wenn eine zusätzliche Ausbildung erforderlich ist, werden im allgemeinen zwei Semester an einer Fachhochschule in der Bundesrepublik verlangt. (s. — Ingenieurschulzeugnisse in der Fassung vom 14. September 1979; KMK-Beschlußsammlung Nr. 904, — Nachträgliche Graduierung von Berechtigten nach dem Bundesvertriebenengesetz vom 28. April 1977; KMK-Beschlußsammlung Nr. 1963) 3. Kunstfach- und -hochschulen Die künstlerischen Fachrichtungen an Hoch- und Fachschulen der DDR sind häufig spezialisierter als in der Bundesrepublik. Sie können jedoch in der Regel als gleichwertig anerkannt werden. (s. Vereinbarung für nachträgliche Graduierung für Absolventen der Fachschulen für Sozialarbeiter, Sozialpädagogik und der Werkkunstschulen vom 26. November 1971; KMK-Beschlußsammlung Nr. 439) 4. Wissenschaftliche Hochschulen Grundsätzlich gilt, daß die in der DDR erworbenen akademischen Grade nach dem Reichsgesetz vom 7. Juni 1939, das als Landesrecht weiter gilt, anerkannt werden. — Die Diplome in den Geisteswissenschaften der DDR, die ein Studium von einem Hauptfach und zwei Nebenfächern oder zwei Hauptfächern voraussetzen, werden dem Magister (M. A.) gleichgestellt. (vgl. Rahmenordnung für die Magisterprüfung in der Philosophischen Fakultät in der Fassung vom 26. Mai 1971; KMK-Beschlußsammlung Nr. 1949) — Die Diplome in Physik, Mathematik, Chemie und Biologie werden in der Regel anerkannt. (s. Anerkennung von Naturwissenschaften und Technik, Studienleistungen aus dem anderen Teil Deutschlands; KMK-Beschluß vom 27. Juli 1970, KMK-Beschlußsammlung Nr. 1901) — Die Diplome in den Wirtschaftswissenschaften werden nicht anerkannt; Ergänzungsstudien mit einer Prüfung sind erforderlich. — Das in der DDR erworbene Juristendiplom hat in der Bundesrepublik im Hinblick auf die grundsätzlich anderen Rechtsvorstellungen keine praktische Bedeutung. Zur Anerkennung ist ein Zusatzstudium mit Staatsexamen erforderlich. — Das Medizinstudium in der DDR findet im allgemeinen Anerkennung. Bei der unterschiedlichen Handhabung der Anerkennung von Bildungsabschlüssen an DDR-Einrichtungen kommt es auf die unterschiedlichen Ausbildungsinhalte an. Es handelt sich nicht um Statusfragen des „Deutschen" oder „Deutsch-Seins". Die Bundesregierung ist — soweit erforderlich — bereit, die gewünschten Hinweise zu geben. Sie sieht den Grundsatz der Gleichheit durch die bestehenden und hier kurz dargestellten Regelungen jedoch nicht als verletzt an. Ihnen liegt das Äquivalenzprinzip zugrunde. Danach sind Bewerber aus der DDR bei gleichen Voraussetzungen nicht schlechter gestellt als Bewerber aus der Bundesrepublik Deutschland. Anlage 22 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 89): Warum ist unter den vom Bundesinnenminister genannten Vorhaben seines Geschäftsbereichs für die 9. Wahlperiode die Errichtung der Deutschen Nationalstiftung nicht aufgeführt? Der Bundesminister des Innern hält an dem Ziel, eine Deutsche Nationalstiftung für Kunst und Kul- 1314* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 tur zu errichten, in der Sache unverändert fest. Das wurde auch in der letzten Zeit wiederholt ausdrücklich erklärt, zuletzt in der Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 18. Februar 1981. Der Bund beabsichtigt, die Stiftung zusammen mit den Ländern zu errichten, um damit die Gemeinsamkeit zu unterstreichen, die die deutsche Kultur von allen zu ihrer Förderung berufenen staatlichen Stellen fordert. Alle Versuche des Bundes, mit den Ländern zu dem erforderlichen Einvernehmen zu gelangen, konnten jedoch in den letzten Jahren noch nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Nach der Einschätzung des Bundes ist auch zu einem absehbaren Termin mit einem solchen Einvernehmen leider nicht zu rechnen. Unter diesen Umständen wurde die Errichtung der Deutschen Nationalstiftung nicht in jeder Zusammenstellung der Vorhaben für die laufende Legislaturperiode aufgeführt, insbesondere nicht in solchen Aufstellungen, für die eine feste Zeitplanung erforderlich ist. Durch die einvernehmliche Schaffung des Leertitels 681 71 soll jedoch zum Ausdruck gebracht werden, daß der Bund nunmehr konstruktive Vorschläge der Länder erwartet und für eine eingehende Erörterung solcher Vorschläge offen ist. Anlage 23 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Spöri (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 90 und 91): Wie beurteilt die Bundesregierung den Plan der deutschen Zeitungsverleger, sich am Aufbau eines europäischen Satellitenfernsehens zu beteiligen, in seinen möglichen Auswirkungen auf die Struktur des Medienwesens in der Bundesrepublik Deutschland? Welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung, einer derartigen Entwicklung, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Frage stellt, entgegenzuwirken? Zu Frage 90: Eine befriedigende Antwort auf Ihre Frage nach den Auswirkungen des Plans der deutschen Zeitungsverleger auf die Struktur des Medienwesens in den Bundesrepublik Deutschland setzt eine genaue Kenntnis dieses Plans voraus. Der Bundesregierung sind jedoch nur allgemeine Absichten des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger — und dies lediglich in Grundzügen — bekannt. Sie hat insbesondere keine Kenntnis über Programminhalte oder Programmstandards des in Aussicht genommenen europäischen Satellitenfernsehens. Solche für die von Ihnen gewünschte Beurteilung maßgeblichen Einzelheiten sind dem Vernehmen nach Gegenstand der z. Z. laufenden Verhandlungen zwischen dem ,Bund Deutscher Zeitungsverleger und Radio Luxemburg. Zu Frage 91: Diese Frage berührt das generelle Problem, welche Maßnahmen die Bundesregierung für geeignet hält, um der Beeinträchtigung nationaler Medienstrukturen entgegenzuwirken. Die Bundesregierung hat sich hierzu in ihrer Antwort vom 22. Februar 1980 auf eine Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zur Entwicklung der Kommunikationstechniken (BT-Drucksache 8/3699) wie folgt geäußert: „Die Bundesregierung . .. wird ... weiterhin an den Prinzipien der weltweiten Informationsfreiheit und des ungehinderten grenzüberschreitenden Informationsflusses festhalten. Sie setzt sich für eine europäische Rundfunkkonvention ein, die die Freiheit der Information und Kommunikation im internationalen Rahmen gewährleistet, aber die Beeinträchtigung nationaler Medienstrukturen durch Fremdkommerzialisierung verhindert ... Sie wird eine völkerrechtliche Kodifizierung von Verhaltensregeln im internationalen Medienbereich auch mit dem Ziel fördern, den freien Informationsfluß über die Grenzen weiter zu sichern und auszubauen." Anlage 24 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Fragen des Abgeordneten Purps (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 92 und 93): Wie beurteilt die Bundesregierung die in der Ausgabe der Zeitschrift „stern", Heft Nr. 8, auf Seiten 104 ff. dargelegte Geschäftspraxis der Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung), wie z. B. Korrektur einer Falscheinspeicherung, Namensverwechslung, Beweislast, Weitergabe von Daten an Dritte (Unternehmungen), in Hinsicht auf das Bundesdatenschutzgesetz? Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung in diesem Bereich zu ergreifen, um den einzelnen Bürger vor Nachteilen durch Weitergabe von unzulässigen und unzutreffenden Mitteilungen zu schützen? Auf die in dem Illustriertenartikel angesprochene Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung GmbH (Schufa) finden nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BDSG die §§ 32 bis 35, 38 bis 40 dieses Gesetzes Anwendung. Nach § 32 Abs. 1 BDSG ist das Speichern personenbezogener Daten durch Auskunfteien zulässig, soweit kein Grund zur Annahme besteht, daß dadurch schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Diese Voraussetzung wird von der Schufa durch die Speicherung von für die Kreditwürdigkeit erheblichen Fakten wie Eintragung in das Schuldnerverzeichnis, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erfüllt, da das entgegenstehende Interesse des Schuldners im allgemeinen nicht als schutzwürdig angesehen werden kann. Sofern diese Daten unmittelbar aus Veröffentlichungsorganen (z. B. Bundesanzeiger) entnommen worden sind, ist deren Speicherung nach der gleichen Vorschrift ohne jegliche weitere Voraussetzung zulässig. Der Betroffene kann jedoch nach § 35 Abs. 3 BDSG verlangen, daß diese Daten am Ende des 5. Kalenderjahres nach ihrer Einspeicherung gelöscht werden; auch ohne ein solches Verlangen müssen die Daten nach Ablauf dieser Frist gesperrt werden, d. h., sie dürfen grundsätzlich nicht mehr verwendet werden. Ein Großteil der gespeicherten Daten, insbesondere Negativmerkmale über die ordnungsgemäße Kreditabwicklung werden nach einer Schufa-internen Regelung bereits nach drei Jahren ohne besonderes Verlangen des Betroffenen gelöscht. Die Schufa ist nach § 34 Abs. 1 BDSG verpflichtet, die Personen, über die sie Daten speichert, von der Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1315* Tatsache dieser Speicherung zu benachrichtigen, wenn sie erstmals diese Daten an Dritte übermittelt. Dadurch soll der betroffene Bürger in den Stand versetzt werden, von seinen weiteren im BDSG vorgesehenen Rechten Gebrauch zu machen. So kann er nach § 34 Abs. 2 Auskunft über alle Daten verlangen, die die Schufa über ihn gespeichert hat. Stellt der Betroffene dabei fest, daß seine Daten unrichtig gespeichert sind (z. B. wegen einer Namensverwechslung) oder daß sie überhaupt nicht hätten gespeichert werden dürfen, so kann er nach § 35 Berichtigung bzw. Löschung dieser Daten verlangen. Der Betroffene kann sich in solchen Fällen nach § 40 BDSG auch zur Unterstützung seiner Ansprüche an die Länderaufsichtsbehörde wenden, in deren Bezirk die jeweilige Schufa-Gesellschaft ihren Sitz hat. Was die von Ihnen angesprochene Weitergabe der gespeicherten Daten durch die Schufa an Auskunftsinteressenten betrifft, so darf ich auf die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Steger für die Fragestunde am 25. Januar 1979 (Sitzungsprotokoll vom 26. Januar 1979, Seite 10572) Bezug nehmen. Herr von Schoeler hat damals ausgeführt, daß nach bekanntgewordenen internen Regelungen der Schufa auf deren Datenbestände ausschließlich die Anschlußfirmen aufgrund schriftlichen Vertrags zugriffsberechtigt sind. Nach § 32 Abs. 2 BDSG ist Voraussetzung für die Zulässigkeit solcher Weitergaben, daß der Empfänger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis dieser Daten glaubhaft dargelegt hat. Unterdessen — unter Beteiligung von Vertretern des Bundes — stattgefundene generelle Verhandlungen der obersten Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder mit der Schufa sind im Sommer 1980 vorläufig abgeschlossen worden; sie hatten weitgehend die Übereinstimmung in bezug auf die behandelten datenschutzrechtlichen Fragen, unter anderem auch zur Schufa-Klausel in den Kreditverträgen der Anschlußfirmen und zu Auskunftserteilung an diese zum Ergebnis. Nach der bestehenden Rechtslage sind die von Ihnen genannten Fälle gesetzlich geregelt. Über die Einhaltung dieser Vorschriften kann der betroffene Bürger nach den Regelungen des BDSG selbst Kontrollrechte ausüben, außerdem wird die zuständige Landesaufsichtsbehörde auf Anrufung des Betroffenen wie auch von Amts wegen zur Überwachung tätig. Anlage 25 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Frage des Abgeordneten Stockleben (SPD) (Drucksache 9/226 Frage 94): Hält die Bundesregierung die Bestimmungen, nach denen in der Bundesrepublik Deutschland kohlenstaubbefeuerte Zentralheizungsanlagen zugelassen werden, für ausreichend, und wie sollen sie gegebenenfalls ergänzt werden? Die Verwendung von Kohlenstaub in Heizungsanlagen wird sich wegen des technischen Aufwandes auf Anlagen beschränken, für die eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erforderlich ist. Die aus Gründen der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen in der TA Luft 1974 für diese Anlagen festgelegten Anforderungen werden gegenwärtig für ausreichend gehalten. Ihre Überprüfung aus Vorsorgegesichtspunkten wird in der Fortschreibung der TA-Luft vorgenommen werden! Anlage 26 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Voss (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 95 und 96): Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse hinsichtlich der Organisation und Finanzierung von Hausbesetzungsaktionen, und ist ihr bekannt, daß für die Teilnahme an Hausbesetzungen sowie für die Werbung weiterer Teilnehmer Geldbeträge gezahlt werden? Ist der Bundesregierung bekannt, bei welchen Hausbesetzungsaktionen Teilnehmer aus dem Bereich der Terroristenszene mitgewirkt haben? Zu Frage 95: Die Bundesregierung verfügt über keine Erkenntnisse, die den Schluß zuließen, daß die Hausbesetzungen zentral organisiert oder gesteuert würden. Merkmal der Hausbesetzerszene ist vielmehr örtliches und anlaßbezogenes Handeln. Dieses erfolgt entweder spontan oder aufgrund örtlicher Planungen nach unterschiedlichsten Vorgehensweisen. Zur Finanzierung von Hausbesetzungsaktionen ist der Bundesregierung nur ein auch in der „Tageszeitung" vom 6. Februar 1981 veröffentlichter Aufruf zur Gründung eines Selbsthilfefonds für sogenannte „Instandbesetzungen" bekannt. Über die Bezahlung von Geldbeträgen für die Teilnahme an Hausbesetzungen sowie für die Werbung weiterer Teilnehmer liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Zu Frage 96: Der Bundesregierung sind einzelne Versuche einer Einflußnahme von Personen des terroristischen Umfelds auf die Hausbesetzerszene bekannt. Die Bemühungen sind bisher als weitgehend erfolglos zu bezeichnen. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/ CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 97 und 98): Welche Motive haben den Bundesinnenminister veranlaßt, die sogenannte Steuergruppe „Aktionsprogramm Ökologie" mit der Durchführung einer Anhörung zum Thema „Landwirtschaft und Ökologie" zu betrauen, der kein einziger sachkundiger Agrarwissenschaftler angehört? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß bei der Diskussion um die angeblichen Konflikte zwischen Landwirtschaft und Ökologie der Rat von qualifizierten Agrarwissenschaftlern überflüssig ist und die anstehenden Fragen sachkundiger und objektiver von Volkswirten, Zoologen, Journalisten und anderen landwirtschaftsfremden Persönlichkeiten beantwortet werden können? 1316* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Wie Sie wissen, betreiben der Bundesminister des Innern (BMI) und der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML) das „Aktionsprogramm Ökologie" gemeinsam. Da der BML für die Landwirtschaft zuständig ist, habe ich es übernommen zu antworten. BMI und BML haben Ende 1979 ein mit Hilfe eines unabhängigen Sachverständigengremiums unter der Leitung von Professor Bick, derzeitiger Vorsitzender des Sachverständigenrates Umwelt, mit der Erarbeitung eines wissenschaftlichen Grundkonzeptes für ein Ökologieprogramm beauftragt. Es soll hauptsächliche Problemfelder des Umweltschutzes herausarbeiten und ökologische Lösungsansätze suchen. Bei der Zusammensetzung der Steuerungsgruppe — so wird das Gremium genannt — wurde darauf geachtet, daß keine spezialisierten Fachleute für bestimmte Umweltfragen oder für einzelne Wirtschaftsbereiche, vielmehr Persönlichkeiten, die sich in sehr umfassender Weise mit Umweltproblemen befassen, berufen werden. Mitarbeiter aus BML und BMI nehmen als Gäste an den Sitzungen der Steuerungsgruppe teil. Sie sollte im übrigen klein gehalten werden, um ihre Arbeitsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Zur Erarbeitung ergänzender fachlicher Grundlagen setzt die Steuerungsgruppe Arbeitsgruppen ein und führt Anhörungen durch. U. a. wurde eine Arbeitsgruppe „Landwirtschaft" eingerichtet und gemeinsam mit ihr die Anhörung „Landwirtschaft und Ökologie" vorbereitet. In der Arbeitsgruppe arbeiten landwirtschaftliche Fachleute mit. Die Liste der anzuhörenden Verbände und Einzelpersönlichkeiten weist einen beachtlichen Anteil landwirtschaftlich orientierter Verbände und sachkundiger Agrarwissenschaftler auf. Mein Haus hat dabei beratend mitgewirkt. Daraus ergibt sich, daß weder ich noch die Steuerungsgruppe den Rat von qualifizierten Agrarwissenschaftlern für überflüssig halten. Ich glaube auch nicht, Umweltprobleme allein mit landwirtschaftsfremden Persönlichkeiten beantworten zu können. Aber ich meine, wir müssen uns mit der Landwirtschaft kritischen Fragen auch von Nichtlandwirten — wie Volkswirte, Biologen und auch Journalisten — stellen. Anlage 28 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Frage des Abgeordneten Dr. Kübler (SPD) (Drucksache 9/226 Frage 99): Liegen der Bundesregierung Zahlen darüber vor, inwieweit die Änderung der Bundeslaufbahnverordnung vom Novemer 1980 vor allem jungen Frauen, deren Einstieg in das Berufsleben sich durch Kindererziehung verzögerte, den Eintritt in den öffentlichen Dienst erleichtert hat, und welche weiteren Schritte plant die Bundesregierung auf dem Weg der beruflichen Eingliederung von Müttern? Der Bundesregierung liegen wegen der Kürze der Zeit seit Erlaß der VO bislang keine Zahlen darüber vor, in welchem Umfang durch die von Ihnen angesprochene Änderung der Bundeslaufbahnverordnung jungen Frauen mit Kindern die Einstellung in einen beamtenrechtlichen Vorbereitungsdienst erleichtert worden ist. Ob weitere Schritte zur beruflichen Eingliederung von Müttern in den öffentlichen Dienst erforderlich werden, läßt sich erst beurteilen, wenn hierzu ausreichende Erfahrungen gesammelt worden sind. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß § 14 Abs. 2 BLV seine Begünstigung nicht auf weibliche Umstellungsbewerber begrenzt. Über den öffentlichen Dienst hinausgehend ist noch auf folgendes hinzuweisen: Um Frauen die berufliche Eingliederung bzw. Wiedereingliederung zu erleichtern, fördert der Arbeitsstab Frauenpolitik im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit eine Reihe von Modellversuchen, in denen spezielle Weiterbildungs- und Umschulungsangebote für Berufsrückkehrerinnen erprobt werden. Über diese Modelle hat Frau Bundesminister Huber in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 19. Februar 1981 berichtet. Anlage 29 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Hartenstein (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 100 und 101): Ist der Bundesregierung bekannt, ob auch in anderen Bundesländern, außer in Nordrhein-Westfalen, überhöhte Mengen von Schwermetallen in den Aschenbelägen der Sport- und Tennisplätze gefunden worden sind, und wie beurteilt die Bundesregierung die damit verbundenen Gesundheitsgefahren? Welche Maßnahmen können im Verantwortungsbereich der Bundesregierung ergriffen werden, um eine gesundheitliche Schädigung der Sportler zu vermeiden? Zu Frage 100: Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß auch in anderen Bundesländern, außer in NordrheinWestfalen, überhöhte Mengen von Schwermetallen in den Aschenbelägen der Sport- und Tennisplätze gefunden worden sind. Eine Umfrage ist eingeleitet. Eine erste Nachfrage z. B. bei der Landesregierung in Baden-Württemberg hat ergeben, daß ähnliche Fälle bisher nicht bekanntgeworden sind; ein Untersuchungsprogramm ist auch dort bereits eingeleitet. Der jüngst bekanntgewordene Fall im Erftkreis wird gegenwärtig von der zuständigen unteren Gesundheitsbehörde und dem Regierungspräsidium in Köln eingehend geprüft. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich in diese Prüfung eingeschaltet. Eine Beurteilung des Falles durch die Bundesregierung wird erst möglich sein, wenn das Ergebnis der Prüfung durch die zuständigen Landesbehörden vorliegt. Zu Frage 101: Maßnahmen zur Abwehr gesundheitlicher Gefahren, die von Sportplatzbelägen ausgehen, sind grundsätzlich Sache der zuständigen Landesbehörden. Die Bundesregierung hat aber Sorge getragen, daß in den Neuentwurf der DIN 18035 vom Oktober 1980 „Tennenflächen" bereits grundsätzlich ein Ver- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1317* bot gesundheitsschädlicher Konzentrationen an Schwermetallen in Tennenbaustoffen aufgenommen worden ist. Seit einiger Zeit werden Untersuchungen zur Feststellung der zulässigen Höchstwerte mit dem Ziel ihrer Aufnahme in die DIN 18035 durchgeführt. Für die Untersuchungen stellt das Bundesinstitut für Sportwissenschaft Projektmittel zur Verfügung. Hierbei werden die als Ergebnis der Stollberger Untersuchungen vorgeschlagenen Grenzwerte (0,1 mg Blei, 2,0 mg Zink, 0,01 mg Cadmium, 0,01 mg Quecksilber und 0,03 mg Arsen je kg Tennenbelagbaustoff) berücksichtigt. Ein weiterer Gesichtspunkt ist, daß die Bundesregierung im Jahre 1978 in der „Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft" Grenzwerte für Schwermetallkonzentrationen in der Luft (2 Mikrogramm Blei/m3 und 0,04 Mikrogramm Cadmium/m3) festgesetzt hat. Die Grenzwerte für Schwermetallkonzentrationen in Tennenbelagbaustoffen müssen medizinisch-naturwissenschaftlich abgesichert sein, damit die Unbedenklichkeitsgrenze auf jeden Fall eingehalten wird (Vorsorgeprinzip gilt auch hier). Im Rahmen der laufenden Projektstudie „Toxische Bestandteile in Tennenbelägen" findet am 31. März 1981 eine Anhörung von Sachverständigen mit Beteiligung des Umweltbundesamtes, des Bundesgesundheitsamtes und der Bundesanstalt für Materialprüfung zur Feststellung der Höchstwerte und der entsprechenden Untersuchungsverfahren beim Bundesinstitut für Sportwissenschaft statt. Anlage 30 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hackel (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 102 und 103): Warum hat die Bundesregierung die Entsperrung der Mittel für die Ausstellung „Die Opfer Preußens" noch im Dezember 1980 beantragt, obwohl das Projekt bis zum geplanten Beginn der Ausstellung nach Aussagen des Senats von Berlin nicht mehr „gründlich und verantwortlich zu verwirklichen" ist? Warum hat die Bundesregierung gegenüber den Mitgliedern des Haushaltsausschusses von einem fertigen Konzept gesprochen, obwohl dieses Konzept offensichtlich nicht vorhanden ist? Zu Frage 102: Bei der Ausstellung „Die Opfer Preußens" handelt es sich um eine Ausstellung, die in der Verantwortung des Landes Berlin von der Staatlichen Kunsthalle Berlin veranstaltet und vom Bund bezuschußt werden sollte. Im Zeitpunkt des Entsperrungsantrages an den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages vom 4. Dezember 1980 war der Bundesregierung nicht bekannt, daß die Realisierbarkeit des Ausstellungsvorhabens in Frage gestellt sein könnte. Aufgrund des engen Kontaktes mit dem Senat von Berlin in dieser Sache und aufgrund mehrerer Rückfragen mußte die Bundesregierung nach den Erklärungen des Senats von Berlin vielmehr davon ausgehen, daß die Ausstellung innerhalb der noch verbleibenden Zeit durchführbar sei. Offenbar sind erst nach dem 4. Dezember 1980 Umstände aufgetreten oder bekannt geworden, die den Berliner Stellen eine andere Beurteilung nahelegten. Dies wird bestätigt durch die Erklärung des Senats von Berlin vor dem Abgeordnetenhaus in Berlin, wonach die Entscheidung, das Ausstellungsvorhaben aufzugeben, erst am 24. Februar 1981 gefallen ist. Zu Frage 103: Die Bundesregierung hat vor dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages von einem Konzept der Ausstellung nicht nur gesprochen, sondern eine präzise Darstellung dieses Konzepts dem Haushaltsausschuß zusammen mit dem Entsperrungsantrag auch vorgelegt. Die nunmehr eingetretene Situation beruht offensichtlich nicht auf einem Mangel an Konzeption, sondern auf praktischen Problemen der Umsetzung durch die verantwortliche Stelle. Anlage 31 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Fragen des Abgeordneten Fischer (Homburg) (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 104 und 105): Ist der Bundesregierung bekannt, was Gegenstand des zwischen Frankreich und Luxemburg ausgehandelten bilateralen Vertrags ist im Zusammenhang mit dem Betrieb des Kernkraftwerks Cattenom, und wann ist mit dem Abschluß eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich zu rechnen mit dem Ziel welcher Regelungsinhalte? Wie beurteilt die Bundesregierung den Umstand, daß neben dem Kernkraftwerk Cattenom weitere Industrien im Raum Cattenom angesiedelt werden mit zusätzlichen negativen Folgen für die Gewässerqualität der Mosel im besonderen und zusätzlichen Umweltbelastungen im Obermoselraum? Zu Frage 104: Nach der Bundesregierung vorliegenden Informationen existiert ein noch nicht rechtskräftiger Vertrag zwischen Frankreich und Luxemburg, der eine Abstimmung der Kraftwerksplanung zwischen den beiden Ländern vorsieht. Er soll z. B. Regelungen über eine maximal zulässige Aufwärmung der Mosel und die Gewährleistung des Ausgleiches der Verdunstungsverluste für die Zeiten, in denen die Wasserführung der Mosel an der französisch/luxemburgischen Grenze unter einen bestimmten Wert (von 26 m3/s) fällt, zum Gegenstand haben. Die für die Bundesrepublik Deutschland bedeutsamen Fragestellungen zum Schutz der Mosel werden in der Internationalen Kommission zum Schutz der Mosel gegen Verunreinigung behandelt. Die deutsche Delegation hat deshalb in dieser Kommission vorgeschlagen, zwischen allen Anliegerstaaten über ein Übereinkommen zu beraten, in dem zu allen wichtigen Fragen der Reinhaltung der Mosel Regelungen getroffen werden sollten. Die französische und luxemburgische Delegation haben ihre Bereitschaft erklärt, diesen deutschen Vorschlag zur Vorbereitung eines solchen Übereinkommens zu prüfen. Da die Arbeiten am Wärmelastplan noch einige Monate in Anspruch nehmen werden, wird eine 1318* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Konkretisierung der Inhalte einer Vereinbarung nicht vor Ende 1981/Anfang 1982 möglich sein. Zu Frage 105: Die französische Delegation in den Internationalen Kommissionen zum Schutz der Mosel und der Saar gegen Verunreinigung hat kürzlich auf eine entsprechende Frage des Vertreters der Bundesregierung erklärt, daß ihr weitergehende Pläne für Industrieansiedlungen im Raum Cattenom nicht bekannt seien. Sie hat gleichzeitig ihre Bereitschaft erklärt, nähere Informationen zu geben, wenn sich eine entsprechende Neuplanung ergeben sollte. Im übrigen haben die Internationalen Kommissionen zum Schutz der Mosel und Saar gegen Verunreinigung eingehend über konkrete Maßnahmen zur Verringerung der Abwasseremissionen und Verbesserung des Zustandes der Mosel beraten. In diesem Zusammenhang hat die französische Delegation für die in den Einzugsgebieten von Mosel und Saar bereits ansässigen Industriebetriebe umfangreiche Sanierungsmaßnahmen in den nächsten fünf Jahre in Aussicht gestellt, durch die die Abwasserbelastung entscheidend verringert wird. Mit der Durchführung dieser Maßnahmen ist nach französischen Angaben bereits begonnen worden. Die Bundesregierung geht deshalb davon aus, daß seitens der französischen Behörden auch in Fällen evtl. Neuansiedlung von Industriebetrieben alle notwendigen Anforderungen gestellt werden, um Auswirkungen auf die Umwelt zu verhindern bzw. möglichst gering zu halten. Anlage 32 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Frage des Abgeordneten Schreiner (SPD) (Drucksache 9/226 Frage 106): Wie beurteilt die Bundesregierung den beschleunigten Ausbau der Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerks Cattenom unter dem Gesichtspunkt, daß bislang eine genaue Prüfung aller im Zusammenhang mit dem Bau zweier weiterer Blöcke von je 1 300 Megawatt stehenden Probleme bezüglich der Mosel, nämlich Temperatur, Menge und Ausgleich von Verdunstungsverlusten, die Güteziele (Sauerstoff, Chloride, Ammonium), die Einhaltung der Gemeinschaftsrichtlinien „Fischerei und Trinkwasser" und die Radioaktivitätsbelastung bisher nicht erfolgt ist, und wie gedenkt die Bundesregierung auch diesbezüglich auf die französische Regierung einzuwirken? Umfang und Zeitplan des Kraftwerksausbaues in Frankreich erfolgt nach nationalen Zielsetzungen. Die deutsche Delegation in der Internationalen Kommission zum Schutz der Mosel gegen Verunreinigung hat jedoch die Neuberechnung des „Internationalen Wärmelastplanes Mosel" gefordert, nachdem bekannt wurde, daß das französische Kernkraftwerk Cattenom auf insgesamt 4 Blöcke mit je 1 300 MWe ausgelegt werden soll. Sie hat gleichzeitig verlangt, daß alle offenen Fragen zum Bau und Betrieb des Kraftwerkes und der erforderlichen Nebenanlagen, z. B. des zum Ausgleich der Verdunstungsverluste erforderlichen Speicherbeckens am Oberlauf der Mosel und insbesondere Fragen über evtl. Auswirkungen auf die Mosel vor einer Entscheidung über den weiteren Ausbau von Cattenom im Rahmen der Arbeiten der „Internationalen Adhoc-Arbeitsgruppe Wärmebelastung" geklärt werden müssen. Für die Neuberechnung des Wärmelastplanes, die in die Zuständigkeit dieser Arbeitsgruppe fällt, hat die französische Seite alle erforderlichen Auskünfte in Aussicht gestellt. Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, daß vor einer Genehmigung zum Bau der Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerks Cattenom die Arbeiten am Wärmelastplan abgeschlossen und die entsprechenden Nachweise geführt sein müssen. Sie wird dies durch die deutsche Delegation in der Internationalen Kommission zum Schutz der Mosel gegen Verunreinigung erneut bekräftigen. Zu den Fragen der Radioaktivitätsbelastung der Atmosphäre und der Mosel laufen ebenfalls noch Verhandlungen im Rahmen der deutsch-französischen Kommission für die Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen. Die Bundesregierung wird in den genannten Gremien darauf hinwirken, daß die anstehenden Fragen hinsichtlich des Baues von Cattenom vor dem definitiven Baubeginn grundsätzlich geklärt werden. Anlage 33 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Fragen des Abgeordneten Hoffmann (Saarbrücken) (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 107 und 108): Ist die Bundesregierung über das Vorhaben der französischen Regierung, mit dem Bau des dritten und vierten Kernkraftwerks Cattenom bereits Anfang 1982 zu beginnen, informiert worden, und was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen? Ist die Bundesregierung über den Rücktritt des Generalsekretärs des Interministeriellen Komitees für atomare Sicherheit in Frankreich, Jean Servant, der sich auch auf den Kraftwerksbau in Cattenom bezieht, unterrichtet, und sieht sie darin einen Zusammenhang mit den grenzüberschreitenden Auswirkungen grenznaher Kernkraftwerke? Zu Frage 107: Die Bundesregierung ist im Rahmen der „Deutsch-Französischen Kommission für Fragen der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen" — kurz DFK genannt — darüber informiert worden, daß die französische Genehmigungsbehörde die Anträge auf Baugenehmigung der Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerkes Cattenom für Mitte des Jahres 1981 erwartet. Über diese französische Ausbauplanung hat die Bundesregierung zuletzt am 18. Januar 1980 vorab informiert. Die Prüfung dieser Anträge wird nach französischer Einschätzung voraussichtlich 4 bis 5 Monate in Anspruch nehmen, so daß mit einer Baugenehmigung für die Blöcke 3 und 4 frühestens Ende 1981/Anfang 1982 zu rechnen ist. Dieser Sachverhalt wurde auch anläßlich einer Informationsveranstaltung des französischen Präfekten am 5. März 1981 in Cattenom und Metz erörtert, zu dem deutsche und französische Mandatsträger eingeladen waren. Diese Veranstaltung bot eine gute Gelegenheit, alle für erforderlich gehaltenen Fragen zum Bau des Kernkraftwerkes Cattenom unmittelbar an die zuständigen französischen Stellen zu richten. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1319* Die französische Regierung hat zwar deutlich gemacht, daß sie ihre Kernkraftwerksprojekte im Interesse der Sicherstellung der nationalen Energieversorgung zügig verwirklichen wird — für den grenznahen Bereich bestehen jedoch nach Ansicht der Bundesregierung vielfältige Kontakte, um hierbei die Schutzinteressen der deutschen Grenzbevölkerung angemessen zu berücksichtigen. So werden z. B. die Fragen der Moselbelastung in der internationalen Saar-Mosel-Kommission behandelt; der Schutz der deutschen Bevölkerung vor radiologischen Auswirkungen wird intensiv in der DFK verfolgt. Die Bundesregierung ist zuversichtlich, daß die Fortführung der gutnachbarschaftlichen Zusammenarbeit mit Frankreich auf allen Ebenen der beste Weg ist, die anstehenden Probleme in Grenzgebieten zu lösen. Zu Frage 108: Zur Frage des Rücktrittes von Herrn Servant hat die Bundesregierung bereits in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Herrn Abgeordneten Hans Werner Müller (Wadern) im Dezember 1980 Stellung genommen und hierzu u. a. folgendes ausgeführt: „Die Bundesregierung betrachtet den Rücktritt von Herrn Servant als eine innerfranzösische Angelegenheit. Über den bereits im Mai 1980 erfolgten und jetzt in der französischen Presse aufgegriffenen Rücktritt von Herrn Jean Servant hat die Bundesregierung Informationen von französischer Seite erbeten und erhalten. Die Presseveröffentlichungen enthalten keine konkreten Vorwürfe einer etwaigen Verletzung von Sicherheitsvorschriften. Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, an der Bereitschaft der französischen Regierung zu zweifeln, daß diese die bestehenden Abmachungen und Vereinbarungen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auch weiterhin erfüllen wird, wie dies bei den Gesprächen von Bundesinnenminister Baum in Paris am 22. September 1980 nochmals bekräftigt wurde" (BT-Drucksache 9/81, S. 15). Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stahl auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Lammert (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 109 und 110): Wie beurteilt die Bundesregierung die bemerkenswerten Befunde der offiziellen Umweltstudie der amerikanischen Regierung „Global 2000", worin auf Grund der weiteren wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung eine weltweite Katastrophe vorhergesagt wird, und welche Schlüsse hat sie daraus für die eigene Umwelt-, Energie- und Entwicklungspolitik gezogen? Liegen der Bundesregierung Anhaltspunkte vor, daß eines der auffälligsten Randergebnisse dieses amtlichen amerikanischen Forschungsprojekts — die Feststellung nämlich, daß die verschiedenen Behörden und Regierungsinstitutionen in ihren jeweiligen Arbeitskonzepten und Projektionen auch bei gleichen Problemfeldern von unterschiedlichen Daten und Annahmen ausgehen — mit den sich daraus ergebenden Widersprüchen und Inkonsistenzen auch für vergleichbare Arbeitsprogramme deutscher Regierungsstellen und öffentlicher Einrichtungen zutrifft? Zu Frage 109: Die Studie „the Global 2000 Report to the President" wurde im Juli 1980 dem amerikanischen Präsidenten vorgelegt und im August 1980 der Bundesregierung offiziell unter Hinweis auf die Schlußerklärung des Weltwirtschaftsgipfels in Venedig zugestellt. Im Oktober 1980 fand dann auf Einladung der US-Regierung mit einer Reihe westlicher Staaten eine Besprechung über die Studie und ihre weitere Behandlung statt. Ende November 1980 übermittelte das Auswärtige Amt der US-Regierung eine deutsche Stellungnahme, die sich mit der Methodik der Studie befaßte. Gegenwärtig erarbeitet die Bundesregierung eine Stellungnahme zum Inhalt und zu den Ergebnissen der umfangreichen Studie. Die Politik der Bundesregierung im Bereich Umwelt, Energie und Entwicklungshilfe basiert auf vielfältigen Untersuchungen, Gutachten, Erhebungen und nicht zuletzt auf Erfahrungen u. a. aus eigenen Programmen und Aktivitäten. Auch diese Studie wird — wie andere auch — bei der Fortentwicklung unserer Politik berücksichtigt werden. Zu Frage 110: Es ist generell schwierig, für umfangreiche Untersuchungen, Projektionen und Arbeitspläne konsistente Datensätze und Annahmen zu erarbeiten und anzuwenden. Bei Verwendung und besonders bei Vergleichen verschiedener Untersuchungen ist deshalb darauf zu achten, daß die Herkunft von verwendeten Daten und getroffenen Annahmen klar beschrieben sind. Dies ist sicher bei der notwendigerweise vereinfachenden öffentlichen Verwendung von Ergebnissen von Untersuchungen ein Punkt, der nicht immer genügend Beachtung findet. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Timm (FDP) (Drucksache 9/226 Fragen 111 und 112): Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die EG vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen, wenn eine Einigung über die Fischereipolitik erneut scheitert? Hält die Bundesregierung es für angebracht, auf dem Weg der Klage beim Europäischen Gerichtshof Mehrheitsentscheidungen im EG-Ministerrat einzuführen, wie es Dr. Bangemann (MdEP) am 4. März in der Sendung „Der weiße Fleck — Fischereikrieg" des Deutschen Fernsehens gefordert hat? Zu Frage 111: Die Bundesregierung sieht in einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof kein geeignetes Mittel für den Versuch, Beschlüsse des Rates über die gemeinsame Fischereipolitik herbeizuführen. Ein klagezusprechendes Urteil könnte keinesfalls die fehlende Beschlußfassung des Rates ersetzen, sondern allenfalls dokumentieren, daß der Rat seiner Verpflichtung zur Regelung der gemeinsamen Fischereipolitik bisher nicht nachgekommen ist. Im übrigen würde eine Klage wegen der vorgeschriebenen Fristen des Vorverfahrens und der Dauer des Gerichtsverfahrens selbst voraussichtlich mindestens 1 knappes Jahr in Anspruch nehmen. 1320* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Während dieser Zeit würden die Verhandlungen im Rat möglicherweise zusätzlich belastet. Zu Frage 112: Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof mit dem Ziel, den Rat zu verpflichten, mehrheitlich über die gemeinsame Fischereipolitik zu entscheiden, könnte nur im Rahmen eines Verfahrens herbeigeführt werden, das bereits in der ersten Frage angesprochen worden ist. Wie dargelegt, beabsichtigt die Bundesregierung nicht, ein solches Verfahren einzuleiten. Denn würde die Bundesregierung klagen, so sollte man sich keinen Illusionen hingeben: Eine Entscheidung des Gerichtshofs könnte nur die Feststellung der bekannten Rechtslage enthalten, daß nach den Verträgen (EWG-Vertrag, Beitrittsvertrag mit GB, DK und Irl) im Fischereibereich die Beschlüsse mit qualitizierter Mehrheit gefaßt werden. Selbst wenn auf Grund eines solchen Urteils die Präsidentschaft im Rat die Fischereivorschläge der Kommission zur Abstimmung stellen würde, würde die erforderliche Mehrheit nicht zustande kommen, insbesondere weil einige Mitgliedstaaten es grundsätzlich ablehnen, daß die Gemeinschaft einzelne Mitgliedstaaten bei Fragen von bedeutendem nationalen Interesse majorisiert. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Menzel (SPD) (Drucksache 9/226 Frage 113): Sind der Bundesregierung Untersuchungsergebnisse des Deutschen Verbraucherschutzverbands bekannt, wonach auf Grund zunehmender Stickstoffdüngung in gesundheitsgefährdendem Umfang Nitrat in Lebensmitteln enthalten ist, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um solche Gesundheitsgefährdung für die Zukunft zu verhindern? Der Bundesregierung sind Flugblätter des Deutschen Verbraucherschutzverbandes (DVS) bekannt, in denen auf Nitrat in der Nahrung eingegangen und generell eine Gesundheitsgefährdung behauptet wird. Eine solche Verallgemeinerung ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen weder gerechtfertigt noch sachdienlich. Eine Bedrohung der Gesundheit durch Stickstoffdüngung ist generell zu verneinen. Nur durch eine optimale Nährstoffversorgung lassen sich qualitativ hochwertige Pflanzen erzeugen. In Einzelfällen ist nicht auszuschließen, daß durch unsachgemäße Düngung oder falsche Behandlung ein hoher Nitratgehalt in den Pflanzen vorkommen kann. Dabei ist zu beachten, daß die Höhe des Nitratgehalts z. B. von Gemüse außer von der Düngung von Faktoren wie Bodenart, Witterung, Sorte und Reifegrad wesentlich beeinflußt wird. Auf der Grundlage umfangreicher Versuchsergebnisse sind die Methoden der Düngeranwendung, insbesondere der Stickstoffdüngung stark verbessert worden. Es wird eine gezielte, zeitgerechte und dem Pflanzenbedarf entsprechende Anwendung angestrebt. Die seit kurzem eingeführte Untersuchung des mineralisierten Stickstoffvorrats des Bodens (N-min-Methode) hat dazu einen bedeutenden Beitrag geleistet. Die Bundesregierung wird sich weiterhin darum bemühen, im Rahmen der Forschung die Zusammenhänge zwischen Stickstoffdüngung und Nahrungsqualität untersuchen zu lassen. Auch von seiten der Länder wird über die Beratung in verstärktem Maße auf diese Fragen eingegangen. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 114 und 115): Wie beurteilt die Bundesregierung den sich in den letzten Jahren verschärfenden Verdrängungswettbewerb und Konzentrationsprozeß innerhalb der landwirtschaftlichen Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland zu Lasten des kleineren Vollerwerbsbetriebs bäuerlicher Familienverfassung? Welche innerlandwirtschaftlichen und außerlandwirtschaftlichen Faktoren haben diese bedrohliche Strukturentwicklung in Richtung stark wachsender und mengenproduzierender Betriebseinheiten beeinflußt und beschleunigt, und wie stark hat sich hierbei die Höhe der Erzeugerpreise auf diesen Prozeß ausgewirkt? Die Bundesregierung verfolgt aufmerksam den strukturellen Anpassungsprozeß der Landwirtschaft, wie er sich seit mehr als 30 Jahren vollzieht, und berichtet darüber jährlich detailliert im Agrarbericht. Die jüngsten Zahlen deuten nicht auf einen verschärften Verdrängungswettbewerb in den letzten Jahren hin. Von 1965 bis 1975 nahm die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe um 1 ha LF jährlich um durchschnittlich 34 767 Betriebe ab, von 1975 bis 1980 um 21 440 Betriebe. Ähnlich verlief die Entwicklung bei den Arbeitskräften. Etwas differenzierter ist die Entwicklung des Konzentrationsprozesses zu beurteilen. Die Zahl der flächenstarken Betriebe ab 100 ha LF nahm in der Zeit von 1965 bis 1975 jährlich um durchschnittlich 115 Betriebe zu; von 1975 bis 1980 waren es 100 Betriebe pro Jahr. Insgesamt gab es 1980 in der Bundesrepublik Deutschland 4 391 Betriebe um 100 ha LF; dies waren nur 0,6 % aller Betriebe ab 1 ha LF, die bei einer Durchschnittsgröße von 162 ha 5,8 der LF ab 1 ha Betriebsgröße bewirtschafteten. Zur Konzentration in der Tierproduktion ist in der schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Peter Conradi vom 11. März 1981 geantwortet worden. Dort wird festgestellt, daß die Masthühnerproduktion und die Legehennenhaltung einen relativ hohen Konzentrationsgrad aufweisen. Diese Entwicklung vollzog sich vor allem in den 1960er und frühen 1970er Jahren. Bei Milchkühen, Zuchtsauen und Mastschweinen nimmt die Zahl und der Anteil der größeren Bestände zwar laufend zu, der Konzentrationsgrad hält sich jedoch mit Ausnahmen noch in Grenzen. Die Bundesregierung beobachtet jedoch diese Entwicklung besonders aufmerksam. Konzentrationserscheinungen wie im Masthühnerbereich und teilweise in der Legehennenhaltung sind nicht erwünscht. Grundsätzlich sind für größere Einheiten der Boden- und Tierproduktion, wie sie in vielen kleineren Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1321* Haupterwerbsbetrieben vorhanden sind, vergleichsweise höhere spezifische Leistungen und niedrigere Erzeugungskosten charakteristisch. Eine isolierte Quantifizierung der Auswirkungen des allgemeinen Erzeugerpreisniveaus auf die Strukturentwicklung ist deshalb nicht möglich, weil das individuelle Wirtschaftsergebnis weitgehend von der einzelbetrieblichen Preis-Kosten-Relation bestimmt wird. Die Betriebsergebnisse des Agrarberichts zeigen Jahr für Jahr, daß leistungsfähige landwirtschaftliche Betriebe mit entsprechenden Produktionskapazitäten bei gegebenem Erzeugerpreisniveau durchaus befriedigende Einkommen erzielen, während andere, vielfach umsatzschwache Betriebe in der Einkommensentwicklung stärker zurückbleiben. Der Strukturprozeß wird sich auch zukünftig vorzugsweise auf diese einkommensschwachen Betriebe konzentrieren, die sich bei entsprechenden Erwerbsalternativen vermehrt außerbetrieblichen Einkommensquellen zuwenden dürften. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 116 und 117): Welche Stellungnahme hat die Bundesregierung dem Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft zu den Agrarpreisbeschlüssen für das Wirtschaftsjahr 1981/1982 abgegeben, nachdem in einer Pressemeldung zwar die Verhaltensweise Frankreichs, der Niederlande und Belgiens für eine Preisanhebung zwischen 11 und 15 v. H. veröffentlicht wurde, aber nichts über die Aussagen der Bundesregierung bekannt wurde? Wird die Bundesregierung darauf dringen, daß der Grenzausgleich Großbritanniens und der Bundesrepublik Deutschland bei dem Paket der Agrarpreisverhandlungen für das Wirtschaftsjahr 1981/1982 im gleichen Prozentsatz abgebaut wird? Die von der Kommission für das Wirtschaftsjahr 1981/1982 vorgeschlagenen Preisanhebungen in ECU erscheinen der Bundesregierung im Hinblick auf die Markt- und Haushaltssituation noch vertretbar. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, daß der Abbauschritt beim deutschen positiven Währungsausgleich einkommenspolitisch vertretbar ausfällt. Die von der Kommission vorgeschlagene Abbaurate ist im Hinblick auf die vorgeschlagenen Preise zu hoch. Der Abbauschritt beim britischen sowie beim deutschen positiven Währungsausgleich sollte möglichst gleich groß sein. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 118): Wie hoch sind die EG-Vorräte an Butter, Magermilchpulver und Zukker je Kopf der Bevölkerung innerhalb der EG, und hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, angesichts dieser Zahlen weiterhin von Butterbergen und dergleichen zu reden? Am 12. März 1981 betrugen die Interventionsbestände bei — Butter 110 506 t — Magermilchpulver 152 023 t. Bei Zucker sind derzeit keine Interventionsbestände zu verzeichnen. Diese relativ niedrigen Bestände sind insbesondere auf die günstige Weltmarktsituation zurückzuführen, die es erlaubte, den Drittlandsexport nachhaltig zu intensivieren. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß diese günstige Situation am Weltmarkt und insbesondere die guten Exportbedingungen nach den Ostblockländern uneingeschränkt andauern werden. Bei Zucker übersteigt die EG-Erzeugung den Verbrauch nachhaltig. Im Jahre 1981 wird die Gemeinschaft rd. 2-3 Millionen t exportieren müssen. Auf dem Milchsektor übersteigt in der EG die Erzeugung ebenfalls die Nachfrage. Die weitere Produktionssteigerung und die Zunahme der Milchanlieferung, die 1980 in der EG 2,8 % betrug, lassen es nicht zu, bereits von einer Lösung der Überschußsituation zu sprechen. Wohl aber kann ein Rückgang der mit der Verwertung verbundenen Kosten festgestellt werden. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 119): Ist die Bundesregierung bereit, analog der Entschädigung von 30 Millionen DM für die deutsche Fischwirtschaft auch der deutschen Landwirtschaft eine Entschädigung zu zahlen, falls bei den künftigen Preisverhandlungen im EG Ministerrat in Brüssel für die deutschen Bauern notwendigerweise Anhebungen nicht durchgesetzt werden? Der deutschen Fischwirtschaft soll durch Fortführung des seit 1978 laufenden Sofortprogramms die Anpassung an die verringerten und veränderten Fangmöglichkeiten erleichtert werden. Dieses Sofortprogramm war bis 1980 befristet, weil ab 1. Januar 1981 eine einschlägige EG-Regelung mit gemeinsam finanzierten Hilfsmaßnahmen erwartet wurde. Als diese gemeinsame EG-Regelung sich aus den bekannten Gründen verzögerte, hat die Bundesregierung die Fortführung des Sofortprogramms mit 30 Millionen DM — gedeckt aus Umschichtungen im Einzelplan 10 — vorgeschlagen. Bei diesem Sofortprogramm handelt es sich nicht um eine Entschädigung für etwa eingetretene Verluste, sondern um eine Strukturmaßnahme. Entschädigungszahlungen ohne Rechtsverpflichtung müssen auch wegen der präjudiziellen Wirkung aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt werden. Es besteht keine Veranlassung, im Zusammenhang mit den Preisverhandlungen im EG-Ministerrat zusätzliche nationale Hilfsmaßnahmen vorzubereiten. Im übrigen erhält die Landwirtschaft zahlreiche und umfangreiche Hilfen zur Strukturverbesserung sowohl aus EG- als auch aus nationalen Mitteln. 1322* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Fragen des Abgeordneten Gerster (Mainz) (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 122 und 123): Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß Eltern, deren Kinder ständig in den USA leben, hinsichtlich der Kindergeldzahlungen den Eltern gleichgestellt werden sollten, deren Kinder in einem EG-Mitgliedstaat oder in einem Staat mit entsprechender Kindergeldvereinbarung ständig leben? Ist die Bundesregierung bereit, eine entsprechende Kindergeldregelung mit den USA in die Wege zu leiten? Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz wird grundsätzlich nur für Kinder geleistet, die in der Bundesrepublik Deutschland leben. Ergänzend sieht eine Reihe zwischenstaatlicher Regelungen die Leistung von Kindergeld auch für Kinder in anderen Staaten vor. Diese Regelungen sind Teil der sozialen Sicherung von Arbeitnehmern, die auf Grund der Freizügigkeitsbestimmungen der Europäischen Gemeinschaften, auf Grund von Anwerbevereinbarungen oder — im Verhältnis zu Österreich und der Schweiz — mit Rücksicht auf eine seit alters her beträchtliche Durchlässigkeit der Grenzen im Bundesgebiet beschäftigt werden. Derartige rechtliche oder tatsächliche Verhältnisse liegen im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika nicht vor. Die Bundesregierung beabsichtigt deshalb nicht, Eltern, deren Kinder in den Vereinigten Staaten von Amerika leben, hinsichtlich der Kindergeldzahlung diesen Arbeitnehmern gleichzustellen. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben auch keinen entsprechenden Wunsch geäußert. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Fragen des Abgeordneten Cronenberg (FDP) (Drucksache 9/226 Fragen 124 und 125): Kann die Bundesregierung die Mängel in der Organisation der Arbeitsverwaltung, wie sie in dem Artikel in „Die Welt" vom 14. Februar 1981 aufgeführt sind, zum Beispiel der mangelnde Einsatz von Computern, insbesondere bei der Aufstellung von Statistiken, Verzögerungen bei Geldleistungen übermäßige Reglementierung und Bürokratisierung, bestätigen? Ist die Bundesregierung bejahendenfalls bereit, Konsequenzen zu ziehen, und welche Möglichkeiten sieht sie, um den Verfahrensablauf in der Arbeitsverwaltung so zu straffen, damit das Personal stärker als bisher für die eigentliche Aufgabe der Arbeitsvermittlung eingesetzt werden kann? Das in dem Artikel in der „Welt" vom 14. Februar 1981 gezeichnete Bild der Bundesanstalt ist unzutreffend. Derartige Darstellungen sind vor allem deshalb bedauerlich, weil es bei der gegenwärtig schwierigen Arbeitsmarktlage erforderlich ist, daß die Arbeitsverwaltung richtig eingeschätzt und ihre beratungs- und Dienstleistungsangebote vertrauensvoll genutzt werden. Es dient der Aufgabenerfüllung auch wenig, wenn gerade zu einer Zeit, in der die Bundesanstalt stark belastet ist, die Mitarbeiter durch ungerechtfertigt negative Kritik entmotiviert werden. Sinnvoller wäre es, alle vernünftigen Vorschläge mit dem Ziel, die Arbeitsabläufe in den Arbeitsämtern weiter zu verbessern und noch effektiver zu gestalten, eingehend zu erörtern und anschließend nach Möglichkeit zu verwirklichen. Selbstverwaltung und Verwaltung der Bundesanstalt sind ständig um entsprechende Verbesserungen bemüht. Der Aufbau einer dezentralen Datenverarbeitungsorganisation ist in Vorbereitung; so soll z. B. durch den Einsatz von Terminal-Computern eine schnellere Datenübermittlung zwischen allen Dienststellen der Bundesanstalt ermöglicht werden. Hierbei ist besonders hervorzuheben der Ausbau der computerunterstützten Arbeitsvermittlung im Bereich der Arbeitsämter und deren Nebenstellen mit dem Ziel, Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung zu intensivieren. Die bereits seit Mai 1979 im Rahmen eines Modellversuchs durchgeführte praktische Erprobung im Bereich des Landesarbeitsamtes Hessen wird positiv beurteilt. Bis 1982 soll die computerunterstützte Arbeitsvermittlung im gesamten Bezirk des Landesarbeitsamtes Hessen eingeführt werden. Entsprechend den Liefermöglichkeiten für die benötigten EDV-Geräte wird dann auch in den anderen Landesarbeitsamtsbezirken die computerunterstützte Arbeitsvermittlung eingeführt werden. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 126): Ist die Bundesregierung bereit, sich dafür einzusetzen, daß in der Novelle zum Krankenhausfinanzierungsgesetz ein Bestandsschutz für kleinere Krankenhäuser vorgesehen wird? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz auch kleinere Krankenhäuser öffentlich zu fördern sind, soweit sie der allgemeinen Zielsetzung dieses Gesetzes dienen, nämlich „eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen". Sie hatte deshalb schon in ihrem im Mai 1978 vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (Bundestags-Drucksache 8/2067) vorgesehen, die gelegentlich mißverstandene Bestimmung der sog. 100-Betten-Grenze (§ 8 Abs. 1 Satz 2) durch eine Regelung zu ersetzen, wonach bei der Bedarfsplanung darauf geachtet werden sollte, daß die einzelnen Krankenhäuser nach Größe und Standort eine bedarfsgerechte, leistungsfähige Versorgung in wirtschaftlichen Betriebseinheiten ermöglichen und für die Patienten in zumutbarer Entfernung erreichbar sind. Wie Sie wissen, ist diese Gesetzesänderung auf Grund des Widerstands der Bundesratsmehrheit und der sie tragenden politischen Kräfte nicht zum Zuge gekommen. Die Bundesregierung wird entsprechend der Ankündigung des Bundeskanzlers in der Regierungserklärung vom 24. November 1980 in Kürze erneut einen Entwurf zur Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes vorlegen. Der Referentenentwurf hierzu liegt seit dem 9. März 1981 vor. Darin ist wiederum vorgesehen, die sog. 100-Betten-Grenze zu streichen und durch die schon erwähnten allgemeinen Pla- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1323* nungskriterien zu ersetzen. Auch sollen künftig die Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Aufgabenteilung der Krankenhäuser untereinander, die besonders bedeutsam gerade für kleinere Krankenhäuser sind, im Gesetz ausdrücklich erwähnt werden. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung künftig auch von CDU und CSU Unterstützung erhalten wird, um im Krankenhausfinanzierungsgesetz bundesweit derartige sachgerechte Mindestanforderungen für die Krankenhausbedarfsplanung in den Ländern festzulegen. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Fragen des Abgeordneten Horstmeier (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Fragen 127 und 128): Sieht die Bundesregierung es als gerechtfertigt an, daß mithelfende Familienangehörige bei sonstiger Erfüllung der Voraussetzungen dann nicht in die Altershilfe für Landwirte aufgenommen werden können, wenn sie 180 oder mehr Kalendermonate in der Rentenversicherung der Arbeiter versichert waren, selbst wenn der daraus resultierende Rentenanspruch weit unterhalb des Anspruchs liegt, der in der Altershilfe für Landwirte als unterste Grenze erreicht wird, und wenn ja, wie begründet sie dies? Sieht die Bundesregierung die Benachteiligung dieser mithelfenden Familienangehörigen gegenüber denjenigen, die vor dem Inkrafttreten der neuen Gesetzesbestimmung über eine Altershilfe für Landwirte keine Altersversicherung abgeschlossen und Beiträge gezahlt haben, und wenn ja, schlägt sie eine Härteregelung vor? In die Altershilfe für Landwirte sind ältere mitarbeitende Familienangehörige nur aufgenommen worden, wenn sie 1965 das 50. Lebensjahr vollendet hatten. Diese Regelung ist zur Vermeidung von Härten zum 1. Mai 1980 dahin erweitert worden, daß auch ältere mitarbeitende Familienangehörige, die an diesem Stichtag das 50. Lebensjahr vollendet hatten, in die Altershilfe für Landwirte einbezogen wurden, und zwar ohne eigene Beitragszahlung. Eine solche Vergünstigung konnte und sollte keine Dauerlösung sein, sondern nur eine Übergangslösung. Auf längere Sicht sollten die landwirtschaftlichen Unternehmer auch für die mitarbeitenden älteren Familienangehörigen eine eigene Beitragszahlung gewährleisten, und zwar über den Abschluß von Arbeitsverträgen mit der Folge der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Bei einer Übergangslösung, die nicht auf eigener Beitragszahlung beruht, müssen für den begünstigten Personenkreis leicht abgrenzbare Tatbestände zugrunde gelegt werden. In diesem Falle wurde die Erfüllung der sog. großen Wartezeit in der Rentenversicherung (180 Kalendermonate) als Merkmal dafür genommen, daß der mitarbeitende Familienangehörige über eine eigene soziale Sicherung verfügt. Wer eine solche Sicherung hat, soll nicht nochmals zu Lasten der Solidargemeinschaft ohne eigene Beitragsleistung eine weitere Alterssicherung erhalten. Diese Abgrenzung mag, wie jede pauschale Lösung, in Einzelfällen als Härte empfunden werden. Sie erscheint mir aber noch immer gerechter als der damals ebenfalls erörterte Vorschlag, nur die mitarbeitenden Familienangehörigen einzubeziehen, die Geld für eine freiwillige Beitragszahlung aufbringen können. Zu einer Härteregelung sehe ich keine Möglichkeit, zumal sie nach Ihrem Gedankengang Personen zugute käme, die schon eine Alterssicherung besitzen. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Fragen des Abgeordneten Gattermann (FDP) (Drucksache 9/226 Fragen 129 und 130): Hat sich nach Ansicht der Bundesregierung die organisatorische Neugliederung im Bereich Arbeitsvermittlung/Arbeitsberatung, die in dem Artikel in „Die Welt" vom 14. Februar 1981 mit als Ursache für Ineffektivität der Arbeitsverwaltung genannt ist, bewährt? Wird sich die in dem angegebenen Artikel erwähnte Kommission mit der durch die organisatorische Neugliederung hervorgerufenen Ineffektivität der Arbeitsverwaltung beschäftigen? Hinsichtlich der Ausführungen in dem Artikel in der „Welt" vom 14. Februar 1981 darf ich auf meine Antwort auf die Fragen Nr. 124 und 125 des Herrn Kollegen Cronenberg verweisen. Die Neuorganisation der Abteilung Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung in den Arbeitsämtern wurde vor ihrer Einführung in der Zeit vom Mai 1972 bis zum Dezember 1975 in den Arbeitsämtern Celle und Würzburg erprobt. Erst nachdem sich diese neue Organisationsform in der Erprobung bewährt hatte, wurde die Umorganisation am 1. Juli 1978 bundesweit durchgeführt. Seitdem gibt es größere Organisationseinheiten, zu denen jeweils eine „Anmelde- und Bearbeitungsstelle" gehört. Routinemäßige Arbeiten sind jetzt von den Beratungs- und Vermittlungsfunktionen der Fachkräfte getrennt und als zuarbeitende Tätigkeiten in den Anmelde- und Bearbeitungsstellen konzentriert. Nach den bisherigen Erfahrungen der Bundesanstalt führt dies zu einer Erhöhung der beraterischen und vermittlerischen Kapazität und zu einer effizienteren Erledigung der eigentlichen Beratungs- und Vermittlungsaufgaben. Darüber hinaus erledigen die Anmelde- und Bearbeitungsstellen bestimmte Anliegen der Ratsuchenden unmittelbar und entlasten damit die Fachkräfte zusätzlich. Durch die Umorganisation ist somit die Vermittlungs- und Beratungstätigkeit der Arbeitsämter effektiver geworden. Aus diesem Grunde besteht auch keine Notwendigkeit, eine Kommission zur Überprüfung der Organisation der Bundesanstalt für Arbeit einzusetzen; auch insoweit treffen die Ausführungen in dem genannten Artikel nicht zu. Die vom Vorstand der Bundesanstalt berufene Expertenkommission hat eine andere Aufgabe. Sie soll die Gesamtheit der Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit insbesondere im Hinblick auf ihre Aussagefähigkeit und Notwendigkeit hin überprüfen. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Frage des Abgeordneten Urbaniak (SPD) (Drucksache 9/ 226 Frage 131): 1324* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 Für welche Maßnahmen im sozialen Bereich wird sich die Bundesregierung einsetzen, um zu verhindern, daß den von Umstrukturierung betroffenen Arbeitnehmern in der deutschen Stahlindustrie unbillige Härten auferlegt werden? Für die von dem gegenwärtigen Umstrukturierungsprozeß in der Eisen- und Stahlindustrie betroffenen Arbeitnehmer stehen die umfassenden Hilfen nach dem Arbeitsförderungsgesetz zur Verfügung. Die Bundesanstalt für Arbeit und ihre Dienststellen werden diese Instrumente gezielt und umfassend einsetzen, um die Wiedereingliederung und Umsetzung dieser Arbeitnehmer auf andere Arbeitsplätze zu ermöglichen. In ihrem Arbeitsmarktpolitischen Programm für Regionen mit besonderen Beschäftigungsproblemen vom 16. Mai 1979 — in die die Gebiete mit einem hohen Anteil von Montanindustrien einbezogen sind — hat die Bundesregierung einen besonderen Schwerpunkt zur Förderung der beruflichen Qualifizierung von Arbeitnehmern in Betrieben mit Anpassungs- und Umstellungsprozessen gebildet. Bis Anfang 1981 sind in den 23 von dem Programm erfaßten Arbeitsamtsbezirken über 30 000 Teilnehmer von innerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahmen gefördert worden, davon allein fast 2 500 im Arbeitsamtsbezirk Dortmund. Die Bundesregierung wird auch in Zukunft darauf achten, daß die Bundesanstalt für Arbeit bei betrieblichen Umstrukturierungen sämtliche arbeitsmarktpolitischen Instrumente zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer einsetzt, damit unbillige Härten vermieden werden. Für die Eisen- und Stahlindustrie werden auf Grund von Artikel 56 des Montanunionvertrages darüber hinaus ergänzende Beihilfen gewährt. Es sind dies — Beihilfen beim Arbeitsplatzwechsel in Form von Lohn- und Gehaltsbeihilfen, Fahrkostenerstattung, Trennungsentschädigung, Umzugskosten und Einrichtungsbeihilfen; — Beihilfen bei vorübergehender Arbeitslosigkeit in Form von Wartegeld und Übergangsbeihilfe; — Umschulungszulagen und — einmalige Abfindungen für ältere Arbeitnehmer. Zur Zeit wird gemeinsam mit den Bundesministerien für Wirtschaft und der Finanzen und dem Bundeskanzleramt geprüft, ob insbesondere die Übergangsbeihilfen und die Abfindungen für ältere Arbeitnehmer hinsichtlich des Personenkreises und der Höhe der einzelnen Leistungen verbessert werden sollen. Dabei werden die Anzahl der Betroffenen, ihre berufliche und altersmäßige Struktur und die betroffenen Regionen eine Rolle spielen. Allerdings ist bei solchen Überlegungen auch der Aspekt der Finanzierbarkeit — sowohl hinsichtlich des Bundeshaushalts als auch hinsichtlich des Haushalts der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl — zu beachten. Anlage 47 Antwort des Staatssekretärs Dr. Fülgraff auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Solms (FDP) (Drucksache 9/226 Fragen 132 und 133): Beabsichtigt die Bundesregierung, zur besseren Absicherung des Pflegekostenrisikos in dieser Wahlperiode des Deutschen Bundestages eine gesetzliche Lösung im Rahmen des gegliederten Systems der Krankenversicherung unter Einschluß privater Vorsorge und Eigenbeteiligung oder im Rahmen eines alle Bevölkerungskreise einbeziehenden Pflegegesetzes vorzulegen? Welche jährlichen Mehrausgaben würden die beiden angedeuteten Lösungsmodelle bei den Trägern der gesetzlichen Krankenkassen bzw. im Bundeshaushalt schätzungsweise verursachen, und wie hoch wären entsprechende Beitragssatzsteigerungen bzw. Steuererhöhungen zu veranschlagen? Zu Frage 132: Über die Lage der Pflegebedürftigen und die Möglichkeiten ihrer besseren Absicherung liegt ein Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Aufbau und Finanzierung ambulanter und stationärer Pflegedienste" vor. Er hat aufgezeigt, welche Arbeiten und Vorentscheidungen noch notwendig sind, um eine Entscheidung darüber zu ermöglichen, welcher Weg für eine Lösung des Problems eingeschlagen werden soll. Der Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe wird im Juni 1981 von der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister der Länder beraten. Es bedarf danach noch weiterer gründlicher Beratungen auf Bundes- und Länderebene, um eine Entscheidung vorzubereiten. Erst wenn diese Beratungen abgeschlossen sind, kann über Folgerungen entschieden werden. Zu Frage 133: Jede umfassende Lösung wird einen erheblichen finanziellen Mehraufwand mit sich bringen. Die Höhe der Mehrkosten hängt von der konkreten Ausgestaltung einer Lösung ab, insbesondere von Art und Umfang der Leistungsansprüche und von der Bereitschaft der Länder und Kommunen, die bisher für die Finanzierung von Pflegekosten eingesetzten Mittel in die Finanzierung einer neuen Sicherung einzubringen. Bevor die einzelnen Lösungsmöglichkeiten nicht weiter konkretisiert sind, ist eine Kostenschätzung nicht möglich. Anlage 48 Antwort des Staatssekretärs Dr. Fülgraff auf die Frage des Abgeordneten Kroll-Schlüter (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 134): Wie lange bekommt der ehemalige Staatssekretär Dr. Wolters in welcher Höhe Dienstbezüge des Bundes? Herr Staatssekretär a. D. Prof. Dr. Wolters erhält die ihm nach dem Beamtenversorgungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesbesoldungsgesetz zustehenden Bezüge. Hierbei handelt es sich um eine allgemein gültige Regelung ohne jede Besonderheit. Anlage 49 Antwort des Staatssekretärs Dr. Fülgraff auf die Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Martiny-Glotz (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 135 und 136): Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1325* Kann die Bundesregierung die Aussagen des Münchner Pharmakologen Wolfgang Forth im Deutschen Ärzteblatt bestätigen, die ÖstrogenAffäre sei nur der Anfang einer längeren Reihe von ähnlichen Geschichten, weil die Tierproduzenten auf andere Mastpräparate ausgewichen seien, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Tierproduzenten an der kriminellen Anwendung von etwa 300 verschiedenen Präparaten in der Tiermast zu hindern? Wird die Bundesregierung die Verbraucher vor den gesundheitlichen Gefahren des Arzneimittelmißbrauchs bei der Tiermast durch eine gesetzlich geregelte Nachweispflicht der Tierproduzenten für die Unbedenklichkeit ihrer Produkte schützen, und durch welche Maßnahmen wird sie den Ärzten und Pharmaunternehmen die kriminelle Belieferung des grauen Markts dieser zur Mast geeigneten Tierarzneimittel unmöglich machen? Zu Frage 135: Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, daß die mit der Anwendung von Mastmitteln verbundenen wirtschaftlichen Vorteile einen starken Anreiz zur Anwendung unzulässiger Stoffe mit pharmakologischer Wirkung bilden. Daher ist nicht auszuschließen, daß zu diesem Zweck immer wieder neue Substanzen dem Tierhalter angeboten werden. Die Überwachung steht daher vor der ständigen Aufgabe, die Nachweisanalytik den praktischen Verhältnissen anzupassen. Die Bundesregierung hat deshalb bereits seit vielen Jahren durch Einsatz erheblicher Mittel die Entwicklung praktikabler Nachweismethoden gefördert. Das Bundesgesundheitsamt führt jeweils Kurse durch, um die Untersuchungsämter in die neuen Techniken einzuführen. Es kann jedoch nicht Aufgabe allein der öffentlichen Forschungs- und Untersuchungseinrichtungen sein, für die Vielzahl der bereits im Verkehr befindlichen und der neuentwickelten Stoffe stets neue Untersuchungsverfahren zu entwickeln. Die rechtzeitige Bereitstellung geeigneter Rückstandsuntersuchungsverfahren muß im Interesse eines wirksamen Verbraucherschutzes vielmehr demjenigen zur Pflicht gemacht werden, der den Stoff in den Verkehr bringt. Die Bundesregierung beabsichtigt daher, durch eine Änderung des Arzneimittelgesetzes die Zulassung neuer Tierarzneimittel von der Vorlage praktikabler Analysemethoden für Rückstände in Lebensmitteln abhängig zu machen und die nachträgliche Vorlage solcher Analysenverfahren auch für die bereits zugelassenen Arzneimittel in einem angemessenen Zeitraum zu verlangen. Zu Frage 136: Derjenige, der ein Lebensmittel in den Verkehr bringt, hat die für die betreffenden Lebensmittel geltenden gesetzlichen Vorschriften zu beachten. Das Lebensmittelrecht enthält darüber hinaus umfassende Vorschriften zur Sicherung des Verbraucherschutzes einschließlich der Möglichkeit zur Entnahme von Proben zur analytischen Untersuchung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde. Dies gilt auch für lebende Schlachttiere. Sind Stoffe mit pharmakologischer Wirkung dem lebenden Tier zugeführt worden, so darf dieses nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die bei der Zulassung dieser Stoffe als Arzneimittel oder als Futterzusatzstoffe festgesetzten Wartezeiten zwischen letzter Verabreichung und Schlachtung beachtet worden sind. Dieses System legt jetzt bereits dem Tierhalter eine umfassende Verantwortlichkeit für die Unbedenklichkeit der von ihm in den Verkehr gebrachten Lebensmittel auf und bedroht ihn bei Zuwiderhandlungen mit empfindlichen Strafen. Eine Nachweispflicht des Tierhalters könnte allenfalls so in Betracht gezogen werden, daß sie den Tierproduzenten verpflichtet, bei der Anlieferung von Schlachttieren eine Bescheinigung darüber auszustellen, ob die Tiere mit Arzneimitteln behandelt worden sind, um welche Arzneimittel es sich handelt und wann diese Arzneimittel verabfolgt worden sind. Was Ihre Frage nach der Belieferung des Grauen Marktes mit Tierarzneimitteln angeht, so kommt es darauf an, den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes nachdrücklich Geltung zu verschaffen. Die Bundesregierung ist in diesem Sinne wiederholt an die für die Überwachung zuständigen Länder herangetreten, die daraufhin die Überwachung intensiviert haben. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sind in Zusammenarbeit mit den Ländern ausgewertet worden.- Auf Grund dessen beabsichtigt die Bundesregierung, die Vorschriften über den Verkehr mit Tierarzneimitteln zu verschärfen. Anlage 50 Antwort des Staatssekreträs Dr. Fülgraff auf die Fragen des Abgeordneten Marschall (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 137 und 138): Ist der Bundesregierung bekannt, ob die in dem unlängst im Verlag Kiepenheuer und Witsch erschienenen Buch „Gesunde Geschäfte — die Praktiken der Pharmaindustrie" aufgestellten Behauptungen zutreffen, daß im Auftrag der Firma Bayer in den Jahren 1971 bis 1973 in norddeutschen Kliniken an Schwerverletzten Menschen im Rahmen von Feldversuchen das Medikament „Trasylol" erprobt wurde, wobei es innerhalb der zu Vergleichszwecken mit „Trasylol" behandelten Patientengruppe zu signifikant mehr Todesfällen gekommen ist als in der mit herkömmlichen Medikamenten behandelten Patientengruppe, und wenn ja, wäre dies nach Auffassung der Bundesregierung vereinbar mit den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes? Sind dem Bundesgesundheitsamt die Unterlagen über diese Versuche an Menschen vorgelegt worden, wie es der § 40 Abs. 1 Nr. 6 des Arzneimittelgesetzes vorschreibt, und wenn ja, mit welchem Ergebnis hat das Bundesgesundheitsamt diese Unterlagen geprüft? Ich bitte um Verständnis, daß in der kurzen Zeit seit dem Erscheinen des genannten Buches die darin angeführten Behauptungen und Sachverhalte noch nicht im einzelnen überprüft werden konnten. Deshalb möchte ich die Fragen allgemein beantworten. Wie Ihnen bekannt ist, ist das Arzneimittelgesetz am 1. Januar 1978 in Kraft getreten. Es enthält in den §§ 40 und 41 Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Durchführung der Erprobung neuer Arzneimittel am Menschen. Die Einhaltung dieser Bestimmungen wird von den Bundesländern überwacht. Näheres soll durch allgemeine Verwaltungsvorschriften nach § 82 Arzneimittelgesetz geregelt werden. Ein Entwurf dieser Verwaltungsvorschriften ist den Ländern und interessierten Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet worden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, daß nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittelgesetz eine klinische Erprobung neuer Arzneimittel am kranken Menschen nur dann durchgeführt werden darf, „wenn die Anwendung des zu prüfenden Arzneimittels nach den Erkenntnissen der medizinischen Wis- 1326* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 senschaft angezeigt ist, um das Leben des Kranken zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern". Eine Prüfung ist demnach nur dann zulässig, wenn erwartet wird, daß das zu prüfende Therapieverfahren den verfügbaren überlegen ist. Vor 1978 bestand im übrigen noch keine Verpflichtung zur Hinterlegung von pharmakologisch-toxikologischen Unterlagen beim Bundesgesundheitsamt nach § 40 Abs. 1 Nr. 6 Arzneimittelgesetz. Anlage 51 Antwort des Staatssekretärs Dr. Fülgraff auf die Frage des Abgeordneten Lutz (SPD) (Drucksache 9/226 Frage 139): Ist der Bundesregierung bekannt, ob die in dem unlängst im Verlag Kiepenheuer und Witsch erschienenen Buch „Gesunde Geschäfte — die Praktiken der Pharmaindustrie" aufgestellte Behauptung zutrifft, 1978 seien in Bremer Kliniken Erprobungen von Arzneimitteln an Menschen vorgenommen worden, wobei die Patienten in 15 Fällen überhaupt nicht und drei Mal nur teilweise über die Erprobungen aufgeklärt und um ihr Einverständnis ersucht worden seien, und wäre dieser Sachverhalt ggf. nach Auffassung der Bundesregierung vereinbar mit den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes, und wenn nein, was unternimmt die Bundesregierung, um die in dem Buch aufgestellten Behauptungen zu überprüfen? Vorfälle dieser Art sind der Bundesregierung nach Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes am 1. Januar 1978 nicht bekanntgeworden. Ein Sachverhalt der Art, wie es in Ihrer Frage beschrieben wird, wäre mit den Vorschriften des am 1. Januar 1978 in Kraft getretenen Arzneimittelgesetzes nicht vereinbar. Im übrigen weise ich darauf hin, daß als Konsequenz früherer Vorfälle solcher Art im Dezember 1977 durch Erlaß des Senators für Gesundheit und Umweltschutz eine Arzneimittelkommission eingerichtet wurde, die u. a. darüber wacht, daß die Voraussetzungen für die klinische Prüfung eingehalten werden. So ist die Arzneimittelkommission von sämtlichen klinischen Prüfungen und sogenannten Feldversuchen sowie den damit verbundenen Prüfungszielen zu unterrichten. Die Arzneimittelkommission informiert hierüber in jedem Einzelfall nach Bewertung den Senator für Gesundheit und Umweltschutz. Anlage 52 Antwort des Staatssekretärs Dr. Fülgraff auf die Fragen des Abgeordneten Gilges (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 140 und 141): Liegen der Bundesregierung Untersuchungen und Berichte vor, die Auskunft über Selbstmorde und Selbstmordversuche von Kindern in der Bundesrepublik Deutschland geben? Sind der Bundesregierung Ursachen und Gründe bekannt, und welche Maßnahmen hat bzw. wird die Bundesregierung gegen Selbstmorde und Selbstmordversuche von Kindern in der Bundesregierung Deutschland ergreifen? Zu Frage 140: Im Bericht der Sachverständigenkommission über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland wurde bereits 1975 auf die Problematik der Suizidgefährdung und der Versorgung dieser Patientengruppe im einzelnen eingegangen. In ihrer Stellungnahme zu dieser Enquete hat sich die Bundesregierung in wesentlichen Punkten hinter die Empfehlungen der Sachverständigenkommission gestellt. Zu Frage 141: Im Rahmen des Programms der Bundesregierung zur Forschung und Entwicklung im Dienste der Gesundheit wird im Teilprogramm „Psyche" unter dem Punkt „Neurosen und Persönlichkeitsstörungen" auch die Selbstmordverhütung als Forschungsschwerpunkt vorbereitet. Hierbei handelt es sich um eine koordinierte Studie von 15 im Verbund arbeitenden Einrichtungen der Selbstmordverhütung unter Beteiligung der Deutschen Gesellschaft für Selbstmordverhütung. Dabei werden die in Frage stehenden Altersgruppen der Schüler und Jugendlichen zu der zu untersuchenden Stichprobe gehören. In der Fernsehsendung „Tod eines Schülers" im Februar und März 1981 wurde, wie auch die Deutsche Gesellschaft für Selbstmordverhütung herausgestellt hat, treffend dargelegt, daß es sich bei Suiziden von Schülern häufiger um eine Kombination von Familien-, Schul- und Umweltgründen als gemeinsame Ursache handelt und daß eine Einzelursache in der Regel zu verneinen ist. Oft ist auch die Abgrenzung des Suizid bei Todesfällen im Drogenbereich besonders schwierig. Im übrigen versucht die Bundesregierung im Rahmen ihrer Modellprogramme zur Psychiatrieform, Dienste und Einrichtungen, die auch der Selbstmordverhütung dienen, zu fördern und deren Effizienz zu prüfen, um die Ergebnisse für ihre eigenen Aufgaben nutzen zu können. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stahl auf die Fragen des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) (SPD) (Drucksache 9/226 Fragen 144 und 145): Wie beurteilt die Bundesregierung den richterlichen Teilbaustopp für den Hochtemperaturreaktor (HTR) bei Hamm in bezug auf die Auswirkungen für weitere Kernkraftwerksplanungen, und welche Konsequenzen müssen daraus unabhängig von einer Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster gezogen werden? Welche materiellen Auswirkungen hat der Baustopp, und um welche Zeit verzögert sich die Fertigstellung des HTR? Zu Frage 144: Mit Urteil vom 27. Januar 1981 hat das Verwaltungsgericht Arnsberg einer Klage gegen eine Teilerrichtungsgenehmigung für den THTR-300 stattgegeben. Gegenstand dieser Teilerrichtungsgenehmigung war die Errichtung eines Gebäudes für einen Speisewasserbehälter und Anfahrentspanner sowie der Umbau eines Maschinenhauses. Die Entscheidungsgründe wurden bisher noch nicht bekanntgegeben. Aus einem Beschluß des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 5. Februar 1981, mit dem die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen dieselbe Teilerrichtungsgenehmigung wie- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. März 1981 1327* derhergestellt wurde, können allenfalls Schlüsse auf die tragenden Entscheidungsgründe des Urteils gezogen werden. Erst nach Vorliegen der Entscheidungsgründe wird sich beurteilen lassen, in welchen Fällen einer Änderungsgenehmigung nach Auffassung des Gerichts eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung geboten ist. Die für den Schnellen Brüter und den THTR300 zuständigen Genehmigungsbehörden des Landes NRW prüfen derzeit, ob die bisherige Praxis zur Öffentlichkeitsbeteiligung ausreicht. Zu Frage 145: Der Beschluß des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 5. Februar 1981 hat einen Baustopp bei der Errichtung des Gebäudes für die Speisewasserbehälter des THTR-300 bewirkt. Eine Aufrechterhaltung des Baustopps für etwa sechs Monate bleibt ohne Wirkung auf Kosten und Gesamtterminplan; eine Verlängerung des Baustopps um weitere sechs Monate kann im Rahmen des Gesamtterminplans durch Mehrarbeit und Mehrkosten von einigen 100 000 DM aufgefangen werden. Eine Verlängerung des Baustopps über ein Jahr hinaus schlägt dann voll auf den Gesamtterminplan des THTR-300 durch mit Mehrkosten erheblichen Umfangs pro Monat. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stahl auf die Frage des Abgeordneten Weirich (CDU/CSU) (Drucksache 9/226 Frage 146): Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zu dem Brief des hessischen Wirtschaftsministers Karry an die Bundesminister Genscher, Dr. Graf Lambsdorff, Baum und Dr. von Bülow ein, in dem sich Minister Karry aus Sorge um die Zukunft der Atomindustrie in seinem Land für eine ausreichende finanzielle Förderung des Hochtemperaturreaktors einsetzt und gleichzeitig über Hemmnisse für die Nuklearindustrie, die sich aus der Änderung des Atomgesetzes ergeben haben, klagt? Herr Minister Karry hat in seinem veröffentlichten Schreiben an mehrere Bundesminister auf Sorgen der mit erheblicher staatlicher Förderung zu hoher technischer Leistungsfähigkeit gebrachten Unternehmen hingewiesen, die sich mit nuklearem Brennstoffkreislauf befassen. Der Bundesregierung sind diese Sorgen bekannt, zumal die erheblichen Unterstützungsaufwendungen für diese Industrie bisher wesentlich vom Bund getragen werden. Bei der Behandlung dieses Themas ist die Bundesregierung auf die Zusammenarbeit vor allem mit den zuständigen Behörden der Länder und den am Brennstoffkreislauf interessierten Industrien angewiesen. Anlage 55 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Zusatzfragen des Abgeordneten Dreßler (SPD) (Drucksache 9/139 Fragen 11 und 12, 20. Sitzung, Seite 867 C f.): Zu Ihrer Zusatzfrage nach der Zahl der Rentenempfänger, die durch Verzögerungen bei Anpassung der BEG-Renten im Jahre 1980 nicht mehr in den Genuß der Erhöhungen kommen konnten, teile ich Ihnen nach Rückfrage bei den für die Durchführung des BEG zuständigen obersten Landesbehörden folgendes mit: Von einer Verzögerung kann allenfalls für den Zeitraum ab 1. Juli 1980 gesprochen werden; denn erst von diesem Zeitpunkt an konnte man davon ausgehen, daß die für die Rentenanpassung maßgebenden Bestimmungen des Entwurfs eines „Bundesbesoldungs- und -versorgungserhöhungsgesetzes 1980 (BBVEG 80)" nicht mehr wesentlich geändert wurden. Während des Zeitraumes vom 1. Juli 1980 bis zum Jahresende wurden von den Ländern die Rentenzahlungen an insgesamt rund 2 600 Empfänger eingestellt. Wenn auch anzunehmen ist, daß der weitaus überwiegende Teil der Renten wegen des Todes der Berechtigten weggefallen ist, so muß doch auf der anderen Seite berücksichtigt werden, daß in dieser Zahl eine Reihe von Renten enthalten ist, die als sogenannte „Festbetragsrenten" nicht erhöht worden wären. Aus verwaltungstechnischen Gründen können die Länder hierzu keine genauen Angaben machen.
Gesamtes Protokol
Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902700000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, nach einer Vereinbarung im Ältestenrat soll die heutige Tagesordnung um die Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen: Bundeseigenes Grundstück in BerlinKladow, Neukladower Allee 12, Verkauf an die Arbeiterwohlfahrt der Stadt Berlin e. V., Drucksache 9/225, ergänzt werden. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes und des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes
— Drucksache 9/235 —
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Rechtsausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
b) Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/ CSU
Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes und des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes
— Drucksache 9/241 —
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Rechtsausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
Wünscht die Regierung zur Einbringung das Wort? — Das Wort hat der Herr Bundesminister Dr. Ehrenberg.

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902700100
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ziel des Ihnen heute in erster Lesung vorliegenden Gesetzentwurfes ist es, den Bestand der Montan-Mitbestimmung, die in ihrer mehr als drei Jahrzehnte langen Entwicklung immer von Aushöhlung und Auszehrung bedroht war, durch Änderungen des Montan-Mitbestimmungsgesetzes und des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes zu sichern.

(Zuruf von der CDU/CSU: So?)

— Zu sichern! Lesen Sie genau nach; dann wissen Sie, daß er gesichert wird.
Sie sollten auch wissen — ich hoffe, wenigstens darüber sind wir uns einig —, daß es hier um einen Eckpfeiler unserer demokratischen Ordnung geht, um die Aufrechterhaltung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften, die ja wohl unbestreitbar in der Montanindustrie ihre erste und gewichtigste Ausprägung gefunden hat.

(Beifall bei der SPD)

Es ist ja wohl auch kein Zufall, daß die Einführung der Mitbestimmung in der Montanindustrie mit der demokratischen Neuordnung unseres Gemeinwesens nach dem Krieg Hand in Hand ging. Die demokratische Verfassung unseres Staates mußte damals durch Demokratie in der Wirtschaft ergänzt und gefestigt werden.

(Beifall bei der SPD)

Erst die Sicherung von Mitwirkungsrechten und die Einschränkung von demokratisch nicht legitimierbaren Verfügungsrechten über Menschen durch Mitbestimmung haben die politische Demokratie zu einer demokratischen Gesellschaftsordnung erweitert.

(Zustimmung bei der SPD)

Das ist — neben vielen anderen — einer der Gründe, warum es eigentlich hier im Hause und anderswo in der Bundesrepublik Diskussionen über die Notwendigkeit von Mitbestimmung gar nicht geben dürfte, und dies nicht nur deswegen, weil die Arbeitnehmer in Großunternehmen in besonderem Maße der Gefahr unterliegen, zum Objekt von anonymen Entscheidungsprozessen zu werden, sondern auch deshalb, weil Großunternehmen so vielfältige Auswirkungen auf das soziale und gesellschaftliche Umfeld jedes einzelnen Bürgers haben, daß es sich verbietet, diese Unternehmen allein von ihrer ökonomischen Aufgabe her zu begreifen.
Mitbestimmung der Arbeitnehmer ist ein Gebot der Menschenwürde, deren Schutz das Grundgesetz



Bundesminister Dr. Ehrenberg
der staatlichen Gewalt als vornehmste Aufgabe gestellt hat.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Mitbestimmung ist deshalb auch sehr viel mehr als ein Organisationsgrundsatz für Betriebe und Unternehmen. Sie ist die Konsequenz der Mitverantwortung, die die deutschen Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften in Wirtschaft und Gesellschaft übernommen haben und die weit über den gesetzlichen Anwendungsbereich hinaus die gesamten Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern geprägt hat.
Meine Damen und Herren, als es nach 1945 darum ging, beim Neuaufbau unseres Staates und unserer Wirtschaft anzupacken und auch Verantwortung zu übernehmen, waren die deutschen Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften die ersten, die die Ärmel aufgerollt und diese Wirtschaft wieder aufgebaut haben, als andere von diesem Willen noch weit entfernt waren.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Betriebsräte und Gewerkschafter haben dort, wo es nötig war, auch selbständig, ohne den nicht vorhandenen Unternehmer, Betriebe wieder in Gang gesetzt. Sie haben für ihre Betriebe gekämpft, sich der Demontage entgegengestellt. Sie haben das auch dann getan, wenn sie sich dafür von der Besatzungsmacht einsperren lassen mußten.
Die deutschen Gewerkschaften haben sich damals für Mitbestimmung und Mitverantwortung und gegen Klassenkampf entschieden. Diese Entscheidung hat den Grundkonsens für unsere gesellschaftliche Ordnung mitgeprägt und stabilisiert. Sie war die Voraussetzung dafür, daß die Arbeitnehmer die bestehende Wirtschaftsordnung in unserem Staat im Grundsatz bejahen können. Und sie bejahen sie, weil durch Mitbestimmung der Grundgedanke jeder funktionsfähigen Demokratie — Ausgleich und Zusammenarbeit — auch in der Wirtschaft verwirklicht wird, weil Mitbestimmung die gemeinsame Wahrnehmung identischer und den rationalen Ausgleich unterschiedlicher Interessen ermöglicht. Erst die Stabilität dieses Grundkonsenses, der auf der Fähigkeit und dem ständigen Willen zum Kompromiß aufgebaut ist, hat den schnellen Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft nach dem Kriege ermöglicht, und er hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, später tiefgreifende wirtschaftliche Strukturkrisen zu meistern. Ohne Mitbestimmung beispielsweise wären der Strukturwandel im Bergbau in den 60er Jahren und in dessen Folge Betriebsstillegungen, Produktionsänderungen und Rationalisierungen nur mit weitaus härteren Folgen für die Arbeitnehmer erfolgt.
Für das, was den Arbeitnehmern und auch den Unternehmern widerfahren würde, wenn wir das alles ohne Mitbestimmung, sozusagen nach dem Herrim-Hause-Standpunkt durchführen müßten, gibt es leider in anderen Industriestaaten viele harte, schreckliche Beispiele.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Kein objektiver Beobachter zweifelt deshalb daran, daß die Bewältigung der zukünftigen wirtschaftlichen Aufgaben, vor allem in der krisengeschüttelten Stahlindustrie, die produktive Funktion der Mitbestimmung erneut beweisen wird; denn Mitbestimmung und Mitverantwortung helfen, Ängste vor der Zukunft abzubauen, und vergrößern die Chance, Strukturwandel auch als positive Gestaltungsaufgabe zu begreifen.
Natürlich macht Mitbestimmung nicht unmittelbar die Unternehmer klüger, die Ingenieure erfindungsreicher und die Erwerbstätigen produktiver. Aber die Mitbestimmung begünstigt Entscheidungsstrukturen und Verhaltensweisen, welche Klugheit, Fleiß und Erfindungsreichtum leichter als sonst zum wirtschaftlichen Erfolg kommen lassen. Mitbestimmung darf deshalb auch nicht zum Problemlöser in Krisenzeiten degradiert werden, sondern sie bewährt sich ständig im normalen Wirtschaftsalltag. Mitbestimmung ist der Weg, auf dem die Interessengegensätze zwischen Arbeit und Kapital, die naturgemäß in jedem Unternehmen bestehen, vernünftig und zum größtmöglichen Vorteil beider Seiten ausgeglichen werden können. Sie garantiert die angemessene Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen und steigert über die Arbeitszufriedenheit und Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer auch Produktivität und Leistungskraft. Auch ökonomisch stellt die Mitbestimmung deshalb einen unverzichtbaren Bestandteil unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung dar. Kluge und langfristig denkende Unternehmer sollten deshalb für Mitbestimmung sein und sich nicht Mühe geben, sie auszuhöhlen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Bei der Arbeit an diesem Gesetzentwurf hat für die Bundesregierung nicht nur die überragende gesellschaftspolitische und demokratische Bedeutung der Montan-Mitbestimmung, die ich gerade skizziert habe, eine Rolle gespielt. Wir standen bei dieser Arbeit leider auch unter dem Eindruck eines über die Jahrzehnte fortschreitenden Prozesses der Abschmelzung der Montan-Mitbestimmung. Immer wieder neu mußten sich die Arbeitnehmer ihr Recht auf Mitbestimmung erkämpfen.
Da im Vorfeld dieses Gesetzentwurfs so vieles — und wenig Richtiges — über die Entstehungsgeschichte der Mitbestimmung geschrieben und geredet worden ist, lohnt sich, meine Damen und Herren, ein Blick auf die historischen Fakten. Viele haben heute schon vergessen, daß auch das MontanMitbestimmungsgesetz von 1951 ganz wesentlich ein Mitbestimmungssicherungsgesetz war. Denn mit diesem Gesetz wurde, wie heute so oft behauptet wird, die Mitbestimmung ja keineswegs begründet. Es gab sie in der Eisen- und Stahlindustrie der Britischen Besatzungszone schon seit 1947. Unternehmer und Gewerkschaften hatten sich — unter Zustimmung der Besatzungsmacht — auf die Einführung der paritätischen Mitbestimmung in diesem Wirt-



Bundesminister Dr. Ehrenberg
schaftszweig geeinigt. Zu dieser Mitbestimmung haben führende Unternehmer damals sehr Bemerkenswertes gesagt, was heute als Pflichtlektüre für Management-Seminare und auch für politische Neulinge empfohlen werden sollte. Ich darf einiges davon mit Erlaubnis der Frau Präsidentin hier zitieren. Es sagte damals der Mehrheitsaktionär der Klöckner-Werke AG, Herr Dr. Henle:
Wir sind überzeugt, daß neue Wege gegangen werden müssen und daß zur Schaffung einer gesunden sozialen Struktur im deutschen Wirtschaftsleben die Arbeitnehmer gleichwertig mit den Unternehmern an der Leitung der Unternehmen beteiligt werden müssen. Wir hoffen, daß jetzt in dem neuen Unternehmen die Möglichkeit gegeben wird, Erfahrungen zu sammeln, unter Wahrung der Parität den Weg zu einer wirklichen Wirtschaftsdemokratie noch zu finden.

(Beifall bei der SPD)

So 1947 Dr. Henle, Mehrheitsaktionär der KlöcknerWerke.
Daß er ohne Zweifel recht hatte, ist heute unter Einsichtigen unbestritten. Aber schon damals war das neue Montan-Mitbestimmungsgesetz in seinem Bestand bedroht. Denn als die noch aus der Kontrollrats-Gesetzgebung stammende Mitbestimmung in die deutsche Rechtsordnung übernommen werden sollte, gab es dort kein Vorbild für die MontanMitbestimmung. Wenn es 1950 nach dem Willen der CDU/CSU gegangen wäre — es lohnt sich vielleicht für den Fraktionsvorsitzenden der CDU, dies anzuhören; nur dies, ich bitte darum —,

(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Ob sich das bei Ihnen lohnt, wollen wir dem Urteil der Geschichte überlassen!)

dann hätte es die Montan-Mitbestimmung nie gegeben.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

Wenn heute Herr Biedenkopf, Herr Blüm und viele andere das Gegenteil behaupten, dann darf ich Sie bitten, einmal die Protokolle des Parlaments zu studieren; lesen Sie sie nach. 1950 hat die CDU/CSU-Fraktion einen Gesetzentwurf zur Mitbestimmung, zur Ablösung der Kontrollrats-Gesetzgebung eingebracht,

(Hört! Hört! bei der SPD)

in dem die Arbeitnehmer ein Drittel der Aufsichtsratsmandate und nicht mehr zugestanden bekamen.

(Beifall bei der SPD — Wehner [SPD]: Das ist leider wahr! Das ist die geschichtliche Wahrheit! — Weitere Zurufe von der SPD)

Nicht nur die CDU/CSU-Fraktion, sondern auch die unionsgeführte Bundesregierung hat 1950 einen gleichen Gesetzentwurf vorgelegt. Erst der entschiedene Widerstand der Gewerkschaften und der Sozialdemokraten hat dann zu der 51er Mitbestimmungsgesetzgebung geführt.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Stückchen Nachhilfeunterricht über die historische Entwicklung, meine Damen und Herren von der Opposition, muß Ihnen hier erteilt werden, da Sie — entgegen den historischen Fakten — Wochen- und monatelang etwas anderes verbreiten.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

Wer hier von Mehrheit spricht, dem empfehle ich — vor allem den jüngeren Abgeordneten — sehr, die Protokolle des Jahres 1951 nachzulesen, auch das, was dort über die Wiederholung der Abstimmung zu lesen ist. Ich empfehle Ihnen diese Lektüre.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Wir haben 1981! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Schauen Sie erst in die Protokolle hinein, und dann melden Sie sich wieder mit Zwischenrufen.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Vergangenheitsbewältigung! — Dr. Langner [CDU/CSU]: Haben Sie in der Gegenwart nichts mehr zu melden? — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

— Ich habe nur ein Weilchen aufgehört, zu reden, damit Sie alle verstehen können, was Sie untereinander sagen. Vielleicht darf ich jetzt weiterreden.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Jetzt wird er noch lauter!)

Die Mitbestimmung war ständig durch organisatorische Veränderungen von Auszehrung bedroht. Von den ursprünglich hundert montanmitbestimmten Unternehmen gibt es heute noch 34. Das meiste an dieser Entwicklung ist durch Konzernzusammenschlüsse und organisatorische Veränderungen hervorgerufen. Es gab schon 1956 das Mitbestimmungsergänzungsgesetz mit einer paritätischen, aber schon etwas abgeschwächten Mitbestimmungsregelung. Es gab 1967 die sogenannte Lex Rheinstahl und 1971 das Mitbestimmungsfortgeltungsgesetz, das bis 1975 befristet war. Außer diesen Mitbestimmungssicherungsgesetzen, meine Kollegen und Kolleginnen von der CDU/CSU, hat es von 1949 bis 1969, also zwanzig Jahre lang, ausschließlich Stillstand in der Mitbestimmung gegeben, solange Sie regiert haben, und sonst nichts.

(Beifall bei der SPD — Zurufe der CDU/ CSU: Das ist der Kurzschluß! — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Jetzt kommt die Bewegung: Zurück marsch, marsch!)

Erst die sozialliberale Koalition hatte den Willen und die Kraft,

(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das glaube ich!)

1972 das Betriebsverfassungsgesetz hier zu verabschieden. Ich empfehle Ihnen, Herr Abgeordneter Kohl, nachzulesen,

(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Kraft und Ehrenberg, das geht gern zusammen!)




Bundesminister Dr. Ehrenberg
wie wenige von Ihrer Partei den Mut hatten, diesem Gesetz hier 1972 zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Eine sehr interessante Lektüre ist das Protokoll der namentlichen Abstimmung, das dieses kleine verlorene Häuflein der Sozialausschüsse 1972 in aller Deutlichkeit zeigt.
Und auch das muß in dieser Stunde hier gesagt werden: Nachdem Sie 1976 dem Mitbestimmungsgesetz mehrheitlich zugestimmt hatten, hat 1978 Ihre Fraktion in diesem Haus nein gesagt, als es darum ging, das Mitbestimmungsgesetz von 1976 vor dem Bundesverfassungsgericht zu verteidigen.

(Beifall bei der SPD)

All das gehört in das Umfeld der heutigen Diskussion. Wenn Sie über Mitbestimmung reden, dürfen Sie diese Fakten nicht verschweigen. Da Sie es tun, muß ein anderer es Ihnen sagen.

(Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Das ist wahr! — Dr. Möller [CDU/ CSU]: Klimmzüge!)

Was die Opposition Verteidigung der Mitbestimmung nennt, ist nicht mehr als ein Hin und Her in der eigenen Partei. Für die Bundesregierung geht es darum, in einer allgemeinen, für alle Montanunternehmen geltenden Regelung das Mitbestimmungsgesetz zu sichern. Für dieses Ziel hat die sozialliberale Koalition von, wie jeder weiß, unterschiedlichen Ausgangspositionen her — natürlich nicht sehr einfach, sondern mit einer Reihe von langwierigen Gesprächen verbunden — einen tragfähigen Kompromiß in diesem Regierungsentwurf gefunden, so wie wir beim Betriebsverfassungsgesetz 1972 und beim Mitbestimmungsgesetz 1976 einen tragfähigen Kompromiß als Ausdruck des Gestaltungswillens dieser Koalition gefunden haben.

(Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Gestaltungswille — das ist doch kein Wort für diese Koalition! — Beifall bei der CDU/CSU)

— Verehrter Herr Abgeordneter Kohl,

(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Wenn Sie „Überlebenswillen" gesagt hätten, dann wäre das noch verständlich! — Beifall bei der CDU/ CSU)

Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU — —

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich darf ja wohl noch auf einen Zwischenruf des Vorsitzenden der Oppositionsfraktion antworten.

(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Sie dürfen! — Weiterer Zwischenruf von der CDU/CSU: Wenn Sie es schaffen, gern!)

Ich muß annehmen, verehrter Herr Abgeordneter Kohl, daß Sie bei dem, was Sie mir eben zu diesem Thema zugerufen haben, an das Interview des Abgeordneten Bismarck und an die Forderungen der Sozialausschüsse zugleich gedacht haben. Dort gibt es diese Uneinigkeit, anderswo nicht.

(Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

Auch dies empfiehlt sich nachzulesen, bevor man Zwischenrufe, bezogen auf die Koalition, macht.
Ich möchte den Anwesenden nun die wichtigsten Punkte des Regierungsentwurfs nennen. Vielleicht erkennen Sie dann den umfassenden Sicherungsgedanken.
Erstens. Auch nach dem Wegfall der gesetzlichen Anwendungsvoraussetzungen beispielsweise nach Einstellung oder Reduzierung der Montanproduktion oder Absinken der Beschäftigtenzahl, wird die Montan-Mitbestimmung auf das betreffende Unternehmen noch für volle sechs weitere Geschäftsjahre anzuwenden sein.

(Dr. Jentsch [Wiesbaden] [CDU/CSU]: Und dann?)

Zweitens. Die im bisher montanmitbestimmten Bereich immer wieder geäußerten Zeifel daran, daß die Herstellung von Röhren und ähnlichen Produkten der Warmverarbeitung als Produktion der Eisen- und Stahlindustrie anzusehen ist, werden durch eine ausdrückliche präzise Legaldefinition beseitigt. Diese Definition gilt ohne zeitliche Begrenzung für alle Montanunternehmen, die heute von der Mitbestimmung erfaßt sind.
Drittens. Künftig werden die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer wie die belegschaftsangehörigen Aufsichtsratsmitglieder durch die Betriebsräte bzw. durch die Wahlmänner gewählt, wie es das Mitbestimmungsergänzungsgesetz vorsieht. Das Vorschlagsrecht der Gewerkschaften für die externen Aufsichtsratsmitglieder, das sich nach der Stärke der Gewerkschaft im Unternehmen richtet, bleibt unverändert so bestehen, wie es seit 1951 gegeben ist.
Viertens. In denjenigen Montankonzernen, in denen ein Konzernbetriebsrat besteht, tritt dieser als Wahlkörper an die Stelle der Betriebsräte oder Wahlmänner. Die Regelung des Betriebsverfassungsgesetzes, daß ein Konzernbetriebsrat eingerichtet werden kann, aber nicht muß, bleibt unverändert bestehen. Das bleibt so. Wenn er aber eingerichtet wird, übernimmt er zusätzlich auch die Funktion des Wahlkörpers.
Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf hat selbstverständlich — wie konnte es anders sein? — Kritik gefunden. Die Bundesregierung ist gewiß bereit, Kritik an ihren Gesetzentwürfen — auch an diesem — entgegenzunehmen und aus der Kritik zu lernen, wenn sie etwas Konstruktives enthält. Leider kann ich das von den Vorwürfen der Opposition nicht sagen. Hier muß ich allerdings auch um Erlaubnis bitten, etwas weiter auszuholen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Noch weiter?)

um deutlich zu machen, was sich eigentlich bei der Union in Sachen Mitbestimmung tut. Im Wahlkampf hat der Kanzlerkandidat der Unionsparteien, der bayerische Ministerpräsident — vom Bundesvorstand der CDU damals sehr halbherzig unterstützt —, einen Vorschlag gemacht

(Kiep [CDU/CSU]: Einstimmig!)

— sehr halbherzig unterstützt, später einstimmig; es
gab viele andere Äußerungen, Herr Kollege Kiep; ich



Bundesminister Dr. Ehrenberg
kann sie Ihnen zuschicken, falls Sie sie nicht mehr haben; Sie kennen sie doch ganz genau —, den Montananteil am Umsatz von 50 auf 30 % zu senken.
Der jetzt vorgelegte Entschließungsantrag der CDU/CSU ist kein Gesetzentwurf. Wie werden Sie sich auch in Sachen Mitbestimmung zu einem Gesetzentwurf bequemen? Sie legen daher nur einen Entschließungsantrag vor. Ich muß Sie leider noch einmal nicht nur über die historische Entwicklung, sondern auch über die Substanz der Mitbestimmung ein wenig belehren.

(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Was wären wir ohne Sie? — Zuruf von der CDU/CSU: Aber belehren kann nur ein Lehrer!)

Sie können die Substanz der Montan-Mitbestimmung nicht kennen, sonst hätten Sie einen anderen Antrag, einen anderen Resolutionsentwurf einbringen müssen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, was für eine Sicherung erwarten Sie denn von der 30-%-Klausel? Entgegen dem, was Sie behaupten und was leider auch ein Teil der Medien aufgegriffen hat, gibt es in der geltenden Montan-Mitbestimmungsgesetzgebung und im Regierungsentwurf keine 50-%-Klausel — mit Ausnahme des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes, und das trifft ausschließlich für den Salzgitter-Konzern zu. Was wollen Sie also eigentlich mit Ihrer 30-%-Klausel sichern?
Ich muß Sie und die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen: Für den Bergbau verlangt das Montan-Mitbestimmungsgesetz, daß die Montanproduktion überwiegender Betriebszweck ist. Aber „überwiegender Betriebszweck" bemißt sich eben keineswegs an einem Umsatzanteil von 50 % oder irgendeiner anderen Prozentzahl.

(Zuruf des Abg. Vogel [Ennepetal] [CDU/ CSU])

— Herr Abgeordneter Vogel, falls Sie das nicht glauben sollten, ein ganz konkretes Beispiel: Es gibt ein Braunkohleunternehmen, das 2 000 Arbeitnehmer in der Braunkohleproduktion beschäftigt und nicht eine einzige Mark Braunkohleumsatz macht, weil es diese Braunkohle ausschließlich in sein Energieversorgungswerk liefert. Dort werden 1 000 Menschen beschäftigt. Niemand zweifelt im geringsten daran, daß dieses Unternehmen der Montan-Mitbestimmung unterliegt. Nach Ihrem Gesetzentwurf wäre es morgen draußen, weil es einen Montanumsatz überhaupt nicht hat.

(Zuruf von der CDU/CSU)

So ist das mit Ihrem — einen Gesetzentwurf haben Sie ja nicht — Entschließungsantrag, falls der jemals Gesetzentwurf werden sollte.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Auch kein Entschließungsantrag! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Entschuldigung, wie konnte ich Ihnen etwas zumuten, was Sie noch gar nicht getan haben. Ich bitte herzlich um Verzeihung.

(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Herr Ehrenberg, Sie können uns überhaupt nichts zumuten!)

Auch für die Eisen- und Stahlindustrie gibt es im 51er Gesetz keine 50-%-Klausel, sondern ein Eisen- und Stahlunternehmen unterliegt dann der MontanMitbestimmung, wenn es zu der Unternehmensmasse gehört, die 1951 von der damaligen Liste der Montanunternehmen erfaßt war. Das heißt, wenn aus Ihrem Entschließungsantrag etwas Konkretes werden sollte, dann würde man in allen Montanunternehmen anfangen, zu rechnen, wie man die Produktion so verändern könnte, daß man endlich unter die 30-%-Grenze rutschte.

(Urbaniak [SPD]: So ist es!)

Das würde erreicht, wenn wir Ihren Entschließungsantrag aufnähmen.

(Beifall bei der SPD — Wehner [SPD]: Leider wahr! — Urbaniak [SPD]: Das will der Herr Blüm!)

Heute gibt es bei den 33 Montanunternehmen, die vom 51er Gesetz erfaßt werden, weder eine 50-%Grenze noch eine 30-%-Grenze, es gibt überhaupt keine Umsatzgrenze, die Kriterium für die Anwendung des Gesetzes wäre.
Aber wir brauchen nicht zu befürchten, daß diese Gefahr für die Montanunternehmen eintritt; denn daß Sie selber Ihren Entschließungsantrag nicht ernst nehmen, das beweist doch die Tatsache, daß Sie nur einen Entschließungsantrag und keinen Gesetzesentwurf eingebracht haben.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: So ist es!)

Wenn Sie es mit der Sicherung der Montan-Mitbestimmung ernst meinten, dann müßte heute und hier ein Gesetzentwurf auf den Tisch, denn nur ein Gesetzentwurf, der heute und hier in erster Lesung beraten wird, kann die Mitbestimmung sichern.

(Beifall bei der SPD)

Sie wissen genauso gut wie wir, daß, wenn die Sicherung der Mitbestimmung in der Montanindustrie nicht am 30. Juni dieses Jahres im Bundesgesetzblatt steht, ein großes Unternehmen aus der Mitbestimmung der Montanindustrie herauskommt, ein Unternehmen, das heute schon einschließlich Warmverarbeitung gerade an oder sogar etwas unter der 30-%-Grenze liegt.

(Urbaniak [SPD]: So ist es!)

Von den Fakten wie vom Zeitverlauf her ist der Entschließungsantrag der Union also nicht ernst zu nehmen. Es bleibt dabei, wie es seit drei Jahrzehnten war: Die Mitbestimmung wird in diesem Hause von den Sozialdemokraten vorangebracht.

(Beifall bei der SPD)




Bundesminister Dr. Ehrenberg
In dem letzten Jahrzehnt haben wir in jeweils tragfähigen Kompromissen mit den Freien Demokraten,

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Von deren Ministern nicht einer auf der Regierungsbank sitzt!)

hat die sozialliberale Koalition das getan, was zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung notwendig ist. So wird es bleiben.
Ich bitte das Parlament um eine zügige Beratung dieses Gesetzes — gründlich und zügig schließen sich hier nicht aus —, damit die Arbeitnehmer in der Stahlindustrie wissen, daß ihre Mitbestimmung weiter besteht. — Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902700200
Ich darf fragen, Herr Blüm: Wollen Sie Ihren Entschließungsantrag jetzt begründen, oder können wir mit der Debatte gleich beginnen? — Dann eröffne ich die Debatte. Das Wort hat der Abgeordnete Blüm.

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902700300
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht tut es uns allen gut, wenn wir uns vor dem Streit über die Sache gemeinsam besinnen, welche Grundsätze der Mitbestimmung zugrunde liegen.
Für uns ist Mitbestimmung Ausdruck der Partnerschaft. Mitbestimmung und Klassenkampf schließen sich aus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Partnerschaft setzt auf Miteinander, Klassenkampf auf den unversöhnlichen Gegensatz. Klassenkampf zielt auf Alleinbestimmung, Partnerschaft auf Mitbestimmung.

(Zuruf von der SPD: Wir wollen die Mitbestimmung sichern!)

Häufig wird der Vorwurf erhoben, Partnerschaft sei die Flucht in die Idylle, während der Klassenkampf der einzige Ausdruck einer realistischen Darstellung sei. Ich finde, es ist eher umgekehrt: Der Klassenkampf bedeutet die Flucht in die Idylle einer zukünftigen spannungsfreien, klassenlosen Gesellschaft.
Die Partnerschaft funktioniert nur mit der permanenten Anstrengung des sozialen Ausgleichs. Insofern liegt der Partnerschaft ein realistisches Ordnungsbild zugrunde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mitbestimmung kann nur in der Marktwirtschaft funktionieren. In Planwirtschaften degenerieren Arbeitnehmervertretungen zu Erfüllungsgehilfen der Obrigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist geradezu eine mathematische Regel: Je mehr Investitionslenkung von oben, von außerhalb des Betriebes, um so weniger Mitbestimmung im Betrieb.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich wollte diese grundsätzlichen Bemerkungen voranschicken, damit wir wissen, von was wir reden, wenn wir über Mitbestimmung streiten. Für uns ist sie nicht Etappe auf dem Weg in die Rätedemokratie, für uns ist sie Teil einer Ordnungsvorstellung, die die Freiheitssicherung der Machtbalance überträgt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Alle einspurigen Herrschaftssysteme, Machtmonopole haben die Freiheit in Bedrängnis gebracht. Häufig konnten sie sich in das Vertrauen der Menschen nur einschleichen, indem sie sich als gute Menschen tarnten. Aber die Herrschaft der guten Menschen ist meistens die Herrschaft der eigenen Verwandtschaft, und sei es auch nur der parteipolitischen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Wir bleiben gegenüber allen Mächtigen skeptisch. Jede Macht braucht ihre Gegenmacht, weil wir etwas gegen die Arroganz der Mächtigen haben,

(Zuruf von der SPD: Denken Sie an Strauß?)

die vor niemandem mehr Rücksicht nehmen müssen. Deshalb gehören für uns zur Partnerschaft Marktwirtschaft, Tarifautonomie und Mitbestimmung.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Denken Sie einmal an Strauß!)

— Stört es Sie sehr? Was haben Sie eigentlich gegen einen Blumenstrauß? Ich bin auch nicht gegen Blumenkohl. Ich weiß gar nicht, was diese etwas einfältigen Einwürfe sollen.
Strauß und Blüm haben schon Streit gehabt. Das ist vollendete Vergangenheit.

(Lachen bei der SPD)

Aber Wehner und Brandt haben Streit; damit wir das gleich ausräumen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Dies ist nicht Vergangenheit, sondern Präsens und Zukunft.

(Erneute Heiterkeit)

Es geht jetzt um die Sicherung der Montan-Mitbestimmung. Die Montan-Mitbestimmung gehört zur Grundausstattung unserer Republik. Sie entstammt einem zeitlichen Niemandsland zwischen Zusammenbruch und Gründung unserer Republik. Sie ist einmalig. Es gab sie weder vor 1945, noch gibt es sie in der DDR. Ihre Bedeutung geht weit über den Bereich hinaus, den sie gesetzlich regelt. Sie ist Symbol des großen partnerschaftlichen Kompromisses, der den Aufstieg aus den Trümmern und den Aufbau unseres Staates getragen hat.
Sie verdankt ihre Entstehung nicht ideologischer Spekulation, nicht den Systemkonstrukteuren, sondern der pragmatischen Einsicht, daß zum Überleben Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammenhalten müssen. Diese pragmatische Einsicht in die Notwendigkeit des Zusammenhaltens und der Partnerschaft hat unseren Aufstieg ermöglicht und hat uns manche Kämpfe erspart, die in anderen Ländern die



Dr. Blüm
Gesellschaft an den Rand des Ruins gebracht haben.
Ich will auch nicht zurückstehen, an dieser Stelle den Gewerkschaften meinen Respekt dafür zu sagen, daß sie dieser Grundeinsicht nie ihre Zustimmung verweigert haben.
Die Mitbestimmung ist mit den Namen so großer Staatsmänner wie Konrad Adenauer und Hans Böckler verbunden.
Die Union will diese Montan-Mitbestimmung im Rahmen des gesetzlich Möglichen sichern. Der Montananteil, der als Voraussetzung für die Anwendung der Montan-Mitbestimmung gelten soll, soll von 50 % auf 30 % gesenkt werden. Dies, meine Damen und Herren, ist die Einladung zu einer breiten Übereinstimmung, zu dem Versuch, eine solche Frage in einem breiten Konsens zu lösen. Es muß doch Dinge geben, die den Kampfabstimmungen entzogen sind. Es muß doch noch möglich sein, daß wir über die Grundbedingungen der sozialen Verhältnisse in einer breiten Übereinstimmung diskutieren.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Reuschenbach [SPD])

Sehr verehrter Herr Bundesarbeitsminister, ich betrachte es schon als einen Verfall der politischen Kultur, wenn einem solchen Versuch zur breiten Übereinstimmung sofort parteitaktische Überlegungen unterstellt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Die Schatten der parteipolitischen Befangenheit, der gruppenegoistischen Befangenheit werden in Ihren Reihen offenbar immer größer. Sie können schon nicht mehr über diese Schatten springen.

(Zuruf der Abg. Frau Steinhauer [SPD])

Was soll denn der Vorwurf der Verzögerungstaktik? Meine Damen und Herren, wenn Sie unserer Vorlage zustimmen wollen, dann ist dies relativ einfach: Sie müssen nur die Zahl 50 durch die Zahl 30 ersetzen, dann können wir in der Tagesordnung fortfahren.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Und dann ist es aus mit der Mitbestimmung! Das ist nur auf Betrug angelegt! — Urbaniak [SPD]: Sie wissen nicht, was Sie reden! — Weitere Zurufe von der SPD)

Ihre Einwände von den Terminschwierigkeiten riechen zehn Meter gegen den Wind nach Ausrede und schlechtem Gewissen. Wenn Sie wollen, können wir das morgen gemeinsam beschließen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch im Gesetz von 1956 gibt es eine Übergangsfrist. Sie können die Fristfrage vernachlässigen.
Ich versichere Ihnen: Sie können die ganzen Nebelwerferkompanien der Sozialdemokraten durch das Ruhrgebiet schicken — die Kumpels werden den Unterschied zwischen 50 % und 30 % begreifen. Darauf können Sie sich verlassen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie kann denn ein Gesetz sozialen Frieden stiften' wollen, wenn seine Initiatoren über dieses Gesetz höchst unterschiedliche Meinungen haben? Die FDP sagt, es sei ein Auslaufgesetz, wenn ich sie richtig verstanden habe; die SPD sagt, es sei ein Anlaufgesetz, wenn ich sie richtig verstanden habe.

(Wehner [SPD]: Ein Sicherungsgesetz ist das, mehr nicht!)

Ich kann nur sagen: Verwirrung zeugt Verwirrung.

(Wehner [SPD]: Die wollen Sie erzielen, die Verwirrung!)

Wie weit die Konfusion schon gediehen ist, sehen Sie auch an der Stellungnahme zu unserem eigenen Entschließungsentwurf. Aus der SPD höre ich — wenn Sie gestatten, Herr Wehner, zitiere ich Ihre Presseerklärung —: mit unserem Vorschlag „würden letztlich die Interessen der Kapitaleignerseite von Mannesmann zum Tragen gebracht". Ich kann Ihnen versichern: die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sieht das ganz anders,

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

der CDU-Wirtschaftsrat sieht es auch anders. Für die SPD ist unser Entwurf die Zerstörung der Montan-Mitbestimmung. Für die FDP ist er, wie Herr Cronenberg gesagt hat, die Zementierung der Montan-Mitbestimmung. Können Sie sich vielleicht mal einigen, was denn nun wirklich ist? Man muß sich durch den ganzen Wust von Koalitionseinwürfen erst einmal durchkämpfen, um überhaupt zu wissen, was Sie wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Offensichtlich weiß im Hause Schmidt die linke Hand nicht mehr, was die rechte Hand tut. Wer selber die Übersicht verloren hat, meine Damen und Herren, wer selber augenscheinlich die Übersicht verloren hat, der ist schlecht geeignet, Streit in die Ordnung — — Ordnung in den Streit der Sozialpartner zu bringen; Sie merken, es wirkt ansteckend, wenn man über Sie redet.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Ihr Vorschlag — um ihn auf eine kurze Formel zu bringen —, Ihr Gesetzentwurf ist doch nichts anderes als eine Vertagung, als eine Verschiebung des Problems um sechs Jahre, sonst gar nichts.

(Wehner [SPD]: Er ist eine Verhinderung des Ausscheidens! Mannesmann ist jetzt schon dafür organisiert, seit einem Jahr, das wissen Sie ganz genau! Aber Sie reden darum herum!)

— Herr Wehner, auf Ihren Gruppenantrag komme ich bei späterer Gelegenheit noch einmal zurück. Dann wollen wir den Unterschied zwischen Ihrem Gruppenantrag und diesem auch noch einmal deutlich machen. — Sie haben die Entscheidungsfrage ausgeklammert, weil Sie die einzige Kraft, die Sie noch haben, brauchen, um sich an die Macht zu klammern. Ihnen fehlt die Kraft zur politischen Entscheidung. Sie brauchen den Rest von Kraft, um sich an der Macht zu halten.

(Beifall bei der CDU/CSU)




Dr. Blüm
Wenn dieser Gesetzentwurf Wirklichkeit werden sollte,

(Zuruf von der SPD: Wird er!)

dann ist die Mitbestimmungsdiskussion auf einen Dauerbrenner gesetzt. Dann ist abzusehen, wann die nächste große Mitbestimmungskampagne wieder laufen muß.
Meine Damen und Herren, damit es keinen Zweifel gibt: ich bin nach wie vor ein überzeugter Anhänger der Mitbestimmung, ein überzeugter Anhänger auch der paritätischen Mitbestimmung. Nur, in den nächsten Jahren werden die deutschen Arbeitnehmer größere Probleme zu lösen haben und die Gewerkschaften wichtigeres zu tun haben, als Mitbestimmungsdiskussion zu führen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Ich glaube das ganz sicherlich. Die Gewerkschaften brauchen eine Mitbestimmungsverschnaufpause, damit sie sich den Fragen der Arbeitslosen, der Rentenversicherung zuwenden können. Die Arbeitslosen muß das doch wie eine Gespensterschlacht anmuten, wenn wir Mitbestimmungsdiskussionen führen. Wer arbeitslos ist, der hat nichts von Mitbestimmung,

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

und die bruttolohnbezogene Rente wird auch nicht durch die Parität gerettet.

(Zurufe des Abg. Rohde [SPD])

Ich glaube, daß wir Ruhe an der Mitbestimmungsfront brauchen.

(Lebhafte Zurufe von der SPD)

— Mein Gott, sind Sie denn so nervös, wenn ich Ihnen einmal die Wahrheit sage?

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

Ihr Gesetzentwurf bringt nichts anderes als einen Dauerstreit in die Mitbestimmung.
Lassen Sie mich noch kurz auf die Stellungnahmen der Sozialpartner eingehen.

(Fortgesetzte Unruhe bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902700400
Meine Damen und Herren, ich bitte doch, dem Redner die Möglichkeit zum Reden zu geben.

(Beifall bei der CDU/CSU) Ich verstehe j a die Erregung.


Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902700500
Unser Vorschlag ist von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände abgelehnt worden. Ich muß gestehen: das überrascht mich nicht. Obwohl ich jene Stimmen aus dem Arbeitgeberlager vermisse, die auf dem Höhepunkt des Streites um Mannesmann genau diesen 30 %-Vorschlag gemacht haben und die in der Öffentlichkeit bekundet haben, daß genau dies ein Weg zur Lösung des Problems wäre.
In der Stellungnahme des DGB sehe ich den skeptischen Versuch — ich gebe zu: den skeptischen Versuch —, das Problem mit der CDU zu lösen. Ich bedanke mich für die Stellungnahme der ÖTV, die durch ihren stellvertretenden Vorsitzenden Herrn Karl Heinz Hofmann, positiv geantwortet hat. Für meine eigene Gewerkschaft, die IG Metall, kann ich nur sagen: da verstehe ich die Welt nicht mehr. Eugen Loderer hat am 22. August 1980, vor den Wahlen, den Strauß-Vorschlag in der „Bild"-Zeitung begrüßt. In der „Frankfurter Rundschau" hat er einen Tag später zu den CDU/CSU-Aktivitäten gesagt: „Sie passen genau in unser Konzept." In der „Süddeutschen Zeitung" hat er am 23. September 1980 gesagt, der CDU/CSU-Vorschlag, der Vorschlag des Kanzlerkandidaten — ich zitiere —, sei ein „gewichtiges Wort". Er führt in der „Süddeutschen Zeitung" weiter aus: „Wir haben das mit Genugtuung registriert." Im Deutschlandfunk sagt er wenige Tage nach Vorlage des Vorschlages: „Ich muß ehrlich sein; ich hatte mit dieser klaren Formulierung nicht gerechnet." — Es kann sein, daß Eugen Loderer nicht damit gerechnet hat, daß wir unsere Wahlaussagen wahr machen; aber dabei schließt er von seiner Partei auf uns. Das ist der Fehler.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich frage, meine Kollegen in der IG Metall, ob Sie sich in die Koalitionsdisziplin nehmen lassen oder ob Ihr Standpunkt unverändert so bleibt, wie Sie ihn auch vor den Wahlen zum Ausdruck gebracht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will meinem verehrten Vorsitzenden Eugen Loderer nicht die Glaubwürdigkeit absprechen; aber offensichtlich muß ihm aus dem Gedächtnis entfallen sein, was er alles zu dem Strauß-Vorschlag gesagt hat, den er jetzt ablehnt.
Es geht hier nicht um Rechthaberei. Ich wollte nur diese parteipolitische Schablone „SPD gut, CDU schlecht" zerstören, damit uns allen, ob für oder gegen Parität, in einer gemeinsamen Anstrengung die Sicherung der Montan-Mitbestimmung möglich wird. Hier geht es nicht um die Ausdehnung der Mitbestimmung, hier geht es um nichts anderes als um die Sicherung der Montan-Mitbestimmung. Dazu muß jeder über seinen Schatten springen können, dazu muß es möglich sein, daß Sie aus Ihren Schützengräben herauskommen und der besseren Sache zum Siege verhelfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will die Gelegenheit nutzen, um auch das Bedenken vieler Unternehmer von außerhalb des Montan-Mitbestimmungs-Bereiches zu zerstreuen. Wenn jetzt die Grenzen in der Montan-Mitbestimmung zu ihrer Sicherung gesenkt werden sollen, dann ist das kein Präjudiz, die Anwendungskriterien im Gesetz von 1976 zu ändern. An der 2000Mann-Belegschaftsgrenze wird von uns nicht gerüttelt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will auch unseren Freunden im Mittelstand versichern: Niemand in den Unionsparteien denkt an



Dr. Blüm
die Übertragung der Montan-Mitbestimmung auf den Mittelstand.

(Zurufe von der FDP)

Ich glaube überhaupt, daß es mehr Gemeinsamkeiten zwischen kleinen mittelständischen Unternehmern und Arbeitnehmern gibt. Wer im kleinen Boot zusammensitzt, der merkt eher, daß er zusammensitzt, als das auf den großen Luxusdampfern der Fall ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Gelegenheit muß auch genutzt werden, etwas zum Wahlrecht zu sagen. Natürlich stellt sich die Frage eines demokratischen Wahlrechtes. Aber überlasten und überfrachten Sie doch nicht den Rettungswagen für die Montan-Mitbestimmung!

(Lachen bei der FDP)

Das Thema des demokratischen Wahlrechts stellt sich nicht nur in der Montan-Mitbestimmung. Das stellt sich in allen Mitbestimmungs- und Betriebsverfassungsgesetzen. Wir haben inzwischen sechs verschiedene Wahlverfahren. Man braucht inzwischen einen Berater, um da überhaupt noch durchzusehen. Ich fürchte, die Mitbestimmung kann auch dadurch Schaden erleiden, daß diejenigen, für die mitbestimmt wird, überhaupt nicht mehr durchschauen, wie Mitbestimmung zustande kommt. Wir bleiben dabei, daß die Mitbestimmungsrepräsentanten in der Hand der Mitbestimmungsrepräsentierten bleiben müssen. Wir wollen die Gewerkschaft nicht herausdrängen — sie ist ein Faktor der Stabilität —; aber niemand braucht Angst vor der direkten Wahl zu haben. Sie ist das beste Mittel, Mitbestimmungsrepräsentanten und -repräsentierte ohne Entfremdung im Zusammenhang zu lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren von der FDP, Sie sind etwas nervös geworden.

(Zurufe von der FDP)

— Ich verstehe es wirklich nicht, wieso ausgerechnet Sie sich zum Gralshüter der direkten Wahl der Arbeitnehmer machen können. Sie haben doch 1976 gegen den Widerstand der Opposition ein kompliziertes Wahlmännerverfahren in die Mitbestimmung eingeführt; Sie haben doch die direkte Wahl, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz aus dem Jahre 1952 für die Aufsichtsräte möglich war, beschränkt. Wie kommen Sie eigentlich dazu, sich jetzt plötzlich als die Monopolisten der Arbeitnehmerrechte im Wahlrecht zu betrachten? Sie haben die Wahlrechte beschränkt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir appellieren an die Regierung, die Wahlrechte unter der Bedingung Demokratisierung zu harmonisieren, und sollte es die Regierung nicht schaffen, dann müssen wir auch in diese Lücke springen. Mein Gott, wenn sie es nicht schafft, dann muß die Opposition auch in dieser Frage initiativ werden.
Zum Abschluß will ich noch etwas zum Thema Glaubwürdigkeit sagen, denn ich meine, daß das im Zusammenhang mit dieser Debatte schon erwähnt werden muß. Die FDP, wenn ich sie recht verstehe, versucht, zweimal Miete für dieselbe Sache zu kassieren. Einerseits gehen Sie zu den Arbeitnehmern und sagen, es ginge Ihnen nur um die direkten Wahlrechte der Arbeitnehmer, und andererseits gehen Sie zu den Arbeitgebern und sagen, Sie seien die einzigen, die die Parität verhindern. Ich möchte Ihnen auch raten, in dieser Frage mit der ordnungspolitischen Keule, Hausmarke Lambsdorff, etwas vorsichtig umzugehen. Der Schlag könnte nämlich in den eigenen Reihen landen. Ihr Landesvorsitzender Burkhard Hirsch hat nämlich unseren Vorschlag im August des Jahres 1980 begrüßt und ihn als einen Weg zur Lösung der Montan-Mitbestimmung bezeichnet.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Heute wird er dagegen stimmen!)

Was die Glaubwürdigkeit der SPD anbelangt, so beantwortet sich das kurz und knapp durch die Frage: Was ist aus dem Gruppenantrag des Herrn Wehner vor der Wahl geworden?

(Sehr gut! und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Ich zitiere jetzt aus einem Wahlkampf-Flugblatt: „Sozialdemokraten haben deshalb einen Gesetzentwurf vorgelegt. Er sichert die Montan-Mitbestimmung gegen die, die daran herummachen wollen." Ich kann nur sagen: Ei, wo is er denn, der Gesetzentwurf?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) In diesem Parlament ist er nicht!

Sie haben in der Bildzeitung erklärt: „Dann müssen wir mit unserem Gruppenantrag zur paritätischen Mitbestimmung im Bundestag in Fahrt kommen. Aus Jux mache ich doch solche Sachen nicht." — Das haben Sie, Herr Wehner vor der Bundestagswahl gesagt. Das war also offensichtlich doch eine Jux-Fahrt. Ich sehe nämlich diesen Gruppenantrag nicht.
Und wenn jetzt gesagt wird, es sei die Koalition, welche den Gruppenantrag verhindere — nun gut, vor der Bundestagswahl hat der sehr verehrte Kollege Urbaniak zu diesem Gruppenantrag im ZDF gesagt: „Ich sehe hier keinen Koalitionskonflikt." Entweder hat das damals nicht gestimmt oder es stimmt heute nicht. Sie können doch nicht damals sagen, die Koalition habe keine Einsprüche, und heute sagen Sie, es würde an der Koalition scheitern.
Ich darf noch einmal den Kollegen Urbaniak zitieren, immer aus der Zeit vor der Wahl. Das Kontrastprogramm zu den Aussagen nach der Wahl muß nicht variiert werden; das ist relativ einfach. Er sagte vor der Wahl: „Unser Entwurf" — der Gruppenantrag — „hat allen Prüfungen standgehalten. Er skizziert nicht nur die beste, sondern die einzige Lösung." Und nach der Wahl sagt derselbe Kollege Urbaniak: „Wir werden dieser Regelung" — jetzt dem Gesetzentwurf, der mit dem Gruppenantrag nichts mehr zu tun hat — „zustimmen, weil sie voll dem



Dr. Blüm
entspricht, was der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung dargelegt hat."

(Große Heiterkeit und Beifall bei der CDU/ CSU)

Da kann ich nur sagen: So seid ihr.

(Erneute Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Von der „einzigen Lösung" zum „Bundeskanzler-Gehorsam", das ist die Abstiegslinie der sozialdemokratischen Mitbestimmungspolitik.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Ehrenberg, wir wollen hier kein historisches Kolleg veranstalten. Ich will in Erinnerung rufen, daß Konrad Adenauer hier in diesem Hohen Hause zur Verabschiedung der Montan-Mitbestimmung dieses Gesetz als einen „großen Fortschritt auf dem Weg zur sozialen Befriedung" bezeichnet hat. Aber lassen wir alle Feinheiten weg. Wenn ihr Gesetzentwurf Wirklichkeit wird, dann werden die Sozialausschüsse, das verspreche ich Ihnen, den Sozialdemokraten eine Gedenktafel stiften, auf der stehen wird: Montan-Mitbestimmung — geboren unter Konrad Adenauer, gestorben unter Helmut Schmidt.

(Starker langanhaltender Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902700600
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wehner?

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902700700
Bitte

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902700800
Herr Abgeordneter Wehner, bitte.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0902700900
Herr Kollege Blüm, nachdem Sie hier die Rolle Konrad Adenauers beim Zustandebringen des Mitbestimmungsgesetzes in Erinnerung gebracht haben, möchte ich Sie bitten, deutlich zu machen, ob Ihnen dabei bewußt ist, daß Konrad Adenauer damals die Abstimmung unterbrechen mußte, weil seine eigene Partei und Koalition die Mehrheit nicht zustande zu bringen drohten und die 160 Stimmen der Sozialdemokraten allein nicht ausreichten. Ich habe Adenauer damals für diesen Mut gedankt.

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902701000
Ich bestätige Ihnen diesen Vorgang ausdrücklich. Ich würde mir wünschen, daß auch Helmut Schmidt die Sitzung unterbricht und versucht, unserem Vorschlag zu einer Mehrheit zu verhelfen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Das paßt auf einen Jahrmarkt, aber nicht in dieses Parlament!)

Wir machen das, was wir vor der Wahl versprochen haben, nicht mehr und nicht weniger. Wir versprechen nur, was wir halten können, und wir halten was wir versprochen haben.
Meine Damen und Herren, ich meine, daß Glaubwürdigkeit nicht nur eine Frage der Mitbestimmung, sondern der etablierten Parteien überhaupt ist. Eine junge, nachwachsende Generation wird uns möglicherweise nicht nur daran messen, was wir sagen, sondern auch daran, ob wir zu dem stehen, was wir gesagt haben. Insofern entscheidet sich an dieser Frage und in dieser Debatte mehr als nur die Frage „Parität oder Nichtparität" bzw. „Sicherung oder Nichtsicherung der Montan-Mitbestimmung". Hier entscheidet sich der Stellenwert von Wahlkämpfen. Wenn man in Wahlkämpfen versprechen kann, was man will, ohne sich danach richten zu müssen, dann verabschieden sich die politischen Parteien aus dem Zutrauen der jungen skeptischen Generation.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte meine Darlegungen zusammenfassen. Unser Entwurf, der ein Angebot zur Übereinstimmung ist — deshalb kann er doch kein Gesetzentwurf sein; der CDU/CSU-Antrag ist die Basis für die Übereinstimmung —, unterscheidet sich vom vorliegenden Gesetzentwurf. Erstens schafft er Klarheit statt Verwirrung. Zweitens trifft er die Entscheidung jetzt statt 1986. Drittens stiftet er sozialen Frieden. Viertens löst er ein, was wir versprochen haben. Fünftens ist er eine Informationshilfe zur Zerstörung jener Schablone, die Sozialdemokraten seien die Arbeitnehmerpartei.
Die christliche Soziallehre kann und muß sich, gleich, ob in ihrer protestantischen oder in ihrer katholischen Gestalt, ihre Minderwertigkeitskomplexe aus den Kleidern schütteln. Sozialismus und Liberalismus sind verbraucht. Auch wenn sie den Inhalt zweier leerer Flaschen zusammenschütten, entsteht keine volle Flasche.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Das sozialliberale Bündnis, einst angetreten, um Arbeiterschaft und Bürgertum zu versöhnen, hat seinen Vorrat verbraucht. Das sind die Fragen des 19. Jahrhunderts gewesen. Das ist das Bündnis jener Bürgersöhne, die ob der Taten ihrer Eltern ein schlechtes Gewissen hatten, und jener Anerkennungssehnsüchte der Arbeitnehmerschaft, die im 19. Jahrhundert verkannt war.
Heute haben wir andere Probleme. In diesen Kategorien läßt sich heute nicht mehr Politik machen. Daß wir von rechts und links in dieser Frage angegriffen wurden, zeigt, daß wir den richtigen Platz haben: in der Mitte.
Ich möchte meinen Beitrag mit einem Zitat aus „Rerum Novarum" schließen, jener großen päpstlichen Enzyklika, deren 90. Jahrestag wir in diesem Jahr feiern. Dort heißt es:
Sowenig das Kapital ohne Arbeit auskommt, so wenig kann die Arbeit ohne das Kapital bestehen.
Das ist die Kurzfassung unserer Mitbestimmungsphilosophie.

(Langanhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902701100
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Abgeordnete Urbaniak.




Hans-Eberhard Urbaniak (SPD):
Rede ID: ID0902701200
Frau Präsident! Meine Damen und Herren!

(Zuruf von der CDU/CSU: Er verteidigt jetzt den Gruppenentwurf! — Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich glaube nicht, Kollege Blüm, daß Sie den Ernst der Stunde begriffen haben,

(Lachen bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Aber die Koalition!)

da es heute um die Frage geht, eine so wichtige Sache wie die paritätische Mitbestimmung, die Mitte des Jahres bedroht ist, mit einem Entwurf der Bundesregierung zu sichern, der in dieser Frage Klarheit schafft. Wenn das nicht gemacht wird, ist die paritätische Mitbestimmung am 1. Juli 1981 bei Mannesmann verloren. Meine Damen und Herren, das wollen Sie im Grunde, wir aber nicht!

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen noch einmal, Herr Kollege Blüm: Ihre Entschließung schafft Klarheit — Klarheit darüber, daß sie schludrig ist und daß bei Mannesmann am 1. Juli 1981 die Mitbestimmung verloren sein wird.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Ist ja nicht wahr! — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr!)

Das haben Sie zu verantworten, kein anderer!

(Zurufe von der CDU/CSU: Die Unwahrheit! — Das stimmt nicht! — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Laßt ihn doch!)

Ihre Entschließung ist schludrig!

(Beifall bei der SPD — Dr. Möller [CDU/ CSU]: Eine Irreführung ist das, eine bewußte Irreführung!)

Kollege Blüm, wir brauchen uns in dieser Frage nicht zu ereifern. Das hat gar keinen Zweck.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Doch!)

Denn wenn Sie davon reden, Ihre Entschließung bringe eine breite Übereinstimmung zum Ausdruck, will ich hier feststellen, daß der Gewerkschaftsvorsitzende der IG Metall, Eugen Loderer, den Sie ja hier in der vollen Breitseite angenommen haben,

(Windelen [CDU/CSU]: Nur zitiert! — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Ja, zitiert!)

schätzt, daß durch die Übernahme der Frankfurter Meß- und Regelfirma Hartmann und Braun und durch den Einstieg in den Verarbeitungsbereich Kienzle die 30% im Konzern bereits nicht mehr erreicht sind.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Auch das stimmt nicht!)

— Das ist vom Vorsitzenden der IG Metall festgestellt worden. Wollen Sie das bestreiten, Kollege Blüm?

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Ja!)

Das hat er festgestellt,

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Deswegen stimmt es doch noch nicht!)

und alle ernsthaften Nachprüfungen unsererseits kommen zu demselben Ergebnis.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: 38% sind es!)

Aber ich sage Ihnen hier ganz frei und offen, Sie brauchen in diesem Hause für die Sozialdemokratie die Partnerschaft nicht festzustellen, sie brauchen auch die Verantwortung der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften für das Gemeinwohl nicht festzustellen. In Ihrer Fraktion muß doch heute erst noch gelernt werden, wer 1945 die Grundlagen dazu geschaffen hat, nämlich die Einheitsgewerkschaften. Und Sie sind dabei, diese zu zerstören!

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Das darf doch nicht wahr sein!)

Sie brauchen auch nicht festzustellen, Kollege Blüm, die Arbeitnehmer in den mitbestimmten Betrieben würden erkennen, welch einen Grundkonsens Sie anbieten. Nein, an Rhein und Ruhr nicht! Das können Sie vielleicht mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in der Ihnen eigentümlichen Art: nur nicht konkret werden,

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: 30 % sind sehr konkret!)

immer wieder alles darlegen. Aber die Arbeitnehmer in diesen Betrieben haben dieses Nebel- und Scheingefecht des Herrn Blüm à la Strauß — denn mehr dürfen Sie nicht, Kollege Blüm — schon lange erkannt. Denen machen Sie nichts vor!

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Wenn Sie von einer breiten Übereinstimmung sprechen, wissen Sie doch, daß der Vorsitzende des CDU-Wirtschaftsrates, Philipp von Bismarck, erklärt hat, man habe Strauß wegen seiner in der Wahlkampfzeit geäußerten positiven Einstellung zur Montan-Mitbestimmung jetzt nicht im Regen stehenlassen wollen

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sie stehen doch im Regen!)

und man habe ihm — diesem Herrn Strauß — jetzt einen Regenschirm gegeben, und der Regen komme nun tatsächlich. Der sehr einflußreiche Herr in Ihren politischen Reihen bestimmt also eigentlich den entscheidenden Kurs, und darum sind Sie auch nicht konkret geworden.
Ich sage Ihnen: Die Resolution der CDU/CSU ist eine politische Täuschung, weil ihr Inhalt in völligem Widerspruch zu der bombastischen Verpakkung steht, mit der sie öffentlich auf den Weg gebracht worden ist. Das Vorgehen der Union sichert nicht die Montan-Mitbestimmung, das Gegenteil ist der Fall.
Ich stelle für die Sozialdemokraten fest: Die CDU/ CSU hat keinen Gesetzentwurf, sondern nur eine Meinungsbekundung vorgelegt, in der sie vor allem fordert, den bereits eingeleiteten Gesetzgebungsprozeß zur Mitbestimmung abzubrechen. Wer dem folgt, meine Damen und Herren, läuft in die Mannesmann-Falle.

(Wehner [SPD]: Leider wahr!)




Urbaniak
Der Vorstand dieses Konzerns hat erklärt, wenn bis zum 1. Juli 1981 kein neues Montan-Mitbestimmungsrecht geschaffen worden sei, werde er die Veränderung der Konzernstruktur mit der Aushebe-lung der Montan-Mitbestimmung verbinden. Diese Herren — und keine anderen — unterstützen Sie. Mir tut das sehr leid, Kollege Blüm.

(Beifall bei der SPD)

Mit der ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Änderung der beiden Mitbestimmungsgesetze beginnt nun die eigentliche parlamentarische Diskussion. Das Thema „Sicherung der Montan-Mitbestimmung" ist, seitdem sie existiert, immer wieder aufgekommen, vor allen Dingen im Jahre 1980.
Zu unserem Gruppenantrag will ich Ihnen sagen: Die Sozialdemokratie hat sich klar zur paritätischen Mitbestimmung für alle Wirtschaftszweige erklärt, 1950, 1968 und 1980,

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Und nur nicht 1981!)

und keine der politischen Parteien ist uns dabei gefolgt. Dieser Gruppenantrag löst das Sicherungsgesetz überhaupt aus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Für uns gehört die Mitbestimmung zur Substanz des Demokratisierungsprozesses dieser Gesellschaft. Demokratie kann und darf doch nicht an den Werkstoren enden. Mitbestimmung heißt für uns aber auch Mitverantwortung. Beides gehört zusammen.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Richtig! Sehr richtig!)

Umgekehrt ist Mitverantwortung ohne Mitbestimmung nicht akzeptabel. Das ist für die Arbeitnehmer und für ihre Gewerkschaften selbstverständlich.
Wir wissen auch um die wirtschaftliche Vernunft der Mitbestimmung, weil all die schwierigen Prozesse mit der Arbeitnehmerschaft gelöst werden müssen, was in diesem komplizierten Bereich des Sichbehauptens auf den Märkten immer wieder erforderlich ist. Alle wissen wir in diesem Hohen Hause, welche Bedeutung die paritätische Mitbestimmung für die Strukturprobleme im Bergbau und in der Stahlindustrie hat. Dieser Strukturwandel geht unaufhaltsam weiter. Hätten wir die Mitbestimmung nicht schon zu Beginn dieser Zeit gehabt, hätten wir, wie ich glaube, in unseren Großbetrieben schon sehr schwierige Situationen erlebt. Den Gewerkschaften, den Betriebsräten und den Arbeitnehmern ist daher zu danken, daß sie die paritätische Mitbestimmung nicht nur für die Betriebe, sondern unter Einschluß des Gemeinwohls des deutschen Volkes praktiziert haben. Dafür haben wir besonders zu danken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir als Sozialdemokraten haben uns immer klar zur paritätischen Mitbestimmung geäußert; das ist gar keine Frage. Hier aber geht es jetzt darum, daß der Gesetzentwurf der Bundesregierung weiter auf den Weg gebracht wird und daß wir in den Fällen, in denen Vorstände daran gehen, die Mitbestimmung in
Frage zu stellen, wie das im Mannesmann-Bereich geschehen ist, alles tun, damit die Mitbestimmung weiter gesichert werden kann. Nach diesem Entwurf passiert bis 1987 auf jeden Fall nichts. Damit wird Raum für weiteres Nachdenken geschaffen. Dabei ist, wie wir meinen, weniger die inhaltliche Phantasie gefordert. Es geht vielmehr darum, das politisch Notwendige parlamentarisch möglich zu machen. So sehen wir den Gesetzentwurf der Bundesregierung mit den bekannten Argumenten, die wir da schon geliefert haben, als einen Kompromiß an; denn Alternativen liegen uns ja nicht vor. Ich darf noch einmal sehr klar sagen: Seitdem Ihre Entschließung bekanntgeworden ist, ist uns allen klar: Eine Alternative der CDU/CSU in Form eines Gesetzentwurfs ist nicht zu erwarten.
Die SPD hat in der Frage der Mitbestimmung weitergehende Vorstellungen, als sie von anderen Parteien vertreten werden. In unserem Godesberger Grundsatzprogramm heißt es:
Die Mitbestimmung in der Eisen- und Stahlindustrie und im Kohlebergbau ist ein Anfang zu einer Neuordnung der Wirtschaft. Sie ist zu einer demokratischen Unternehmensverfassung für die Großwirtschaft weiterzuentwickeln. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Selbstverwaltungsorganen der Wirtschaft muß sichergestellt werden.
Wir bekennen uns deshalb zu dem Ziel, das Mitbestimmungsgesetz 1976 zur vollen Parität hin fortzuentwickeln, meine Damen und Herren. Das ist der politische Ausdruck dessen, was die Sozialdemokraten seit Beginn der Diskussion um die paritätische Mitbestimmung immer gradlinig und klar gewollt haben und wofür sie auch weiterhin eintreten werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind auch in diesem Punkt mit den Gewerkschaften einer Meinung. Die dauerhafte Sicherung der Montan-Mitbestimmung ist also eine erste Stufe. Die jetzige erste Lesung des Gesetzentwurfs sehen wir gewissermaßen als eine weitere Grundlage an, um in der kommenden Zeit auf diesem Felde weiter voranzukommen. Ich sage sehr deutlich: Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf ist nicht nur nach Auffassung der Gewerkschaften verbesserungsfähig. Wir alle sollten uns in der parlamentarischen Beratung grundsätzliche Gedanken darüber machen, wie die Montan-Mitbestimmung am besten gesichert werden kann. Das ist natürlich auch eine Zweckmäßigkeitsfrage; der Weg über eine Öffnungsklausel ist denkbar. Aber die vertragliche Sicherung der Montan-Mitbestimmung ist am bösen Willen der Arbeitgeberseite bei Mannesmann gescheitert. Bei gutem Willen hätte der Gesetzgeber nicht bemüht werden müssen. Die vertragliche Sicherung der Montan-Mitbestimmung kann tatsächlich letztlich nur erreicht werden, wenn die Öffnungsklausel gesetzlich fixiert ist. Der Anfang einer parlamentarischen Beratung kann dazu doch noch nicht das letzte Wort sein. Denn sonst könnte man ja auf das gesamte Verfahren verzichten. Darum sage ich, welche Vorstellungen wir haben.



Urbaniak
Seit der Vorstand der Mannesmann-AG handstreichartig — man kann auch sagen: von oben herab — die Flucht aus der Mitbestimmung vollziehen wollte, ist die Sicherung der Montan-Mitbestimmung wieder ein Thema erster Ordnung. Wer die Geschichte der Mitbestimmung kennt, kann sich nicht wundern, wie heftig die Gewerkschaften und mit welchem Engagement die SPD sich dagegen gewehrt haben.
Die wirklich echte Mitbestimmung, die paritätische Mitbestimmung in der Montanwirtschaft ist tatsächlich eine Mitgift dieser Republik und nicht, wie immer wieder behauptet wird, eine Erfindung der Regierung Adenauer. Bereits in der ersten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages ging es um die Sicherung der Montan-Mitbestimmung, wie jeder bei einem Blick in die Archive leicht feststellen kann.
Nach § 89 Abs. 1 des damaligen Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Neuordnung der Beziehungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Betrieben, dem Betriebsverfassungsgesetz, aus der ersten Wahlperiode, war die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer generell vorgesehen.
Gleich sah der von der Fraktion der CDU/CSU vorgelegte Entwurf eines entsprechenden Gesetzes aus. Sie sind immer nur für die Drittelbeteiligung eingetreten. Ihren Entwürfen fehlte gar die Institution des Arbeitsdirektors.
Die paritätische Mitbestimmung aber wurde bereits 1947 von der Treuhand-Verwaltung — durch die Alliierten, wenn Sie so wollen — eingeführt. Das war tatsächlich der Beginn der echten Mitbestimmung in der deutschen Montanindustrie. Nicht Sie haben es geschafft, wie Sie, Herr Kollege Blüm, immer fälschlich sagen. Bereits 1950 gab es also nicht nur berechtigte Befürchtungen, sondern konkrete Anlässe, die vertragliche Mitbestimmung in Gefahr zu sehen. Der Widerstand der Arbeitnehmer an Rhein und Ruhr, die hier schon zitierten historischen Gespräche, aber auch die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag haben damals Schlimmes verhütet. Am 10. April 1951 verabschiedete dann der Deutsche Bundestag das Montan-Mitbestimmungsgesetz, und zwar mit Hilfe der SPD Fraktion. Opposition von damals war anders als Opposition von heute. Wir jedenfalls haben konstruktive Beiträge geleistet.

(Beifall bei der SPD)

Heute wird selbst von den Sozialausschüssen der Union die Haltung zur Mitbestimmung als taktische Frage begriffen. Anders können wir Ihr Verhalten nicht sehen. Ich sage Ihnen in diesem Zusammenhang noch einmal, Kollege Blüm: Die Union leistet keinen Alternativbeitrag und legt keinen eigenen Gesetzentwurf vor, sondern präsentiert eine Entschließung, nämlich die Aufforderung, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zurückzuziehen. Das heißt — man muß es wiederholen —: Ab 1. Juli 1981 gibt es in dem bekannten Unternehmen keine Mitbestimmung mehr. Wenn Sie, Herr Kollege Blüm, einen 30 %igen Montanumsatz bei der Wertschöpfung als Kriterium zugrunde legen, dann geben Sie das Signal, in den restlichen Montanunternehmen alles darauf zu konzentrieren, diesen Punkt zu erreichen, damit die auch von Ihnen persönlich so bewertete paritätische Mitbestimmung insgesamt verlorengeht. Wir diskutieren in den Montanunternehmen heute nicht über Prozentsätze, sondern bekanntlich über die Probleme, wie wir mit den wirtschaftlichen und den strukturellen Problemen zurechtkommen.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Bei uns ist doch auch eine Befristung darin! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das hat er noch nicht gemerkt!)

Zur Frage der paritätischen Mitbestimmung, Kollege Blüm, legen Sie einen Entschließungsantrag — die Entschließung ist ein sehr schwaches parlamentarisches Instrument — vor, weil Sie sich in der eigenen Fraktion nur auf das Nein einigen können. Zum Thema „Sprecherausschüsse für leitende Angestellte" hat diese Union aber einen Gesetzentwurf erarbeitet, um nach Möglichkeit den Kreis der Arbeitnehmer in der Betriebsverfassung aufzuspalten.

(Beifall bei der SPD — Dr. Blüm [CDU/ CSU]: Haben Sie noch einen Nebenkriegsschauplatz?)

Das ist Ihre Position.
Wir werden jetzt gründlich darangehen, den Entwurf der Bundesregierung zu beraten. Wir haben keinen Grund, aufgeregt oder bewegt über das zu sein, was sich die Opposition hier geleistet hat, Kollege Blüm. Erstens stellt das, was sie vorgelegt hat, keine Grundlage für ein gemeinsames Handeln der in Frage kommenden Kräfte dar. Die Gewerkschaften lehnen ihre Vorstellungen ab.
Zweitens registrieren wir eine schludrige Antragsform und unglaubliche Inhalte, die gar nicht nachzuvollziehen sind. Dann bin ich schon lieber für eine klare Entscheidung, die uns sagt, wie es aussieht, wenn Unternehmungen darangehen, die Mitbestimmung zu kappen, und in welch einem Zeitraum die Unternehmungen weiter in dieser Mitbestimmung verbleiben. Dem Parlament sollte Gelegenheit gegeben werden, nachzudenken, wie wir gemeinsam die paritätische Mitbestimmung sichern. Wir Sozialdemokraten haben das stets gemacht. Wir werden uns in dieser Frage auch nicht zurückwerfen lassen. Heute geschieht das, was parlamentarisch möglich ist. Wir werden auf diesem Felde gemäß unserem Godesberger Programm aber weiter

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Weiter die Wahlversprechungen nicht einhalten!)

für den Erhalt und die Ausdehnung der paritätischen Mitbestimmung kämpfen, überall, in diesem Parlament und in den Betrieben. Für uns ist das eine entscheidende Sache zur Entwicklung der entsprechenden demokratischen Strukturen im wirtschaftlichen Bereich. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902701300
Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Hölscher das Wort.




Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0902701400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich auch einige grundsätzliche Vorbemerkungen über die Haltung meiner Fraktion zur Frage der Mitbestimmung machen möchte. Gerade in den letzten Wochen und Monaten hat man in der Diskussion um die Montan-Mitbestimmung des öfteren den Vorwurf gehört, die Liberalen in diesem Lande seien grundsätzlich gegen die Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Dabei wird völlig verkannt, daß es ohne die Liberalen im letzten Jahrzehnt keine Verbesserung der Arbeitnehmerrechte im Betrieb und im Unternehmen gegeben hätte. Mit uns wurde 1972 ein verbessertes Betriebsverfassungsgesetz verabschiedet, und mit uns wurde 1976 eine neue Unternehmensmitbestimmung eingeführt, die Gewerkschaften und Arbeitnehmern mehr Rechte im Aufsichtsrat von Großbetrieben sichert.

(Beifall bei der FDP)

Für uns ist Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene wie im Unternehmen ein Kernstück des freiheitlichen Sozialstaats. Wir haben bereits mit unseren Freiburger Thesen 1971 ausdrücklich die Demokratisierung der Gesellschaft gefordert und damit deutlich gemacht, daß eine freiheitliche Demokratie nicht nur die gleichberechtigte politische Teilhabe und Mitbestimmung aller Bürger an der verfassungsmäßigen Ordnung des Staates erfordert, sondern auch die gleichberechtigte soziale Teilhabe und Mitbestimmung aller Bürger an der arbeitsteiligen Organisation der Gesellschaft.
Friedrich Naumann, unser großer Liberaler, hat dies einmal in einem doppelten Grundsatz deutlich gemacht, der wie folgt lautet:
Erstens. Der Staat sind wir alle. Zweitens. Der Staat darf nicht alles. — Erstens. Der Betrieb sind wir alle. Zweitens. Der Betrieb darf nicht alles.
Für uns ist es daher selbstverständlich, daß der einzelne auch gerade dort, wo er den größten Teil seines Lebens verbringt, im Betrieb, und wo sein Leben und das Leben seiner Familie entscheidend geprägt werden, Mitbestimmungsrechte haben muß. In unseren Thesen zur Unternehmensmitbestimmung schlugen wir daher den Weg einer innerbetrieblich organisierten, aber auch paritätisch gestalteten Unternehmensmitbestimmung vor. Dabei gingen wir allerdings von der grundsätzlichen Mitverantwortung der Faktoren Kapital auf der einen und Disposition, also leitende Angestellte, und Arbeit auf der anderen Seite aus. Diese funktionsgerechte Differenzierung zwischen den das Unternehmensgeschehen bestimmenden Faktoren entspricht eben den heutigen Unternehmensstrukturen und fand auch ihren Niederschlag in dem Mitbestimmungsgesetz von 1976.
Meine Damen und Herren, niemand wird bestreiten, daß gerade die Mitbestimmungsregelung von 1976 dem einzelnen Arbeitnehmer, aber auch Minderheitsgruppen, ein Höchstmaß an Mitbestimmung sichert. Dabei ist es uns Politikern selbstverständlich unbenommen, auch mit diesem Gesetz Erfahrungen zu sammeln und vielleicht später einmal notwendige Korrekturen durchzuführen.
Meine Damen und Herren, der DGB hat in seinem neuen Grundsatzprogramm u. a. gesagt — ich zitiere —:
Durchdrungen von der Verantwortung gegenüber ihren Mitgliedern und dem ganzen Volk bekennen sich der Deutsche Gewerkschaftsbund und seine Gewerkschaften zu den unveräußerlichen Rechten der Menschen auf Freiheit und Selbstbestimmung.
Und es heißt weiter im DGB-Grundsatzprogramm:
Unser Freiheitsbegriff verlangt Demokratisierung aller Lebensbereiche.
Meine Damen und Herren, wir Liberalen unterschreiben dies nicht nur, sondern bekennen uns ausdrücklich zu den in diesen Grundsätzen niedergelegten Zielen einer freiheitlichen und sozialen Demokratie.
Wir bitten allerdings auch um Verständnis, wenn unsere Mitbestimmungspolitik nicht auf die Stärkung von Organisationsmacht ausgerichtet sein kann,

(Beifall bei der FDP)

sondern die Stärkung der Mitwirkungsrechte des einzelnen Arbeitnehmers zum Inhalt haben muß. Wenn sich gerade in dieser Frage Sozialdemokraten und Liberale voneinander unterscheiden, dann ist dies verständlich. Es sollte aber nicht dazu führen, daß uns z. B. seitens des DGB vorgeworfen wird, mit unseren Forderungen nach besseren Wahlverfahren bei der Montan-Mitbestimmung einen Keil zwischen die Arbeitnehmerschaft und die Gewerkschaften zu treiben und die Gewerkschaften schrittweise aus der Verantwortung zu drängen. Wieso ist es eigentlich gewerkschaftsfeindlich, wenn wir es am liebsten sähen, daß auch in der Montan-Mitbestimmung die Arbeitnehmer in direkter Wahl selbst entscheiden, wer ihre Interessen im Aufsichtsrat vertritt?

(Beifall bei der FDP)

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß unsere Gewerkschaften so schwach sein sollen, daß sie es sich nicht erlauben können, ihre Vertreter einer freien Wahl auszusetzen.

(Beifall bei der FDP)

Gewerkschaften sind zweifellos die legitimen Interessenvertreter der Arbeitnehmer. Dies bestreiten wir nicht. Gewerkschaften sind auf Dauer aber nur dann stark — und ich wünsche mir starke Gewerkschaften —, wenn ihre Organisationen und ihre Vertreter in den Betrieben immer wieder, z. B. durch Wahlen, beweisen können, daß sie das Vertrauen der deutschen Arbeitnehmerschaft besitzen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, bei diesem Gesetzentwurf handelt es sich zweifellos um einen Kompromiß, bei dem nur ein Teil unserer Vorstellungen verwirklicht werden konnte. Es ist auch kein Geheimnis, daß wir Freien Demokraten zunächst keinen Anlaß sahen, den Bestand der Montan-Mitbestimmung zu garantieren, wenn die gesetzlichen Anwendungsvoraussetzungen für die Montan-Mitbestim-



Hölscher
mung entfallen, weil das Unternehmen nicht mehr montangeprägt ist. Genauso bekannt ist: Mit dieser Position steht die FDP im Deutschen Bundestag allein. Die Reaktionen von CDU/CSU und SPD im Fall Mannesmann bestätigen es ja. Deshalb mußten wir hier einen Kompromiß schließen. Meine Fraktion hält das Gesetz nach den sehr schwierigen Verhandlungen, die mit dem vorliegenden Kompromiß dann aber zu einem glücklichen Abschluß geführt haben, im ganzen für vertretbar.
Ich darf die drei Kernpunkte des Gesetzes einmal ansprechen. Erstens die Geltungsdauer. Die Montan-Mitbestimmung soll nach Wegfall ihrer Anwendungsvoraussetzungen für die Dauer von sechs Jahren weitergelten. Damit wird ein übergangsloses Ausscheiden aus der Montan-Mitbestimmung vermieden. Wir halten diese Regelung auch deshalb für vertretbar, weil ohne eine derartige Regelung zweifellos die innere, aber auch die äußere Stabilität von Unternehmen gefährdet werden könnte, weil es ja möglich ist, daß ein Unternehmen in relativ kurzen Zeitabständen zwischen zwei Mitbestimmungsregelungen hin und her pendeln müßte. Eine solche Regelung gibt es ja bereits im Mitbestimmungsergänzungsgesetz von 1956. Sie soll jetzt von fünf auf sechs Jahre verlängert und auch auf das Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951 übertragen werden. Eine dauerhafte Zementierung der MontanMitbestimmung ohne Rücksicht auf die Montanprägung des Unternehmens unterbleibt.
Es ist bekannt, daß die Sozialdemokraten die Frage der Geltungsdauer zu einem Thema im Wahlkampf 1984 machen wollen. Dieses Recht können wir ihnen nicht bestreiten, und wir wollen es der SPD auch nicht bestreiten. Ich möchte jedoch bei dieser Gelegenheit an das erinnern, was der Kollege Adolf Schmidt in der ersten Lesung zum Unternehmensmitbestimmungsgesetz, Geltung 1976, am 20. Juni 1974 im Deutschen Bundestag gesagt hat — etwas sehr Wichtiges. Der Kollege Schmidt meinte, wenn es sich erweisen sollte und alle Beteiligten zu dem Ergebnis kämen, daß die Mitbestimmung von 1976 besser als die Montan-Mitbestimmung sei, könne er sich nicht vorstellen, daß man Streit mit einem der Beteiligten darüber bekommen würde, das Montan-Mitbestimmungsmodell in dem, was man als besser ansähe, aufgehen zu lassen. Der Kollege Adolf Schmidt sagte wörtlich:
Andernfalls würden wir uns geradezu töricht verhalten. Das Abwarten, ob unser Modell besser ist, gibt uns die Chance, zu einem späteren Zeitpunkt ein Urteil zu treffen.
Leider haben es die Vorgänge bei Mannesmann unmöglich gemacht, in Ruhe zu einem späteren Zeitpunkt die Erfahrungen mit beiden Mitbestimmungsregelungen einmal auszuwerten und ein vielleicht für alle Großunternehmen gleichermaßen geltendes Mitbestimmungsmodell zu entwickeln. Aber niemand kann uns verbieten, uns zu einem gegebenen Zeitpunkt wieder an diese Gemeinsamkeit der Debatte von 1974 zu erinnern und in unseren Parteien Initiativen zu ergreifen.
Der zweite Kernpunkt des Entwurfs betrifft das Wahlverfahren. Die Delegation der Gewerkschaftsvertreter in die montanmitbestimmten Aufsichtsräte wird durch ein Wahlverfahren ersetzt. Die Gewerkschaftsvertreter bedürfen dazu der absoluten Mehrheit der Stimmen der Mitglieder der Betriebsräte bzw. der Wahlmänner nach dem Gesetz von 1956. Damit wird also ein Zurückweisungsrecht der Wahlkörper begründet.
Ich habe schon gesagt, wir Freien Demokraten hätten hier gern ein Mehr an Demokratie verwirklicht. Dies ist nicht gelungen, aber wir haben einen Anfang gemacht und wir sind optimistisch. Wir können uns wirklich nicht vorstellen, daß die Arbeitnehmer bei Kohle und Stahl auf Dauer nicht die gleichen Rechte erhalten sollen wie die Arbeitnehmer in allen anderen Unternehmensbereichen.

(Beifall bei der FDP)

Wir begrüßen im übrigen, daß in Konzernen, in denen ein Konzernbetriebsrat besteht, dieser Wahlkörper wird. Wählbar sind dann auch die Arbeitnehmer des Konzernunternehmens und nicht nur die Arbeitnehmer der Spitze. Damit allein kann im Mannesmann-Konzern eine Mitbestimmung der Chauffeure — lassen Sie es mich einmal so sagen — vermieden werden.
Ein dritter Kernpunkt des Entwurfs ist die Legaldefinition. In Unternehmen, die am 1. Juli 1981 einen montanmitbestimmten Aufsichtsrat haben, wird die Walzwerkerzeugung der Montanproduktion zugerechnet. Ich darf sagen, daß wir dies nach wie vor nicht für eine sehr überzeugende Regelung halten. Aber wir sagen trotzdem ja. Diese Stichtagsregelung erfaßt also lediglich die Altfälle. Ein Altfall ist auch die Verschiebung der Walzwerkserzeugung nach dem Stichtag innerhalb desselben Konzernes.
Meine Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen haben über diesen Gesetzentwurf sehr lange verhandelt. Das kann bei den unterschiedlichen Ausgangspositionen zwischen SPD und FDP in der Mitbestimmung niemanden überraschen. Ich darf für meine Fraktion hier erklären: Der Rahmen, in dem der Koalition eine Verständigung in der Montan-Mitbestimmung möglich ist, wurde mit dem Regierungsentwurf dieses Gesetzes bereits abgesteckt. Herr Kollege Urbaniak, wir Freien Demokraten — dafür bitte ich auch bei Ihnen um Verständnis — haben nicht die Absicht, auf die Regierungsvorlage draufzusatteln.
Ich hoffe, daß wir davon ausgehen können, daß auch beim Koalitionspartner niemand ein Interesse daran hat, die Verabschiedung des Gesetzentwurfs zu gefährden.

(Beifall bei der FDP)

Schon gar nicht kann unsere Haltung beeinflußt werden durch den Entschließungsantrag der CDU/ CSU. Mein Kollege Dr. Haussmann wird hierauf noch im einzelnen eingehen. Ich selbst habe den Eindruck: Herr Kiep hat sich vielleicht doch durchgesetzt; denn inzwischen ist uns klar, daß die Grenze von 30 % niemanden trifft, daß sie schon gar nicht das Mannesmann-Problem löst. Wir lassen uns aber auch deshalb nicht von Ihrem Antrag, meine Kollegen von der CDU/CSU, beeinflussen, weil wir natürlich zu deutlich die Absicht erkennen, mit dieser rein



Hölscher
taktisch gemeinten Schauaktion Zwietracht zwischen den Koalitionsfraktionen zu säen. Wir wissen ja auch, daß sich die Opposition wegen ihrer unüberbrückbaren internen Gegensätze nicht zu einem eigenen Gesetzentwurf durchringen konnte. Im übrigen haben wir oft genug gesagt — auch damit sind wir uns über die Wahl hinweg treu geblieben —, daß wir von einer willkürlichen Umsatzgrenze, auch von einer Grenze von 30 % nichts halten; denn die ganzen politischen Konflikte fangen bei 29 % erneut an, zuerst beim Mannesmannkonzern selbst.
Ich bedauere allerdings, daß nach Auffassung der Opposition Kern und Ziel ihres Gesetzentwurfs und ihrer Vorstellung allein sein soll, die Montanmitbestimmung auf Dauer zu sichern. Kern ihres Entwurfs ist nicht, die Verbesserung der Wahlverfahren zu erreichen. Dies überrascht um so mehr, weil Sie es sonst als CDU/CSU so gut verstehen, uns jedenfalls draußen überall vorzuwerfen, wir würden angeblich unkontrollierte Gewerkschaftsmacht nicht abbauen.
Meine Damen und Herren, wir Freien Demokraten werden uns für eine zügige Beratung des Gesetzentwurfs in der heute eingebrachten Fassung einsetzen. Wir sehen hierin über die Bedeutung der Mitbestimmung hinaus allerdings auch einen wichtigen Beitrag, in einer schwierigen Sache die Funktionsfähigkeit der sozialliberalen Koalition unter Beweis zu stellen. — Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902701500
Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Kiep das Wort.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0902701600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben den Koalitionsfraktionen mit unserem Antrag, der heute hier zur Debatte steht, ein Angebot gemacht, ein Angebot in der Form, in der Oppositionen in Parlamenten Angebote an Mehrheitsparteien zu machen pflegen. Es liegt an Ihnen, sich zu diesem Angebot zu äußern.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: So ist es!)

Was Sie hier bis jetzt vorgeführt haben, war im Grunde genommen nichts anderes als die lautstarke Überspielung Ihrer unendlichen Verlegenheit, in der Sie sich befinden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Verehrter Herr Bundesminister, was Sie hier geboten haben, war zwar, was die Lautstärke anbetrifft, beachtlich.

(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Gewaltig!)

Aber ich muß schon sagen: Dies war nicht mehr Schwimmen, sondern dies war schon Wassertreten.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Möller [CDU/CSU]: Unterwassertreten!)

Diese Betätigung ist verständlich, wenn man sich überlegt, daß Sie sich — bildlich gesprochen — tatsächlich in einem Brunnen befinden, in den Sie gefallen sind. Da kann man sich nur durch Wassertreten am Leben erhalten.
Ich möchte Sie daran erinnern, daß dies ein ernsthaftes Angebot ist, das wir Ihnen gemacht haben. Ihr Argument, das Sie und auch der Redner der FDP — ein wenig zurückhaltender — hier vorgetragen haben: „hätte die Union einen Gesetzentwurf vorgelegt, dann könnte man j a über alles reden", dieses Argument ist nun wirklich ein Scheinargument. Denn Sie wissen ganz genau, verehrter Herr Ehrenberg, verehrte Kollegen von der FDP, hätten wir einen Gesetzentwurf vorgelegt, dann würden Sie natürlich sofort sagen: An diesem Gesetzentwurf ist dieses und jenes völlig unmöglich, da sind so viele Haken und Ösen, darauf können wir nicht eingehen, den müssen wir zurückweisen. — Hier, bei diesem Antrag, der Ihnen vorliegt, brauchen Sie nur ein Ja zu einem breiten Konsens in diesem Parlament zu sagen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Zum Gespräch!)

und am morgigen Tag beginnt das Gespräch über einen Gesetzentwurf zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich kann nur hoffen, daß viele, viele Zuhörer dieser Debatte heute gefolgt sind, um einmal zu erleben, wie hier mit außerordentlich vordergründigen und taktischen Argumenten in einer wirklich wichtigen Frage gerade auch von der Partei argumentiert wird, die die Mitbestimmung im allgemeinen und die Montan-Mitbestimmung im besonderen im Wahlkampf zu einem geradezu nationalen Thema machen wollte.
Wir haben ein Angebot zu Gesprächen gemacht. Wir hatten und haben die Hoffnung, daß dies zu einem Gespräch führt, daß ein breiter Konsens heute möglich ist, der Unsicherheiten und Ungewißheiten in dem wichtigen Bereich der Stahlindustrie beseitigt. Sie haben dieses Angebot bis jetzt abgelehnt. Sie müssen sich in der Debatte der kommenden Jahre, die natürlich aus Ihrem Gesetzentwurf heraus geradezu vorprogrammiert ist, dieser Diskussion stellen. Wir werden Sie bei allen Gelegenheiten daran erinnern, daß unsere Offerte an diesem entscheidenden Tag im Deutschen Bundestag vorgelegen hat. Ich bin ganz sicher, daß die Betroffenen an Rhein und Ruhr sich bei diesen kommenden Debatten bis hin zum Jahre 1984 an diesen Tag und an dieses Angebot erinnern werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte mich auch mit der Kritik auseinandersetzen, die an diesem Antrag geübt worden ist, den wir hier vorgelegt haben. — Entschuldigen Sie, Herr Kollege Urbaniak, nicht an Ihrer Kritik; denn das war keine Kritik. Sie haben sich durch Ihre Äußerungen vor der Wahl und durch Ihre Äußerungen nach der Wahl für eine ernsthafte Debatte über dieses Thema völlig disqualifiziert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zu Recht ist heute vom Herrn Kollegen Ehrenberg und anderen in die Debatte eingeführt worden, daß die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände die Vorlage der CDU/CSU kritisiert hat. Wir sind kritisiert worden von Herrn Esser und von



Kiep
Herrn Loderer. Wenn man von Herrn Herrn Esser und von Herrn Loderer in einer solchen Sache kritisiert wird, dann ist dies zumindest ein kleiner Hinweis, der einen vermuten lassen könnte, daß man sich möglicherweise nicht völlig auf dem Holzweg befindet.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Sie haben Herrn von Bismarck vergessen! — Weiterer Zuruf von der SPD: Völlig neue Maßstäbe!)

Herr Esser hat die Sorge vorgetragen, daß ordnungspolitische Bedenken bestehen. In der Tat, ich glaube, daß eine rein ordnungspolitisch orientierte Analyse dieser ganzen Lage und auch unseres Entwurfs solche Bedenken sehr wohl tragen könnte. Ich werde in meinen weiteren Ausführungen auch noch einmal deutlich machen, daß wir in der Beratung in unserer Fraktion diese ordnungspolitischen Bedenken sehr wohl gesehen haben, daß wir aber auch andere Argumente gehört und vorgetragen haben, die uns dann zu dieser Entscheidung veranlaßten, die wir getroffen haben. Unser Kollege von Bismarck, der hier freundlicherweise auch lebhaft zitiert wurde, hat die Sorge geäußert, was wir hier vorschlügen, laufe im Grunde genommen auf eine Ausweitung der Montan-Mitbestimmung hinaus. Er fürchtet, daß wir viel, viel weiter gehen als die Bundesregierung. Auch diese Sorge, meine ich, ist sicherlich in der Gesamtlage verständlich, aber nicht begründet.

(Lachen bei der SPD)

Denn wir beziehen uns mit unserem Entschließungsantrag ausdrücklich auf die Sicherung der Montan-Mitbestimmung in dem Bereich, in dem sie am 1. Januar 1980 bestanden hat. Eine Ausweitung ist also nicht vorgesehen.
Ich kann aber die Sorgen beider Herren vor dem Hintergrund verschiedener Aussagen vom linken Flügel der SPD und bedauerlicherweise auch vor dem Hindergrund von Aussagen einiger Gewerkschaftsführer verstehen. Diese Aussagen wollen den Charakter der Mitbestimmung verändern. Sie wollen die Mitbestimmung nicht mehr gewissermaßen als die Institutionalisierung von Partnerschaft betrachten, sondern als ein Instrument zur Machtübernahme darstellen. Wir schließen uns dieser eher defätistisch-resignierenden Auffassung von Mitbestimmung nicht an. Die CDU/CSU ist der Meinung, sie bleibt ein Instrument und bleibt ein Ausdruck des Willens zur Mitverantwortung und Partnerschaft, zum Miteinander an der Stelle von Klassenkampf. Wir beziehen uns dabei auf die überwiegende Mehrheit aller Arbeitnehmer in der Bundesrepublik, auf die Mehrheit des einen Drittels der Arbeitnehmer, die dem DGB angehören, und auf die Mehrheit derjenigen, die in dieser Bundesrepublik Deutschland nicht organisiert sind. Hier wird Partnerschaft gewünscht und gefordert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dies gilt um so mehr, da wir uns nicht nur in der Stahlindustrie, sondern auch in anderen Bereichen der Wirtschaft in einer weiß Gott schwierigen Lage befinden, die wir nur in einem Klima des sozialen Dialogs, des Konsenses, der Übereinstimmung und
niemals auf der Grundlage von Konfrontation oder gar Klassenkampf lösen können.
Die Mitbestimmung befindet sich in den kommenden Jahren insoweit auf dem Prüfstand. Es muß sich erweisen, ob sie dieses Instrument der Partnerschaft ist oder ob sie von einigen als die erste Stufe zur Machtübernahme mißbraucht wird.

(Abg. Dr. Haussmann [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Bitte schön, Herr Kollege.

Prof. Dr. Helmut Haussmann (FDP):
Rede ID: ID0902701700
Herr Kollege Kiep, darf ich Sie fragen: Wenn Ihnen bei dieser Mitbestimmung die Rechte des einzelnen so am Herzen liegen, hat bei Ihrem Kompromiß mit Herrn Blüm auch die Frage der Verbesserung des Wahlrechtes des einzelnen in der Montan-Mitbestimmung überhaupt eine Rolle gespielt?

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Eine sehr gute Frage!)


Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0902701800
Ich muß mich entschuldigen, Herr Präsident, daß ich hier eingegriffen habe. — Sehr verehrter Kollege, diese Frage hat nicht nur eine sehr große Rolle gespielt, sondern spielt sie und wird sie spielen, und wir werden auf dieses Thema sehr ausdrücklich und sehr umfassend zurückkommen.

(Dr. Haussmann [FDP]: Hat das in Ihrem Antrag eine Rolle gespielt?)

— Ich dürfte einen alten erfahrenen Parlamentarier hier eigentlich nicht belehren, aber ich möchte Sie höflich daran erinnern, Herr Kollege, daß das, was wir hier auf einer Seite vorgelegt haben, nichts anders als die Einladung zu einem Gespräch zu einer Erneuerung und zu einem Konsens ist, der die Mitbestimmung im Montanbereich sichern und verbessern soll.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sprach davon, daß die Mitbestimmung in den kommenden Jahren auf dem Prüfstand steht. Alle diejenigen, die sie durch Machtansprüche belasten, müssen sich darüber klar sein, daß sie ihre Funktionstüchtigkeit zur Erhaltung des Klimas des sozialen Friedens dadurch beeinträchtigen.
Ich möchte noch kurz auf einen auch bei uns vermuteten Gegensatz eingehen. Herr Kollege Ehrenberg, andere und auch einige Presseorgane haben davon gesprochen, es gebe einen ganz schlimmen Dissens zwischen Blüm und mir in der Frage der Beurteilung der Parität. In der Tat sind Norbert Blüm und ich anderer Meinung, was die Änderung der Mitbestimmung aus dem Jahre 1976 in Richtung auf die Herstellung der vollen Parität betrifft. Ich meine, wir sind 1976 so weit gegangen, wie wir gehen können, ohne eine qualitative Veränderung unserer Wirtschaftsordnung insgesamt herbeizuführen. Norbert Blüm ist hier anderer Meinung, aber dies hat mit dem Thema der Sicherung der Montan-Mitbestimmung überhaupt nicht das geringste zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)




Kiep
Norbert Blüm hat dies deutlich ausgesprochen: Es gibt hier keine Präjudizierung der Mitbestimmung des Jahres 1976, und es gibt hier keine Verbindungen zu Wünschen, die auch nie geäußert worden sind, etwa im Rahmen der Diskussion über die Mitbestimmung von 1976 Elemente der Montan-Mitbestimmung dort einzuführen.
Wir haben uns in unserer Diskussion in der Fraktion und in der Partei und mit vielen Freunden draußen die Sache nicht leichtgemacht. Wir haben uns letzten Endes vorwiegend auf der Grundlage zusammengefunden, daß unser Antrag die Chance eröffnet, die Montan-Mitbestimmung zu sichern und dadurch ein Klima des sozialen Friedens zu erhalten, das die Voraussetzung für die Lösung der Probleme in der betroffenen Industrie darstellt. Ich darf daran erinnern, und dies geht auch ein wenig an die Adresse der verehrten Arbeitgeberverbände, daß der Gedanke der 30 % keineswegs eine Erfindung der Union ist, sondern daß dieser 30 %-Gedanke von der Ruhr nach hierher eingeführt wurde und wir ihn als eine mögliche Basis für einen Konsens vor der Wahl aufgegriffen haben und ihn heute erneut anbieten.
Ich bin etwas merkwürdig berührt, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wenn Sie heute auch in Ihren Erklärungen Ihr abgrundtiefes Entsetzen über das ordnungspolitische Versagen der CDU/CSU zum Ausdruck bringen, die es wagt, einen solchen Entwurf auf den Tisch dieses Hauses zu legen. Erinnern Sie sich noch, verehrte Damen und Herren, daß Ihr eigener Parteivorsitzender Hans-Dietrich Genscher in der Zeit der Koalitionsverhandlungen genau diese 30 %-Lösung mit Zustimmung von Lambsdorff in Ihrer Fraktion vorgetragen hat und Sie sich dann allerdings mehrheitlich anders entschieden haben? Aber Sie wollen doch nun nicht behaupten, daß Herr Genscher und Otto Graf Lambsdorff schluderliche und liederliche Ordnungspolitiker seien, denn das kann j a wohl kaum der Sinn Ihrer heutigen Einlassung gewesen sein.
Wir sollten uns also nichts vormachen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir versuchen hier eine Sicherung der Montan-Mitbestimmung, und Sie haben ein Verschiebungsgesetz vorgelegt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Viele unserer Fraktionskollegen, ich sagte es, haben diesem Entwurf zugestimmt, haben diesen Antrag befürwortet im Interesse der Sicherung des Klimas, das notwendig ist, um die Probleme der Stahlindustrie zu lösen. Ich habe aus der Stahlindustrie weder von Betriebsräten, mit denen wir in den letzten Wochen öfter zusammen waren, noch von seiten der Arbeitgeber in diesem Bereich auch nur ein anderes Wort gehört als das: Tut etwas, um die Montan-Mitbestimmung zu sichern, tut etwas, um die Ungewißheit zu beseitigen, die die strukturellen Veränderungen, die wir sowieso vornehmen müssen, ungeheuerlich erschwert! — Diesem Wunsch haben Sie, meine Damen und Herren, auf jeden Fall nicht entsprochen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich muß sagen: bedauerlicherweise. Das muß hier zu Beginn der zweiten Runde dieser Debatte festgestellt werden, und diesmal ist die FDP auch dabei. Die FDP hat sich jetzt zusammen mit der SPD das Rezept von Willy Brandt aus der Krisensitzung des SPD-Vorstands zu eigen gemacht, das Rezept: wir werden gemeinsam kraftvoll regieren mit einem entschiedenen und entschlossenen Sowohl-Alsauch.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Sie legen den Grundstein für Unsicherheit und Ungewißheit. Sie schaffen keine Rahmenbedingungen für die Lösung der Probleme der Montanindustrie. Sie tun das Gegenteil, Sie schaffen Unsicherheit und Verwirrung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben mit dieser Tat des heutigen Tages, mit der Ablehnung eines breiten Konsenses über diese wichtige Frage unserer Wirtschaft nunmehr erneut bewiesen, daß Sie nach dem 5. Oktober in keiner wesentlichen Frage der deutschen Politik imstande sind, eine weiterführende Antwort zu geben und zu regieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie werden sich als SPD den Vorwurf machen lassen müssen, daß Sie gerade in den Bereichen, in denen Sie immer besonders auf Ihre Fähigkeit zum Konsens und Ihre Nähe zu den Gewerkschaften und Arbeitnehmern hingewiesen haben, daß Sie in diesem entscheidenden Bereich in einer wichtigen Stunde unserer Stahlindustrie hier versagt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und Sie, meine Damen und Herren von der FDP, müssen sich auch vorwerfen lassen bzw. müssen sich daran erinnern lassen, daß Ihre Beiträge zur Sicherung des sozialen Friedens, zur Stärkung der Fähigkeit, zur Übereinstimmung und zum Konsens in den letzten Monaten mehr als mangelhaft waren.

Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902701900
Erlauben Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege Kiep?

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0902702000
Sehr gern. Bitte schön!

Prof. Dr. Helmut Haussmann (FDP):
Rede ID: ID0902702100
Sehr geehrter Herr Kollege Kiep, wenn es Ihnen um die Sicherung der MontanMitbestimmung in diesem wichtigen Bereich geht, stimmen Sie dann nicht mit mir überein, daß es mehr Sicherheit bedeutet, wenn innerhalb von sechs Jahren — egal, wie der Montananteil sich entwickelt — Sicherheit besteht, daß aber, wenn Sie sich auf 30 % beschränken und wir heute schon wissen, daß Mannesmann 30 % unterschreiten wird, dies weniger Sicherheit bietet?

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0902702200
Erstens berichtet der Vorstand der Mannesmann AG, daß der Montananteil zur Zeit 38 % beträgt,

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: So ist es! — Urbaniak [SPD]: Der will ja auch aus der Mitbestimmung heraus!)

und zwar nach der Übernahme von Hartmann & Braun.



Kiep
Zweitens möchte ich Ihnen sagen und Sie höflichst daran erinnern, daß der Antrag, den wir hier vorgelegt haben, ein Angebot ist, das dann zum Zuge kommt, wenn Sie Ihren Entwurf zurückziehen, sich mit uns zusammensetzen und um ein neues Gesetz zur Sicherung verhandeln. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, wo Sie alle Ihre Wünsche und Anliegen vortragen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Drittens, verehrter Herr Kollege, muß ich Ihnen wirklich sagen: Sie glauben doch selber nicht im Ernst, daß das, was Sie vorgelegt haben, auch nur eine einzige Seite des Problems in irgendeiner Weise löst oder verbessert. Sie institutionalisieren doch die Unsicherheit allein schon dadurch, daß Sie hier erklären, dies sei ein Auslaufgesetz, und die andere Seite erklärt, dies sei ein Sicherungsgesetz. Was soll denn eigentlich ein Arbeitnehmer an der Ruhr noch glauben, wenn er diesem zweistimmigen Chor zuhört?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich war dabei, zum Schluß ein Wort an Sie, meine Damen und Herren der FDP, zu richten über Ihre Rolle in der wichtigen Aufgabe der Sicherung der Fähigkeit zum Gespräch, zum sozialen Dialog und zum Konsens in einer Zeit wirtschaftlicher Schwierigkeiten, in einer Zeit, wo wir erkennen müssen, daß die Ursachen unserer Wirtschaftsprobleme nicht nachfragebedingt, sondern strukturell bedingt sind, wo wir Veränderungen brauchen, Mobilität, Flexibilität bei Arbeitnehmern und Unternehmern. In dieser Lage gilt es, die einzige Rahmenbedingung zu erhalten, die uns im Grunde genommen die Chance gibt, diese Probleme zu lösen. Diese Rahmenbedingung heißt sozialer Friede, heißt Gesprächsbereitschaft, heißt Fähigkeit zum Konsens.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da stelle ich an Sie die Frage: Glauben Sie eigentlich, daß man den Wert eines Wirtschaftsministers in schwierigen Zeiten, in Zeiten, wo es auf diese Gespräche und diesen Dialog ankommt, ausschließlich an der Lautstärke des Beifalls messen darf, den dieser Wirtschaftsminister auf Arbeitgeberversammlungen erhält?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht, daß die Wahrheiten etwa falsch wären, die Graf Lambsdorff ausspricht! Aber ich wünschte mir, daß er diese Wahrheiten und Erkenntnisse nicht in der Stadthalle in Bad Godesberg, sondern im Dialog mit den Gewerkschaften am runden Tisch der konzertierten Aktion ausspricht und in Politik zum Wohle des Ganzen umsetzt.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie sollten sich überlegen, ob Sie den Prinzipien, denen Sie zu dienen vorgeben, in dieser Debatte am heutigen Tage im Deutschen Bundestag tatsächlich einen Dienst erwiesen haben. Sie sollten sich fragen, ob Sie einen Beitrag zur Lösung der Probleme unserer Stahlindustrie geleistet haben, die in die schwierigste Phase ihrer Geschichte seit dem Wiederaufbau 1949 eintritt.
Ich meine, es war gut, daß der Abgeordnete Wehner hier an Konrad Adenauer erinnert hat. Wir wünschten uns heute einen Regierungschef, der den gleichen Mut hätte und hier angesichts einer so großen Problematik und Krise aufruft zur Gemeinsamkeit, bereit ist zum Gespräch im Interesse einer besseren Lösung für unsere Wirtschaft und die betroffenen Arbeitnehmer.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902702300
Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Dreßler das Wort.

Rudolf Dreßler (SPD):
Rede ID: ID0902702400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst rekapitulieren, daß Herr Kiep die Rolle der Opposition bei der Mitbestimmung im Gegensatz zu Ihrer romantischen Darstellung, Herr Blüm, eindeutig herausgearbeitet hat und daß Sie zweitens wieder einmal klargestellt haben, wie bedeutsam Ihnen Mitbestimmung vorkommt.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: So ist es!)

Es war nämlich so, daß Sie sich sehr große Mühe gemacht haben, einen ausgefeilten Gesetzentwurf zu den leitenden Angestellten vorzulegen — das war Ihnen so wichtig, Herr Blüm —;

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: 30 % sind besser als 50 % — Schluß!)

aber bei der Montan-Mitbestimmung reicht es nur zu einer Entschließung.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Ein Antrag!)

Das ist der Unterschied, und das sind Ihre Wichtigkeitsgrade, das sind die Prioritäten, die Sie setzen.
Ich war noch nicht elf Jahre alt, Herr Blüm, als das Montan-Mitbestimmungsgesetz 1951 verabschiedet worden ist.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Dann kann er es auch nicht wissen!)

Mir wurde ab den 60er Jahren und in verstärktem Maße ab den 70er Jahren immer klarer, daß die CDU/CSU diesen gesellschaftspolitischen Sündenfall — der es für sie damals schon war — im Grunde bis heute noch nicht überwunden hat. Die übergroße Mehrheit der Union sieht nun die Stunde gekommen, ihre Jugendsünde des Jahres 1951 aufzuarbeiten. Mit einer Resolution soll verdeckt werden,

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Antrag!)

daß in der CDU/CSU-Fraktion im Grunde die Unfähigkeit

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sie müssen lesen!)

zur Entwicklung eines Gesetzentwurfes den Vorsitz übernommen hat.
Der CDU-Sozialausschußvorsitzende Blüm hat in dieser Woche — und das haben Sie, Herr Blüm, hier heute morgen wiederholt — gegenüber der Presse auch erklärt, er verstehe nun die Welt nicht mehr, weil der IG-Metall-Vorsitzende Eugen Loderer diesen Resolutionsentwurf nicht für eine praktikable Lösung hält. Dem Kollegen Blüm ist dabei verborgen geblieben, daß seine Partei durch seine Präsidi-



Dreßler
umskandidatur mit ihm im Grunde genau das gleiche wie mit seinem Vorgänger praktiziert: Er wird so lange befördert, bis er mit Sicherheit unwirksam ist. Herr Blüm, wissen Sie, was Sie machen? Sie schieben Ihren Mitgliedern der Sozialausschüsse synthetischen Kaugummi zwischen die Zähne,

(Beifall bei der SPD — Dr. Blüm [CDU/ CSU]: Kaugummi ist immer synthetisch!)

und die Tragik, Herr Blüm, besteht darin, daß Sie Ihre Leute glauben machen wollen, daß sie auf echten Problemen herumbeißen.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: 30 % sind weniger als 50 %!)

Meine Kritik, Herr Blüm, an der durch sprachlichen Nebel verdeckten konkreten Initiativlosigkeit der Opposition ist die folgende. Unsere Zivilisation hat einen Status erreicht, in dem das allgemeine Bildungsgut auch Ihnen zugänglich gemacht wird.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Jetzt werd' nicht unverschämt!)

Mit relativ geringfügigen Mitteln hätten Sie, Herr Blüm, in Erfahrung bringen können, daß Ihre Resolution einerseits die Montan-Mitbestimmung nicht auf Dauer sichert — das wissen Sie ganz genau — und daß andererseits der zeitliche Ablauf — 1. Juli 1981 — für Mannesmann bedeuten würde, daß die Montan-Mitbestimmung ausgeklinkt wird.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sie brauchen doch nur in Ihren Entwurf „30 %" hineinzuschreiben!)

Es ist erstaunlich, Herr Blüm, daß es Ihnen immer wieder gelingt, diese Hilflosigkeit zuzudecken. Die Frage ist nur, wie lange Sie eigentlich den geistigen Hunger Ihrer Sozialausschüsse weiterhin werden betäuben können. Ich nehme an, die werden das doch langsam auch durchschauen!

(Beifall bei der SPD — Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Das ist ja niveaulos!)

Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn es Ihr Amt ist, über die Inhalte der von der Regierung oder den sie tragenden Parteien eingebrachten Gesetzentwürfe zu wachen, dürfen Sie sich natürlich nicht — das räume ich Ihnen gern ein — davor scheuen, Ärgernis zu erregen oder sogar Aufruhr dagegen anzustiften. Aber dann müssen Sie Ihre ideale Forderung erheben, selbst wenn diese später von den Realitäten der Gegebenheiten, nämlich anderen Mehrheiten, abgeschliffen wird.
Was aber machen Sie — und Sie, Herr Müller, machen mit —: Sie machen sich das alte chinesische Sprichwort zu eigen „Die Wissenden reden nichts, und die Redenden wissen nichts".

(Lachen und demonstrative Zustimmung bei der CDU/CSU)

Die Sicherung der Montan-Mitbestimmung ist Sache des Gesetzgebers geworden. Es wäre aber nicht notwendig gewesen, den Gesetzgeber unter Druck zu setzen. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite hätten sich bei Mannesmann schon vor einem Jahr auf eine vertragliche Sicherung der Montan-Mitbestimmung einigen können, wenn der Mannesmann-Vorstand nur gewollt hätte. Für die Arbeitgeber war die echte Mitbestimmung seit jeher ein Dorn im Auge. Für den Mannesmann-Vorstand war dieser hand-streichartige Versuch, sich von der Montan-Mitbestimmung abzukoppeln, nicht die erste Aktion, die dazu diente, sich der lästigen Kontrolle durch Arbeitnehmer und Gewerkschaften zu entziehen.
Wir haben es hier mit einer breit angelegten Strategie zu tun. Zu erinnern ist ausdrücklich immer wieder an die Verfassungsklage der Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsgesetz 1976. Damit sollte ja die Grenze für die Mitbestimmung der Arbeitnehmer ein für allemal festgeschrieben werden. Das Bundesverfassungsgericht hat den Arbeitnehmern diesen Gefallen bekanntlich nicht getan.
Die Stärkung der Position des Arbeitnehmers ist für Sozialdemokraten eine ständige Aufgabe. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer ist durch das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 und das Mitbestimmungsgesetz 1976 nicht abgehakt. Der Gesetzgeber muß auf dem bisherigen Weg weiterarbeiten. Es kommt auch darauf an, die praktische Anwendung der Mitbestimmungsgesetze zu verbessern. Dazu ist ständig Gelegenheit, auch jetzt. Die SPD streitet für den Ausbau und die Sicherung der Mitbestimmungsrechte. Die verschiedenen Mitbestimmungsebenen sind nicht voneinander zu trennen. Für die Unternehmensmitbestimmung ist es nicht gleichgültig, wie dabei der Unterbau aussieht.
Der Mannesmann-Vorstand hat betriebswirtschaftliche Sachzwänge erfunden, die die angebliche Nebenfolge hätten, daß das Unternehmen aus der echten Mitbestimmung herausfallen würde. Tatsächlich ist es genau umgekehrt. Die IG Metall hat Organisationsmodelle präsentiert, die, wäre man ihnen gefolgt, die Sachprobleme gelöst und gleichzeitig den Verbleib in der Mitbestimmung ermöglicht hätten. Im Aufsichtsrat hat sich schließlich die Arbeitgeberseite durchgesetzt. Deshalb muß bis zur Jahresmitte die gesetzliche Änderung erfolgen.
Die politischen Parteien haben auf das Problem unterschiedlich reagiert.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Welcher Partei gehört denn der 21. Mann, Herr Völling, an?)

Allein die SPD, Herr Müller, hatte nach kurzer Zeit einen ausformulierten Gesetzentwurf zur Dauersicherung der Montan-Mitbestimmung vorzuweisen.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Wozu gehört Herr Völling, der 21. Mann?)

Sie haben es doch bis zu dieser Stunde nicht dazu gebracht und werden es auch im weiteren Verlauf der Beratungen dazu nicht bringen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Ein Sozialdemokrat!)

Es ist kein Geheimnis, daß die Koalitionsparteien in der Mitbestimmungsfrage unterschiedliche Positionen haben. Das bestreitet hier niemand.




Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902702500
Herr Kollege Dreßler, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Rudolf Dreßler (SPD):
Rede ID: ID0902702600
Herr Präsident, ich möchte das hier im Zusammenhang ausführen. Ich bitte den Kollegen Franke dafür um Verständnis.

(Windelen [CDU/CSU]: Also nicht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Gleichwohl haben sich die Koalitionsfraktionen in der schwierigen Mitbestimmungsfrage immer wieder verständigt und zu einem gemeinsamen Konzept gefunden.

(Franke [CDU/CSU]: Herr Dreßler, der 21. Mann ist ein SPD-Mann!)

Beim Betriebsverfassungsgesetz 1972 war das nicht anders als beim Mitbestimmungsgesetz 1976. Auch der Koalitionskompromiß, den der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung am 24. November letzten Jahres dargestellt hat, liegt auf dieser Linie.
Am 27. November 1980 hat der Kollege Blüm — im übrigen heute morgen wieder — in der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung u. a. in ironischer Form gefragt: „Was ist eigentlich, Herr Wehner, aus Ihrem Gruppenantrag geworden, den Sie vor der Wahl mit großem Getöse im Bundestag eingebracht haben?"

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: So ist es! Wo ist er?)

Dieser Gruppenantrag, Kollege Blüm — das unterscheidet uns von Ihnen —,

(Zuruf von der CDU/CSU: Das war eine Wählertäuschung!)

kann in diesen Monaten nicht als Gesetzesinitiative eingebracht werden, weil es für diese SPD-Initiative, die die paritätische Mitbestimmung unbefristet festschreibt, in diesem Hause keine Mehrheit gibt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Bei Ihnen! — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wie war das vor der Wahl? — Wehner [SPD]: Das hätten Sie dann beweisen müssen, Herr Blüm! — Lebhafte Gegenrufe von der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Wenn während der Zeit vor der Sommerpause Mannesmann ausgestiegen wäre, hätten wir die Zusammenrufung des Bundestages wegen dieses Gesetzentwurfes verlangt! Dann hätten wir mal gesehen, wer Sie in Wirklichkeit sind, der Sie mit gezinkten Karten spielen! — Lebhafter Beifall bei der SPD — Anhaltende Gegenrufe von der CDU/CSU)

Herr Kollege Blüm, was wollen Sie eigentlich noch mehr?

(Lachen bei der CDU/CSU)

Ich sage Ihnen, es ist völlig zweifelsfrei, daß die Sozialdemokraten in diesem Hause — das ist hinreichend bekannt — die einzige Fraktion sind, die die Montan-Mitbestimmung ohne Wenn und Aber und
darüber hinaus Mitbestimmung überhaupt unbefristet sichern respektive einführen würde.

(Beifall bei der SPD — Müller [Remscheid [CDU/CSU]: Wer hat von wechselnden Mehrheiten gesprochen?)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902702700
Herr Kollege Dreßler, der Abgeordnete Graf Stauffenberg möchte eine Frage stellen. Erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Rudolf Dreßler (SPD):
Rede ID: ID0902702800
Nein, ich erlaube keine Zwischenfrage, Herr Präsident. Ich komme sonst mit der Zeit nicht aus.

(Franke [CDU/CSU]: Der hat ein seltsames Demokratieund Debattierverständnis!)

Sie haben versprochen, Herr Blüm, versprechen dürfen, daß Sie einen Gesetzentwurf einbringen. Dies war vor der Wahl. Ich stelle fest: Daraus ist nur eine Resolution geworden,

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Nein, ein Antrag!)

die Sie der Presse allerdings mit großem Getöse vorstellen durften.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Dabei hatten Sie, Herr Blüm, einen Aufpasser als Begleitperson; den haben Sie nicht verhindern können. Damit kein Zweifel aufkam, hat dann Ihre Begleitperson, der wirtschaftspolitische Koordinator Kiep, erklärt, daß er für paritätische Mitbestimmung nichts übrig habe; so ist das der Presse zu entnehmen. Sie, Herr Blüm, haben auf der Pressekonferenz natürlich nicht widersprechen dürfen.

(Kiep [CDU/CSU]: Natürlich hat er widersprochen! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

Ich frage Sie — auch nach Ihrem Auftritt hier heute morgen —: Was glauben Sie den Arbeitnehmern eigentlich noch alles zumuten zu können?

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Die Rede ist halt vorbereitet!)

Herr Blüm, daß man in einer Partei, in seiner Partei einmal unterliegt, ist ja kein Drama. Wenn man in seiner Partei aber ständig unterliegt, dann wird das zu einer Frage des persönlichen Geschmacks, und da sind Sie bekanntlich nicht pingelig.

(Beifall bei der SPD — Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: So etwas ist doch geradezu niveaulos!)

Es ist nur schlimm, daß Sie das den Arbeitnehmern auch immer noch als Erfolg zu verkaufen suchen.

(Kiep [CDU/CSU]: Gerede!)

Die Union, meine Damen und Herren, hat an die Wahlkampfaussagen zur Mitbestimmung angeknüpft, allerdings auch jetzt wieder — ich wiederhole das immer wieder — keinen Gesetzentwurf präsentiert, sondern lediglich eine Entschließung.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Einen Antrag! Können Sie lesen?)




Dreßler
Dies als normal zu bezeichnen, ist ein leicht durchschaubares Ablenkungsmanöver.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wir haben einen Antrag vorgelegt, A-n-t-r-a-g!)

Denn tatsächlich, Herr Blüm, ging es in Ihrer Fraktion um den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Wirtschaftsrat und Sozialausschüssen.

(Beifall bei der SPD)

Im übrigen wiederhole ich: Sie präsentieren ja auch sonst Gesetzesvorlagen, wenn nicht die ganze Fraktion dahintersteht. Und: Wo waren eigentlich die 100 Mann, die laut Presseberichten nicht da waren, als Sie über Ihre Entschließung abgestimmt haben?

(Urbaniak [SPD]: Ausgedünnte Fraktion!)

Die angebliche Mitbestimmungszusage des Kanzlerkandidaten war tatsächlich nichts wert, weil der Vorschlag nach allen Regeln der Kunst abgesichert war.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Was reden Sie da eigentlich?)

Der Vorbehalt, das gesamte Parlament und die Tarifvertragsparteien müßten zustimmen, war in Wirklichkeit eine Null-Option, und er ist es auch geblieben.
Nun fordert die Union neue Koalitionsverhandlungen unter eigener Beteiligung und macht dazu einen ganz allgemein gehaltenen Vorschlag, der

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Die Mitbestimmung sichern will!)

— würde man ihm tatsächlich folgen und ein entsprechendes Gesetz machen — bestenfalls für zwei, drei Jahre weiterhelfen könnte. Das, was die Koalition, Herr Blüm, vorgeschlagen hat, hilft dagegen konkret bis 1987.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eine Hilfsbremse!)

Außerdem ist das Verfahren selbst terminlich abgesichert. Die Union weiß natürlich auch, daß das gesamte Verfahren innerhalb der nächsten drei Monate abzuwickeln ist, weil Mannesmann sonst am 1. Juli aus der Mitbestimmung herausfällt. Wer hinter diesem Entschließungsantrag etwa böse politische Absicht vermutet, liegt so ganz falsch ja wohl nicht.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

Ziel des Antrages ist nicht die Sicherung der Mitbestimmung, sondern Ziel des Antrages ist es, der Koalition den politischen Erfolg vorzuenthalten.

(Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Enthalten Sie einmal Null etwas vor!)

Für Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, ist der Mitbestimmungsstreit hier und heute nur ein taktisches Spiel, um Punkte zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Aber selten war der Ansatz so einfältig angelegt wie jetzt.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Also, dumm plus frech! — Kiep [CDU/CSU]: Dann würde ich mich doch nicht so aufregen!)

Der CDU-Abgeordnete Blüm, meine Damen und Herren, hat am vergangenen Sonntag in Oberhausen anläßlich des 22. Welttages der Behinderten u. a. sein Verhältnis zu den Betriebsräten der Bundesrepublik Deutschland offenbart. Er forderte sie nämlich auf, als Suchtrupp für Behinderten-Arbeitsplätze tätig zu werden,

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sehr gut!)

ohne Kenntnis der realen Einflußmöglichkeiten, ohne Kenntnis der wirklichen Rechte, die Betriebsräten auf diesem Felde gegeben sind. Natürlich haben Sie dort, was Ihren Vorschlag angeht, weder den Betriebsräten noch den Behinderten etwa konkrete politische Hilfe angeboten.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Der redet einen Stuß, Mensch! — Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Sie wollten sie lediglich dazu animieren, Suchtrupp zu sein. Ich frage Sie heute: Warum betätigen Sie sich nicht mit einigen in Ihrer Fraktion als Suchtrupp nach einem Gesetzentwurf zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung?

(Beifall bei der SPD — Franke [CDU/CSU]: Das ist ein Naßforscher!)

Das, was Sie machen, ist, die SPD-Fraktion, die FDP-Fraktion, den Bundestag aufzufordern, nun wiederum die Bundesregierung aufzufordern, Ihnen die Arbeit abzunehmen.

(Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Flott, flott!)

Herr Blüm, Sie sind ja ein begeisterter Interview-Geber hinsichtlich der nicht vorhandenen CDU-Programmatik auf dem Felde der Mitbestimmung. Jetzt suchen Sie bei den Sozialdemokraten und den Freien Demokraten Hilfe. Wir sind zwar bestürzt, Herr Blüm, aber wir können Ihnen nicht helfen; dafür ist Ihr taktisches Sündenregister zu lang.

(Beifall bei der SPD)

Fernsehjournalist und CDU-Mitglied Franz Alt hat am 8. März 1981 im „Allgemeinen Sonntagsblatt" einen bemerkenswerten Artikel über den inneren Zustand der CDU veröffentlicht. Darin findet sich u. a. die bezeichnende Passage — ich zitiere —:
Kürzlich fragte ich einen ministrablen Bonner Unionspolitiker, was denn die Opposition machen würde, wenn sie morgen regieren müßte. Seine Antwort war kennzeichnend für die Lage:

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Die Montan-Union sichern!)

Um Gottes willen; man muß doch nicht gleich mit dem Schlimmsten rechnen!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)




Dreßler
Diesen ungenannten Oppositionskollegen und alle möglichen anderen können wir beruhigen: Sie müssen nicht damit rechnen. Im übrigen hat Ihr Parteifreund Franz Alt im gleichen Artikel am 8. März im „Allgemeinen Sonntagsblatt" für die CDU/CSU bereits den Wahlslogan für das Jahr 2000 vorgeschlagen, nämlich: „31 Jahre SPD sind genug".

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Der Bundeskanzler hat in der Regierungserklärung schon unterstrichen, daß die Gesetzesvorlage zur Sicherung der Mitbestimmung auf allen Seiten auch Wünsche offenläßt. Das gilt, wie jeder weiß, nicht nur für die Arbeitnehmerseite, sondern auch für die Gewerkschaften, die die dauerhafte Sicherung der Montan-Mitbestimmung jetzt schon durchgesetzt wissen wollen.
In der Zielsetzung unterscheiden wir uns in keiner Weise von den Gewerkschaften. Wir wollen nicht nur die Sicherung der echten Mitbestimmung, sondern auch den Ausbau. In unserem Grundsatzprogramm heißt es:
Die Mitbestimmung in der Eisen- und Stahlindustrie und im Kohlenbergbau ist ein Anfang zu einer Neuordnung der Wirtschaft. Sie ist zu einer demokratischen Unternehmensverfassung für die Großwirtschaft weiterzuentwickeln.
Und im „Orientierungsrahmen '85" der SPD heißt es genauso:
Die Unternehmensverfassung durch Gesetze umzugestalten, ist unser Ziel. Dabei geht es darum, in der Unternehmensordnung die Arbeitnehmer neben den Anteilseignern gleichberechtigt zu beteiligen.
Wir gehen vom Grundsatz der Gleichberechtigung und Gleichgewichtigkeit von Arbeitnehmern und Anteilseignern aus. Das hat schon Willy Brandt in seiner Regierungserklärung vom 18. Januar 1973 wörtlich gesagt.

(Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Der hat viel gesagt!)

Wir wollen das, was jetzt möglich ist, tun, und kündigen weitere Aktivitäten ausdrücklich an. Damit ist nicht nur das gegenwärtige Gesetzgebungsverfahren gemeint. Das jetzt zur Beratung anstehende Gesetz ist nur die erste Stufe der dauerhaften Sicherung der Montan-Mitbestimmung.
Das Präsidium der SPD hat am 1. Dezember 1980 ausdrücklich erklärt:
Die SPD wird sich selbstverständlich darum kümmern, daß spätestens 1987 eine ihren Vorstellungen entsprechende Anschlußgesetzgebung gefunden wird. Sie wird sich auch auf dem Weg dahin darum bemühen, die Mitwirkungs-und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer in der Wirtschaft auszubauen.
Für die SPD sind Einheitsgewerkschaften und Mitbestimmung die tragenden Säulen der zweiten deutschen Demokratie. Die Montan-Mitbestimmung — das bestreiten selbst die Gegner nicht — hat in den beiden besonders schwierigen Bereichen Kohle und Stahl tiefgreifenden Strukturkrisen lösen helfen.
Allerdings: Mitbestimmung nur da, wo schwierige Probleme zu lösen sind und wo man die Gewerkschaften mit in die Pflicht nehmen kann, das ist ein reichlich billiges Konzept, um Lasten auf andere abzuschieben. Mitbestimmung ist überall erforderlich, nicht nur für wirtschaftliche Notfälle.
Die Gewerkschaften sind mit der Vorlage nicht zufrieden. Sie wollen die dauerhafte Sicherung der Mitbestimmung jetzt. Die bisherigen Gespräche haben gezeigt, daß für das, was im SPD-Gruppenantrag aus der vorigen Wahlperiode enthalten war, zur Zeit keine parlamentarische Mehrheit zu erhalten ist — innerhalb der Koalition nicht und außerhalb erst recht nicht. Das zeigt sich jeden Tag aufs neue.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Wer will denn keine wechselnden Mehrheiten?)

— Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wird zügig beraten, Herr Müller, damit das Gesetz zur Jahresmitte im Gesetzblatt steht.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Geben Sie mal eine Antwort!)

Wir werden verhindern, daß die Mannesmann-Strategie letztendlich doch noch aufgeht. Wir werden den aktuellen Anlaß des Gesetzgebungsverfahrens nicht aus dem Auge verlieren.
Der jetzt schon 30jährige Kampf um die Sicherung der Montan-Mitbestimmung geht weiter. Die dauerhafte Sicherung der Montan-Mitbestimmung sollte möglichst bald, muß aber spätestens in der nächsten Wahlperiode erreicht werden.
Mit Vergnügen, Herr Kollege Blüm, habe ich am 18. März, also vor zwei Tagen, über eine Rundfunkstation gehört, daß Sie erklärt haben, Ihre Resolution sei ein Beitrag, den sozialen Frieden zu sichern. Der Moderator dieser Sendung vor zwei Tagen kommentierte Ihre Formulierung direkt im Anschluß mit dem Satz: Das kann nur heißen, daß auch Sie dem Regierungsentwurf im Mai zustimmen werden. — Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Kiep [CDU/CSU]: Bei Jungfernreden sollte man etwas zurückhaltender sein!)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902702900
Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Haussmann das Wort.

Prof. Dr. Helmut Haussmann (FDP):
Rede ID: ID0902703000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wir von den Freien Demokraten sind enttäuscht über diese Debatte, weil beide große Parteien sich zwar in einen Streit um die Sicherung einer ganz bestimmten Mitbestimmungsverfassung begeben,

(Kiep [CDU/CSU]: Jetzt kommt das Weltkind in der Mitten!)

aber keine der beiden Fraktionen mehr als einen Satz darauf verwendet hat, wie denn die Wahlverfahren für den einzelnen in dieser Mitbestimmungsform verbessert werden können. Das ist für uns die zentrale Frage.

(Beifall bei der FDP)




Dr. Haussmann
Herr Kiep, Sie haben ja in der Antwort auf meine Frage Ihre Unsicherheit nur verborgen, indem Sie zugeben mußten, daß in Ihrem Entschließungsantrag nichts, aber auch gar nichts, von einer Verbesserung des Wahlverfahrens steht.

(Kiep [CDU/CSU]: Das ist doch kein Gesetzesantrag gewesen! Das wissen Sie ganz genau!)

Von Ihrer publizistischen Liberalität ist wirklich nicht mehr viel übriggeblieben.
Ich bin enttäuscht und möchte im Namen der FDP-Fraktion Ihre Behauptung entschieden zurückweisen, die Sie hier im Deutschen Bundestag aufgestellt haben, daß sich der Wirtschaftsminister der FDP, Graf Lambsdorff, zuwenig um den sozialen Frieden

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: So ist es!)

und viel zu sehr um den billigen Beifall der Arbeitgebervereinigungen kümmere.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: So ist es!)

Wer bei dieser Veranstaltung in Bad Godesberg dabei war — Sie waren wie ich dabei —, der weiß, daß sich Graf Lambsdorff sehr engagiert mit den Arbeitgebern auseinandergesetzt hat, der weiß, daß er sie vor einem weiteren Weg in den Protektionismus gewarnt hat; er hat sie vor einer Preispolitik gewarnt, die die Stabilität und damit die Tarifverhandlungen erschweren würde. Wenn Sie das hier nicht zur Kenntnis nehmen und ihm nur billiges Schielen nach Beifall nachsagen,

(Kiep [CDU/CSU]: Das ist Ihre Formulierung!)

so ist das eine Position — an sich haben Sie eine sehr konstruktive Position gehabt —, die von diesem Ihrem Auftreten hier im Bundestag an nicht mehr gilt. Ich würde Sie schon sehr bitten, daß Sie nachher hierzu noch etwas Klärendes sagen.
Zum zweiten, Herr Kiep, bin ich ebenfalls sehr enttäuscht darüber, daß Sie der zentralen Frage, unter welchen Voraussetzungen in einer Gesellschaftsordnung wichtige Unternehmensverfassungen zu gelten haben, ausweichen. Sie treten nun für jene 30 %-Regelung ein. Sie haben sich für diese Regelung nicht begeistert, sondern sind in Ihrer Fraktion mit Ihren ursprünglichen Vorstellungen unterlegen — das hat auch die Pressekonferenz gezeigt —; Herr Blüm hat sich durchgesetzt.

(Kiep [CDU/CSU]: Das müssen Sie dem da drüben einmal sagen! Er weiß das noch nicht! Wer hat sich nun durchgesetzt?)

Es handelt sich hier nicht um eine dauerhafte Sicherung der Montan-Mitbestimmung, wie Sie sagen, sondern nur um eine Sicherung bis zu dem Punkt, an dem die 30 % erreicht sind. Es gibt völlig verschiedene Auskünfte über den Montananteil der Firma Mannesmann. Uns liegen sehr seriöse Auskünfte vor, daß durch neue und geplante Zukäufe im Falle Mannesmann im Laufe dieses Jahres die 30 %Grenze unterschritten wird. Ich möchte Sie fragen:
Was hat dies mit Sicherung zu tun? Ich bin durchaus der Meinung, daß der liberale Wirtschaftsminister in einem Kompromiß mit den Sozialdemokraten mittels jener 6-Jahre-Regelung dafür gesorgt hat, daß der soziale Friede gewahrt wird, und zwar unabhängig von der Umsatzgrenze.

(Kiep [CDU/CSU]: Bei uns sind es fünf Jahre! — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Nach unserem Gesetz sind es fünf Jahre! Der Unterschied beträgt ein Jahr!)

— Herr Blüm, wir wissen doch heute schon, daß viele Firmen diese Umsatzgrenze unterschreiten werden.

(Kiep [CDU/CSU]: Das wissen Sie nicht!)

— Natürlich wissen wir das.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Warum sagen Sie denn das nicht?)

Natürlich gab es eine große Diskussion — auch in Ihrer Fraktion —, ob es Sinn hat, eine bestimmte Zahl festzuschreiben, über die morgen erneut diskutiert werden muß. Wenn es heute 30 % sind, sind es morgen vielleicht 25 % und übermorgen 20 %. Das ist die fehlende ordnungspolitische Standfestigkeit, Herr Kiep, die Sie in dieser Frage in Ihrer Fraktion nicht durchsetzen konnten. Nach Ihrer Regelung würde es zu einem Pendeln zwischen verschiedenen Unternehmensverfassungen bei Unterschreiten und Überschreiten dieser 30 %-Grenze kommen. Das ist gegen die Dynamik all dieser Firmen, die nicht bei jedem Unternehmenszukauf vorher sollten planen müssen, ob sie nun unter diese oder unter eine andere Form der Mitbestimmung fallen. Deshalb — das darf ich hier noch einmal für meine Fraktion richtigstellen — ging es bei dem Vorschlag, den Herr Hirsch gemacht hat, bei den Vorschlägen, die Graf Lambsdorff und Herr Genscher in ihrer Fraktion gemacht haben, nie allein um die Frage des 30 %-Anteils. Das war ein Element eines möglichen Kompromisses

(Kiep [CDU/CSU]: Bei uns auch!)

mit den Sozialdemokraten. Es ging den Freien Demokraten immer darum, was wir auf der anderen Seite an Verbesserung des Wahlverfahrens einhandeln können.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben in Ihrer Fraktion Null an Verbesserung des Wahlverfahrens eingehandelt. Deshalb ist es ein ganz schlechter Kompromiß.

(Vogt [Düren] [CDU/CSU]: Es gibt in unserer Fraktion keine Meinungsverschiedenheiten über das Wahlverfahren! — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wenn es daran scheitern sollte!)

Ich darf für meine Fraktion erklären: Nach wie vor ist für uns richtig, was Naumann damals, vor vielen Jahrzehnten, geschrieben hat. Uns geht es darum, vom Industrieuntertanen zum Industriebürger zu kommen. Und daher ist bei jeder Mitbestimmungsregelung für uns der Grad an innerbetrieb-



Dr. Haussmann
licher Demokratie entscheident. Dies ist entscheidend eine Frage des Wahlverfahrens.

(Sehr gut! bei der FDP)

Im Gegensatz zur organisationsbezogenen Montan-Mitbetimmung erweitert eben die Regelung der 76er Mitbestimmung die Rechte des einzelnen Arbeitnehmers. Aus liberaler Sicht müssen mit wachsender Mündigkeit Mitwirkungsrechte, die zunächst allein von den Arbeitnehmerorganisationen wahrgenommen wurden, auf den einzelnen Arbeitnehmer übergehen. Das ist unsere Position. Dies ist auch der Grund, warum wir uns dafür einsetzen, daß langfristig die 76er Mitbestimmung dort gelten muß, wo Unternehmen nicht mehr mehrheitlich montangeprägt sind.
Wir haben großes Verständnis — und Herr Hölscher hat das ausgeführt —, daß vor allem die Sozialdemokraten, die deutschen Gewerkschaften und Teile der CDU aus historischen Gründen an dem bestehenden Modell der Montan-Mitbestimmung festhalten müssen. Daher gilt auch für die FDP, was Adolf Schmidt damals bei der Lesung der 76er Mitbestimmung ausgeführt hat:
Wir stellen uns dem Vergleich beider Mitbestimmungsformen, der 76er Mitbestimmung und der Montan-Mitbestimmung. Und wir regen an, daß nach einigen Jahren durch empirische Befragungen bei den dort Beschäftigten festgestellt wird, welche Form der Mitbestimmung dem einzelnen ein höheres Maß an individueller Mitbestimmung gibt.
Wenn dieses Urteil da ist, dann ist nach sechs Jahren auch der Zeitpunkt gekommen, wo Freie Demokraten mit Sozialdemokraten entscheiden können, welche Verbesserungen bei beiden Mitbestimmungsformen möglich erscheinen.
Was nun Ihren Vorschlag angeht, Herr Kiep und Herr Blüm, so ist es nicht so, daß Sie sich deshalb so gut in der Mitte befinden, weil sowohl Gewerkschaften als auch Arbeitgeber Sie kritisieren. Das ist eine Position, die wir oft auch einnehmen. Aber der Inhalt der Kritik beider großen Verbände zeigt, daß Sie sich opportunistisch verhalten haben. Die Gewerkschaften glauben Ihnen nämlich nicht, daß Sie es ernst meinen. Die Gewerkschaften sagen, daß Sie einen Gesetzentwurf hätten vorlegen können und keinen Entschließungsantrag. Die Arbeitgeber sagen: Dies ist eine opportunistische Haltung, die man im Wahlkampf von der CDU noch erwarten konnte. Die Arbeitergebervereinigungen sind sehr erstaunt, daß sich die CDU in ihrer Mehrheit, mit 16 Gegenstimmen, in ihrer Fraktion, für diese 30 %-Regelung ausgesprochen hat.
Herr Blüm — wenn ich Ihnen das noch sagen darf —: Der deutsche Mittelstand weiß natürlich gerade auch nach dieser Regelung, woran er bei einer CDU-Regierung wäre. Das ist klar.

(Beifall bei der FDP — Kiep [CDU/CSU]: Was hat diese Regelung mit dem Mittelstand zu tun? Das müssen Sie mal erklären, Herr Haussmann! Das habe ich eben nicht verstanden! Das die Montan-Mitbestimmung auf den Mittelstand ausgedehnt wird?)

— Der Mittelstand hat die Angst, daß die CDU immer mehr zu einer Partei wird, die aus wahl- und parteitaktischen Erwägungen zentrale ordnungspolitische Vorstellungen zur Disposition stellt.

(Beifall bei der FDP)

Die ordnungspolitische Vorstellung ist in diesem Punkt, daß es wichtig ist, daß die Unternehmer und Unternehmen wissen, ab welcher Montan-Grenze endgültig die Unternehmensform wechselt

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Haben wir gesagt!)

— und ab welcher Beschäftigungsgrenze, Herr Blüm.
Entweder ist richtig, was Sie behaupten, daß Sie eine dauerhafte Sicherung der Montan-Mitbestimmung wollen — dann ist auch die Frage der Beschäftigtengrenze noch einmal aufgeworfen — oder aber es ist richtig, was Herr Kiep laut „FAZ" gesagt hat: daß er sich gegen eine Aufrechterhaltung der paritätischen Mitbestimmung langfristig wehre. Ich habe das Zitat hier.

(Kiep [CDU/CSU]: Gegen eine Ausweitung der 76er Mitbestimmung auf echte Parität! Dagegen habe ich mich in der Zeitung und heute hier an diesem Pult ausgesprochen! Wenn Sie zuhören wollen!)

— Ja, ich sage gerne etwas dazu, Herr Kiep. In dem Maße, Herr Kiep, wie Sie sich dafür einsetzen, daß ein Unternehmen, das zu 70 % keinen Montananteil mehr hat, trotzdem unter die Montan-Mitbestimmung fällt, setzen Sie sich umgekehrt natürlich für eine Ausweitung dieser Mitbestimmungsform auf Bereiche ein, die bisher von dieser Mitbestimmungsform nicht erfaßt waren. Sonst macht Ihr Antrag ja keinen Sinn. Sie setzen sich für die Beibehaltung der Montan-Mitbestimmung in Unternehmen ein, die bis zu 70 % mehrheitlich nicht mehr montangeprägt sind. Das ist das, was Herr Blüm will, und das wollen Sie abstreiten. Aber entweder ist ihr Angebot hinsichtlich dieser Firmen nicht glaubhaft — —

(Kiep [CDU/CSU]: Sie haben es noch nicht ganz verstanden. Wir müssen noch ein bißchen miteinander reden!)

— Ich freue mich, daß es auch im Parlament möglich ist, völlig unabhängig von einer vorbereiteten Rede einen solchen Dialog zu führen. Leider habe ich aber nur noch wenig Zeit zur Verfügung und möchte deshalb zum Schluß für die Freien Demokraten noch einmal folgendes erklären.
Wir sind nach wie vor bereit, mit allen Fraktionen des Deutschen Bundestages über alternative Mitbestimmungsformen zu diskutieren. Richtig ist, was Adolf Schmidt in der ersten Lesung erklärt hat. Wir haben mit der 76er-Mitbestimmung erst wenige Erfahrungen. Wir haben jedoch die Erfahrung mit der Montan-Mitbestimmung. Wir werden diesen sechsjährigen Übergangszeitraum dazu nutzen, bei beiden Mitbestimmungsformen, wenn es möglich ist, Verbesserungen zu erreichen.



Dr. Haussmann
Maßstab der Freien Demokraten bleibt letztlich, in welcher Mitbestimmungsform der einzelne ein höheres Maß an Mitwirkung und Mitverantwortung in der deutschen Wirtschaft hat. — Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902703100
Das Wort hat der Bundesminister Ehrenberg.

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902703200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur zwei kurze Bemerkungen im Anschluß an die Ausführungen des verehrten Kollegen Kiep. Ich habe nicht gesagt, Herr Kiep, daß sich über Ihren Vorschlag reden ließe, wenn er als Gesetzentwurf vorläge. Ich habe lediglich bedauert, daß Sie keinen Gesetzentwurf vorgelegt haben; denn ohne ihn werden Sie bis zum 1. Juli 1981 gar nichts mehr erreichen. Deshalb muß ich an Ihrer Ernsthaftigkeit zweifeln.
Lassen Sie mich erläutern, warum sich darüber nicht reden läßt: weil die 30 %-Grenze völlig ungeeignet ist, Sicherheit zu bringen. Ich habe versucht, vorher deutlich zu machen, warum das so ist. Leider ist darauf keiner eingegangen, weder Herr Blüm noch Herr Kiep.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sind 30 % besser als 50 %?)

— Im Mitbestimmungsgesetz von 1951 gibt es keine Grenze von 50 %, verehrter Herr Blüm. Das müssen Sie einfach sehen: Sie würden in das 51er Gesetz eine Grenze neu einfügen, die gewissermaßen für alle Organisationsreformatoren in den Unternehmen das Signal wäre, so lange hin und her zu organisieren, bis sie unter die 30 %-Grenze fallen, was heute eben nicht möglich ist.

Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902703300
Herr Bundesminister, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Blüm?

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902703400
Bitte.

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902703500
Herr Bundesminister, können Sie bestätigen, daß Herbert Wehner den Vorwurf erhoben hat, der Strauß-Vorschlag sichere die Montan-Mitbestimmung außerhalb der Konzernebene nicht, weil in ihm die 30 %-Grenze nicht enthalten sei? Ich bin gerne bereit, Ihnen den entsprechenden Aufsatz zu geben.

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902703600
Ich habe den letzten Halbsatz akustisch nicht verstanden. Können Sie ihn noch einmal wiederholen?

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902703700
Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Aufsatz Ihres Fraktionskollegen:
Für die übrigen 30 unter das Montan-Mitbestimmungsgesetz fallenden Unternehmen, die keine
Konzernspitze sind, wäre auf diese Weise eine
Sicherung der Montan-Mitbestimmung nicht zu erreichen.
Jetzt wollen wir die 30 %-Grenze in das 51er Gesetz aufnehmen, jetzt ist Ihnen das auch nicht recht.

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902703800
Nein, die 30 % sind keine Sicherung der Mitbestimmung. Ihr Zitat belegt das, was ich gesagt habe, und widerlegt es nicht. Sie reden immer davon, daß 30 % besser sind als 50 %. Das würde stimmen, wenn es im Mitbestimmungsgesetz 1951 eine Grenze von 50 % gäbe. Aber diese Grenze gibt es nicht. Ich bitte Sie wirklich, den Text des 51er Gesetzes nachzulesen.

(Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Aber im Gesetz von 1956 steht es!)

— Das 56er Gesetz trifft bis jetzt ja ausschließlich für Salzgitter zu. Ich habe nicht die Absicht, verehrter Kollege Müller, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Unternehmen geradezu auffordern würde, durch organisatorische Veränderungen von der 51er Regelung in die schwächere Form der 56er Regelung überzuwechseln. Das ist nicht unsere Absicht.

(Beifall bei der SPD)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902703900
Herr Minister, erlauben Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Blüm?

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902704000
Bitte.

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902704100
Herr Minister, können Sie bestätigen, daß der Begriff „überwiegend", der im 51er Gesetz steht, von der herrschenden Rechtsmeinung mit „50 %" übersetzt wird?

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902704200
Nein, das ist nicht die herrschende Rechtsprechung. Verehrter Herr Kollege Blüm, Sie müßten hier schon bitte sauber unterscheiden. Ich habe es in meiner Rede getan; aber scheinbar wird hier nicht zugehört. Der Begriff „überwiegender Betriebszweck" bezieht sich im 51er Gesetz ausschließlich auf Unternehmen des Bergbaus, nicht auf die Eisen- und Stahlindustrie. Für die Eisen- und Stahlindustrie bezieht sich das 51er Gesetz auf die Substanzmasse aus den Listen. Ein Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie, das auch nur eine einzige Tonne Stahl produziert, wird nach dem 51er Gesetz von diesem Gesetz erfaßt. 30 %, die Sie als neue Grenze einführen wollen, sind sehr viel weniger. So ist die Rechtslage und nicht anders.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902704300
Herr Bundesminister, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Müller?

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902704400
Bitte.

Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0902704500
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß zwischen der Mannesmann AG und der IG Metall vereinbart war, daß dann, wenn



Müller (Remscheid)

der Gesetzgeber das 56er Gesetz ändert, das 56er Gesetz im Mannesmann-Konzern gelten sollte, und daß der Vorschlag, die Grenze auf 30 % herabzusetzen, in den Gesprächen der IG Metall mit dem Mannesmann-Vorstand so vereinbart war und man nur gesagt hat „Hier muß der Gesetzgeber die Voraussetzungen schaffen", so daß von daher vor der Wahl der Vorschlag von Herrn Strauß so zu sehen war?

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902704600
Natürlich ist mir das bekannt, Herr Kollege Müller. Nur: Gerade daß der Vorschlag von Mannesmann kam, hat mich so mißtrauisch gemacht, daß wir sehr sorgfältig alle Tücken dieses Vorschlags geprüft haben. Die Tücken des Vorschlags sind dann zutage getreten.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Deshalb bleiben Sie bei 50 %?)

— Deshalb bleiben wir bei dem „überwiegenden Betriebszweck" und bei der Eisen- und Stahlindustrie bei der Listenbestimmung, ohne jede Begrenzung.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich kann Ihnen zum Schluß deutlich machen, warum der Mannesmann-Vorschlag mich so mißtrauisch gestimmt hat. Die Mannesmann AG hat nach dem Erwerb von Hartmann & Braun nach unserer Definition nur, wenn man die Warmerzeugung mit dazuzählt, einen Montan-Umsatzanteil von 35 %, sonst sehr viel weniger. Wenn das Bundeskartellamt dem Erwerb der Hälfte des Kapitals von Kienzle zustimmt — es ist davon auszugehen, daß die Zustimmung erfolgt —, wird sich Mannesmann gerade mit einem halben Prozent herauf oder herunter um die 30 % Montananteil bewegen.
Das wollen Sie doch nicht im Ernst als Sicherung bezeichnen, wenn der Konzern, der die ganze Geschichte ausgelöst hat, anschließend mit Bruchteilen von Prozenten um diese neue Umsatzgrenze her-ummanövriert. Die Erhöhung eines einzigen Produktanteils aus dem Nicht-Montanbereich führt dann zum Ausscheiden des Unternehmens aus dieser Bestimmung.
Darum ist Ihr Vorschlag kein geeigneter, um die Montan-Mitbestimmung zu sichern, und zwar von den Fakten des Unternehmens Mannesmann und vom geltenden Recht der 51er Gesetzgebung her.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902704700
Meine Damen und Herren, das Wort wird weiter nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Interfraktionell und gemäß einer Vereinbarung im Ältestenrat wird vorgeschlagen, die Vorlagen auf den Drucksachen 9/ 235 und 9/241 zu überweisen zur federführenden Beratung an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, zur Mitberatung an den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Wirtschaft. Ist das Haus mit den vorgeschlagenen Überweisungen einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist entsprechend beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP
Enquete-Kommission Neue Informations-und Kommunikationstechniken
— Drucksache 9/245 —
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Innenausschuß
Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Nöbel.

Dr. Wilhelm Nöbel (SPD):
Rede ID: ID0902704800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission „Neue Informations- und Kommunikationstechniken" des Deutschen Bundestages begründen wir wie folgt.
Nach § 56 der Geschäftsordnung kann der Bundestag zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe eine Enquete-Kommission einsetzen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß es sich bei den neuen Kommunikationsformen wie Bildschirmtext, Videotext, Kabel- und Satellitenrundfunk um sowohl umfangreiche als auch bedeutsame Sachkomplexe handelt. Weil das so ist, kann die Entwicklung solcher Techniken auch Entscheidungen des Deutschen Bundestages erforderlich machen. Deshalb ist es unerläßlich, daß sich das Parlament rechtzeitig darauf vorbereitet. Die sozialdemokratische Fraktion war bereits in der 8. Legislaturperiode der Auffassung, der Bundestag müsse die parlamentarischen Möglichkeiten, die er hat, nutzen — mögen sie größer oder vielleicht auch kleiner sein, als es der eine oder andere erwartet —, um in diesen vielschichtigen Fragen von außerordentlicher Bedeutung seinen Beitrag zu leisten.
Als institutionelles Mittel steht ihm dafür die Einrichtung einer Enquete-Kommission zur Verfügung. Mit diesem parlamentarischen Instrument kann der Bundestag seine Fähigkeit beweisen, Probleme selber lösbar zu machen, sie einer Lösung zuzuführen. Ganz deutlich sei gesagt: hier soll nicht verzögert, sondern es sollen die notwendigen Beurteilungskriterien erarbeitet werden, und zwar in einem guten Jahr, mit der Vorlage des Berichts bis September 1982. Das ist wenig Zeit für die im Antrag formulierte Aufgabe, die Probleme der neuen Informationstechniken unter rechtlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen, datenschutzrechtlichen, gesellschafts- und familienpolitischen, volkswirtschaftlichen, finanziellen, technischen und organisatorischen Aspekten national wie international darzustellen und Empfehlungen für entsprechende Entscheidungen zu erarbeiten.
Das ist ein breites Spektrum, in dem zwar der technischen Seite eine bedeutende Rolle zuzuordnen ist, mehr jedoch der Frage, wie wir die Technik politisch im Griff halten bzw. wie wir sie politisch wieder einholen können, um sie dann einordnen zu können. Dazu bedarf es natürlich der Klärung der



Dr. Nöbel
Zuständigkeiten von Bund und Ländern; das ist selbstverständlich.
Den Antragstellern geht es nicht darum, das, was Ländersache ist, den Ländern wegzunehmen, sondern darum, festzustellen, was Bundessache ist, um der eigenen Pflicht gerecht zu werden. Was daran, wie vor drei Tagen der Chef der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei verbreitet hat, „verfassungsrechtlich und verfassungspolitisch in höchstem Maße fragwürdig" sein soll, ist unbegreiflich. „Die Kommission hat sich um eine enge Zusammenarbeit mit den Bundesländern zu bemühen"; so heißt es ausdrücklich in dem Antrag.
Jedoch bei aller Anerkennung der grundsätzlichen Kompetenz der Länder für das Rundfunkrecht sind die Zuständigkeiten des Bundes mit Sicherheit auf den Gebieten des Fernmeldewesens, des Urheberrechts, des Persönlichkeits- und Datenschutzes, des Jugendschutzes, des Wirtschafts- und Kartellrechts sowie der Rahmenkompetenz für die Presse gegeben. Es ist wohl unbestreitbar, daß die gesellschaftspolitischen Dimensionen der neuen Medien im Zentrum der politischen Entscheidungen anzusiedeln sind. Außerdem ist klar, daß die vielfältigen und außerordentlich komplexen ordnungspolitischen Fragen nur im Rahmen eines konstruktiven, kooperativen Föderalismus gelöst werden können.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Daraus muß auf eine gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern dafür geschlossen werden, daß die künftige Rundfunklandschaft der Bundesrepublik Deutschland nicht durch partikuläre, auf einzelne Länder oder gar Landesteile zugeschnittene Sonderregelungen zerstört wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Mit Recht hat die Bundesregierung im September 1979 in einem medienpolitischen Beschluß festgehalten, daß die politischen Entscheidungen über den Ausbau des technischen Kommunikationssystems, wie es dort heißt, „von tragender Bedeutung für die Weiterentwicklung der Demokratie" sein werden. Genauso ist es.

(Beifall bei der SPD)

Niemand wird bestreiten, daß sich der Deutsche Bundestag um diesen Kernpunkt, nämlich die Weiterentwicklung der Demokratie, mit ganzer Kraft zu bemühen hat.
Es hat vor knapp zwei Jahren, im April 1979, hier anläßlich der Debatte über den Bericht der Bundesregierung zur Lage von Presse und Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland einen Streit gegeben, als Sie, Herr Kollege Schwarz-Schilling, die detaillierte Darlegung der Probleme im Zusammenhang mit den neuen Kommunikationstechniken in diesem Bericht der Regierung vermißten. Ich möchte Sie heute daran erinnern, weil ich weiß, daß das Scheitern der Bemühungen um einen interfraktionellen Antrag jetzt nicht Ihnen persönlich zuzuschreiben ist. Sie haben dem Bund Kompetenzen zugewiesen, indem Sie feststellten — ich darf zitieren —:
Dazu gehört, deutlich zu machen, welche gesellschaftspolitischen, wirtschaftspolitischen und staatspolitischen Antworten die Bundesrepublik Deutschland auf die Herausforderungen der medientechnologischen Zukunft geben will.
Weiter haben Sie gesagt:
Dabei hat der Bund, dessen Zuständigkeiten sich eben nicht nur auf bestimmte Rundfunkanstalten und die Presse beschränken, ein erhebliches politisches Instrumentarium zur Förderung und Gestaltung zukunftsgerichteter Medienpolitik in der Hand: die Zuständigkeit für das Presserecht, die Zuständigkeit für das Post- und Fernmeldewesen, die Zuständigkeit für Forschung und Technologie und die Zuständigkeit für die Wirtschaftspolitik.
Bei allem medienpolitischen Dissens sehe ich in dieser eindeutigen Würdigung nicht unwichtiger Bundeszuständigkeiten einen hoffnungsvollen Ansatz für eine gemeinsame Arbeit in dieser Enquete-Kommission. Ich sehe darin auch einen Beitrag dazu, daß abwertendes Gerede über die Kommission, das im Vorfeld der Einsetzung abträglich sein sollte, zurückgedrängt wird.
Wir haben gemeinsam eine Reihe gleicher Fragen und daneben natürlich gegenteilige Akzente. Das ist klar. Wir haben aber — das geht uns in diesem Hause ganz besonders an — ein Grundgesetz. Ich halte es nicht für zulässig, daß man auf dem Gebiet der medienpolitischen Praxis, wenn ich es einmal so formulieren darf, von Art. 5 — Meinungsfreiheit — häufig nur Abs. 1 Satz 1 heranzieht: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern ..." Es müssen dabei auch die Beschränkungen, z. B. Art. 5 Abs. 2, herangezogen werden: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre." Als Beschränkung ist auch Art. 6 Abs. 1 heranzuziehen: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung." Medienpolitisch ist bisher so gut wie gar nicht — da können wir uns auch an die eigene Brust klopfen — der Kernsatz des Grundgesetzes in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 behandelt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar."
Nun komme einer und behaupte, die EnqueteKommission des Bundestages habe keine Aufgabe! — Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902704900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schwarz-Schilling.

Dr. Christian Schwarz-Schilling (CDU):
Rede ID: ID0902705000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß wir heute über den Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission auf diesem Gebiet zu entscheiden haben, hat eigentlich nur zwei Gründe. Erstens ist es eine bewährte bundesdeutsche Übung, Kommissionen immer dann einzusetzen, wenn die



Dr. Schwarz-Schilling
Uneinigkeit groß ist und Probleme vertagt werden müssen.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Zur Uneinigkeit: Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen FDP und SPD nach der letzten Bundestagswahl haben die einfachen Probleme zur Übereinstimmung geführt, bei umstrittenen Positionen wurden Formelkompromisse gefunden, und bei unlösbaren Problemen ging man nur noch den Weg der Ausklammerung.
Das Gebiet der Medienpolitik gehört sicherlich zur letzten Kategorie. Verursacht wurde die Paralyse der Koalition auf diesem Gebiet durch das zunächst sachte begonnene, aber dann stärkere Umschwenken der FDP auf einen Kurs medienpolitischer Vernunft. Dabei fielen drei Gründe ins Gewicht.
Erstens. Unter dem Eindruck der sich verschlechternden Wirtschaftslage meinte auch die FDP es nicht länger verantworten zu können, auf das im Bereich der Telekommunikation schlummernde Investitionspotential zu verzichten. Ich bin sehr gespannt, was die Arbeitsgruppe der SPD-Fraktion in diesem Zusammenhang alles bringen wird. Graf Lambsdorff hat darüber eindeutige Aussagen gemacht.
Zweitens. Nach der Bundestagswahl 1976 hat sich endgültig der Bundesaußenminister Genscher für die Bundesregierung für den bei der UNESCO 1979 in Paris ausgesprochenen Grundsatz des „free flow of information" und damit für die Absage der medienpolitischen Abschottung nach außen erklärt.
Drittens. Der Druck der Öffentlichkeit macht es der FDP heute leichter, in der Frage der Neuordnung der Medien ideologischen Ballast über Bord zu werfen. Auch das sind Äußerungen von seiten der FDP.
Die SPD ist bis heute zu solchen Einsichten noch nicht gediehen. Sie hält nach wie vor aus ideologischen wie aus Machterhaltungsgründen an ihrem prinzipiellen Nein zu einer medienpolitischen Neuordnung fest, auch wenn sie damit politisch in der Bundesrepublik weitgehend allein dasteht.
Man kommt aus diesen Gründen um den Eindruck nicht herum, daß die Einsetzung der EnqueteKommission dazu dienen soll, den Eklat innerhalb der Koalition um weitere zwei Jahre zu vertagen.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: So wird es sein!)

Der zweite Grund für diese Enquete-Kommission, der Paukenschlag von Luxemburg, die Ankündigung der Absicht der deutschen Zeitungsverleger, gemeinsam mit RTL ein deutschsprachiges Fernsehprogramm via Satellit ab 1985 auszustrahlen, hat schneller als alle schon sichtbaren Entwicklungen in der Telekommunikation deutlich gemacht, daß medienpolitische Weichenstellungen unmittelbar bevorstehen. Diese Entscheidung demonstriert nur allzu deutlich, was man hier jahrelang nicht wahrhaben wollte, daß nämlich auch im Bereich der Medienpolitik die Bundesrepublik nicht von der weltweiten Entwicklung abgekoppelt werden kann, gleichgültig, ob es sich um Satellitenfernsehen oder andere moderne Formen der Telekommunikation, wie kabel- oder computergesteuerte Kommunikation, handelt.
Es ist sicherlich ein Armutszeugnis, wenn nicht sogar eine Bankrotterklärung für die SPD, wenn zur Wahrung existentieller, wirtschaftlicher und politischer Interessen deutsche Verleger sich im Ausland holen müssen, was ihnen in der Bundesrepublik verweigert wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es wirft ein bezeichnendes Licht auf die medienpolitischen Denkstrukturen führender SPD-Politiker wie die des neuen Bundesgeschäftsführers Peter Glotz, wenn die Entscheidung der deutschen Verleger, sich am Luxemburger Satelliten-Projekt zu beteiligen, als „Kriegserklärung" bezeichnet wird. Dabei hat gerade die SPD, das muß ich dazu auch sagen, diesen Verlegern immer wieder erklärt, daß sie in Deutschland nichts gewinnen werden. Man wollte keine privatwirtschaftlich orientierte Institutionen haben. Man will keine freie Programmgestaltung haben. Man wollte alles so lassen, wie es ist, und man wollte auch bei den Satelliten keinen Kanal für solche Möglichkeiten öffnen. Ja, was sollen die Verleger denn dann anderes tun als auswandern, um dann auf diese Weise wenigstens sicherzustellen, daß noch professionelle deutsche Journalisten auch in der Lage sind, für Deutschland über Satellit ein Programm zu machen?

(Beifall bei der CDU/CSU — Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Die Ankündigung etwa von Ministerpräsident Rau, daß man die sogenannte Fremdkommerzialisierung — zu meinem Bedauern nimmt der Antrag der Fraktionen der SPD und FDP bereits eine solche inhaltliche Bewertung vorweg — aus Luxemburg mit einer verstärkten Ausdehnung der Werbezeiten in den öffentlich-rechtlichen Anstalten beantworten wolle — man will also Kommerz mit Kommerz und den Teufel mit Beelzebub austreiben —, muß wohl auch dem letzten klarmachen, zu welchen Kraftakten die SPD bereit ist, um ihre Einflußpositionen in der deutschen Medienlandschaft zu erhalten. Es ist Sache der SPD, einmal zu erklären, warum öffentlich-rechtlicher Kommerz aus deutschen Landen etwas Besseres ist als privater Kommerz aus Luxemburg, der Schweiz oder Österreich. Auf diese Erklärung bin ich sehr gespannt.
Ohne Zweifel hat die Ankündigung der Verleger den Wunsch der SPD zur Einsetzung der Enquete-Kommission gefördert, weil sie von einem Luxemburger Satelliten einen Dammbruch in der deutschen Medienlandschaft befürchtet.
Man kann also zusammenfassend sagen: Man wird den Verdacht nicht los, daß die Enquete-Kommission als Vehikel zur Koalitionserhaltung und als Versuch eines medienpolitischen Stillhalteabkommens in der Bundesrepublik dienen soll. Weder zu der einen noch zu der anderen Prämisse ist die Union bereit die Hand zu reichen.



Dr. Schwarz-Schilling
Nun zu den Zielen dieser Enquete-Kommission. Neben dieser eher aktuellen Betrachtung der Beweggründe gibt es allerdings eine Reihe sehr viel grundsätzlicherer Überlegungen, die die Union zu einer Ablehnung des Antrags der Fraktionen von SPD und FDP veranlassen.
Der Antrag spiegelt in einer Reihe von Punkten ein Verfassungsverständnis wider, das weder vom Grundgesetz noch vom Verfassungsgericht gedeckt ist. Wenn Sie sich auf die Zuständigkeitskataloge beschränkt hätten, die ich bei der Debatte des Medienberichts hier genannt habe, wäre dieser Einwand nicht da. Rundfunk und damit Nutzung der meisten neuen Informations- und Kommunikationstechniken sind Ländersache. Der Bundestag verstößt gegen die föderative Gewaltenteilung, wenn er sich Entscheidungsrechte im Bereich der neuen Kommunikationsformen anmaßt. Zuständig für die Ausgestaltung einer neuen Medienordnung für die 80er Jahre und die Anpassung an eine neue technologische Entwicklung sind die Parlamente und Regierungen der deutschen Bundesländer. Demgemäß hat der Bund keine Kompetenz, vor allem in rechtlichen, organisatorischen, strukturellen, kulturellen, gesellschaftspolitischen und finanziellen Fragen der Medien und in bezug auf ihre Anwendungsformen. Gerade diese Probleme bilden aber den Schwerpunkt des dargestellten Katalogs. Bei dieser Verfassungsrechtslage können von einer Enquete-Kommission des Bundes keine kompetenten Aussagen erwartet werden, auf die der Bundesgesetzgeber aufbauen könnte.
In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß eine Vertretung der Länder in der Kommission nicht vorgesehen ist. Statt dessen soll sich die Kommission um eine „Zusammenarbeit mit ihnen bemühen". In der von den Ministerpräsidenten vorgesehenen Länderkommission, die diese dem Bundeskanzler vorgeschlagen haben, soll der Bund mit drei Vertretern denselben Status erhalten wie die Länder. Hier wird also kooperationsbereiter Föderalismus praktiziert, während hier nur eine Enquete-Kommission des Bundestages vorgesehen ist.
Bund und Länder werden im Bereich der neuen Medien und der entsprechenden Technologien einen Modus der Zusammenarbeit finden müssen, der die verfassungsrechtlich festgelegten Kompetenzen beider Seiten achtet. Die Ministerpräsidenten der Länder haben eine solche Kooperation, wie gesagt, angeboten. Die Union kann zwar die Einsetzung dieser Enquete-Kommission nicht verhindern, aber wir werden peinlich darauf achten, daß die Balance zwischen Bund und Ländern hier nicht gestört und die Zuständigkeit des Bundes nicht überschritten wird.
Wir werden darauf hinwirken, daß sich die Arbeit der Kommission auf die Themenkomplexe beschränkt, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen. Da gibt es allerdings — da gebe ich Herrn Nöbel sehr gern recht — eine Menge Zuständigkeiten, die wir gerne behandeln können, z. B. das Thema Deutsche Bundespost. Dem technischen Zuständigkeitsbereich des Bundes obliegt dieses Fernmeldewesen ohne jeden Zweifel. Aber eben dieser Zuständigkeitsbereich wurde vom Bundeskabinett am 26. September 1979 dazu benutzt, medienpolitische Entscheidungen zu treffen. Mit Blick auf die Bewahrung einer solchen Situation, wie wir sie hier vorhaben, sind wir allerdings der Auffassung, daß wir hier Klarstellungen erhalten müssen; denn nach unserer Auffassung hat die Bundespost hier eine Dienstleistungsaufgabe und nicht medienpolitische Aufgaben zu erfüllen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden da also die Frage stellen, ob der Post ein solcher Verkabelungsstopp überhaupt hätte verordnet werden dürfen. Wir werden die Frage zu stellen haben, ob nicht Art. 5 des Grundgesetzes keiner Änderung bedarf, wie es in dem Medienbeschluß des Bundeskabinetts angedeutet worden ist. Wir sollten weiter die Frage stellen, ob eine so extensive Nutzung des Postmonopols und eine so extensive Interpretation der Bundeskompetenz mit dem bestehenden Verfassungsrahmen im Einklang steht. Meine Damen und Herren, die Monopolkommission hat hierzu sehr erwägenswerte Anregungen gegeben. Wir werden uns dieser Frage in der Kommission, wenn diese eingesetzt ist, sicher zuwenden müssen.
Wir haben seit Jahren davor gewarnt, daß die monopolistische Verzögerungstaktik das Gegenteil bewirken wird, weil nämlich das Satellitenfernsehen des Auslands bis etwa 1985 nicht kontrollierbare ausländische Konkurrenz in die deutsche Medienlandschaft bringen wird. Wir haben nun diese Aussage schneller bestätigt bekommen, als wir selbst es erwartet hatten.
Lassen Sie mich zu einem zweiten Komplex kommen, der sicherlich auch eine Bundeszuständigkeit beinhaltet, zum wirtschaftspolitischen Aspekt. Ein politischer Lernprozeß seitens der SPD in dieser Enquete-Kommission — auch hinsichtlich der Beurteilung der Bedeutung der Telekommunikation für die Wirtschaft und für das gesamte Sozialprodukt der Bundesrepublik Deutschland — ist natürlich begrüßenswert. Die Blockadepolitik hat außer im Bereich der Nukleartechnologie auch und besonders auf diesem Gebiet zu einem Investititionsstau in Milliardenhöhe geführt. Der Zentralverband der elektrotechnischen Industrie hat gerade jetzt die Angabe veröffentlicht, daß die mit der Breitbandverkabelung zusammenhängenden Investitionen ein Ausmaß von 20 bis 30 Milliarden haben. Das geht weit über alles hinaus, was Sie sich an öffentlichen Programmen überhaupt irgendwann ausdenken könnten — ganz abgesehen davon, daß die Kassen der Bundesregierung zu leer sind und Sie solche Programme überhaupt nicht finanzieren könnten.
Die Konsequenz, die sich daraus besonders für die Arbeitsplätze unseres Landes, aber auch für die Innovationsfähigkeit der elektrotechnischen Industrie ergibt, ist schon heute in Mark und Pfennig gar nicht mehr auszudrücken. Es liegt mit in der Verantwortung der Bundesregierung, daß sich der Abstand zwischen Amerika und Japan auf der einen Seite und der Bundesrepublik auf der anderen Seite in der Wachstumsindustrie des ausgehenden 20. Jahrhun-



Dr. Schwarz-Schilling
derts in so unverantwortlicher Weise vergrößert hat.
Ich möchte aus dem Bereich der integrierten Schaltungen — die Mikroelektronik ist einer der wesentlichen Bestandteile der Telekommunikation — das folgende Beispiel anführen. Die europäische Statistik zur Informationstechnologie beweist, daß die Kommunikationsindustrie zu dem Wachstumsbereich der Industrienationen herangewachsen ist. All die anderen Bereiche — die Automobilindustrie usw. — werden niemals mehr diese Zuwachsraten haben, wie sie hier in den nächsten Jahren und Jahrzehnten überhaupt erst kommen werden.
Wurden etwa im Jahre 1980 in Westeuropa für integrierte Schaltungen 2,9 Milliarden Dollar ausgegeben, werden es bereits im Jahre 1981 rund 4 Milliarden sein. Sie sehen hier aber eine Zuwachsrate von über 25 %. Im Weltverbrauch rechnet man 1981 mit einer Ausgabe von 15 Milliarden Dollar. Das sind Ausgaben, die eine der Grundlagen für die computergesteuerte Information darstellen. Ganz Westeuropa wird von diesen 15 Milliarden etwa 4 Milliarden ausgeben, aber im gleichen Zeitraum nur für 680 Millionen Dollar selber produzieren. Sie sehen, hier wird für die deutsche Exportindustrie eine gigantische Möglichkeit verspielt, und wir werden bereits auf dem Gebiet der Mikroelektronik ein Importkontinent.
Die USA liegen beim Zehnfachen dieses Wertes. Hier wird eine außerordentliche Potenz liegengelassen. Ich frage mich: Welche Regierung kann dies eigentlich angesichts steigender Arbeitslosenzahlen in diesem Ausmaß verantworten?

(Beifall bei der CDU/CSU — Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Keine!)

Meine Damen und Herren, die Mikroelektronik hat direkte beschäftigungspolitische Auswirkungen auf 3 Millionen Arbeitsplätze mit einer Wertschöpfung von 188 Milliarden DM unseres Sozialprodukts. Die indirekten Wirkungen der Mikroelektronik in Verbindung mit all den Fragen, die hier technisch zu besprechen sind, betreffen 50 % aller Arbeitsplätze. Das Ausmaß dieser Entwicklung, die in Japan und in Amerika rasant vorwärtsgeht, ist in der Bundesrepublik, insbesondere von der Regierung, bei den entsprechenden Weichenstellungen überhaupt nicht begriffen worden.
Man muß hier vielleicht die Frage stellen, welche Rolle Kommissionen spielen. Sie können natürlich weltanschauliche oder soziologische Fragen in Kommissionen behandeln. Sie können auch gesellschaftspolitische Fragen dort behandeln. Denn Sie können es ja für sich verantworten, daß in diesen Fragen dann eben einmal für zwei oder drei Jahre Schluß ist. Die Leute werden deswegen nicht gleich auswandern, es sei denn, es handelt sich um so fundamentale Fragen, daß die Bundesrepublik Deutschland überhaupt keinen Vergleich mehr aushielte.
Aber in der Technik sieht es anders aus! In der Technik arbeiten in der entsprechenden Zeit Firmen, Unternehmen, andere Länder, und sie legen uns in zwei oder drei Jahren ihre Ergebnisse vor, die wir ja, weil wir einen liberalen Welthandel haben, nicht abschotten können.
Meine Damen und Herren, die anderen Länder arbeiten und korrigieren unter dem laufenden Rad, so wie das in pragmatischen Naturwissenschaften immer angelegt ist, während wir sagen: wir setzen eine Kommission ein und beraten über Technologien; in zwei, drei Jahren werden wir dann das Ergebnis solcher Kommissionen beraten. Das ist doch eine unmögliche Situation. Stellen Sie sich einmal vor, ein Unternehmen würde erklären: Wir machen jetzt einmal drei Jahre lang eine Denkpause. Man würde das Management nach Hause schicken und sagen: Dafür gibt es kein Gehalt. — Das sollte man einmal bei Politikern einführen. Da haben wir nämlich zu viele solche Leute, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Schauen Sie sich vor allen Dingen einmal die Kommissionsgeschichte an. Wir hatten doch eine großartige Kommission, die KTK. Die KTK hat 1976 ihren Bericht vorgelegt. Die Empfehlungen waren ausgezeichnet, von allen getragen. Da das Ergebnis mit den politisch-ideologischen Vorstellungen der SPD nicht übereinstimmte, ist alles beim alten geblieben. Wir haben heute das Jahr 1981, und jetzt fangen die damals vorgesehenen Pilotprojekte zögernd an. Die Finanzierung durch den Bund steht weiterhin in Frage. Diese Geschichte zeigt doch, daß die Einsetzungen solcher Kommissionen im Grunde genommen nur Blockierungs- und Verzögerungsaktionen sind.
In einem Hearing im Ausschuß für Forschung und Technologie wurden z. B. die Fragen gestellt, ob wir denn Glasfasertechniken sofort einsetzen könnten oder ob wir noch weiter mit Koaxialtechnik arbeiten müßten. Darauf sagten die Experten dort, daß heute alle Welt die Verkabelung noch mit Koaxialtechnik macht und daher alle Endgeräte und Zwischenglieder entsprechend weiterentwickelt werden. Nur wir sagen uns: „Wir machen das Allermodernste!" und bedenken nicht, daß wir dann erst in zehn Jahren massenmäßig mit der Glasfasertechnik beginnen können. Und was hat das Hearing für ein Ergebnis gehabt? Man hat das einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Das ist die Situation.
Meine Damen und Herren, diese Technikfeindlichkeit in unserer Gesellschaft wird noch eines der größten Probleme werden. Diskussionen in dieser Weise werden nicht dazu angetan sein, der Jugend die Herausforderung unserer heutigen Lage klarzumachen und sie auf das Gleis zu setzen, das erforderlich ist, daß wir auch in Zukunft in diesem Land eine humane Welt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU — Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902705100
Herr Kollege Schwarz-Schilling, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß Ihre Redezeit schon 15 Minuten dauert? Soviel war für Sie angemeldet.

(Zuruf von der SPD: Pause zum Denken ist gut, Herr Schwarz-Schilling!)





Dr. Christian Schwarz-Schilling (CDU):
Rede ID: ID0902705200
Ich werde sehr gerne, wenn Sie mir noch zwei Minuten gestatten, zum Abschluß kommen.

Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902705300
Bitte sehr!

Dr. Christian Schwarz-Schilling (CDU):
Rede ID: ID0902705400
Meine Damen und Herren, wir werden ja sicherlich im Laufe der nächsten Wochen und Monate Gelegenheit haben, über den Inhalt solcher Kommissionsthemen weiter zu sprechen. Ich möchte nur davor warnen, diese Kommission dazu zu benutzen, technologische Gründe für medienpolitische Entscheidungen vorzuschieben. Leider Gottes hat Herr Minister Hauff dazu mehrere Beispiele gebracht. Die Frage ist, ob die Deutsche Bundespost z. B. Frequenzen des Satellitenbereichs Luxemburg dazu benutzt, eigene Dinge zu machen, während man mit dem Deutschlandfunk verhandelt, ob dieser nicht selber an einem deutschen Satellitenprogramm beteiligt wird. Eine sehr merkwürdige zweiseitige Auffassung einer einzigen Sache! Es wird auch für uns interesssant sein, ob man dann genau die Frequenz von Radio Luxemburg benutzt oder vielleicht diejenigen Sendefrequenzen, auf denen von Moskau nach Deutschland gesendet wird,

(Lachen bei der SPD)

ob man es also für wichtiger hält, „Fremdkommerz" aus Luxemburg für Deutschland zu verhindern.

(Zurufe von der SPD)

— Ja, es wird für uns sehr interessant werden!
Ich darf Ihnen zum Schluß sagen: Die Union ist der Ansicht, daß zur Neuordnung der Medien und zur Schaffung der technischen Voraussetzungen in diesem Land keine neue Kommission einberufen werden muß. Das Angebot der Ministerpräsidenten, zu abgestimmten Problemlösungen mit dem Bund zu kommen, liegt auf dem Tisch. Was fehlt, ist nicht ein Untersuchungsbericht, der die politische Diskussion nach zwei Jahren dort wieder beginnen läßt, wo wir sie heute abbrechen; was fehlt, ist der Kooperationswille und die Einsicht beim Bundeskanzler und bei der SPD, den Schritt aus den parteiideologischen und parteiegoistischen Schatten zu tun. Wir lehnen daher den Antrag auf Einsetzung der Enquete-Kommission „Neue Informations- und Kommunikationstechniken" ab. — Ich darf mich bedanken.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902705500
Als nächster Redner hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0902705600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schwarz-Schilling, Ihre Rede war eigentlich in ihrem polemischen Teil enttäuschend. Man wünscht sich in diesem Hause allmählich einmal, daß wir irgendein Sachgebiet finden, bei dem wir nicht ein Thema damit beginnen zu versuchen, uns gegenseitig irgendwelche Absichten, Erfolge, Mißerfolge oder sonstige schöne Hoffnungen mit auf den Weg zu geben.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Vielleicht kann man sich zunächst einmal tatsächlich mit der Sache selber beschäftigen. Eins ist mir
nun völlig unklar geblieben: Auf der einen Seite haben Sie oft gesagt, wie interessant es in der Kommission sein werde, auf der anderen Seite wollten sie darlegen, warum diese Kommission eigentlich gar keine Aufgabe habe. Ebenso hat es mich überrascht, daß Sie sich im zweiten Teil Ihrer Ausführungen —Sie hatten j a eine schwierige Rede zu halten, nämlich auf der einen Seite zu sagen, daß die Kommission eingentlich ganz überflüssig sei, auf der anderen Seite aber dann doch die inhaltlichen Probleme darzustellen — allein auf die technischen, die technokratischen Gesichtspunkte der Entwicklung der neuen Medien konzentriert haben, die Kommission aber gleichzeitig davor warnen wollten, sich nicht mit Mediengesichtspunkten zu beschäftigen. Das paßt nicht zusammen.
Ich meine, daß die Entwicklung der neuen Medien zu den interessantesten und tiefgreifendsten — technisch wie inhaltlich — Entwicklungen gehört, denen wir — sie werden kommen — entgegensehen und denen wir uns stellen müssen. Wir können und sollten da kein Entscheidungsvakuum dulden.

(Dr. Nöbel [SPD]: Richtig!)

Wir haben Entscheidungen zu treffen, die unserer Verpflichtung aus Art. 5 unserer Verfassung gerecht werden müssen. Wir müssen entscheiden — wir oder die Länder —, wie die neuen Medien zu organisieren sind. Dabei sage ich Ihnen im vorhinein, daß es nicht im mindesten unsere Absicht ist, den Ländern etwas streitig zu machen. Wir sind Föderalisten, wir wollen es auch bleiben. Die Länder haben eine große Funktion in unserem Staatsaufbau; daran wird niemand rühren wollen.
Aber das darf uns nicht der Verpflichtung entheben, uns Rechenschaft zu geben und uns Unterlagen darüber zu verschaffen, die uns deutlich machen, was unser Teil in dieser notwendigen Zusammenarbeit des Bundes und der Länder ist. Denn Sie haben ja in Ihrer Rede in sehr vielfältiger Weise dargestellt, daß es sich nicht nur um eine Frage des Rundfunks, sondern auch um eine Frage des Pressewesens, um technische, wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Entwicklungen sowie um Wettbewerbsfragen — man muß hinzufügen: auch um Fragen des Datenschutzes — handelt, die im Bereich neuer Medien eine große Rolle spielen werden. Also: Was ist unser Teil, was ist der Teil des Bundes bei der Bewältigung dieser Aufgaben? Der Zeitraum, der dieser Kommission zur Verfügung steht — sie hat Zeit bis September 1982 —, ist nicht groß. Die Zeit ist weit geringer als die, die den Ländern nach ihren Projektionen in Vollzug ihrer Pilotprojekte zur Verfügung steht.

(Schäfer [Offenburg] [SPD]: Sehr wahr!)

Die sind ja, wenn ich an Ludwigshafen denke, bis 1988 projektiert. Das heißt, daß wir hier im Bund, so denke ich, sehr viel schneller zu einem Ergebnis kommen könnten und kommen müssen.
Wir haben gesagt, daß wir uns um eine enge Zusammenarbeit mit den Bundesländern bemühen wollen. Dieses Haus hat aber nicht die Möglichkeit,



Dr. Hirsch
zu beschließen, in welcher Weise sich die Landtage an einer solchen Enquete beteiligen können.

(Frau Dr. Timm [SPD]: Das weiß er auch nicht!)

— Das weiß er auch nicht, das kann er auch nicht wissen. — Daß der Bundeskanzler mit den Ministerpräsidenten auf der Verwaltungsebene eine Vereinbarung dazu treffen kann, wie sie es koordinieren wollen, ist klar. Für die Parlamente ist das etwas schwieriger. Wir laden die Parlamente der Bundesländer ein, sich an diesen Untersuchungen zu beteiligen, um die wir uns hier bemühen.
Der Entwicklung der neuen Medien kann man mit Hoffnungen und mit Befürchtungen entgegensehen: mit Hoffnungen, was die Vielfalt an Informationen, den freien Fluß von Informationen über die Grenzen hinweg, der unbedingt erhalten werden muß, sowie den Wettbewerb auch zwischen öffentlich-rechtlichen Anstalten angeht, mit Befürchtungen dahin, ob die Beherrschung der Vielfalt der Programme gelingt, ob sie wirtschaftlichen oder anderen Monopolen einheimfallen werden, wie sich die Verlagerung von Werbemöglichkeiten auf den Markt der Zeitungen und Zeitschriften auswirkt, wobei ich nicht nur an die großen, sondern an die vielen kleinen Zeitschriften denke,

(Beifall bei der FDP und der SPD)

die für das geistige Klima in unserem Land von erheblicher Bedeutung sind und die wir erhalten wollen. Man kann schließlich auch an den Menschen denken, nämlich wie er sich verhalten wird und ob er der Versuchung anheimfallen wird, den unmittelbaren Umgang miteinander durch mediale Kontakte zu ersetzen. Das ist eine Befürchtung, die ich nicht in dem Umfang teile, wie sie geäußert wird, aber eine Frage, der wir uns stellen müssen
Ich kann voraussehen, daß die neuen Medien auch beachtliche Wirkungen auf die Wettbewerbsverhältnisse haben werden: auf den Werbemarkt, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zeitungen, den Arbeitsmarkt. Neue Dienstleistungsbereiche werden entstehen. Schließlich wird es erhebliche ungeklärte Probleme im Bereich des Datenschutzes geben.
Nun zu unserer Verfassung. Die Väter unserer Verfassung kannten weder den Begriff Bildschirmtext noch den Begriff Videotext. Nun kann man fragen: Was ist denn Rundfunk, und was ist Presse?
Wenn es im Gesetz nicht steht, muß man es auslegen. Ich denke an Goethes Wort — man sollte in einer Diskussion des Deutschen Bundestages ja wenigstens einmal wieder Goethe nennen —: Im Auslegen seid frisch und munter; legt ihr's nicht aus, dann legt ihr's unter.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Das heißt: Man muß fragen: Was ist Videotext, was ist Bildschirmtext? Ist das Zeitung? Ist das Fernsehen? In welche verfassungsrechtliche Kompetenz gehört das denn? Das ist eine Frage, die, wie Sie wissen, selbst zwischen den Regierungen der Länder und selbst innerhalb der Regierungen umstritten ist, wo die Innenministerien je nach Zuständigkeit mit den Staatskanzleien konkurrieren. Das ist umstritten. Da muß man doch endlich Klarheit haben und sich gemeinsam Rechenschaft darüber ablegen, wer was und in welchem Sinn entscheiden kann. Wo man entscheiden will und wo wir entscheiden müssen, ist es sicher sinnvoll, den Bereich des gesicherten Wissens zu vergrößern.
Darum muß sich die Kommission bemühen, und das sehr schnell. Deshalb haben wir die Hoffnung, daß Sie sich der Arbeit dieser Kommission anschließen werden. — Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902705700
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Paterna.

Peter Paterna (SPD):
Rede ID: ID0902705800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schwarz-Schilling, wenn der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, Herr Albrecht, erklärt, die Umgestaltung der Medienlandschaft sei ein Ding in der Größe von Gorleben, und sich dabei vergnügt die Hände reibt, dann werden Sie der FDP und der SPD nachsehen, wenn sie über ein solches Ding doch etwas nachdenken möchten.
Ich will Ihnen noch eines sagen. Sie versuchen ständig, der deutschen Öffentlichkeit zu suggerieren, Geschlossenheit sei eine politische Qualität. Das kommt mir so vor, wie wenn ein Politiker erklärt: Gestern standen wir am Rand des Abgrunds, und heute sind wir einen großen Schritt vorangekommen.

(Wehner [SPD]: Der kann ja schweben!)

Es ist doch noch nicht ein Nachweis für Regierungsfähigkeit, in den Abgrund zu springen, und dies geschlossen mit einem zackigen Hauruck auf den Lippen. Das allein ist doch wohl noch keine Politik.

(Wehner [SPD]: Nee!)

Lassen Sie mich auch sagen: Man muß ein bißchen aufpassen, daß nicht zu viele Nebelkerzen geworfen werden. Die CDU/CSU versucht ständig, den Bürger glauben zu machen, alle Fragen im Zusammenhang mit Informations- und Kommunikationstechnologien und der künftigen Struktur unserer Medienlandschaft seien längst geklärt und es komme nur noch auf geschlossenes ideologiefreies Handeln an. Ich will trotzdem versuchen, noch einen Rest des Keimes eines Zweifels an der eigenen Unfehlbarkeit bei der Opposition zu säen.
Wie kann man z. B. sogar eine so primitive Fragestellung wie die übergehen: Wer soll das bezahlen? Man wird doch mal einen Augenblick darüber nachdenken können, ob man 50 Milliarden DM mehr oder weniger ausgibt. Das wird doch auch im Jahr 1981 erlaubt sein.
Da wird man doch mal fragen müssen: Wie kann eine Partei wie die CDU/CSU ständig von der Bedrohung der Familien und dann nur über die Zahl von Programmen und nicht über deren Inhalt und darüber reden, welche Wirkungen solche Programme auf Kinder und die zwischenmenschlichen Beziehungen haben?

(Beifall bei der SPD und der FDP)




Paterna
Da wird man doch einmal die Frage stellen müssen, ob Jochen Vogel gestern nicht recht gehabt hat, wenn er sagt, daß die Probleme, die wir als Parteien mit den jungen Leuten haben, im wesentlichen darin begründet liegen, daß inzwischen eine zu große Kluft zwischen Denken und Handeln entstanden ist.

(Beifall bei der SPD)

Wie kann man ständig so hehre Worte wie „Freiheit", „Initiative des einzelnen", „Bedeutung der mittelständischen Unternehmen" im Munde führen und hier praktisch nur Interessen von Großkonzernen vertreten, weil man sich von einer konservativen Berichterstattung etwas erhofft? Da wird doch Etikettenschwindel getrieben. Ich will Ihnen das einmal am Beispiel dieses schönen „free flow of Information" klarmachen. Stellen Sie sich doch einmal vor, was französische Bürger und die französische Regierung sagen würden, wenn französische Zeitungsverleger auf deutschem Boden unter der Beratung eines engen Freundes von Mitterrand eine Unternehmung gründen würden, die mit Werbeetats französischer Unternehmen finanziert wird, um mit Hilfe eines deutschen Satelliten die französische Medienlandschaft zu bereichern. Da würde doch ein weltweites Gelächter entstehen. Genau das gleiche Spielchen soll jetzt über Bande mit Radio Luxemburg passieren. Das ist ein Piratenstück! Weiter ist das nichts.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Ihre Sprache ist verräterisch!)

In jedem anderen Land der Welt würde das auch so bezeichnet werden.

Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902705900
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hirsch?

Peter Paterna (SPD):
Rede ID: ID0902706000
Lieber nicht. Ich habe nur sechs Minuten. Ich bitte um Verständnis.
Ich will diese Geschichte mit dem „privat" noch einmal ein bißchen auseinandernehmen. Mit diesem Privatfernsehen ist das ja so fein und intim. Aber glauben Sie wirklich, daß so viel Privates und Vielfältiges daran ist, wenn nicht nur die Schallplatte, das Buch, die Tageszeitung, die Sonntagszeitung, die Kassette, die Fernsehzeitschrift, sondern auch noch das Fernsehprogramm und die Fernsehnachrichten nebst Kommentar aus dem gleichen Hause kommen? Glauben Sie, das trage zur Vielfalt bei und sei eine so furchtbar private Veranstaltung? Ich nenne das Kommerzfernsehen schlimmster Form, was uns da ins Haus stehen könnte.

(Beifall bei der SPD)

Nun will ich nur noch mit einer Legende aufräumen; dann mache ich auch schon Schluß. Ich will hier zur Legende von der Technologiefeindlichkeit Stellung nehmen. Herr Kollege Schwarz-Schilling, ich will Ihnen einmal in allem Freimut sagen — das nehme ich jetzt auf meine Kappe —, Sie sind hier auf dem völlig falschen Dampfer. Sie sind bei einem Konzept von gestern, wenn Sie meinen, man müsse ein Verteilnetz über die Bundesrepublik ziehen. Die Verteilung klappt doch nachweislich, wie jeder von Rundfunk und Fernsehen weiß. Für 50, 60 oder 70 Milliarden DM wollen Sie ein völlig unintelligentes breitbandiges Netz in diese Republik buddeln. Dieses ist nicht das, was ich will. Ich sage Ihnen einmal, wie ich mir eine Lösung vorstellen könnte — das nehme ich jetzt wieder auf meine Kappe —: Aufbau eines integrierten breitbandigen Netzes, um den Bedarf von Wirtschaft, Dienstleistungsunternehmen und einzelnen Bürgern an Kommunikation und Information zu befriedigen; Schaffung von genügend Übertragungswegen für Daten und Texte; Ermöglichung von Dialog- und Abrufdiensten, Datenfernübertragung, Bildschirmkonferenzen und schnellem Fernkopieren. Das ist ein Netz der Zukunft, an dem wirklich die Zukunft eines großen Teiles unserer Wirtschaft hängt.

(Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU]: Dann macht es doch endlich! Es wird doch überall gemacht! Warum geht es nicht bei uns?)

Lassen Sie uns darum ringen. Daß über ein solches integriertes Netz auch eine bessere Fernsprech- und eine bessere Rundfunk- und Fernsehübertragung möglich gemacht wird, ist doch überhaupt nicht zweifelhaft. Dieses ist ein intelligentes Netz mit Zukunft. Das, was Sie vorschlagen, ist das Netz von gestern. Daß die alleinige Netzträgerschaft der Bundespost nicht gefährdet werden darf und daß wir uns für eine öffentlich-rechtliche Struktur der Programmanbieter einsetzen, ist j a wohl klar.
Lassen Sie uns in der Enquete-Kommission also konstruktiv und unter dem nötigen Zeitdruck zusammenarbeiten, unter den wir uns selbst begeben haben, indem wir gesagt haben, nach der Sommerpause 1982 sollten hier die Ergebnisse vorliegen. Es sollte also nicht zu einer Vertagung um zwei oder drei Jahre kommen. Wenn Sie glauben — dies ist mein letzter Satz —, in der Zwischenzeit passiere nichts, so gucken Sie sich einmal den Investitionshaushalt der Deutschen Bundespost an; dann werden Sie staunen.

(Beifall bei der SPD)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902706100
Meine Damen und Herren, um in dem Bild zu bleiben, das der Herr Kollege Paterna eingangs seiner Rede gebraucht hat: Er hat mit seiner Rede, was die der SPD-Fraktion zustehende Redezeit angeht, jetzt die Grenze erreicht, die Sie, Herr Kollege Schwarz-Schilling, gezogen haben. Die FDP liegt aber noch unterhalb dieser Schwelle. Ich wollte dies nur im Blick auf möglicherweise bestehende Absichten mitteilen, weitere Redner anzumelden.
Als nächster Redner hat der Herr Abgeordnete Schäfer das Wort.

Helmut Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0902706200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen von Herrn Schwarz-Schilling sowie von Herrn Paterna verdienen vielleicht noch einige wenige zusätzliche Bemerkungen. Ich halte es für sehr bedenklich — und darauf hat mein Kollege Dr. Hirsch schon hingewiesen —, daß wir jetzt schon, bevor wir diese Enquete-Kommission einsetzen, über die wir im Grunde genommen, Herr Schwarz-Schilling — und das gebie-



Schäfer (Mainz)

tet die Ehrlichkeit —, im Grunde genommen einig waren — da gab es keinen Dissens mehr;

(Zustimmung bei der SPD)

das, was hier heute morgen gemacht wurde, waren Spiegelfechtereien aus fraktionsinternen Gründen; das muß ich hier einmal offen sagen —, anfangen, uns in einen ideologischen oder technokratischen Gegensatz hineinzureden.
Ich finde auch einiges von dem, was Sie, Herr Paterna, hier eben gesagt haben, nicht unbedingt hilfreich, sondern halte es für sehr gefährlich, wenn Sie hier sagen, wir dürften uns nicht nur um die Formen, sondern müßten uns um die Inhalte von Programmen bekümmern. Mir gerät das — das haben Sie sicher gar nicht gewollt — ein bißchen zu sehr in die Nähe von

(Zuruf von der CDU/CSU: Zensur!)

einem staatlich beeinflußten Fernsehen. Das können wir als Liberale nicht wollen. Es ist so — und ich bin darüber sehr froh —, daß die liberalen Parteien von acht in der Europäischen Gemeinschaft vertretenen Ländern ein Papier verfertigt haben, das nächste Woche der Presse übergeben wird, in dem sie vor jedem Anspruch auf Monopol warnen, und zwar sowohl vor dem Anspruch auf staatliches Monopol — das haben wir in Westeuropa leider noch in einigen Ländern; da gibt es, wie Sie wissen, kein öffentlich-rechtliches Fernsehen — als auch vor einem Anspruch auf privatrechtliches Monopol. Beides sollte gar nicht erst in die Diskussion hier mit einfließen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des CDU/CSU — Zuruf des Abg. Schäfer [Offenburg] [SPD])

— Herr Kollege Schäfer, ich glaube, es könnten Mißverständnisse durch diese Ausführungen von Herrn Paterna entstanden sein.

(Schäfer [Offenburg] [SPD]: Ist Ihnen bewußt, daß Herr Paterna damit geschlossen hat, daß die öffentlich-rechtliche Struktur für die Sozialdemokraten selbstverständlich nicht in Frage steht? — Zustimmung bei der SPD)

— Die öffentlich-rechtliche Struktur, meine Damen und Herren, ist ein in der Bundesrepublik gewachsenes und, wie wir meinen, auch gutes Instrument.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)

Aber Sie werden bei der Diskussion über Satellitenfernsehen erleben — ich habe das jetzt ein Jahr lang mit meinen Freunden aus den liberalen Parteien in ganz Europa zu tun die Ehre gehabt —, daß dieses öffentlich-rechtliche Fernsehen schon in Nachbarländern überhaupt nicht mehr begriffen wird, weil es dort nie existiert hat. Wir sind nun mal in einer Europäischen Gemeinschaft, und dann müssen wir uns auch ein bißchen freundlich mit Formen auseinandersetzen,

(Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

Herr Kollege Wehner, die es dort immer noch gibt.
Sie werden sicher zustimmen, wenn unsere Freunde
in Belgien z. B. sagen: Weg mit einem Staatsfernsehen, wie es dort immer noch existiert. Das muß dort verschwinden. Das ist begreiflich.
Wir sollten bei free flow of information darauf achten, daß wir nicht dadurch auf ein ganz gefährliches Gleis kommen, daß wir immer nur die Luxemburg-Problematik diskutieren. Ich möchte hier nicht weiter ausholen. Aber es gibt politisch sehr gravierende Dinge im Hintergrund — denken Sie an den Osten, an Osteuropa, in Zukunft auch durch westliche Satelliten leicht erreichbar; das wissen wir alle —, wenn wir hier anfangen, uns Gedanken zu machen, wie wir möglicherweise eine uns nicht genehme ausländische Rundfunkstation daran hindern könnten, über die Grenzen zu dringen. Das sind Themen der Enquete-Kommission. Ich will sie nicht vertiefen. Ich warne nur davor, daß wir auch nur den Geruch verbreiten, wir könnten so etwas wollen wie die Verordnung guter Programme auf irgendwelchen Umwegen durch den Staat. Das wollen wir nicht.
Ich plädiere hier noch einmal dafür — ich habe das wiederholt in der Öffentlichkeit getan —, in Deutschland bei all diesen Diskussionen ein bißchen freundlicher mit dem Wort „Unterhaltung" umzugehen.

(Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Das hat hier einen üblen Stellenwert. Ich habe das Gefühl, daß das daran liegt, daß wir da immer an bestimmte Unterhaltungssendungen der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten wie z. B. die Roberto-Blanco-Show denken, von denen wir nicht annehmen, daß sie so hilfreich im Hinblick auf die Intelligenz der Hörer, von der hier eben gesprochen worden ist, sind.
Lassen Sie uns doch durch eine geschickte Politik die Medien nutzen, ohne in tiefe Kulturängste abzugleiten und ohne — und das zur CDU gewandt — technokratische und rein wirtschaftspolitische Überlegungen in den Mittelpunkt zu stellen! Hier handelt es sich um Elemente eines gesellschaftlichen Sprengstoffs, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, und zwar sehr ernst; aber es geht nicht an, schon im vorhinein das Kind mit dem Bade auszuschütten. Deshalb der Versuch, eine Enquete-Kommission damit zu befassen. Wir wissen, Herr Schwarz-Schilling wird wahrscheinlich ihr Vorsitzender. Er ist ja wohl qualitativ in der Lage, die Beratungen dieser Kommission so zu leiten, daß am Schluß nicht diese schrecklichen Ergebnisse stehen, die Sie uns heute morgen vorausgesagt haben. — Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)


Georg Leber (SPD):
Rede ID: ID0902706300
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließen wir die Debatte.
Interfraktionell und gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat wird vorgeschlagen, den Antrag der Fraktionen der SPD und der FDP auf Drucksache 9/245 zur federführenden Beratung an den Innenausschuß, zur Mitberatung an den Ausschuß für Forschung und Technologie und den Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen zu überweisen. Ist das



Vizepräsident Leber
Haus mit der vorgeschlagenen Überweisung einverstanden? — Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist entsprechend beschlossen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
a) Beratung der Sammelübersicht 6 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen
— Drucksache 9/150 —
b) Beratung der Sammelübersicht 7 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen
— Drucksache 9/168 —
Das Wort dazu wird nicht gewünscht. — Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses auf den Drucksachen 9/150 und 9/168, die in den Sammelübersichten 6 und 7 enthaltenen Anträge anzunehmen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthält sich jemand der Stimme? — Die Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses sind angenommen.
Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu der
Aufhebbaren Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 13/80 — Zweite Erhöhung des Zollkontingents 1980 für Bananen)

Aufhebbaren Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 14/80 — Zollkontingent 1981 für Bananen)

— Drucksachen 9/78, 9/79, 9/170 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Jens
Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? — Ich sehe, das ist nicht der Fall. Das Wort wird auch anderweitig nicht gewünscht.
Wir kommen dann zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft auf der Drucksache 9/170, die Aufhebung der Verordnungen auf den Drucksachen 9/78, 9/79 nicht zu verlangen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Wer enthält sich der Stimme? — Der Beschlußempfehlung des Ausschusses ist damit entsprochen.
Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu der zustimmungsbedürftigen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 7/80 — Zollkontingent für Walzdraht — 2. Halbjahr 1980)
— Drucksachen 9/62, 9/171 —
Berichterstatter: Abgeordneter Echternach
Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Das Wort wird auch anderweitig nicht gewünscht?
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft auf Drucksache 9/171, der Verordnung auf Drucksache 9/62 die Zustimmung zu geben, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthält sich jemand der Stimme? — Das ist nicht der Fall. Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe die Punkte 14 bis 17 der Tagesordnung auf:
14. Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen
Überplanmäßige Ausgaben bei Kap. 35 02
— Besatzungskosten und Auftragsausgaben in Berlin — im Haushaltsjahr 1980
— Drucksachen 9/73, 9/175 —
Berichterstatter: Abgeordnete Nehm Glos
15. Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 32 05 Tit. 575 02
— Zinsen für Bundesschatzbriefe —
— Drucksachen 9/100, 9/176 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Löffler Carstens (Emstek)

16. Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen
Überplanmäßige Haushaltsausgaben bei Kap. 11 13 Tit. 646 05
— Leistungen des Bundes für Aufwendungen nach dem Mutterschutzgesetz usw. —
— Drucksachen 9/64, 9/177 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Grobecker Dr. Zumpfort
Dr. Friedmann
17. Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen
Überplanmäßige Haushaltsausgaben bei Kap. 11 11 Tit. 643 01
— Kosten der Kriegsopferfürsorge (ausgenommen Darlehen) auf Grund des Bundesversorgungsgesetzes sowie entsprechender Leistungen auf Grund des Häftlingshilfegesetzes, des Gesetzes über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen



Vizepräsident Leber
und des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten —
— Drucksachen 9/76, 9/178 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Grobecker Dr. Zumpfort
Dr. Friedmann
Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Das Wort wird auch anderweitig nicht gewünscht.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuß empfiehlt auf den Drucksachen 9/175 bis 9/178 von der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen auf den Drucksachen 9/73, 9/100, 9/64 und 9/76 Kenntnis zu nehmen. Ist das Haus damit einverstanden? — Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist entsprechend beschlossen.
Ich rufe den Zusatzpunkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen
Bundeseigenes Grundstück in Berlin-Kladow, Neukladower Allee 12; Verkauf an die
Arbeiterwohlfahrt der Stadt Berlin e. V. (AWO)

— Drucksache 9/225 —
Überweisungsvorschlag: Haushaltsausschuß
Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — Ich sehe, das ist nicht der Fall. Das Wort wird auch anderweitig nicht gewünscht?
Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag des Bundesministers der Finanzen an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus mit der vorgeschlagenen Überweisung einverstanden? — Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist entsprechend beschlossen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Schluß der heutigen Tagesordnung angelangt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 1. April 1981, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.